OGH 9ObA15/99t

OGH9ObA15/99t19.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag. Waltraud Bauer und Franz Becke als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hermann S*****, Kaminkehrer, ***** vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Gerhard H*****, Kaminkehrermeister, ***** vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 175.639,42 netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. November 1998, GZ 13 Ra 42/98v-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. Juli 1998, GZ 45 Cga 39/97x-25, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

9.135 (darin S 1.522,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Mängel des Verfahrens erster Instanz, die darin liegen sollen, daß bestimmte Zeugen nicht vernommen und bestimmte Urkunden übergangen worden seien, wurden vom Berufungsgericht ausdrücklich verneint. Sie können daher nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503 mwN). Dieser Grundsatz gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (SZ 62/88 mwN).

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes lassen erkennen, daß eine Überprüfung der Beweiswürdigung stattgefunden hat. Ob die auf die Beweisrüge bezügliche Begründung des Berufungsgerichtes richtig ist, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens läge nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht oder so mangelhaft befaßt hätte, daß keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (Kodek aaO Rz 3 zu § 503 mwN; RIS-Justiz RS0042993, RS0043150, RS0043371). Davon kann hier jedoch keine Rede sein.

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Berechtigung der Entlassung des Klägers zutreffend verneint, so daß es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Soweit der Revisionswerber unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung rügt, daß das Erstgericht in seinen Feststellungen "gegen die Denkgesetze bzw die allgemeine Lebenserfahrung" verstoßen habe, ist er wiederum darauf hinzuweisen, daß dem Obersten Gerichtshof die Überprüfung der Beweiswürdigung entzogen ist (Kodek aaO Rz 1 zu § 503).

Der Einwand "sekundärer Feststellungsmängel", also fehlender Feststellungen infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung (Kodek aaO Rz 4 zu § 496 und Rz 5 zu § 503), kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn zu einem bestimmten Thema ohnehin - wenn auch dem Rechtsmittelwerber nicht genehme, positive oder negative - Feststellungen getroffen worden sind.

Die festgestellte Äußerung des Klägers vom 22. 11. 1996, daß der Beklagte die beiden für diesen Tag in U***** angekündigten Kaminkehrungen absagen oder sonst selbst machen müsse, ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß zwischen den Parteien am Vortag vereinbart worden war, daß der Kläger am 22. 11. 1996 die Arbeiterkammer zwecks Beratung wegen strittiger Lohnkürzungen aufsuchen könne. Dazu kommt, daß den Arbeitern des Beklagten (unstrittig) die Termineinteilung in Eigenverantwortung oblag (ON 24, AS 155). Schließlich verlegte der Kläger die beiden Kehrtermine ohnehin auf den darauffolgenden Montag. Von einem unbefugten Verlassen der Arbeit (§ 82 lit f GewO, erster Tatbestand) oder einer beharrlichen Pflichtenvernachlässigung (§ 82 lit f GewO, zweiter Tatbestand) kann daher hinsichtlich des Vorfalls vom 22. 11. 1996 nicht gesprochen werden.

Soweit der Revisionswerber davon ausgeht, der Kläger hätte seine Ehegattin beleidigt ("....die Goschen halten solle...." etc), ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von den getroffenen Feststellungen ausgeht (Kodek aaO Rz 9 zu § 471). Danach konnten die angeblichen Äußerungen des Klägers nicht festgestellt werden.

An der Beharrlichkeit der Pflichtenvernachlässigung fehlt es auch im Zusammenhang mit Fehleintragungen des Klägers in Kehrbelegen. Dieser Vorwurf des Beklagten übersieht, daß bei seinen Arbeitnehmern allgemeine Unklarheit darüber herrschte, was in jenen Fällen einzutragen war, wenn es zu keiner Kehrung kam, und daß nach der erstmaligen diesbezüglichen Ermahnung des Klägers vom 4. 10. 1996 keine weiteren Fehleintragungen des Klägers mehr feststellbar waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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