OGH 9ObA68/99m

OGH9ObA68/99m30.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Georg Genser und Mag. Maria Pree als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred R*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Helmut Neudorfer und andere, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A. ***** Kaufhaus AG, ***** vertreten durch Dr. Rainer H. Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,326.747,60 brutto sA, Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Streitwert S 50.000,--) und Feststellung (Streitwert S 30.000,--), infolge Revision (Revisionsinteresse S 2,326.747,60) der beklagten Partei gegen das Teil-Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Oktober 1998, GZ 8 Ra 215/98s-41, womit das Teilurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Juni 1997, GZ 21 Cga 10/96k-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Teilurteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 21. 4. 1995 Mitglied des Vorstands der beklagten Partei mit einer bis 19. 12. 1996 befristeten Funktionsperiode. Zuletzt bezog er ein Monatsgehalt von S 150.000,-- brutto, 14 mal jährlich. Dem Kläger war weiters vertraglich zugesichert, daß er im Falle der Nichtverlängerung seiner Funktion über den 19. 12. 1996 hinaus bis 31. 12. 1996 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben sollte. Am 19. 1. 1996 wurde er durch den Aufsichtsrat der Beklagten von seiner Funktion als Vorstandsdirektor enthoben und anschließend dienstfrei gestellt. Am 30. 1. 1996 wurde er entlassen.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger zuletzt den Zuspruch von S 2,326.747,60 sA, der sich wie folgt zusammensetzt:

Gehälter für Jänner und Februar 1996 (je S 175.000) S 350.000,--

Gehälter für März bis Juni (je S 175.000) zuzüglich eines entgangenen Sachbezuges durch Rückgabe eines Dienstfahrzeuges (je S 179.043,50) S 537.130,50

Gehälter für Juli bis September 1996 (je S 179.043,50 abzüglich eines anrechenbaren Eigenverdienstes von S 130.083,33 pro Monat, ergibt je S 48.960,17) S 146.880,51

Gehälter für Oktober bis Dezember 1996 (je S 179.043,50 abzüglich S 130.083,33 Eigenverdienst abzüglich S 1.320,-- Sachbezug, ergibt S 47.640,17 monatlich) S 142.920,51 S 1,176.931,52.

Abfertigung (S 179.043,50 x 4) S 716.174,--

Urlaubsentschädigung aus dem Titel des Schadenersatzes für 72 offene Urlaubstage S 484.615,36

abzüglich Kaufpreis für einen PC und ein Mobiltelefon (S 61.977,60 abzüglich PKW-Spesen von S 4.302,-- für die Zeit vom 19. bis 31. 1. 1996, abzüglich unberechtigt abgezogener Spesen von S 4.201,90) S 53.473,30

zuzüglich anteiliger Unfallversicherungsprämie für Februar bis Dezember 1996 S 1.833,33

zuzüglich aliquoter Abfertigung S 666,66

zusammen S 2,326.747,60.

Der Kläger stellte weiters ein Begehren auf Ausstellung eines Dienstzeugnisse sowie ein Feststellungsbegehren.

Er sei am 30. 1. 1996 unberechtigt entlassen worden. Aufgrund seines Vorstandsvertrages sei ihm ein Dienstfahrzeug BMW Klasse 5 oder Audi 100 zugestanden. Aus Ersparnisgründen habe er seinen eigenen Leasing-PKW Mitsubishi Galant ins Eigentum der beklagten Partei übertragen lassen und dieses Fahrzeug als Dienstfahrzeug benützt. Ohne Verschulden des Klägers sei es zu einer verspäteten Ummeldung gekommen, sodaß er rückwirkend für die Zeit seit Abschluß des Vorstandsvertrages das Recht auf Benützung des PKW auf Kosten der Beklagten habe. Deshalb habe er rückwirkend auch Kilometergeld verrechnet. Obwohl die in dieser Zeit anfallenden Leasingentgelte von der Beklagten getragen worden seien, habe der Kläger dennoch keinen Vorteil daraus gezogen, weil er einerseits die zustehenden Privatfahrten nicht verrechnet und andererseits Benzin- und Versicherungskosten weiter aus Eigenem getragen habe. Unrichtig sei ferner der Vorwurf der Beklagten, er habe einen PC auf Kosten der Beklagten bezogen und diesen zwecks Privatnutzung bei sich zu Hause aufstellen lassen. Vielmehr habe er den Ankauf des PC offiziell durchgeführt, es sei lediglich an einer nach der Entlassung erteilten Weisung des Vorstandsvorsitzenden gescheitert, daß der PC in das Anlagenverzeichnis der Beklagten aufgenommen worden sei. Der Kläger habe, weil sein eigener PC funktionsuntüchtig geworden sei, aufgrund eines Aktionärswechsels aber der Gebrauch eines solchen Gerätes unabdingbar gewesen sei, rasch entscheiden müssen, ohne daß es möglich gewesen wäre, andere Vorstandskollegen hievon zu informieren. Er habe den PC auch tatsächlich nur im Interesse der Beklagten benützt. Unrichtig sei ferner, daß der Kläger unerlaubt eine erweiterte Rechtschutzversicherung abgeschlossen habe, deren Prämie durch die Beklagte bezahlt worden sei; vielmehr sei der Aufsichtsratsvorsitzende darüber informiert und damit einverstanden gewesen. Der Abschluß einer solchen Versicherung sei im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Lage der Beklagten und das daraus folgende erhöhte Haftungsrisikos des Klägers auch sachlich berechtigt gewesen. Der Abschluß dieser Versicherung liege auch insoweit im Interesse der Beklagten, als diese gemäß §§ 1002, 1014 ABGB verpflichtet gewesen sei, dem Kläger die in Ausübung seines Auftrages entstandene Auslagen zu ersetzen.

Unrichtig sei ferner der Vorwurf, der Kläger habe Spesenkostenvorschüsse in Anspruch genommen, ohne diese abzurechnen.

Ein für einen Rechtsanwalt der Beklagten erforderlicher Kostenvorschuß sei noch vor seiner Abberufung und somit zulässig durch ihn angewiesen worden. Dem Vorwurf, er habe noch nach seiner Abberufung unberechtigt Spesen in Anspruch genommen, werde entgegengehalten, daß es sich dabei um zwei geringfügige Beträge handle, die ausschließlich im Dienstinteresse entstanden seien.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des (im Revisionsverfahren einzig gegenständlichen) Leistungs- begehrens. Nach der Abberufung des Klägers als Mitglied des Vorstandes habe sich herausgestellt, daß dieser wiederholt den Entlassungsgrund der Untreue (§ 27 Z 1 erster Tatbestand AngG) bzw der Vertrauensunwürdigkeit (§ 27 Z 1 dritter Tatbestand AngG) gesetzt habe, sodaß er zu Recht entlassen worden sei. Zum einen habe der Kläger trotz der rückwirkenden Ummeldung seines Privat-PKW auf die Beklagte dennoch Kilometergeld in Höhe von S 60.531,40 verrechnet und auch erhalten, ohne dies als Sachbezug zu melden. Gegenüber der Personalstelle habe er den Gebrauch des Dienstfahrzeuges geleugnet. Der Kläger habe weiters, ohne jemanden zu verständigen, einen PC zu einem Kaufpreis von ca S 62.000,-- auf Kosten der Beklagten gekauft. Dieser Vorgang sei nur der dem Kläger untergebenen Auszahlungsstelle bekannt geworden, das Gerät sei weder in den Anlagenspiegel aufgenommen worden, noch habe der Kläger eine Sachbezugsmeldung erstattet. Desgleichen habe der Kläger ohne Sachbezugsmeldung und ohne Genehmigung die Prämien für eine private Managerrechtschutzversicherung durch die Beklagte zahlen lassen. Von einem Reisekostenvorschuß in Höhe von S 8.545,--, welcher vereinbarungsgemäß bis zum Jahresende 1995 hätte verrechnet werde müssen, habe der Kläger S 2.077,90 nicht abgerechnet. Nach seiner Abberufung habe der Kläger, ohne hiezu berechtigt zu sein, ein Akonto für einen Rechtsanwalt in Höhe von S 600.000,-- verfügt. Der Kläger habe weiters nach seiner Abberufung Spesen in Höhe von S 2.124,--, zu deren Eingehen er nicht mehr berechtigt gewesen sei, angesprochen und ausgezahlt erhalten. Im übrigen müsse sich der Kläger seinen in der Folge erzielten Eigenverdienst auf eine allfällige Kündigungsentschädigung anrechnen lassen. Anspruch auf Urlaubsentschädigung bestehe nicht, weil sich der Kläger in seinem Vorstandsvertrag verpflichtet habe, Urlaub ausschließlich in natura zu konsumieren. Die Beklagte wendete kompensando bis zur Höhe der Klageforderung eine Schadenersatzforderung ein, welche durch unsachgemäßes Vorgehen des Klägers beim Verkauf einer Tochtergesellschaft entstanden sei.

Das Erstgericht wies das Leistungsbegehren von S 2,326.747,60 brutto sA mit Teilurteil ab.

Zusätzlich zum unstrittigen Sachverhalt stellte das Erstgericht im wesentlichen noch fest:

Der Kläger war zunächst (seit 1. 4. 1994) Angestellter der Beklagten. Mit Wirkung vom 21. 4. 1995 wurde er in den Vorstand berufen. Im schriftlichen Vertrag vom September 1995 wurde als Zuständigkeitsbereich das Rechnungs-, Vertragswesen, Rechtsangelegenheiten, EDV-Bereich und Betreuung von Versicherungsangelegenheiten sowie allgemeine Verwaltung festgehalten. Gemäß Punkt VII Abs 2 war eine vorzeitige Auflösungsmöglichkeit vereinbart, sofern der Kläger einen verschuldeten Entlassungsgrund im Sinne des Angestelltengesetzes setze. Im Punkt V Abs 5 wurde festgehalten, daß der Kläger alle angemessenen Barauslagen und Spesen, die im Rahmen seiner Tätigkeit für die beklagte Partei erwachsen würden, refundiert erhält. Laut Punkt V Abs 6 der Vereinbarung hatte der Kläger Anspruch auf einen Firmen-PKW der Marke BMW 5 bzw Audi 100 mit dem Anspruch auf private Nutzung. In Punkt VI wurde ein jährlicher Erholungsurlaub im Ausmaß von 6 Wochen vereinbart, welcher in natura zu verbrauchen war. Die Abgeltung nicht verbrauchten Urlaubes bei Beendigung des Vorstandsvertrages war abbedungen. Für die Berechnung des Jubiläumsgelds wurde ein fiktives Eintrittsdatum per 1. 4. 1985 vereinbart, für andere Ansprüche der 1. 4. 1984. Darüber hinaus wurde dem Kläger die Zahlung einer Unfallversicherung zugestanden.

Der Kläger wies im August 1995 eine Angestellte der Buchhaltung an, die in der Zeit vom April bis August 1995 angefallenen und von ihm gezahlten Leasingentgelte für seinen privat geleasten PKW und eine Leasingvorauszahlung seinem Privatkonto zu refundieren und den Restwert zum Ankauf des PKW an den Leasinggeber zu überweisen, da sein bisheriger Privat-PKW nunmehr als Firmen-PKW verwendet werden sollte. Der PKW wurde in der Folge im Anlagenspiegel der Beklagten als Dienstfahrzeug geführt. Der Kläger beanspruchte für die Zeit vom 1. 4. bis 22. 8. 1995 auch Kilometergeld, jedoch keine Refundierung für die private Nutzung des nunmehrigen Dienstfahrzeuges. Der Leiterin der Personalabteilung gab er über deren Anfrage zur Antwort, daß er sein Privatfahrzeug als Firmenfahrzeug benutze und die anfallenden Spesen- und Bezinrechnungen direkt mit der Kasse verrechnet würden. Die Leiterin der Personalabteilung mißverstand diese Äußerung und war der Meinung, daß der Kläger weiterhin seinen Privat- und keinen Dienst-PKW benütze. Die Ummeldung des KFZ auf die beklagte Partei wurde ohne Verschulden des Klägers verzögert.

Mitte 1995 erkundigte sich der Kläger beim Aufsichtsratsvorsitzenden, ob von der beklagten Partei in Anbetracht der angespannten Situation im Zusammenhang mit der Insolvenz der Alleinaktionärin eine Rechtschutzversicherung für Vorstandsmitglieder abgeschlossen werde. Er erhielt die Antwort, daß er ein konkretes Anbot unterbreiten solle. Anläßlich eines weiteren Treffens erklärte der Kläger, daß seine Versicherung eine erweiterte Managerrechtschutzversicherung anbiete. Der Aufsichtsratsvorsitzende gab dem Kläger zur Antwort, daß er sich dies überlegen werde. Zu einem weiteren konkreten Gespräch kam es jedoch nicht. Der Kläger ging in der Folge auf Kosten der Beklagten eine erweiterte Managerrechtschutzversicherung per 1. 7. 1995 für sich und ein weiteres Vorstandsmitglied mit einer Prämie von halbjährlich S 34.510,-- ein. Eine Sachbezugsmeldung erstattete der Kläger nicht.

Ein ihm gewährter Reisenkostenvorschuß in Höhe von S 8.545,-- wurde zur Gänze im Dienstesinteresse verbraucht und vom Kläger bis Jahresende 1995 belegt.

Die Anordnung zur Überweisung eines Kostenvorschusses für einen Rechtsvertreter der Beklagten erfolgte noch vor der Abberufung des Klägers.

Am 28. 12. 1995 kaufte der Kläger im Namen der beklagten Partei einen PC samt Zubehör um einen Kaufpreis von S 60.977,-- und holte das Gerät nach Durchführung einer Reparatur am 29. 12. 1995 selbst vom Verkäufer ab. Der Kläger wies in der Folge die Buchhaltung der Beklagten an, den Betrag an den Verkäufer anzuweisen. Der Kläger installierte den PC nicht im Büro, sondern in seiner Privatwohnung. Der Grund für den Ankauf des Gerätes war, daß der private PC des Klägers beschädigt war und er ein anderes Gerät benötigte, um unter anderem die Finanzsituation der beklagten Partei wegen eines am 15. 12. 1995 stattgefundenen Aktionärswechsel zu analysieren. Zum Zeitpunkt des Kaufes befanden sich der Vorstandsvorsitzende und ein weiteres Vorstandsmitglied auf Urlaub.

Am 19. 1. 1996 teilte der Aufsichtsratsvorsitzende dem Kläger mit, daß er von seiner Funktion als Vorstandsmitglied abberufen worden sei. Dem Kläger wurde letztlich zugesagt, daß er zwar dienstfrei gestellt sei, jedoch seinen Anspruch auf das gesamte Jahresentgelt 1996 und auf Abfertigung behalten solle, nicht jedoch einen Anspruch auf Urlaubsentschädigung, weil er diesen noch konsumieren könne. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Vereinbart wurde ferner, daß der Kläger die laufenden Angelegenheiten (ca 70 Fälle) an den Vorstandsvorsitzenden übergeben solle, was anschließend auch geschah.

Am 22. 1. 1996 übergab der Kläger eine Spesenabrechnung an die Hauptkassa. Darunter befanden sich auch eine Rechnung über Blumen in Höhe von S 144,-- vom 9. 1. 1996 und eine nicht näher aufschlüsselbare Restaurantrechnung über S 123,-- zuzüglich S 7,-- Trinkgeld vom 10. 1. 1996. Die Blumen hatte der Kläger für die Gattin eines Ansprechpartners der Beklagten erworben. Am 30. 1. 1996 erhielt der Kläger ein am 27. 1. 1996 verfaßtes Entlassungsschreiben.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger weder die Verrechnung von Kilometergeld noch die Spesenabrechnung aus dem Jahr 1995 vorgeworfen werden könnten. Der im Kilometergeld enthaltene Amortisationsbetrag werde durch die nicht verrechnete Privatnutzung ausgeglichen. Die Spesen des Jahres 1995 seien vom Kläger zur Gänze abgerechnet worden. Vorzuwerfen sei dem Kläger hingegen, daß er noch nach Dienstfreistellung, nämlich am 19. 1. und 20. 1. 1996, Spesen eingegangen sei und mit der Beklagten verrechnet habe, obwohl er hätte wissen müssen, daß er solche Spesen nach seiner Abberufung nicht mehr verrechnen dürfte. Durch den Erwerb der PC-Anlage und deren Installation in seiner Privatwohnung, ohne Vorstandskollegen zu verständigen, habe der Kläger den Eindruck erweckt, er wolle ein auf Kosten der Beklagten angeschafftes Gerät für sich privat nutzen. Der Kläger habe sich ferner nicht berechtigt erachten dürfen, einseitig eine Managerrechtschutzversicherung einzugehen, deren Prämien von der Beklagten zu tragen seien. Diese Verfehlungen erfüllten in ihrer Gesamtheit den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil in seinem Ausspruch über das Zahlungsbegehren dahin ab, daß es mit Zwischenurteil die Ansprüche des Klägers als dem Grunde nach zu Recht bestehend erklärte. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger insgesamt lediglich Ordnungswidrigkeiten begangen habe, welche seine Entlassung nicht rechtfertigten. Wohl habe der Kläger nicht mit einer Zustimmung des Aufsichtsrates zur Tragung der Prämien seiner privaten Rechtschutzversicherung durch die Beklagte rechnen dürfen, doch sei dieses Vorgehen im Zusammenhang mit der angespannten wirtschaftlichen Lage der beklagten Partei und der begründeten Sorge des Klägers, ein erhöhtes Haftungsrisiko einzugehen, zu sehen. Hinsichtlich der nach seiner Abberufung getätigten Spesenabrechnung bleibe lediglich ein Betrag von S 130,-- ungeklärt, welcher in keinerlei Relation zu dem Betrag stehe, welchen der Kläger durch eine Entlassung verlieren würde. Letztlich reiche auch der Ankauf des PC und dessen Aufstellung in der Privatwohnung des Klägers nicht aus, um das Vertrauen des Dienstgebers als verwirkt anzusehen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, daß der Kläger das Gerät für seine berufliche Tätigkeit benützt und gar nicht versucht habe, den Ankauf zu verschleiern.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist zu bemerken, daß trotz teilweiser Verweisung im Vertrag auf Bestimmungen (hier: Entlassungsgründe) des Angestelltengesetzes kein Dienstvertrag vorlag, sondern ein diesbezüglich nicht untypischer (RdW 1988, 428, RIS-Justiz RS0027825) Vorstandsvertrag (Beil./A). Bei Vorstandsmitgliedern fehlt es üblicherweise am Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Unselbständigkeit (9 ObA 2044/96w mwN). Der Kläger könnte daher seine Ansprüche auf Urlaubsentschädigung nicht auf das Urlaubsgesetz, sondern nur auf Schadenersatz wegen einer unberechtigten Entlassung stützen. Eine solche liegt aber nicht vor.

Durch den Verweis auf die Entlassungsgründe des Angestelltengesetzes ist auch die hiezu ergangene Rechtsprechung maßgeblich. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Kläger keinen vertraglichen Anspruch darauf, daß die Beklagte verhalten war, die Prämien für eine vom Kläger eingegangene erweiterte Managerrechtschutzversicherung zu tragen. Entgegen seiner Ansicht gibt auch die Bestimmung des § 1014 ABGB keinen tauglichen Grund dafür, ab, eine solche Versicherung auf Kosten der Beklagten einzugehen. Zum einen sind über Geschäftsbesorger verhängte Geldstrafen grundsätzlich kein Aufwand iSd § 1014 ABGB (Strasser in Rummel ABGB I2 RdZ 4 zu § 1014 ABGB; Apathy in Schwimann2 RdZ 13 zu § 1014 ABGB); gleiches muß für die Kosten einer damit im Zusammenhang stehenden Rechtsverteidigung gelten. Dem Machthaber gebührt überdies kein Ersatz, wenn das Schadensrisiko zu seinem gewöhnlichen Berufsrisiko gehört (Apathy aaO; Fitz, Risikozurechnung bei Tätigkeit im fremden Interesse 86) und als durch das vom Machtgeber gezahlte Entgelt abgedeckt und überwälzt erscheint (Apathy aaO; Jabornegg, DRdA 1984, 37, 38; Fitz aaO 89f, 160 ff). Es kann dazu nicht übersehen werden, daß der Kläger als Vorstandsmitglied eine Entlohnung von S 150.000,-- brutto, 14 mal jährlich erhalten hat. § 1014 ABGB kann somit dem Kläger nicht als Rechtfertigung seines eigenmächtigen Vorgehens dienen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Aufsichtsratsvorsitzende und andere Aufsichtsratsmitglieder als Vorstandsmitglieder der Alleinaktionärin der Beklagten auf Vorstandsverträge verweisen konnten, welche ihnen den Abschluß gleichartiger Rechtschutzversicherungen auf Kosten der von ihnen vertretenen Gesellschaft ermöglichte.

Allein der Umstand, daß der Kläger die Genehmigung des Aufsichtsrates zu erreichen trachtete, macht augenscheinlich, daß er sich dessen bewußt war, daß er keinen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch darauf hatte, daß die in seinem privaten Interesse abgeschlossene Rechtschutzversicherung von der Beklagten finanziert würde. Dennoch wartete er weder eine Zustimmung des Aufsichtsrates ab, noch kam er nachträglich um eine Genehmigung ein. Der Kläger muß sich als Vorstandsmitglied durch den vereinbarten Verweis auf die Entlassungsgründe des Angestelltengesetzes jenen Maßstab gefallen lassen, der für leitende Angestellte gilt und hinsichtlich ihrer Vertrauenswürdigkeit ein besonders strenger ist (Kuderna, Entlassungsrecht2 84). Zieht man nun in Betracht, daß der Kläger im Wissen seiner mangelnden Berechtigung einen ausschließlich ihm nützlichen Versicherungsvertrag mit nicht unbeträchtlichen Prämienbelastungen (ca S 69.000,-- jährlich) zu Lasten der beklagten Partei einging, liegt darin ein Verhalten, welches ihn als vertrauensunwürdig (§ 27 Z 1 dritter Tatbestand AngG) erscheinen läßt. Sein Verhalten übersteigt insofern den Grad einer bloßen Ordnungswidrigkeit, sodaß seine Weiterbeschäftigung für die Beklagte objektiv unzumutbar wurde. Für die Beurteilung der Unzumutbarkeit ist es rechtlich belanglos, welche Zeitspanne im Einzelfall vom Ausspruch der Entlassung bis zum Zeitpunkt einer vertragsgemäßen Beendigung tatsächlich noch verstreichen hätte müssen und ob überhaupt noch Gelegenheit für den Entlassenen besteht, die dienstlichen Interessen in Zukunft wieder zu verletzen (Kuderna aaO 61). Der Einwand, der Kläger sei im Zeitpunkt der Entlassung bereits dienstfrei gestellt gewesen, ist demnach unerheblich.

Da bereits das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem eigenmächtigen Abschluß der Rechtschutzversicherung die Entlassung rechtfertigte, können Erwägungen zu den weiteren Fakten des Computerankaufs und des Eingehens von Spesen noch nach der Abberufung als Vorstandsmitglied unterbleiben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO.

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