OGH 12Os46/99

OGH12Os46/999.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Juni 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vielhaber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard N***** wegen §§ 83 Abs 1; 107 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Sachverständigen Dr. Herbert S***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 18. Februar 1999, AZ 8 Bs 246/98, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Der Sachverständige Dr. Herbert S***** wurde in der gegen Gerhard N***** beim Landesgericht Linz wegen §§ 83 Abs 1, 107 Abs 1 StGB zum AZ 27 E Vr 178/98, Hv 15/98, geführten Strafverfahren vom Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht damit beauftragt, ein psychiatrisches Gutachten unter gleichzeitiger Abklärung des Gefährdungspotentials zur Frage zu erstatten, ob beim Angeklagten die Voraussetzungen des § 11 StGB vorliegen.

Für das Gutachten (ON 13) beanspruchte der Sachverständige gemäß § 43 Abs 1 Z 1 lit e GebAG eine Gebühr von 2.298 S für Mühewaltung und zusätzlich gemäß § 34 Abs 1 GebAG 1.000 S für die Durchführung mehrerer psychologischer Tests (Persönlichkeitstest FPI-R, Paranoid-Depressivitäts-Skala und Wortschatztest), zu deren Auswertung er sich der Psychologin Mag. Renate W***** bedient hatte (ON 15).

Nur das zuletzt bezeichnete Begehren wies das Oberlandesgericht mit dem angefochtenen Beschluß im Einklang mit ständiger Rechtsprechung mit der Begründung ab, daß durch die Gebühr für Mühewaltung nach § 43 Abs 1 Z 1 lit e GebAG auch diese psychodiagnostischen Tests mitabgegolten seien.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Beurteilung vermag der Sachverständige in seiner dagegen erhobenen Beschwerde keinen stichhaltigen Grund anzugeben.

Dem Einwand, die Auswertung und Interpretation "aufwendigerer" psychologischer Tests durch einen Psychiater würde "mit hoher Wahrscheinlichkeit" eine Kompetenzüberschreitung bedeuten, ist angesichts der gesetzlichen Neuordnung der Ärzteausbildung für das Fachgebiet der Psychiatrie (BGBl 1994/152 Anlage 36) der Boden entzogen, weil der Gesetzgeber damit zur Erreichung der diesem Fachgebiet (ua) zugeordneten Aufgabenstellung der Begutachtung psychischer Krankheiten oder Störungen sowie psychischer und sozialer Verhaltensauffälligkeiten ausdrücklich auch Kenntnisse spezieller psychiatrisch-psychologischer Testverfahren und der Beurteilung psychologischer Befunde verlangt.

Mit diesem fachlichen Anforderungsprofil bleibt bei Bedachtnahme auf die Anspruchsgrundlage des § 43 Abs 1 Z 1 lit e GebAG, welche bei einer psychiatrischen Untersuchung - soweit hier von Interesse - eine besonders ausführliche und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzende Begründung des Gutachtens voraussetzt, für eine gesonderte Vergütung der hier in Rede stehenden psychodiagnostischen Tests - mögen einzelne davon auch den Standard üblicherweise aufgenommener Befunde übersteigen - selbst dann kein Raum, wenn die stetige wissenschaftliche Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Psychologie und Psychotherapie Berücksichtigung findet.

Daß sich die den höchstmöglichen Gebührenanspruch bedingenden außergewöhnlichen Fachkenntnisse des Sachverständigen gesetzesgewollt nur auf die Zusammenschau der Explorationsergebnisse und die darauf gegründete "Gesamtdiagnose", nicht aber auch auf das dafür erforderliche - allenfalls interdisziplinäre - Basiswissen beziehen sollen, ist eine durch das Gesetz nicht gedeckte Beschwerdehypothese.

Im konkreten Fall blieb es dem Sachverständigen daher unbenommen, sich der Beiziehung eines Psychologen bei Auswertung der in Rede stehenden psychologischen Tests zu bedienen, doch steht ihm dafür jedenfalls bei einer nach § 43 Abs 1 Z 1 lit e GebAG bemessenen Gebühr für Mühewaltung keine gesonderte Vergütung zu, weil die Interpretation dieses Befundes den Rahmen außergewöhnlicher fachspezifischer Kenntnisse nicht übersteigt.

Eine andere Beurteilung käme erst dann in Betracht, wenn der nunmehr durch § 126a StPO geschaffenen Möglichkeit durch Verordnung des Bundesministers für Justiz allgemeine Anforderungskriterien für forensisch-psychiatrische Gutachten, die Gefährlichkeitsprognosen im Zusammenhang mit Sexual- und Gewaltstraftaten beinhalten, festzusetzen, Rechnung getragen und dadurch allenfalls ein anderer Beurteilungsmaßstab für den fallspezifischen Gebührenanspruch geschaffen würde.

Stichworte