OGH 1Ob134/99h

OGH1Ob134/99h29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** Vertriebsgesellschaft m.b.H, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, und 2) Dr. Ferdinand B*****, sowie den Nebenintervenienten Dr. Erhard M*****, wegen 116.273,80 DM sA infolge Rekurses der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Jänner 1999, GZ 14 R 140/98f-71, womit infolge Berufungen der klagenden und der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. April 1998, GZ 33 Cg 8/96f-61, in seinen auf die zweitbeklagte Partei bezogenen Teilen aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 81 Abs 3 KO ist der Masseverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile verantwortlich, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amts zufügt. Aussonderungsberechtigte sind nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gleichfalls Beteiligte des Konkursverfahrens im Sinne der zitierten Gesetzesstelle (zuletzt RZ 1999/29). Solche Personen hat der Masseverwalter in Erfüllung einer konkursspezifischen Rechtspflicht gegen diejenigen Gefahren zu schützen, die für sie mit der Masseverwaltung in typischer Weise verbunden sind. In diesem Sachzusammenhang wurde vom Obersten Gerichtshof aber auch schon ausgesprochen, daß der Masserverwalter "die Ausfolgung massefremder Sachen an die Berechtigten" nicht vereiteln oder verzögern darf und für den durch eine Pflichtverletzung verursachten Schaden einzustehen hat (RZ 1999/29). Daran ist festzuhalten.

Der Zweitbeklagte (in der Folge nur mehr als Beklagter bezeichnet) hatte als Masseverwalter im Konkurs einer Gesellschaft Aussonderungsansprüche der klagenden Partei an einer großen Anzahl von Videokassetten anerkannt und überdies Kenntnis von der Absicht des Nebenintervenienten als Masseverwalter im Konkurs einer anderen Gesellschaft, gerade diese Videokassetten als vermeintliches Massevermögen zu verkaufen. Vor dem Hintergrund der einleitend referierten Rechtsprechung wäre er demnach in Befolgung einer konkursspezifischen Handlungspflicht gehalten gewesen, den Nebenintervenienten über den anerkannten und auf den Titel des Eigentums gestützten Anspruch der klagenden Partei zu informieren, die Videokassetten aus dem Massevermögen derjenigen Gesellschaft auszusondern, für die er als Masseverwalter zu handeln berufen war. Durch die Mißachtung dieser Handlungspflicht vereitelte er schuldhaft die Ausfolgung dieser massefremden Sachen an die aussonderungsberechtigte klagende Partei und verursachte damit deren durch den Verkauf und die Übergabe der Videokassetten an einen Dritten eingetretenen Vermögensschaden.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der erkennende Senat der Ansicht der Vorinstanzen zur Haftung des Beklagten für den als Folge der Verletzung einer Handlungspflicht als Masseverwalter im Vermögen der klagenden Partei eingetretenen Schaden beitritt.

2. Der Beklagte führt gegen eine Ersatzpflicht vor allem ins Treffen, § 81 KO normiere "keine Verwahrungspflicht des Masseverwalters". Er übersieht dabei, daß ihm die Verletzung einer solchen Pflicht im angefochtenen Beschluß gar nicht angelastet wurde; das Berufungsgericht wertete vielmehr bloß die Unterlassung der Information des Nebenintervenienten über "das Eigentum der klagenden Partei" zutreffend als Verletzung einer konkursspezifischen Handlungspflicht. In diesem Zusammenhang ist es - entgegen den Erörterungen im Rekurs - belanglos, wer der klagenden Partei die Videokassetten auszufolgen gehabt hätte, wenn die Realisierung deren Eigentumsansprüche nicht durch eine pflichtwidrige Unterlassung des Beklagten vereitelt worden wäre.

Der Ansicht des Beklagten, ein bestimmter Gerichtsvollzieher habe den Eigentumsverlust der klagenden Partei (allein) verschuldet, weil er es anläßlich seines Einschreitens im Jahr 1993 - mangels Anordnung einer gerichtlichen Verwahrung - unterlassen habe, die Pfändung der Videokassetten nach § 253 Abs 1 EO (in der Fassung der EO-Novelle 1995 BGBl 519) "in einer für jedermann leicht erkennbaren Weise ersichtlich" zu machen, ist bloß zu erwidern, daß sie auf im Rekursverfahren unzulässigen Neuerungen beruht.

Für ein Mitverschulden der klagenden Partei am Eigentumsverlust bieten die maßgeblichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt. Der Beklagte vermag aber auch sonst keine entscheidungswesentliche erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, die vom Obersten Gerichtshof erst zu lösen wäre, aufzuzeigen, sodaß sich sein Rechtsmittel als unzulässig erweist.

3. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 526 Abs 2 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden. Gemäß § 528a ZPO ist auf seine Entscheidungen über Rekurse unter anderem § 510 Abs 3 ZPO anwendbar, sodaß sich der erkennende Senat auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken kann.

4. Die klagende Partei unterließ es, in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten hinzuweisen. Ihr Schriftsatz war somit einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienlich, sodaß sie dessen Kosten gemäß § 40 und § 50 Abs 1 ZPO endgültig selbst zu tragen hat.

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