Spruch:
Der Revisionsrekurs der erblasserischen Tochter wird mangels der Voraussetzungen nach § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Verstorbene hinterließ als Erben seine Tochter, die Revisionsrekurswerberin, und seine (zweite) Ehegattin. Die Tochter gab aufgrund eines (formgültigen) Testaments vom 24. 4. 1991 zum gesamten Nachlaß die unbedingte Erbserklärung ab, ebenso gab die erblasserische Witwe aufgrund des Gesetzes zu einem Drittel eine unbedingte Erbserklärung ab. Sie legte in der Folge eine vom Verstorbenen eigenhändig verfaßte und unterfertigte sowie mit 25. 1. 1996 datierte Testamentswiderrufserklärung mit dem Inhalt "Ich, Josef W*****, erkläre bei klarem Verstand mein Testament vom Jahr 1991 für ungültig" vor. Die erblasserische Tochter legte daraufhin zwei von ihr eingeholte graphologische Sachverständigengutachten vor, welche zum Ergebnis gelangten, daß der letztzitierte Testamentswiderruf mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von der Hand des Verstorbenen stammt.
Nach Annahme der beiden Erbserklärungen teilte das Erstgericht der erblasserischen Tochter die Klägerrolle für den einzuleitenden Erbrechtsstreit zu und setzte ihr dafür eine Frist von drei Monaten. Wenn auch ein Testament gegenüber dem Gesetz einen stärkeren Erbrechtstitel darstelle, verliere ein solches bei einem Widerruf seine Formgültigkeit.
Das Rekursgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung diesen Beschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die vorgelegten graphologischen Sachverständigengutachten ließen noch nicht zwingend den Schluß zu, daß es sich beim Testamentswiderruf um eine Fälschung handle. Es spreche daher der favor testamenti bis zum Beweis des Gegenteils für die Gültigkeit des Testamentswiderrufes. Dieser entspreche in seiner äußeren Form den Formerfordernissen eines eigenhändig geschriebenen Testamentes. Es sei nicht Aufgabe des Verlassenschaftsgerichtes, die im zu führenden Erbrechtsstreit zu klärende Frage vorwegzunehmen.
Der gegen diese Entscheidung von der erblasserischen Tochter erhobene Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig und war daher zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsprozeß hat zufolge der Bestimmungen der §§ 125, 126 AußStrG der Grundsatz zu gelten, daß der Erbe mit dem schwächeren Erbrechtstitel gegen denjenigen Erben aufzutreten hat, der sich auf einen stärkeren Erbrechtstitel zu stützen vermag (vgl SZ 23/285). Eine Verschiebung der Parteirollen im Erbrechtsstreit erfordert objektiv begründete Bedenken gegen die Echtheit der letztwilligen Verfügung, sie hat nur dann zu erfolgen, wenn begründete Bedenken gegen die Annahme bestehen, daß der Testamentserbe auch die Erbschaft erlangen wird und die größere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß das Testament unwirksam geworden ist (vgl NZ 1996, 298 mwN sowie Eccher in Schwimann ABGB2 § 799 Rz 46 mwN). Die Vorinstanzen haben in Übereinstimmung mit diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der erblasserischen Tochter die Klägerrolle zugewiesen, sodaß eine erhebliche Rechtsfrage nicht ansteht. Die Beurteilung der dargestellten Wahrscheinlichkeit stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar. Es wird Sache der Revisionsrekurswerberin sein, als Klägerin im Prozeß zu beweisen, daß der Testamentswiderruf eine Fälschung darstellt. Im übrigen wird durch die Entscheidung über die Parteirollenverteilung dem Prozeßverfahren weder hinsichtlich der bei der Auslegung zu berücksichtigenden Tatsachengrundlage noch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung vorgegriffen (vgl NZ 1994, 133).
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