OGH 11Os79/99

OGH11Os79/9910.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. August 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer, in der Strafsache gegen Regina L***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22. März 1999, GZ 24 Vr 2007/98-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruchfaktum 2 (Betrug zum Nachteil Dris. R*****) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rosa L***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem deswegen bereits in der Bundesrepublik Deutschland rechtskräftig verurteilten Roland R***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 500.000 S überstiegen hat, und zwar

1. im September 1993 in Schwanstätten, Bundesrepublik Deutschland, dadurch, daß sie sich als rückzahlungsfähige und rückzahlungswillige Darlehensnehmerin ausgab, Johann B***** zur Übergabe eines Darlehensbetrages von 550.000 DM, wodurch dieser einen Schaden in Höhe von 3,850.000 S erlitt und

2. vom 7. Oktober 1993 bis 9. Juni 1994 in Nürnberg, Bundesrepublik Deutschland, dadurch, daß sie sich als zahlungsfähig und zahlungswillig ausgab, um (gemeint wohl: und) durch die weitere Vorspiegelung, sie habe eine Privatversicherung und sei "selbständig", beziehe somit ein Einkommen, den Zahnarzt Dr. Werner Ru***** zur Vornahme einer umfangreichen Zahnsanierung, wodurch dem Genannten ein Schaden in der Höhe von 158.314,03 S entstand.

Beide Schuldspruchfakten bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 3, 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Verlesung des Protokolls über die Vernehmung des Roland R***** (des vormaligen Lebensgefährten der Angeklagten) vom 30. Juli 1998 (Blatt 374-378 des Aktes 801 Js 8617/98 der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth) gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO begründete keine Nichtigkeit im Sinn des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes, weil der in der Justizvollzugsanstalt Amberg einsitzende deutsche Staatsbürger Roland R***** sich geweigert hat, seiner Überstellung nach Österreich zur Vernehmung als Zeuge zuzustimmen. Damit aber ist die Durchführung seiner Vernehmung vor dem Schöffengericht nicht zu erzwingen, weshalb die Voraussetzungen zur Verlesung seiner Angaben vor ausländischen Behörden gegeben ist (vgl auch Mayerhofer StPO4 § 252 E 33).

Mit der Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Angeklagte die Abweisung ihres Antrags auf Verrnehmung der Zeugen Roland R***** und Reinhard K*****. Was den erstgenannten Zeugen anlangt, ist die Beschwerdeführerin auf die Erwiderung zum Nichtigkeitsgrund der Z 3 zu verweisen. Abgesehen davon wurden diese Zeugen zum Beweisthema, "daß die Angeklagte nicht vorsätzlich gehandelt hat", beantragt. Damit wird das Begehren der Angeklagten aber den Formerfordernissen eines Beweisantrags, dessen Ablehnung nichtigkeitsbegründend sein kann, nicht gerecht. Denn ein solcher Antrag muß außer Beweisthema und Beweismittel auch noch angeben, aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde. Fallbezogen wäre es Sache der Angeklagten gewesen, eine nähere Begründung dafür darzutun, weshalb R*****, insbesondere aber K***** in bezug auf die subjektive Tatseite der Angeklagten zweckdienliche Angaben machen könnten. Da der Beweisantrag derartige Ausführungen vermissen läßt, läuft er der Sache nach auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus (vgl Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 19, 90). Demnach wurde die Beschwerdeführerin durch die Nichtdurchführung der beantragten Beweise in ihren Verteidigungsrechten nicht verletzt.

Der Mängelrüge (Z 5) kommt teilweise Berechtigung zu.

Unbegründet ist sie, soweit sie sich gegen das Schuldspruchfaktum 1 wendet. Für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes ist es ohne Belang und demnach nicht entscheidend in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes, ob R***** die Angeklagte überredet hat, einen reichen Mann unter der Vorspiegelung, dieser könne hohe Gewinne erzielen, dazu zu bringen, Geld zu verleihen. Gleiches gilt für die Feststellung, die Darlehenssumme von 550.000 DM wäre durch Johann B***** auf das Konto des R***** und der Angeklagten beim Postgiroamt München überwiesen worden, weil es für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts irrelevant ist, ob der Geldbetrag von B***** unmittelbar auf das erwähnte Konto oder über ein Konto der Hannelore Li***** dahin überwiesen wurde (vgl Blatt 30 und 41 des Aktes der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nürnberg-Fürth).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider entbehrt auch die Urteilsfeststellung, die Angeklagte hätte in keiner Weise vorgehabt, den Darlehensbetrag auch nur teilweise zurückzuzahlen, sondern sich durch dessen Vereinnahmung unrechtmäßig zu bereichern, keinesfalls jeder Grundlage; sie ist auch durchaus nachvollziehbar: Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Darlehensbetrag auf das Konto Nr. 5504-66-809 der Angeklagten und des Roland R***** (zwar nicht am 23. September 1993, sondern erst am 24. September 1993 - vgl S 179 der Vr-Akten) überwiesen. Damit aber war der Darlehensbetrag zu diesem Zeitpunkt Bestandteil des Vermögens der Angeklagten und ihres Lebensgefährten, sodaß die Urteilsannahme, auch die Angeklagte habe den Darlehensbetrag vereinnahmt, keiner weiteren Begründung bedurfte.

Wohl aber haftet dem Schuldspruchfaktum 2 der geltend gemachte Begründungsmangel an. Das Erstgericht hat nämlich die Verantwortung der Angeklagten, ihr damaliger Lebensgefährte habe von Anfang an erklärt, er werde die verfahrensgegenständlichen Zahnarztkosten bezahlen, über- gangen und in diesem Zusammenhang auch nicht die Feststellung getroffen, der Angeklagten wäre schon bei der Auftragserteilung bewußt gewesen, daß Roland R***** nicht in der Lage sein würde, die anfallenden Kosten zu begleichen (vgl auch den erwähnten Akt der deutschen Staatsanwaltschaft, Blatt 288, 300, 349 und 352).

Die gerügte Urteilsunvollständigkeit betrifft ein entscheidendes Tatbestandsmerkmal des Betrugs, könnte der Angeklagten doch Schädigungsvorsatz nicht angelastet werden, wenn sie mit Grund darauf vertrauen durfte, ihr Lebensgefährte werde die Zahnarztkosten begleichen. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß Regina L***** bei Ausfüllung des Anmeldebogens (Beilage A) unrichtige Angaben gemacht hat.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch 1 läßt eine gesetzesgemäße Darstellung vermissen, weil sie nicht - was Voraussetzung für die prozeßordnungsmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes wäre - den Urteilssachverhalt in seiner Gesamtheit mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht. Indem in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet wird, dem Urteil mangle es an Feststellungen, die Angeklagte habe gewußt, daß sie auf Grund ihres Handelns unrechtmäßig bereichert würde, und dies auch gewollt, übergeht sie die Urteilsfeststellung, sowohl Roland R***** als auch die Angeklagte hätten in keiner Weise vorgehabt, den Darlehensbetrag auch nur teilweise zurückzuzahlen, sondern sich vielmehr durch die Vereinnahmung dieses Betrages unrechtmäßig zu bereichern (US 4), bzw daß R***** und die Angeklagte von vornherein vorhatten, das Darlehen nicht zurückzuzahlen, sondern für andere Zwecke zu verwenden (US 7). Aus diesen - von der Beschwerde negierten - Konstatierungen ergibt sich schlüssig das Wissen und Wollen um die verpönte Tatbestandsverwirklichung.

Demnach erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde in bezug auf das Urteilsfaktum 1 teils als unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weshalb sie insofern bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war (§ 285d Abs 1 StPO).

Hinsichtlich des Schuldspruchfaktums 2 ist sie berechtigt, sodaß zur Klärung der subjektiven Tatseite zu diesem Anklagevorwurf die Verfahrenserneuerung anzuordnen war (§ 285e StPO).

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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