OGH 10ObS111/99t

OGH10ObS111/99t1.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Brigitte Augustin (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Stattmann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Jovan V*****, Metallarbeiter, ***** vertreten durch Dr. Dipl. Dolm. Johann Zivic, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Jänner 1999, GZ 9 Rs 307/98b-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4. Juni 1998, GZ 9 Cgs 54/97i-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 5. 9. 1940 geborene Kläger ist im Hinblick auf gesundheitsbedingte Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten in jeder Körperhaltung in der üblichen Arbeitszeit mit den üblichen Arbeitspausen zu verrichten. Der Anmarschweg, das Arbeitsplatzmilieu und die Fingerfertigkeit sind nicht eingeschränkt, Akkord- und Fließbandarbeiten sind dem Kläger jedoch nicht zumutbar. Arbeiten mit durchschnittlichem psychologischen Anforderungsprofil sind dem Kläger möglich.

Der Kläger war im ehemaligen Jugoslawien in der Zeit von Juli 1959 bis August 1971 mit Unterbrechungen als Arbeiter tätig, wodurch er für die Pensionsversicherung insgesamt 75 Beitragsmonate erwarb. Von Mai 1972 bis Mai 1982 war der Kläger in Österreich zeitweise als Arbeiter tätig und erwarb 90 Beitragsmonate für die Pensionsversicherung sowie weitere 17 Versicherungsmonate als Ersatzzeiten für Arbeitslosen- und Krankengeldbezug. Anschließend war der Kläger wieder in Jugoslawien als Gewerbetreibender tätig. Insgesamt hat der Kläger 107 Versicherungsmonate in der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und 215 Versicherungsmonate in der jugoslawischen Pensionsversicherung erworben. In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 1. 1996) hat der Kläger 140 Beitragsmonate als Gewerbetreibender in Jugoslawien und einen Beitragsmonat als Hilfsarbeiter in der österreichischen Pensionsversicherung erworben.

Der Kläger besuchte nach Absolvierung der achtjährigen Grundschulausbildung die Berufsschule für Dreher und war sowohl in Jugoslawien als auch in Österreich als Dreher bzw Schlosser tätig. In dem einzigen im maßgebenden Zeitraum der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in Österreich erworbenen Beitragsmonat war der Kläger im Februar 1981 als Metallhilfsarbeiter tätig. Dem Kläger wäre - nach der vom Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung getroffenen Feststellung - seine bisherige Tätigkeit als Metallhilfsarbeiter aufgrund des medizinischen Leistungskalküls weiterhin möglich.

Mit Bescheid vom 30. 1. 1997 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter den Antrag des Klägers vom 25. 12. 1995 auf Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bzw der Invaliditätspension mit der Begründung ab, daß der Kläger noch imstande sei, eine zumutbare Tätigkeit auszuüben.

Dagegen richtete sich die Klage auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, in eventu einer Invaliditätspension ab dem Stichtag. Der Kläger sei aufgrund seines Leidenszustandes nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen.

Die beklagte Partei wendete ein, der Kläger habe in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag nur einen Beitragsmonat aus unselbständiger Erwerbstätigkeit erworben, weshalb schon deshalb die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 253d ASVG nicht erfüllt seien. Im übrigen könne der Kläger diese Tätigkeit sowie andere Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin verrichten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß der Kläger die Voraussetzungen des § 253d Abs 1 Z 3 ASVG für die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht erfülle, weil er in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag - abgesehen von dem nicht zu berücksichtigenden Erwerb von 140 Versicherungsmonaten durch selbständige Erwerbstätigkeit in Jugoslawien - nur einen Beitragsmonat aus unselbständiger Tätigkeit erworben habe. Im übrigen sei auch die Arbeitsfähigkeit des Klägers im Sinne des § 253d Abs 1 Z 4 ASVG nicht im notwendigen Ausmaß gemindert, weil der Kläger die von ihm ausgeübte Tätigkeit weiterhin verrichten könne und somit seine Arbeitsfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte der Arbeitsfähigkeit eines körperlich und geistig gesunden Versicherten herabgesunken sei. Da der Kläger im maßgebenden Zeitraum aufgrund unselbständiger Erwerbstätigkeit nur einen einzigen Beitragsmonat in der Pensionsversicherung erworben habe, seien auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, mit der nur die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf vorzeitige Alterspension gemäß § 253d ASVG bekämpft wurde, nicht Folge. Es übernahm die vom Kläger bekämpfte Feststellung, wonach ihm aufgrund des medizinischen Leistungskalküls eine Tätigkeit als Metallhilfsarbeiter weiterhin zumutbar und möglich sei, als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und teilte in rechtlicher Hinsicht die Auffassung des Erstgerichtes, daß im Hinblick auf den vom Kläger im maßgebenden Zeitraum vor dem Stichtag aufgrund unselbständiger Tätigkeit erworbenen einzigen Beitragsmonat die Anspruchsvoraussetzung nach § 253d Abs 1 Z 3 ASVG nicht erfüllt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des auf die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 1. 1996 gerichteten Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Es genügt, anzumerken, daß die Lösung der Frage, ob der Kläger aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls weiterhin zur Verrichtung einer Tätigkeit als Metallhilfsarbeiter in der Lage ist, ebenso wie der Umstand, ob zur Lösung dieser Frage neben den vom Erstgericht aufgenommenen Beweisen auch die Beiziehung eines berufskundlichen Sachverständigen erforderlich gewesen wäre, zur Beweiswürdigung gehört und daher im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann. Abgesehen davon hat der Kläger die unterlassene Beiziehung eines berufskundlichen Sachverständigen schon als Mangel des Verfahrens erster Instanz in seiner Berufung geltend gemacht. Ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel kann aber nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN).

Unter Zugrundelegung der vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Tatsachenfeststellung, daß dem Kläger aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls eine Tätigkeit als Metallhilfsarbeiter weiterhin möglich ist, kommt der vom Revisionswerber in der Rechtsrüge erörterten Frage des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzung nach § 253d Abs 1 Z 3 ASVG keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 253d Abs 1 ASVG (in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novellierung durch Art 7 des ASRÄG 1997 BGBl 139) hat der Versicherte unter anderem dann, wenn er in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt hat (Z 3) und infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch diese Tätigkeit (Z 3) wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt (Z 4).

Nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen kann der Kläger trotz gewisser Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit die im maßgebenden Zeitraum allein verrichtete unselbständige Erwerbstätigkeit eines Metallhilfsarbeiters nach wie vor ohne Gefährdung seiner Gesundheit weiterhin ausüben. Danach fehlt aber die Voraussetzung des § 253d Abs 1 Z 4 ASVG, wonach nämlich der Kläger nicht mehr imstande sein dürfte, durch die Tätigkeit als Metallhilfsarbeiter wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt (vgl 10 ObS 223/98m; 10 ObS 158/98b; SSV-NF 11/8; 10/42 ua). Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die in der Revision relevierte Frage, ob der Kläger auch die weitere Voraussetzung des § 253d Abs 1 Z 3 ASVG nicht erfüllt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Danach bilden die vom Kläger in seiner Revision ins Treffen geführten Einkommensverhältnisse nur eine Komponente bei der Prüfung der Frage, ob ein Kostenersatzanspruch aus Billigkeit trotz Unterliegens im Verfahren gerechtfertigt ist. Abzustellen ist nämlich auch auf die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens. Diese rechtfertigen aber hier den Zuspruch von Kosten an den Kläger nicht, weil dem Prozeßstandpunkt des Klägers schon im Hinblick auf die zitierte ständige Judikatur kein Erfolg beschieden sein konnte. Ein Fall des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG liegt somit nicht vor.

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