OGH 4Ob149/99m

OGH4Ob149/99m1.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Peter K*****, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagte Partei Mag. Kurt E*****, vertreten durch Hausberger - Moritz - Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wegen Unterlassung (Streitwert 100.000 S), infolge Rekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 4. März 1999, GZ 2 R 25/99i-15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 5. November 1998, GZ 15 Cg 270/97a-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 23.101,28 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 2.746,88 S USt und 6.620 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Kläger und Beklagter betreiben in Tirol Fahrschulen, der Kläger in L*****, der Beklagte in H*****. Dem Kläger war die Errichtung der Fahrschule unter der Bedingung bewilligt worden, daß er seine Tätigkeit als Lehrer im öffentlichen Dienst aufgebe. Der Beklagte unterrichtete jedenfalls bis Ende des Schuljahres 1997/98 an der HTL in J*****.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zusätzlich zur Tätigkeit eines Fahrschulinhabers (Fahrschulbesitzers) andere Erwerbstätigkeiten, die eine unmittelbare Betriebsführung nicht mehr gewährleisten, insbesondere die Tätigkeit des öffentlichen Lehramts, zu unterlassen. Der Beklagte verstoße gegen § 113 KFG. Er sei sowohl als Lehrer im öffentlichen Dienst als auch als Berater und Fahrschullehrer bei einer (anderen) Fahrschule und bei einer Medienproduktion tätig. Diese Nebentätigkeiten seien mit der Leitung einer Fahrschule nicht vereinbar. Durch sein Zusatzeinkommen könne der Beklagte den Fahrunterricht billiger anbieten als seine Mitbewerber, die auf das Einkommen aus der Fahrschule angewiesen seien. Ziel der Klage sei nicht das Verbot des Betriebs einer Fahrschule, sondern der Ausübung einer nebenberuflichen Tätigkeit neben der Leitung der Fahrschule.

Der Beklagte beantragt, die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen, weil sich der Kläger in Wahrheit gegen Verwaltungsakte wende. Das Klagebegehren sei aber jedenfalls abzuweisen. Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, weil sie in verschiedenen Orten tätig seien. Eine neben der Tätigkeit in der Fahrschule ausgeübte Erwerbstätigkeit sei keine Wettbewerbshandlung. Der Beklagte betreibe seine Fahrschule in H***** mit aller gebotenen Sorgfalt und mit dem notwendigen Einsatz. Seine Tätigkeit als Lehrer beschränke sich auf weniger als eine halbe Lehrverpflichtung.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und wies das Klagebegehren ab. Für den vom Kläger geltend gemachten privatrechtlichen Unterlassungsanspruch seien die ordentlichen Gerichte zuständig. Die Nebentätigkeiten des Beklagten seien keine Handlungen im geschäftlichen Verkehr. Sie seien dem Betrieb der Fahrschule nicht einmal als Hilfstätigkeiten zuzuordnen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Durch die Klage solle der Beklagte zu einem gesetz- und wettbewerbskonformen Verhalten veranlaßt werden. Welche Tätigkeit er einzustellen habe, sei von untergeordneter Bedeutung. Das Erstgericht müsse prüfen, ob der Beklagte - subjektiv vorwerfbar - gegen § 113 Abs 1 KFG verstoße.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete, als "Revision" bezeichnete Rekurs des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger hat ursprünglich begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Tätigkeit eines Fahrschulinhabers (Fahrschulbesitzers) gleichzeitig mit anderen Erwerbstätigkeiten, die eine unmittelbare Betriebsführung nicht mehr gewährleisten, wie insbesondere die Tätigkeit des öffentlichen Lehramts, zu unterlassen. Nach Erörterung seines Begehrens "im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 UWG" in der mündlichen Verhandlung, hat der Kläger sein Begehren geändert. Dem Beklagten sollen nunmehr "im geschäftlichen Verkehr zusätzlich zur Tätigkeit eines Fahrschulinhabers (Fahrschulbesitzers) zu Zwecken des Wettbewerbs andere Erwerbstätigkeiten, die eine unmittelbare Betriebsführung nicht mehr gewährleisten, insbesondere die Tätigkeit des öffentlichen Lehramts, untersagt werden. Der Kläger behauptet, daß der Beklagte an öffentlichen Schulen unterrichte, an anderen Fahrschulen tätig sei und an einer Medienproduktion mitarbeite.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen, daß der Beklagte insoweit nicht im geschäftlichen Verkehr handle. Nach Auffassung des Berufungsgerichts soll die Frage, welches Verhalten zu unterlassen ist, nur von untergeordneter Bedeutung sein. Es genüge, daß der Beklagte überhaupt geschäftlich tätig werde und ein Teil seines Verhaltens untrennbar auf die Handlungen im geschäftlichen Verkehr einwirke, insbesondere diese als gesetzwidrig erscheinen lasse.

Dem Berufungsgericht ist insoweit zuzustimmen, als ein Verhalten im geschäftlichen Verkehr aus Gründen wettbewerbswidrig sein kann, die außerhalb des Verkehrs liegen. Daraus folgt aber nicht, daß dem Beklagten jenes Verhalten untersagt werden könnte, das Ursache der ihm vorgeworfenen Unterlassung einer unmittelbaren persönlichen Führung seines Fahrschulbetriebs sein soll. Gegenstand eines auf § 1 UWG gestützten Unterlassungsgebots kann immer nur ein Handeln im geschäftlichen Verkehr sein, weil auch nur insoweit ein Anspruch auf Unterlassung einer gegen die guten Sitten verstoßenden Wettbewerbshandlung besteht. Geschäftlicher Verkehr im Sinne des Wettbewerbsrechts umfaßt - im Gegensatz zu rein privater oder amtlicher Tätigkeit - jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, also jede geschäftliche Betätigung im weiteren Sinn, ohne daß Gewinnabsicht notwendig wäre; es genügt eine selbständige, zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt (stRsp ua ÖBl 1996, 234 - Zimmerpreisliste mwN). Die behaupteten Nebentätigkeiten des Beklagten, insbesondere die Ausübung des Lehramts an öffentlichen Schulen, sind keine selbständigen Tätigkeiten. Der behauptete Wettbewerbsverstoß besteht auch nicht darin, daß der Beklagte (ua) an öffentlichen Schulen unterrichtet, sondern soll darin liegen, daß der Beklagte seinen Fahrschulbetrieb entgegen § 113 KFG nicht unmittelbar persönlich führe, weil er verschiedene Nebentätigkeiten ausübe.

Nur dieses Verhalten könnte Gegenstand eines Unterlassungsgebots sein. Dem Beklagten kann aber nicht verboten werden, "zusätzlich zur Tätigkeit eines Fahrschulinhabers (Fahrschulbesitzers) zu Zwecken des Wettbewerbs andere Erwerbstätigkeiten" auszuüben. Da das Klagebegehren schon aus diesem Grund erfolglos bleiben muß, kommt es nicht mehr darauf an, ob das beanstandete Verhalten überhaupt geeignet ist, ihm einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen.

Dem Rekurs war Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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