Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung, einschließlich des bestätigten Teils, insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Dr. Helmut N*****, ist als ehelicher Vater der mj. Elisabeth N*****, schuldig, anstelle des mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 16. 11. 1992, GZ 1 P 130/92-22, festgesetzten Unterhaltsbetrags von monatlich 5.000 S, beginnend mit 1. 9. 1998 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, monatlich 5.800 S zu Handen der obsorgeberechtigten Mutter Elfriede N*****, zu zahlen.
Das Mehrbegehren, den Unterhalt beginnend mit 1. 9. 1998 um weitere 1.700 S auf 7.500 S zu erhöhen, wird abgewiesen."
Text
Begründung
Die mj. Elisabeth N***** ist die eheliche Tochter des Dr. Helmut N*****. Sie lebt bei der Mutter. Der Vater ist Gynäkologe; er war bis Ende 1995 am AKH L***** als Oberarzt tätig und betreibt nunmehr eine Praxis in L*****.
Im Jahre 1995 betrug das tatsächliche wirtschaftliche Einkommen des Vaters 385.737,70 S, im Jahre 1996 898.380,47 S und im Jahre 1997
384.665 S. Die Privatentnahmen beliefen sich 1996 auf 451.645,60 S und 1997 auf 583.256,70 S.
Der Vater hat außer für die mj. Elisabeth noch für zwei weitere mj. Kinder zu sorgen. Die mj. Elisabeth ist 14 Jahre alt und besucht seit September 1998 die erste Klasse der Handelsakademie. Mit Beschluß vom 16. 11. 1992 setzte das Erstgericht den Unterhaltsbetrag des Vaters mit 5.000 S monatlich fest.
Die durch ihre Mutter vertretene Minderjährige beantragt, den Unterhaltsbetrag beginnend mit 1. 9. 1998 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zu ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit, auf 7.500 S monatlich zu erhöhen. Ihre Bedürfnisse seien durch den Schulwechsel gestiegen.
Der Vater sprach sich gegen den Erhöhungsantrag aus. 1996 sei in seiner Ordination ein wirtschaftlicher Verlust entstanden; 1997 habe er einen Nettogewinn von 26.700 S monatlich erzielt. Werde das Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre herangezogen, so sei der Erhöhungsantrag (derzeit) nicht berechtigt.
Das Erstgericht gab dem Erhöhungsantrag statt. In den Jahren 1995, 1996 und 1997 habe das wirtschaftliche Einkommen des Vaters insgesamt 1,668.783,17 S betragen. Daraus errechne sich ein Monatseinkommen von etwa 46.355 S. Dem Vater sei bei Berücksichtigung seiner Sorgepflichten die Zahlung eines erhöhten Unterhaltsbetrags von 7.500 S monatlich zumutbar.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach - aufgrund eines Antrags des Vaters nach § 14a Abs 1 AußStrG - aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Bei der Berechnung der Unterhaltsbemessungsgrundlage sei die tatsächliche Verfügbarkeit maßgebend. Demnach träten die Privatentnahmen an die Stelle des Betriebsergebnisses, sofern sie den Reingewinn übersteigen. Nach den unbekämpften Feststellungen hätten die Privatentnahmen des Vaters 1997 583.256,70 S betragen. Selbst wenn die vom Vater erst im Rekurs geltend gemachte und daher als Neuerung unbeachtliche Sorgepflicht für seine nunmehrige Ehegattin berücksichtigt werde, errechne sich ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 7.776 S.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.
Für das Einkommen selbständig Erwerbstätiger ist nach herrschender Auffassung nicht der steuerliche Reingewinn maßgebend, sondern der tatsächlich verbleibende Reingewinn, wie er sich aus den realen Einnahmen unter Abzug realer Betriebsausgaben sowie der Zahlungspflicht für einkommens- und betriebsgebundene Steuern und öffentliche Abgaben ergibt. Entscheidend ist die tatsächliche Verfügbarkeit. An die Stelle des Reingewinns treten daher die Privatentnahmen, wenn sie den Reingewinn übersteigen oder wenn das Unternehmen einen Verlust erwirtschaftet (Schwimann/Schwimann, ABGB**2 § 140 Rz 48; ders., Unterhaltsrecht**2, 46; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 235, jeweils mwN).
Wird der Unterhalt für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt, so ist, soweit feststellbar, das im jeweiligen Zeitraum erzielte tatsächliche Einkommen maßgebend. Soll jedoch der Unterhalt für die Zukunft festgesetzt werden, so ist bei selbständig Erwerbstätigen regelmäßig das Durchschnittseinkommen der letzten drei, der Beschlußfassung vorangehenden Wirtschaftsjahre festzustellen, um zu verhindern, daß die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch Einkommensschwankungen verzerrt wird, die auf steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zurückzuführen sind (stRsp ua SZ 67/221 mwN).
Bei der Unterhaltsbemessung für die Zukunft ist immer maßgebend, ob das in der Vergangenheit erzielte Einkommen darauf schließen läßt, daß der Unterhaltspflichtige auch weiterhin ein Einkommen in ähnlicher Höhe erzielten werde (3 Ob 395/97b; 7 Ob 52/98t ua; Schwimann aaO 49 mwN). Keine verläßliche Grundlage für die Bemessung künftigen Unterhalts bilden demnach Einkünfte, die - wie Abfertigungszahlungen - nur einmal anfallen und mit der derzeitigen Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen nichts zu tun haben. Daraus folgt aber naturgemäß nicht, daß Abfertigungszahlungen nicht bei der Bemessung des Unterhalts für jenen Zeitraum zu berücksichtigen wären, auf den sie, entsprechend den Umständen des konkreten Einzelfalls, aufzuteilen sind (s Purtscheller/Salzmann aaO Rz 231 mwN).
Für die Berücksichtigung von Privatentnahmen gilt nichts anderes: Ist der Unterhalt für die Vergangenheit zu bemessen und haben die Privatentnahmen im maßgebenden Zeitraum den Gewinn überschritten oder wurde gar kein Gewinn erzielt, so bilden die Privatentnahmen (einschließlich allfälliger weiterer Einkünfte) als die dem Unterhaltspflichtigen verfügbaren Mittel die Unterhaltsbemessungsgrundlage. Soll der Unterhalt für die Zukunft bemessen werden, so muß geprüft werden, inwieweit die Privatentnahmen ein verläßlicher Indikator für die künftigen Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen sind. Finden die den Gewinn übersteigenden Privatentnahmen eines Jahres im nicht entnommenen Gewinn eines vorangegangenen Jahres Deckung, so kann aus den höheren Privatentnahmen nicht geschlossen werden, daß sich der Unterhaltspflichtige bei künftigen Entnahmen nicht am Betriebsergebnis orientieren werde. In einem solchen Fall kann nicht auf die Privatentnahmen abgestellt werden, sondern der Unterhalt ist insoweit auf Grundlage des durchschnittlichen Reingewinns zu bemessen. Die Ansprüche des Unterhaltsberechtigten werden dadurch nicht verkürzt. Soweit er eine (Nach-)Bemessung des Unterhalts für jenen Zeitraum begehrt, in dem die Privatentnahmen den Reingewinn überstiegen haben, bilden die Privatentnahmen die Unterhaltsbemessungsgrundlage.
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß weder das wirtschaftliche Einkommen des Jahres 1996 noch die Privatentnahmen des Jahres 1997 verläßliche Indikatoren für das künftige Einkommen des Vaters sind. Daß das wirtschaftliche Einkommen des Vaters 1996 mit 898.380,47 S mehr als doppelt so hoch war wie 1995 und 1997, ist darauf zurückzuführen, daß er in diesem Jahr eine Abfertigung und Gehaltsnachzahlung für seine 1995 beendete Tätigkeit als Oberarzt am AKH L***** erhielt. Daß die bereits 1996 erfolgten Zahlungen auf mehr als zwei Jahre aufzuteilen wären und demnach bei der Bemessung des Unterhalts ab 1. 8. 1998 für einen bestimmten Zeitraum berücksichtigt werden müßten, ist weder behauptet worden noch besteht dafür irgendein Anhaltspunkt.
Den - nicht nur in der Zusammenfassung des Gutachtens, sondern auch in der Gegenüberstellung der Ausgänge und Eingänge des Jahres 1997 (Anlage III des Sachverständigengutachtens, AS 247) - mit 583.256,70 S aufscheinenden Privatentnahmen des Jahres 1997 stehen Privatentnahmen des Jahres 1996 von 451.645,60 S gegenüber. Der Differenzbetrag zwischen dem wirtschaftlichen Einkommen des Vaters im Jahre 1997 von 384.665 S und den von ihm in diesem Jahr getätigten Privatentnahmen findet somit im nicht entnommenen Gewinn des Jahres 1996 Deckung.
Für die ab 1. 9. 1998 begehrte Unterhaltserhöhung ist demnach das tatsächliche wirtschaftliche Einkommen des Jahres 1997 maßgebend, das im wesentlichen dem wirtschaftlichen Einkommen des Jahres 1995 entspricht. Bei einem Jahreseinkommen von 384.665 S ergibt sich ein Monatseinkommen von rund 32.055 S. Ein 14-jähriges Kind hat Anspruch auf rund 20 % des - in diesem Fall - väterlichen Einkommens. Dieser Anspruch ist wegen der weiteren Sorgepflichten des Vaters für zwei Kinder aus seiner nunmehrigen Ehe um 2 % zu kürzen.
Eine teilweise Sorgepflicht für seine zweite Ehegattin hat der Vater erstmals im Rekurs behauptet. Nach § 10 AußStrG können die Parteien im Rekurs zwar ihr Vorbringen ergänzen oder berichtigen und auch neue Beweise erbringen, sie können aber kein Vorbringen erstatten, das in erster Instanz bereits möglich gewesen wäre (EFSlg 82.766; 1 Ob 115/98p; Fucik, AußStrG**2, 23 mwN). Daß der Vater bereits in erster Instanz hätte vorbringen können, für seine (zweite) Ehegattin teilweise sorgepflichtig zu sein, bedarf keiner Begründung. Die nunmehr behauptete Sorgepflicht auch für die (zweite) Ehegattin ist daher nicht zu berücksichtigen, so daß der Minderjährigen 18 % des väterlichen Einkommens zustehen; das sind auf Grundlage des 1997 erzielten wirtschaftlichen Einkommens rund 5.800 S.
Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)