Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. April 1997, GZ 16 Vr 471/97-8, verletzt in seinem Strafausspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 31 Abs 1 StGB.
Text
Gründe:
Zu AZ 8 U 24/96 des Bezirksgerichtes Wolfsberg wurde Stefan S***** am 25. September 1996 des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG rechtskräftig schuldig erkannt und gemäß § 13 Abs 1 JGG der Ausspruch der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von zwei Jahren vorbehalten.
Mit rechskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. April 1997, GZ 16 Vr 471/97-8, wurde der Genannte wegen des in der Zeit von Mitte Oktober 1995 bis Feber 1996 - also vor dem Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg - begangenen Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB unter Anwendung des § 5 (Z 4) JGG und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Der Strafausspruch des Landesgerichtes Klagenfurt steht - wie der Generalprokurator in seiner deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Die Bedachtnahme auf eine der nun abzuurteilenden Tat nachfolgende Verurteilung (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) setzt voraus, daß in diesem Urteil eine Strafe (allenfalls auch nur gemäß § 40 zweiter Satz StGB durch Absehen von einer Zusatzstrafe) überhaupt bemessen wurde. Ein Urteil, in dem von einem Strafausspruch abgesehen oder dieser gemäß § 13 Abs 1 JGG vorbehalten wurde, scheidet demnach aus dem Anwendungsbereich der §§ 31, 40 StGB aus (NRSp 1992/160; Ratz in WK2 § 31 Rz 6).
Stefan Sch***** konnte durch die verfehlte Verhängung (bloß) einer Zusatzstrafe nicht benachteiligt werden. Ebenso wie § 4 Abs 5 TilgG stellt nämlich auch § 55 StGB nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Zusatzstrafe, nicht aber darauf ab, ob eine solche verhängt wurde (vgl Ratz aaO § 31 Rz 1, 7, 16).
§ 55 Abs 1 StGB spricht mit der "nachträglichen Verurteilung gemäß § 31" nicht die Anwendung des § 31 StGB, vielmehr ebenfalls nur das Verhältnis vom Strafausspruch (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) des Vorurteils zu jenem des Folgeurteils an. Eine "nachträgliche Verurteilung gemäß § 31" ist also eine solche, deren Strafausspruch im Verhältnis des § 31 StGB zum Strafausspruch des Vorurteils steht, was unzweifelhaft bereits aus § 55 Abs 2 StGB erhellt, der die unterlassene Bedachtnahme voraussetzt (arg "gemäß § 31 Bedacht zu nehmen gewesen wäre"). Daraus ergibt sich, daß auch die auf die Probezeiten bezogene Vorschrift des § 55 Abs 3 StGB nicht von der Anwendung des § 31 StGB abhängt.
Umgekehrt bedeutet dies aber, daß die hier verfehlte Anwendung des § 31 StGB im Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt dieses im Verhältnis zum Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg nicht zu einer "nachträglichen Verurteilung" im Sinne dieser Gesetzesstelle mit den aus § 4 Abs 5 TilgG und § 55 Abs 3 StGB ersichtlichen, für den Angeklagten nachteiligen Konsequenzen machen konnte. Die tilgungsrechtliche (§ 3 Abs 1 Z 1 TilgG) Selbständigkeit der Verurteilung durch das Bezirksgericht Wolfsberg wurde durch die festgestellte Gesetzesverletzung ebensowenig tangiert, wie die gesetzliche (§ 55 Abs 3 StGB) Verlängerung der vom Bezirksgericht Wolfsberg gewährten Probezeit dadurch bewirkt werden konnte. Eine Maßnahme nach § 292 letzter Satz StPO erübrigte sich daher.
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