Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.760,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1. 9. 1969 in einem nicht öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Ballettänzer zur beklagten Partei als Inhaberin des Österreichischen Bundestheaterverbandes in der österreichischen Staatsoper beschäftigt und wurde von dieser mittels Dekret vom 17. 7. 1997 in den zeitlichen Ruhestand versetzt. Der - auf Privatrecht beruhende (VwGH v 27. 4. 1993, 93/08/0008, ÖJZ 1994, 247) - Ruhegenuß wurde entsprechend den Bestimmungen des BThPG und entsprechend der anrechenbaren Gesamtdienstzeit von 27 Jahren und elf Monaten mit S 27.372,40 brutto bemessen.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von S 12.965,60 brutto sA sowie die Feststellung, er habe ihr gegenüber Anspruch auf einen Ruhegenuß von 80 % der Ruhegenußermittlungsgrundlage ohne die in § 5 Abs 1a BThPG vorgesehene Kürzung. Die Bemessung seines Ruhegenusses entspreche zwar offenbar dem Text des BThPG in seiner derzeit geltenden Fassung, stehe aber im Widerspruch zur Rechtsordnung, weil das BThPG in seiner durch das zweite Strukturverbesserungsgesetz geänderten Fassung nach dem § 5 Abs 1 weitere Absätze eingefügt erhalten habe, durch die eine Kürzung der Pension bewirkt worden sei. Bei Ballettänzern bewirke diese Pensionsverkürzung jedoch, daß diesen überhaupt nur eine um 18 % gegenüber dem vorherigen Rechtszustand verringerte Pension zukommen könne, womit verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte beeinträchtigt würden.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar im Hinblick darauf, daß nach herrschender Rechtsprechung auch bei auf Gesetz beruhenden Ruhegenüssen der Oberste Gerichtshof jedenfalls angerufen werden kann (DRdA 1996/33 ua), zulässig, aber sachlich nicht berechtigt.
Da die ausführliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes im wesentlichen zutreffend ist, genügt es, auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Zum besseren Verständnis ist hieraus hervorzuheben:
Auf den Kläger sei der durch das erste BudgetbegleitG BGBl 1997/138, in Kraft getreten mit 1. 1. 1998, eingeführte § 5a BThPG anzuwenden. Dessen Absätze vier bis sieben nehmen vor allem auf die Besonderheit des Berufsstandes der Ballettmitglieder Rücksicht, weil es bekannt sei, daß Ballettänzer im allgemeinen aufgrund der körperlichen Abnützungserscheinungen nicht wie andere Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres ihren Beruf ausüben könnten. Demgemäß sei eine eigene Regelung für die Kürzung der Ruhegenußbemessungsgrundlage bei Frühpensionierungen für Ballettmitglieder getroffen worden.
So würden für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und den Ablauf des Monats liege, in dem das Ballettmitglied sein 60. Lebensjahr vollenden werde, nur 0,1167 Prozentpunkte abgezogen und nicht wie bei anderen Bediensteten nach dem BThPG 0,1676 Prozentpunkte. Die Ruhegenußbemessungsgrundlage dürfe weiters nicht 71 % der Ruhegenußermittlungsgrundlage (im Gegensatz zu den allgemein geltenden 62 %) unterschreiten. Nach Abs 7 seien nach dem 1. 5. 1996 angefallene Ruhegenüsse oder von solchen abgeleitete Versorgungsgenüsse erforderlichenfalls nach den Abs 4 bis 6 neu zu bemessen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Begünstigung sei jedoch, daß das Ballettmitglied bereits eine Dienstzeit von 336 Monaten aufweisen könne.
Der zur Zeit seiner Pensionierung 43jährige Kläger habe jedoch zur Zeit der Versetzung in den Ruhestand mit 31. 7. 1997 lediglich 27 Jahre und elf Monate, das seien 335 Versicherungsmonate aufweisen können.
Soweit vom Kläger eine Überprüfung des BThPG durch den Verfassungsgerichtshof wegen Gleichheitswidrigkeit und Verletzung des Eigentums angeregt werde, erscheine dies im Hinblick auf die für Ballettmitglieder bereits eingeräumte neue Sonderregelung nicht notwendig. Die vom Gesetzgeber gezogene Grenze von 336 Monate sei jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Es könne selbst von Ballettänzern im Durchschnitt eine Dienstzeit von 28 Jahren erwartet werden. Daß sich vereinzelt Härtefälle bei derartigen Grenzziehungen ergeben könnten, müsse unberücksichtigt bleiben. Dem Gesetzgeber müsse es nämlich gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Nicht jede Unbilligkeit, die eine Regelung mit einer konstanten Grenze an Versicherungsmonaten im Einzelfall mit sich bringe, könne bereits als unsachlich gewertet werden.
Alle in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Grundsätze sind durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes gedeckt (vgl insb das Erkenntnis vom 16. 3. 1988, G 184-194, 198, 200/87, zum Pensionsrecht der Bundesbediensteten idF BGBl 426/1985, VfGHSlg
11.665 mwN).
Dem Revisionsantrag und den Revisionsausführungen des Klägers ist entgegenzuhalten:
Der Antrag auf Anrufung des Verfassungsgerichtshofes ist mangels subjektiven Rechts einer Verfahrenspartei zur Stellung eines solchen Antrages zurückzuweisen (EvBl 1980/191; JBl 1994, 57 uva). Da der erkennende Senat aus den bereits vom Berufungsgericht angeführten und den noch unten darzulegenden weiteren Gründen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Bestimmungen des BThPG hat, sieht er sich auch nicht von Amts wegen veranlaßt, die angebliche Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen.
Zu den Revisionsausführungen des Klägers in der Sache selbst ist zu bemerken, daß aus der in der Revision ausführlich dargelegten Entwicklung des Pensionsrechts für Ballettänzer - in der Revision geht der Kläger erstmals auf die seit 1. 1. 1998, somit bereits zum Schluß des erstinstanzlichen Verfahrens eingetretene Änderung der Rechtslage ein -, die für Ballettänzer mit einer Mindestdienstzeit von 336 Monaten eine begünstigte Sonderregelung vorsieht (auf die der Kläger aber offenbar erst durch die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufmerksam gemacht wurde), für ihn nichts zu gewinnen ist.
Ergänzend zu den Berufungsausführungen ist darauf hinzuweisen, daß kurz vor Entscheidung durch das Berufungsgericht eine weitere - inhaltlich allerdings eher geringfügige - Gesetzesänderung betreffend das Pensionsrecht für Ballettänzer eingetreten ist. Durch die neuerliche Änderung des BThPG durch die erste Dienstrechtsnovelle 1998 vom 14. 8. 1998, BGBl 123, Art XX, der in dem hier relevanten Bereich des § 5 rückwirkend mit 1. 1. 1998 in Kraft getreten und daher auf den Kläger anzuwenden ist, da die Novelle zwar erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz beschlossen wurde, aber rückwirkend vor diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist, wurde - abweichend von der bisherigen Rechtslage (§ 5a Abs 5) - im nunmehrigen § 5 Abs 8 festgelegt, daß die spielfreie Zeit im Ausmaß von höchstens zwei Monaten pro Spieljahr jedenfalls als anrechenbare Dienstzeit iSd § 5 Abs 7 gilt und der Ballettänzer für diese Zeit nicht eine bestimmte Zahl von Aufführungen und Proben erreichen muß. Damit ist aber für den Kläger nichts zu gewinnen, weil dieser die für die begünstigende Regelung nötige Gesamtdienstzeit von mindestens 336 Monaten auch ohne Rücksicht auf die Zahl der Aufführungen und Proben nicht erreicht; er war bei der beklagten Partei insgesamt nur 335 Monate beschäftigt.
Der Kläger meint an der Ungleichbehandlung der durch das zweite StrukturverbesserungsG geänderten Fassung des § 5 BThPG habe sich auch durch die Neueinführung des § 5a BThPG durch das erste BudgetbegleitG und die erste Dienstrechtsnovelle 1998 nichts geändert, weil kein einziger Ballettänzer der Staatsoper auch nur annähernd in die Nähe von 336 Dienstmonaten gelangen könne, weil Abs 5 dieser Bestimmung (nunmehr § 5 Abs 8) vorsehe, daß zur zurückgelegten Dienstzeit im Sinn der Abs 4 und 6 dieser Bestimmung nur jene Monate zählten, in denen ein Solotänzer mindestens drei Vorstellungen absolviert und 20 Probendienste geleistet habe oder ein sonstiges Ballettmitglied mindestens fünf Vorstellungen absolviert und 20 Probendienste geleistet habe. Es gäbe nämlich monatlich nicht genügend Vorstellungen und Probendienste; nur ganz vereinzelt könnten die im Gesetz geforderte Anzahl der monatlichen Vorstellungen und Probendienste erreicht werden. Er selbst habe in den letzten fünf Jahren vor seiner Pensionierung nur in vier Monaten die notwendigen Dienste erreicht. Eine derartige Regelung sei daher verfassungsrechtlich bedenklich; sie widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz und stelle einen Eingriff in das Eigentumsrecht dar, weil er gezwungen gewesen sei, höhere Beitragsleistungen zu erbringen, damit die volle Pensionsleistung früher erreicht werde, er aber in der Folge gehindert worden sei, diese volle Pensionsleistung, die seinen Beiträgen entspräche, in Anspruch nehmen zu können.
Bereits das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, daß der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nie behauptet hat, daß er die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erwerb von Dienstzeit-Monaten im Sinn des § 5a Abs 5 (nunmehr § 5 Abs 8) infolge der Gestaltung seiner Diensteinteilung nicht habe erfüllen können. Eine derartige Prozeßbehauptung kann auch im Rechtsmittelverfahren nicht nachgetragen werden, so daß darauf schon deshalb nicht einzugehen ist.
Im übrigen erreicht der Kläger - wie schon erwähnt - die für die begünstigende Regelung nötige Gesamtdienstzeit von 336 Monaten keinesfalls, sodaß er auch dann, wenn er in allen Monaten - mit Ausnahme der spielfreien Zeit (§ 5 Abs 8 idF erste Dienstrechtsnovelle 1998 Art XX) - die in § 5a Abs 5 (nunmehr § 5 Abs 8) geforderte Anzahl von Diensten geleistet hätte, die begünstigende Regelung des § 5a Abs 4 (nunmehr § 5 Abs 7) nicht hätte in Anspruch nehmen können. Es erübrigt sich daher eine Prüfung, ob die zurückgelegten Dienstzeiten den Qualitätsanforderungen des BThPG (monatlich 20 Proben und fünf Vorstellungen) genügten und ob die in Abs 5 geforderte Qualität der Dienste dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitsgebot entsprechen würde.
Die Regelung, welche eine Mindestsatzanhebung auf eine Ruhegenußbemessungsgrundlage der Ballettänzer auf 71 % der Ruhegenußermittlungsgrundlage ua an das Vorliegen von zumindest 336 Monaten (28 Jahre) knüpft, ist sachgerecht, weil auch von Ballettänzern durchschnittlich eine Gesamtdienstzeit von 28 Jahren erwartet werden kann und - wie die frühere Regelung vor dem zweiten Strukturverbesserungsgesetz zeigt - auch stets erwartet wurde; die volle Pension bekamen damals nämlich Ballettänzer auch erst nach einer Gesamtdienstzeit von 28 Jahren.
Es ist zwar verständlich, daß der Kläger sich deshalb als Härtefall versteht, weil ihm nur ein Monat auf die geforderten 336 Monate fehlt. Absolute Grenzen sind aber verfassungsrechtlich zulässig: Es ist von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen; vereinzelt sich ergebende Härtefälle müssen unberücksichtigt bleiben und können nicht für eine Gleichheitswidrigkeit herangezogen werden (VfGHSlg 10.291, 11.665 uva).
Der Kläger erhält im Alter von 43 Jahren, eine durchaus angemessene Pension von 62 % der Ruhegenußermittlungsgrundlage (§ 5a Abs 6 aE; nunmehr § 5 Abs 7 aE) in der Höhe von über S 27.000,-- brutto. Es ist zu bedenken, daß der Kläger noch zahlreiche andere Möglichkeiten hat, in seinem erlernten Beruf als Ballettfachmann zu arbeiten, auch wenn er nicht mehr den Anforderungen eines Spitzenballettänzers in der Staatsoper genügt.
Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß keine Verfassungsvorschrift den Schutz wohlerworbener Rechte gewährleistet, sodaß es in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, muß aber sachlich begründbar sein. Eine Entlastung des Bundeshaushaltes - hier vor allzuhohen Pensionsansprüchen - stellt ein sachliches Kriterium dar (VfGHSlg 11.665 mwN).
Ob möglicherweise das Zusatzerfordernis der Qualität der Dienstzeit (monatlich 20 Proben und fünf Vorstellungen) nicht den angezogenen Verfassungsgeboten des Gleichheitsgrundsatzes und des Eigentumschutzes entspricht, ist hier nicht mehr zu prüfen, da der Kläger schon die erste Hürde, nämlich die Quantität der Dienstzeit (336 Dienstmonate gleich welcher Qualität) nicht erfüllt. Das Zusatzerfordernis der Qualität der Dienstzeit ist daher für die Entscheidung nicht präjudiziell, sodaß ein diesbezügliches Normenkontrollverfahren nicht erforderlich ist und schon aus diesem Grund auch nicht erfolgreich sein könnte; der Verfassungsgerichtshof würde einen derartigen Antrag mangels Präjudizialität zurückweisen.
Die erstgerichtliche Entscheidung ist daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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