OGH 9ObA166/99y

OGH9ObA166/99y1.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Franz Höllebrand als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Steiermärkische Kammer für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft, 8011 Graz, Raubergasse 20, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. März 1999, GZ 7 Ra 286/98b-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. Juli 1998, GZ 33 Cga 84/97x-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.382,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der botanische Garten der Universität Graz verfügt über 3 ha Freiland und über ein Gewächshaus mit einer Bepflanzungsfläche von 1.400 m**2. Er ist vom botanischen Institut der Universität Graz räumlich nicht getrennt, sondern befindet sich im einheitlich eingezäunten Institutskomplex. Der botanische Garten wird von einem hiezu bestellten Verwalter geleitet, der direkt dem Gartendirektor unterstellt ist, dessen Amt mit der Funktion des Vorstandes des botanischen Institutes gekoppelt ist. Dem Verwalter obliegen die Führung der laufenden technischen Gartenarbeiten und diverse Personalagenden, wie die Betreuung und Führung des Personals, die Erteilung von Urlaubsgenehmigungen, Krankenstandskontrollen etc. Zweck des botanischen Gartens ist es, aus einer wissenschaftlichen, kommerziell nicht genützten Sammlung lebender Pflanzen (dzt. ungefähr 5.000 Arten) die für Lehre und Forschung erforderlichen Pflanzen bereitzustellen. Die Entscheidung, welche Pflanzungen durchgeführt bzw. welche Pflanzen erhalten werden, obliegt dem botanischen Institut, das entsprechende Pflanzpläne erstellt.

Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Feststellung, daß der botanische Garten der Universität Graz einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Bundes iS der §§ 34 Abs 1, 134a Abs 1 ArbVG darstelle, ab.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß es dem botanischen Garten als Teil des botanischen Institutes der Universität Graz an der für die Annahme eines Betriebes erforderlichen Selbständigkeit und Unabhängigkeit fehle. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodaß es insoweit ausreicht, auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die vom Erstgericht verneinte und vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob die Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung habe, ist zu bejahen. Angesichtes der aus dem Akteninhalt ersichtlichen Auffassungsunterschiede über die den Gegenstand des Klagebegehrens bildende Frage und der weitreichenden Konsequenzen (vor allem im Hinblick auf die Vertretung der Belegschaft), die die Beantwortung dieser Frage nach sich zieht, kann ein solches Interesse nicht zweifelhaft sein. Daß nicht behauptet wurde, daß schon vor der gewünschten Klarstellung der Anwendbarkeit des ArbVG die Absicht besteht, eine Betriebsratswahl durchzuführen, ist demgemäß nicht entscheidend.

Soweit sich die Revisionswerberin in der Sache selbst auf § 5 Abs 1 der Steiermärkischen Landarbeitsordnung 1981 (STLAO) bezieht, ist ihr primär entgegenzuhalten, daß ihr Begehren auf Feststellung der Betriebseigenschaft nach den §§ 34 Abs 1, 134a Abs 1 ArbVG gerichtet ist. Allerdings ist der Betriebsbegriff der STLAO (§ 122 Abs 1 STLAO; § 5 Abs 1 normiert nur, welche Betriebe als land- und forstwirtschaftlich anzusehen sind) mit jenem des ArbVG ident.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (Strasser in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht3 II 253; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 195; Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht II 146; Arb 10.016; 10.525; DRdA 1996/22 [Runggaldier] und 1995/7 [Gahleitner aaO, 18 ff] sowie ZfVB 1990/456 und 1992/1333) ist wesentliches Merkmal des Betriebsbegriffes die organisatorische Einheit, die in der Einheit des Betriebsinhabers, des Betriebszwecks und der Organisation zum Ausdruck kommen muß. Um von einem Betrieb als Bestandteil eines Unternehmens sprechen zu können, muß also einer organisatorischen Einheit ein gewisses Maß an Selbständigkeit, insbesondere in technischer Hinsicht, eingeräumt sein und ebenso muß das Ergebnis ihres Arbeitsvorganges eine, wenn auch beschränkte, Abgeschlossenheit oder Unabhängigkeit von anderen Betriebsvorgängen aufweisen (Arb 11.654; ZAS 1996/14 S 119; SZ 59/89; Arb 10.016; Arb 9453; Cerny, aaO 146). Werden hingegen alle wesentlichen Entscheidungen in der Zentrale getroffen, liegt kein selbständiger Betrieb vor (Cerny, aaO 147).

Im hier zu beurteilenden Fall werden alle wesentlichen Entscheidungen über die technische Betriebsführung, nämlich sämtliche Entscheidungen darüber, welche Pflanzungen durchgeführt bzw. welche Pflanzen erhalten werden, vom botanischen Institut der Universität Graz getroffen, dessen wissenschaftlicher Bedarf - nur für diesen wird im botanischen Garten gearbeitet - die gesamte Tätigkeit des Gartens bestimmt. Da somit der botanische Garten gegenüber dem botanischen Institut keine hinreichende technische Selbständigkeit aufweist und das Ergebnis seiner Arbeitsvorgänge von den Betriebsvorgängen des Institutes nicht abgeschlossen und unabhängig ist, kann der einen Teil des Institutes bildende Garten nicht als selbständiger Betrieb angesehen werden.

Auf die übrigen Überlegungen des Berufungsgerichtes braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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