OGH 2Ob187/99k

OGH2Ob187/99k1.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Martin Stossier und Dr. Hans Leitner, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Ludwig R*****, vertreten durch Klaus-Dieter Strobach und Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wegen S 77.350,30 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 1. Februar 1999, GZ 22 R 473/98k-23, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 17. September 1998, GZ 3 C 292/97a-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 676,48, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes vom Beklagten die Zahlung von S 90.491,50 samt Zinsen wegen unrichtiger Beratung über die Ursache des an ihrem Fahrzeug aufgetretenen Wasserverlustes und des Anstieges der Kühlwassertemperaturanzeige und des Aufleuchtens der Kühlmittelanzeige.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von S 48.485 samt Zinsen und wies das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 28.865,30 sA ab. Es bejahte die Haftung der Beklagten und nahm ein Mitverschulden des Lenkers des Fahrzeuges der klagenden Partei von einem Drittel an.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil dem Umfang von Erklärungs-, Prüf- und Schutzpflichten im vorvertraglichen Schuldverhältnis eine über den Einzelfall hinausgehende rechtserhebliche Bedeutung beizumessen sei und eine unmittelbar übertragbare Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Haftung für Ratschläge nach § 1300 Satz 1 ABGB im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht vorliege. Auch wären Ausführungen zur Annahme eines allenfalls schlüssig zustande gekommenen Auskunftsvertrages für eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle von richtungsweisender Bedeutung.

Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie unter anderem auch geltend macht, die Revision der beklagten Partei sei unzulässig.

Die Revision der beklagten Partei ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend (§ 508 Abs 1 ZPO) - unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Beurteilung der Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB kommt es nicht darauf an, ob ein Vertrag oder ein vorvertragliches Schuldverhältnis vorliegt; die Worte "gegen Belohnung" im § 1300 erster Satz ABGB stellen klar, daß nur Gefälligkeitsäußerungen keine Haftung begründen können. Eine Haftung besteht daher immer dann, wenn der Rat oder die Auskunft im Rahmen eines Verpflichtungsverhältnisses erteilt wird; Entgeltlichkeit ist nicht erforderlich; entscheidend ist vielmehr, ob der Rat selbstlos erfolgte (SZ 68/60; 1 Ob 367/97w ua; RIS-Justiz RS0044121). Die Beratung erfolgt nicht "selbstlos", wenn sie der Vorbereitung eines entgeltlichen Geschäfts dient (Harrer in Schwimann2, ABGB, Rz 2 zu § 1300; 1 Ob 367/97w). Ob eine Selbstlosigkeit vorliegt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb insoweit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind. Eine grobe Fehlbeurteilung kann in der Ansicht des Berufungsgerichtes, es sei im vorliegenden Fall die Selbstlosigkeit zu verneinen, nicht erblickt werden. Schließlich hat der Fahrer des Fahrzeuges der klagenden Partei den Beklagten, der eine Reparaturwerkstätte betreibt, gefragt, ob er sich "das" (Wasserverlust und starker Anstieg der Temperaturanzeige) anschauen könne und ist in der Folge (nach vereinbarter kurzer Fahrt) wieder zum Beklagten gekommen, damit dieser das Fahrzeug nochmals überprüfe. Letztlich vereinbarten der Beklagte und der Geschäftsführer der klagenden Partei, daß am nächsten Freitag jemand mit dem Fahrzeug der klagenden Partei zum Beklagten kommen solle, damit dann die Lampe für die Kühlmittelanzeige ausgesteckt werde (siehe S 6 der Ausfertigung des Ersturteils).

Aber auch der Umfang der Aufklärungspflichten hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage nur bei grober Fehlbeurteilung gegeben wäre, eine solche liegt aber nicht vor. Bei der Feststellung der Ursache eines Kühlmittelverlustes ist nämlich vorerst die Dichtheit des Kühlsystems und des Motors zu prüfen, kann dort keine Ursache festgestellt werden, muß auch die Wasserpumpe überprüft werden. Auf die Möglichkeit einer defekten Wasserpumpe als Ursache des Anstieges der Temperaturanzeige wurde der Fahrer der klagenden Partei aber nicht hingewiesen.

Die vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Rechtsfragen erfüllen daher nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO.

Auch in der Revision der beklagten Partei werden keine weiteren erheblichen Rechtsfragen dargetan. Insoweit auf die Unentgeltlichkeit hingewiesen wird, ist dem entgegenzuhalten, daß diese nicht das Kriterium für die Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB ist, sondern, wie schon oben ausgeführt, nur dann nicht nach dieser Bestimmung gehaftet wird, wenn die Beratung selbstlos erfolgt.

Die Revision der beklagten Partei war sohin wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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