OGH 10ObS6/99a

OGH10ObS6/99a29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Ing. Gustav Poinstingl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Winfried Kmenta (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Idris O*****, 2. Irmtraud S*****, vertreten durch Dr. Rudolf K. Fiebinger ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, Dr. Karl Renner Promenade 14-16, 3100 St. Pölten, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kostenerstattung (Revisionsinteresse S 2.080,-- und S 2.080,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. September 1998, GZ 8 Rs 157/98m-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. Jänner 1998, GZ 9 Cgs 343/97b-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie unter Einschluß der rechtskräftig gewordenen Teilabweisungen insgesamt lauten:

"Die beiden Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den jeweils klagenden Parteien einen Betrag von je S 2.576,-- zu zahlen, werden abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien einen Kostenanteil von je S 600,--, insgesamt daher S 1.200,-- (darin enthalten S 200,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die bei der beklagten Gebietskrankenkasse krankversicherten Kläger haben sich im Februar bzw April 1997 je einmal bei der Fachärztin für Radiologie Dr. Susanne A. Q***** in Wien (in Hinkunft kurz "behandelnde Ärztin" genannt) einer Magnetresonanz-Tomographie (MRT)-Untersuchung unterzogen.

Ein gemäß § 338 Abs 1 und 3 ASVG vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger am 26. 9. 1997 mit der Wirtschaftskammer Wien, Fachgruppe der Heilbade-, Kur- und Krankenanstalten, abgeschlossener "Rahmenvertrag" hat (wie auch schon der Rahmenvertrag vom 16. 1. 1996, s. 10 ObS 365/98v) die Durchführung von MRT-Untersuchungen an Versicherten in den Ambulatorien zum Gegenstand, die in einer Anlage zu diesem Vertrag aufgelistet sind. Als Tarif für MRT-Untersuchungen (inklusive Kontrastmittel, ohne Umsatzsteuer) wurde pro Patient ab 1. 10. 1995 S 3.220,-- (gemäß Rahmenvertrag vom 16. 1. 1996, s. 10 ObS 365/98v) bzw ab 1. 7. 1997 ein Betrag von S 2.600,-- vereinbart. Solche Untersuchungen werden von der Beklagten ausschließlich durch Vertragseinrichtungen im Sinne des § 135 Abs 1 ASVG auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages als Sachleistung erbracht, und zwar durch 15 Ambulatorien in Wien und 6 Ambulatorien in Niederösterreich.

Die behandelnde Ärztin steht in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten. Im Tarif der Fachärzte für Radiologie nach der Honorarordnung der Beklagten sind aber derartige MRT-Untersuchungen nicht enthalten. Sie legte ihren Patienten für jede Untersuchung eine Honorarnote über S 3.220,--; dieser Betrag orientierte sich (unstrittig) an dem Tarif des "Rahmenvertrages" (vom 16. 1. 1996, s. 10 ObS 365/98v). Die Kläger zahlten das verrechnete Honorar und begehrten von der Beklagten Kostenerstattung in dieser Höhe.

Die Beklagte lehnte mit den beiden Bescheiden vom 24. und 25. 9. 1997 die Anträge auf Kostenerstattung ab. Zur Begründung verwies sie darauf, daß sie die Kosten für eine MRT-Untersuchung nur übernehmen könne, wenn der Leistungserbringer der gleichen Berufsgruppe oder der gleichen Organisationsform wie die Vertragspartner zugehören, die zur Erbringung von MRT-Untersuchungen für Rechnung des Krankenversicherungsträgers berechtigt seien. Dies sei bei der behandelnden Ärztin nicht der Fall, weil Verträge zur Erbringung von MRT-Untersuchungen ausschließlich mit selbständigen Ambulatorien bestünden.

Mit ihren beiden getrennt eingebrachten Klagen, die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, begehren die Kläger eine Kostenerstattung "im gesetzlichen Ausmaß" und präzisieren dies in der Klageerzählung dahin, daß sie zufolge Inanspruchnahme der behandelnden Ärztin als Wahlärztin einen Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten nach § 131 Abs 1 ASVG im Ausmaß von 80 vH des jeweils in Rechnung gestellten Betrages von S 3.220,--, also jeweils S 2.576,-- hätten. Weder der Großgeräteplan noch der "Rahmenvertrag" stünden dem Begehren auf Ersatz der ärztlichen Behandlungen aus dem Titel der Wahlarzthilfe entgegen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung aller Klagebegehren. Ein Vertragsarzt könne nicht gleichzeitig Wahlarzt sein. Ein kassenfreier Raum liege nicht vor, weil es Kassenleistungen auf dem Gebiet der MRT-Untersuchungen gebe, wenn auch nicht durch alle Vertragsärzte. Die Versorgung auf diesem Gebiet sei ausreichend. Neben den Einrichtungen in Niederösterreich stünden auch alle Vertragseinrichtungen der Wiener Gebietskrankenkasse zur Verfügung, die MRT-Untersuchungen durchführen. Die Versicherungsträger hätten sich nach § 338 Abs 2a ASVG bei Verträgen mit Ärzten an den Großgeräteplan zu halten; dem widersprechende Verträge seien ungültig. Es stehe jedem Patienten frei, auch von der behandelnden Ärztin eine MRT-Untersuchung vornehmen zu lassen, allerdings als Privatpatient und nicht auf Kosten der Krankenkasse.

Das Erstgericht gab den beiden Klagebegehren im Umfang von jeweils S 2.080,-- statt, während es die Mehrbegehren von jeweils S 496,-- abwies. Es beurteilte den eingangs dargestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß die behandelnde Ärztin bei Erbringung der außervertraglichen MRT-Untersuchung als Wahlärztin anzusehen sei. Daß sie zugleich auch Vertragsärztin sei, schade nicht, weil sie Leistungen erbracht habe, die nicht vom Vertrag umfaßt seien. Nach § 131 ASVG bestehe daher Anspruch auf Ersatz der Kosten im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme eines Vertragsambulatoriums aufzuwenden gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den klagestattgebenden Teil des Ersturteils nicht Folge. Der klageabweisende Teil erwuchs mangels Bekämpfung in Rechtskraft. Der Versicherte könne im Rahmen seines gesetzlichen Anspruches auf Krankenbehandlung, der umfangreicher sein könne als das vertraglich gesicherte Sachleistungsangebot, auch Anspruch auf bestimmte außervertragliche ärztliche Leistungen haben. Insoweit könne ein sogenannter "kassenfreier Raum" bestehen. Ein Arzt könne - bezogen auf verschiedene Leistungen - sowohl als Vertragsarzt als auch als Wahlarzt tätig sein. Der Versicherte habe grundsätzlich die freie Arztwahl. Dem Krankenversicherungsträger stehe es nicht frei, ärztliche Hilfe ausschließlich durch bestimmte Leistungserbringer anzubieten. Ein Ausweichen auf Vertragseinrichtungen, insbesondere selbständige Ambulatorien, sei nur insoweit zulässig, als dies zur ausreichenden Versorgung der Versicherten notwendig sei. Diese Grundsätze seien auch vom 2. SRÄG 1996 u.a. durch Einfügung des § 338 Abs 2a ASVG unverändert gelassen worden. Wenngleich Verträge, die dem Großgeräteplan widersprechen, unter der Sanktion der Nichtigkeit stünden, sei dadurch weder der Kostenersatzanspruch eines Versicherten noch der Grundsatz der freien Arztwahl beseitigt. Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 338 Abs 2a ASVG nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Abweisung der Klagebegehren und stellt alternativ einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger haben keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Durch Art I Z 23 des 2. SRÄG 1996, BGBl 1996/764, wurde nach § 338 Abs 2 ASVG folgender Abs 2a eingefügt:

"(2a) Die Versicherungsträger haben sich beim Abschluß von Verträgen nach Abs 1 an einen vom Bund nach Abstimmung mit der Sozialversicherung und im Einvernehmen mit den Ländern festzulegenden Großgeräteplan zu halten. Verträge, die dem widersprechen, sind ungültig."

Im Abs 3 wurde der Ausdruck "Abs 1 und 2" durch den Ausdruck "Abs 1, 2 und 2a" ersetzt. Die Erläuterungen zur RV (394 BlgNR 20. GP, 18) führen dazu folgendes aus:

"Durch die vorgeschlagene Bestimmung soll in Ausführung des Artikel 30 Abs 2 Z 3 der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 die Beachtung des vom Bund (....) - nach Abstimmung mit der Sozialversicherung und im Einvernehmen mit den Ländern - festzulegenden Großgeräteplanes im Vertragspartnerrecht verankert werden. Als Sanktion ist die Ungültigkeit eines dem Großgeräteplan widersprechenden Vertrages ab dem Zeitpunkt der Feststellung vorgesehen."

Der erwähnte Art 30 Abs 2 Z 3 der Vereinbarung (siehe BGBl I 1997/111) bestimmte dazu:

"In die Sozialversicherungsgesetze ist folgendes aufzunehmen: Die Sozialversicherung hat sich bei der Vergabe von Kassenverträgen an einen .... Großgeräteplan zu halten; Verträge, die dem widersprechen, sind ungültig."

Von dieser geänderten Rechtslage gehen alle Streitteile auch im Revisionsverfahren ohne Vorbehalt aus. Sie ziehen daraus lediglich entgegengesetzte Schlüsse. Daß es sich bei einem MRT-Gerät um ein Großgerät im Sinne der genannten Bestimmungen (auch im Sinne des Großgeräteplanes 1996, NÖ LGBl 0813-0) handelt, ist nicht strittig.

Die Argumente der Beklagten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es sei unstrittig, daß mit der behandelnden Ärztin kein Vertrag über MRT-Untersuchungen abgeschlossen werden dürfte. Infolge des § 338 Abs 2a ASVG sei die Vertragsautonomie der Parteien des Gesamt- und Einzelvertrages beschränkt. Träger der Krankenversicherung dürften bestimmte Großgeräteleistungen nicht nach freiem Belieben, sondern nur im Rahmen des Großgeräteplanes erbringen. Könnten aber im Sinne der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes Vertragsärzte zudem (schrankenlos) als Wahlärzte auftreten, würde die gesetzliche Anordnung geradezu der "Lächerlichkeit" preisgegeben: Würde nämlich der Versicherungsträger einem Arzt den Vertragsabschluß unter Hinweis auf § 338 Abs 2a ASVG verwehren, könnte er dieselbe Leistung unbesorgt als Wahlarzt mit Kostenerstattungsanspruch erbringen und damit die eigentliche Absicht des Gesetzgebers, die fragliche Leistung nur an bestimmten Standorten zu erbringen, unterlaufen. Sei es dem Versicherungsträger verboten, Verträge abzuschließen, die dem Großgeräteplan zuwider laufen, und damit die fragliche Leistung als Sachleistung durch einen Vertragspartner zu erbringen, könne auch kein Anspruch auf Kostenersatz für dieselbe ärztliche Leistung unter den Deckmantel der Wahlarzthilfe bestehen. Die Vorinstanzen hätten auch den Grundsatz der freien Arztwahl verkannt. Hier gehe es nicht um einen sogenannten "kassenfreien Raum", also um Leistungen, die noch keine Aufnahme in die Honorarordnung gefunden hätten, sondern um ärzliche Leistungen, die nach dem Gesetz nur von einigen wenigen Vertragspartnern erbracht werden dürften. So wie ein Versicherter keinen Rechtsanspruch auf die jeweils weltbeste medizinische Versorgung habe, habe er keinen Anspruch darauf, teure Großapparate-Medizin durch jeden Arzt auf Kosten der Sozialversicherung durchführen zu lassen. Besondere Gründe, welche die sofortige Untersuchung durch die behandelnde Ärztin notwendig gemacht hätten, seien nicht vorgebracht worden. Ein besonderes Vertrauensverhältnis hinsichtlich einer ärztlichen Behandlung scheide bei einer MRT-Untersuchung schlechthin aus, weil die Untersuchung bekanntermaßen darin bestehe, daß von einem durch Hilfskräfte bedienten Großapparat computerunterstützte Schichtenbilder des Körpers angefertigt werden. Schließlich hätte sich das Berufungsgericht auch über § 29 Abs 2 der Krankenordnung hinweggesetzt, wonach Kosten nicht erstattet würden, wenn der Anspruchsberechtigte einen Vertragsarzt in Anspruch genommen habe.

Der Oberste Gerichtshof hält die Argumente der Revisionswerberin - wie auch schon in der erst kürzlich ergangenen und noch nicht veröffentlichten Entscheidung (1. 6. 1999, 10 ObS 365/98v) in einer Rechtssache von elf Klägern gegen die Wiener Gebietskrankenkasse wegen Kostenerstattung von MRT-Untersuchungen durch die auch hier behandelnde Ärztin - für zutreffend. In einer ebenfalls erst kürzlich ergangenen und gleichfalls noch nicht veröffentlichten Entscheidung (30. 3. 1999, 10 ObS 403/98g) über die Erstattung der Kosten einer PSA-Wert-Bestimmung durch einen Vertragsfacharzt für Urologie, deren Erbringung und Honorierung nach der betreffenden Honorarordnung den Fachärzten für Labordiagnostik vorbehalten ist, führte der Senat folgendes aus:

"Auszugehen ist davon, daß der vom Kläger in Anspruch genommene Facharzt für Urologie ein Vertragsarzt der Beklagten ist. Wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Bundesschiedskommission ausgesprochen hat (SSV-NF 8/33; SSV-NF 7/A7 jeweils mwN), kann ein Vertragsarzt vom Versicherten auch als Wahlarzt - gegen Kostenerstattung - in Anspruch genommen werden, wenn es sich um notwendige und zweckmäßige Leistungen der Krankenbehandlung handelt, für die im Gesamtvertrag aber (noch) keine Leistungspositionen festgesetzt sind. Insoweit darf ein Versicherter einen Vertragsarzt auch "privat" in Anspruch nehmen und hat Anspruch auf nachträgliche Kostenerstattung. Der vorliegende Fall läßt sich jedoch mit dieser Judikatur zum sogenannten "kassenfreien Raum" nicht in Einklang bringen: In allen bisherigen Entscheidungen (etwa SSV-NF 8/33, 9/100; auch SSV-NF 7/A7) ging es um Leistungen, die überhaupt nicht Gegenstand des Gesamtvertrages waren, sondern um gleichsam "neue" Leistungen, die erst nach der Schaffung des Gesamtvertrages medizinischer Standard wurden. Nur in jenen Bereichen, wo solche im Gesamtvertrag überhaupt nicht berücksichtigte Leistungen zu prüfen waren, wurde in Einzelfällen ein sogenannter "kassenfreier Raum" auch für Vertragsärzte anerkannt.

Im hier zu beurteilenden Fall steht aber nicht in Zweifel, daß die betreffende ärztliche Leistung, nämlich die PSA-Wert-Bestimmung (prostataspezifisches Antigen) zum Inhalt des Krankenbehandlungsanpruches gehört. Die Parteien des Gesamtvertrages haben in der Honorarordnung, die einen Bestandteil des Gesamtvertrages bildet (§ 30 Abs 1 Gesamtvertrag), auch eine entsprechende Leistungsposition verankert, die allerdings nicht von jedem allenfalls berufsrechtlich in Betracht kommenden Vertragsarzt verrechnet werden darf. .... Jedenfalls hat aber der Versicherte die Möglichkeit, die betreffende Leistung als Sachleistung in Anspruch zu nehmen. Diese gesamtvertragliche Einschränkung der Verrechenbarkeit ist grundsätzlich zulässig, weil sie in der Regel berechtigten Interessen beider Vertragsparteien entspricht. Solche Beschränkungen dienen vorrangig dazu, die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern. Dabei handelt es sich entweder um ärztliche Leistungen, die eine besondere Qualifikation des Arztes erfordern, oder um Leistungen, die besondere Kosten verursachen, weil sie den Einsatz teurer Geräte erfordern. Den zur Verrechnung berechtigten Ärzten soll damit einerseits die Rentabilität ihrer Anschaffungen gesichert werden; zugleich wird damit andererseits erschwert, daß sich möglichst viele Ärzte möglichst viele Geräte anschaffen, die sich dann rentieren müssen (Grillberger in Strasser, Arzt- und gesetzliche Krankenversicherung 372 mwN). Zu Recht wurde darauf hingewiesen, daß der Gesamtvertrag auch Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise zu treffen hat. Die Versicherungsträger sind daher kraft Gesetzes dazu verhalten, beim Abschluß des Gesamtvertrages darauf zu achten, daß kostengünstig gearbeitet wird, daß also teure Geräte möglichst ausgelastet werden. Wenn daher in Gesamtverträgen vorgesehen ist, daß nicht jeder Vertragspartner alle notwendigen Leistungen erbringen darf, auf die der Versicherte Anspruch hat, so bedeutet dies noch keine Einschränkung des Anspruches auf Krankenbehandlung (Schrammel, Veränderung des Krankenbehandlungsanspruches durch Vertragspartnerrecht? ZAS 1986, 145, 152 mwN). Insoweit hat sich der Vertragsarzt durch die Akzeptanz des Gesamtvertrages den in den Sozialversicherungsgesetzen vorgesehenen Steuerungsmechanismen unterworfen, die notwendig sind, um eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Leistungserbringung sicherzustellen. Die Aussicht, vom Versicherten eine Honorarzahlung verlangen zu können, schafft nämlich einen Anreiz, die betreffenden verrechnungsbeschränkten Leistungen dennoch zu erbringen (Grillberger aaO). Dies könnte dazu führen, daß die verrechnungsberechtigten Ärzte einen Teil ihrer Patienten verlieren, wodurch die Rentabilität ihrer Ausstattung nicht mehr gegeben wäre. Damit wäre aber die Vereinbarung derartiger Leistungen als qualitätsgesicherte Sachleistung zu einem wirtschaftlich vertretbaren Tarif (vgl § 342 Abs 2 ASVG) in hohem Ausmaß gefährdet. Es ist daher festzuhalten, daß es zu den durch Gesamtvertrag geregelten Pflichten der Vertragsärzte gehört, sich an derartige Einschränkungen zu halten. Die Bundesschiedskommission hat in ihrer Entscheidung vom 16. 12. 1998, R 5-BSK/1998-10, eine Vertragsverletzung darin erblickt, daß ein nicht zur Verrechnung befugter Vertragsarzt, der vom Versicherten als Vertragsarzt aufgesucht wird, für derartige Leistungen eine Honorarzahlung vom Versicherten begehrt (die ausschließliche Inanspruchnahme eines Wahlarztes als "Privatarzt" war nicht Gegenstand des Verfahrens). Wörtlich führte die Bundesschiedskommission aus: So wie der nicht verrechnungsbefugte Vertragsarzt nicht berechtigt ist, die im Gesamtvertrag ihm vorenthaltenen Leistungen als Wahlarzt mit Kostenerstattungsanspruch zu erbringen, ist dieser Vertragsarzt auch nicht befugt, die der Qualitätssicherung oder dem Wirtschaftlichkeitsgebot dienenden Maßnahmen gewissermaßen in einer neben der vertraglichen, zusätzlichen Funktion nunmehr als Privatarzt zu unterlaufen. In diesem Fall kann der Vertragsarzt daher vom Versicherten grundsätzlich zur Gänze nur als Privatarzt ohne Kostenerstattung in Anspruch genommen werden (vgl Grillberger aaO 416).

Der Oberste Gerichtshof schließt sich diesen Ausführungen an. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers wirkt damit eine Beschränkung der Verrechnungsmöglichkeit hinsichtlich der PSA-Wert-Bestimmung auch auf andere Vertragsärzte, aber auch auf Wahlärzte. Im hier zu beurteilenden Fall handelt es sich nicht um ärztliche Leistungen, die auf Kosten der Beklagten nicht in Anspruch genommen werden könnten, sondern um solche, deren Refundierung aus sachlich gerechtfertigten Gründen nach dem Gesamtvertrag und der Honorarordnung auf ein ärztliches Fachgebiet beschränkt worden sind. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, ihren Vertragsärzten für Urologie eine PSA-Wert-Bestimmung zu honorieren. Daraus folgt aber, daß auch der Versicherte keinen Kostenerstattungsanspruch nach § 131 Abs 1 ASVG haben kann ...."

Die in dieser Entscheidung (10 ObS 403/98g) angestellten Überlegungen sind auch im vorliegenden Fall - wie schon in 10 ObS 365/98v - nutzbar zu machen, weil die Ausgangslage vergleichbar ist: Ging es dort darum, daß die ärztliche Untersuchung nach dem Vertragspartnerrecht bestimmten Fachärzten vorbehalten war, besteht im vorliegenden Fall ein gesetzlicher Vorbehalt insoweit, als die Beklagte hinsichtlich der MRT-Untersuchung, die an Großgeräten im Sinne des Art 30 Abs 2 Z 3 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 und des § 338 Abs 2a ASVG vorgenommen werden muß, keine Verträge mit niedergelassenen Ärzten abschließen darf, die dem Großgeräteplan widersprechen. Der Gesetzgeber verwehrt es ihr damit, diese einen Teil der ärztlichen Behandlung bildende Untersuchung als Sachleistung durch Vertragspartner ihrer freien Wahl zu erbringen. Unbestritten ist, daß ein von der Beklagten mit der behandelnden Ärztin geschlossener Einzelvertrag über die MRT-Untersuchung nach § 338 Abs 2a zweiter Satz ASVG ebenso unwirksam wäre wie eine Aufnahme dieser Leistung in den Gesamtvertrag (Honorarordnung), nämlich in den Tarif der Fachärzte für Radiologie. Unbestritten ist daher auch, daß die behandelnde Ärztin die in Rede stehende Untersuchung nicht als Sachleistung erbringen kann. Diese Leistung kann als Sachleistung vielmehr nur nach Verträgen erbracht werden, die dem Großgeräteplan entsprechen. So wie ein Kassenarzt nicht berechtigt ist, eine Leistung zu bewirken, die an sich im Gesamtvertrag vorgesehen, aber nur bestimmten Vertragsärzten vorbehalten ist (so bereits Schrammel, Kostenersatzrecht im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, ZAS 1994, 73, 80), darf er - als Kassenarzt - keine Leistung bewirken, die nach gesetzlicher Anordnung nur aufgrund von Verträgen mit bestimmten Vertragspartnern erbracht werden kann. Die Beklagte erbringt die hier in Rede stehende Leistung als Sachleistung, nämlich durch die in einer Anlage zum "Rahmenvertrag" aufgezählten Ambulatorien in Wien und Niederösterreich, freilich nicht durch niedergelassene Fachärzte für Radiologie. Es handelt sich daher nicht um das Problem des "kassenfreien Raumes", weshalb aus den dazu vom

Obersten Gerichtshof angestellten Überlegungen (zB SSV-NF 8/33 = DRdA

1995, 168 = SZ 67/67) für den gegenständlichen Fall nichts zu

gewinnen ist. Der Revisionswerberin ist jedenfalls darin beizupflichten, daß es die Absicht des Gesetzgebers, teure Großgeräte auf einige wenige Einsatzstellen zu beschränken, unterlaufen würde, wenn ein Vertragsarzt, der gerade eine bestimmte Leistung nicht erbringen darf, im Wege der Kostenerstattung als Wahlarzt in Anspruch genommen werden könnte (10 ObS 365/98v).

Soweit dem der Grundsatz der freien Arztwahl entgegenstünde, könnte er keinen Vorrang beanspruchen. Es trifft zwar zu, daß ein Versicherter die Möglichkeit hat, Vertragsärzte, Wahlärzte, Ärzte in eigenen Einrichtungen oder in Vertragseinrichtungen des leistungszuständigen Krankenversicherungsträgers in Anspruch zu nehmen (§ 135 Abs 1 ASVG) und daß in der Regel die Auswahl zwischen mindestens zwei zur Behandlung berufenen, für den Erkrankten in angemessener Zeit erreichbaren Ärzten freigestellt sein soll; wenn bei einem Versicherungsträger eigene Einrichtungen für die Gewährung der ärztlichen Hilfe bestehen oder diese durch Vertragseinrichtungen gewährt wird, muß die Wahl der Behandlung zwischen einer dieser Einrichtungen und einem oder mehreren Vertragsärzten (Wahlärzten) unter gleichen Bedingungen freigestellt sein (§ 135 Abs 2 ASVG). Auch § 342 Abs 1 Z 1 ASVG sieht im Zusammenhang mit dem Inhalt der Gesamtverträge vor, daß in der Regel einem Versicherten die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten freigestellt sein soll. Das Recht der freien Arztwahl darf daher grundsätzlich auch bei Röntgen- und Laboruntersuchungen nicht eingeschränkt werden (Binder in Tomandl, SV-System, 8. ErgLfg 213; vgl aber Mosler in Strasser, Arzt- und gesetzliche Krankenversicherung 87 f). Dieses Recht hängt vorwiegend mit dem für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen (fundamentalen) besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zusammen (vgl bereits SSV-NF 6/41 unter Hinweis auf Selb in Tomandl, SV-System, 6., nunmehr 7. ErgLfg 574). Die Fähigkeiten eines Arztes können für die Gesundheit sehr maßgebend sein, sodaß die Möglichkeit der Bestimmung eines Arztes für eine Behandlung als eine Entscheidung über die Erhaltung der Gesundheit - zumindest in selbstbestimmter Form - anzusehen ist (so A. Radner, Freie Arztwahl und Krankenversicherung, SozSi 1993, 625). Da es sich jedoch bei der MRT-Untersuchung um ein computertechnisch bestimmtes, an einem Großgerät vorgenommenes Diagnoseverfahren handelt, steht für die Betroffenen die jeweilige technische (maschinelle) Ausstattung des Großgerätes, nicht aber das besondere Vertrauensverhältnis zur Persönlichkeit eines bestimmten Arztes im Vordergrund. Dazu kommt, daß die Untersuchung durch ein Großgerät in der Regel einen Befund erbringt, dessen Interpretation ohnehin einem anderen Arzt überlassen bleibt. Hier wird der Grundsatz der freien Arztwahl durch andere, vor allem technisch-wirtschaftliche Gesichtspunkte überlagert. Soweit sich einzelnen Entscheidungen des Senates (zB zur Hämodialyse: SSV-NF 6/41 = DRdA 1993, 27 [Binder] = ZAS 1993, 146 [Schrammel, A. Radner]) eine gegenteilige Rechtsauffassung entnehmen ließe, wäre diese zumindest in Ansehung von Großgeräten durch die dargestellte Gesetzesänderung überholt (10 ObS 365/98v).

Der Revision war daher Erfolg zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASVG. Mit Rücksicht auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Falles und den erheblichen tatsächlichen Verfahrensaufwand ist es angezeigt, den Klägern nach Billigkeit einen Teil ihrer Verfahrenskosten zuzusprechen, wobei zu berücksichtigen ist, daß von den Kläger Kosten lediglich in zweiter Instanz verzeichnet wurden.

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