OGH 4Ob333/98v

OGH4Ob333/98v18.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Uta F*****, vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Dipl. Ing. Dr. Gerhard W*****, 2. Christa W*****, beide vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 16. September 1998, GZ 7 R 119/98s-38, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. April 1998, GZ 42 C 69/97f-29 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben; die Rechtssache wird an das Gericht zweiter Instanz zur - allfälligen ergänzenden Berufungsverhandlung und - neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die Klägerin ist zu 2/3 Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG G***** mit dem Haus in Graz, *****; weitere Eigentümerin dieser Liegenschaft zu einem Drittel ist Elke S*****. Voreigentümerinnen der Liegenschaftsanteile der Klägerin waren zu je einem Drittel Herta S***** (eine Tante der Klägerin) und Ilse S***** (die Mutter der Klägerin); diese beiden übertrugen mit Wirkung zum 31. 12. 1993 ihre Miteigentumsanteile an der Liegenschaft, an denen ihnen jeweils ein Fruchtgenußrecht eingeräumt wurde, an die Klägerin. Herta S***** starb im Februar 1995, Ilse S***** am 10. 9. 1996. Am 1/3-Liegenschaftsanteil der Elke S***** stand Luise S***** (deren Großmutter) bis zu ihrem Tode im März 1996 das Fruchtgenußrecht zu. Bis 1. 1. 1985 verwaltete Herta S***** diese Liegenschaft, sie übertrug dann die Verwaltung an Gitta W*****, die bis in das Jahr 1996 Verwalterin war; im November 1996 übernahm Renate S***** die Verwaltung.

Die Beklagten sind aufgrund eines mit Herta S***** im Jahr 1979 mündlich abgeschlossenen Mietvertrags Hauptmieter der im zweiten Stock dieses Hauses rechts vom Stiegenaufgang gelegenen 150 m**2 großen Wohnung top 6 samt Kellerabteil und einer - später zugemieteten - im Tiefparterre gelegenen Garage.

Die Klägerin kündigte dem Beklagten dieses Mietverhältnis aus dem Grunde des § 30 Abs 2 Z 6 MRG gerichtlich auf. In Erwiderung der von den Beklagten erhobenen Einwendungen brachte sie vor, der Erstbeklagte, der eine Professur am Institut für Hochenergiephysik in Wien erhalten habe, sei mit der Zweitbeklagten und den drei gemeinsamen Kindern in den Raum Wien, nach Preßbaum, übersiedelt. Dort hätten sie eine durch das Bundesland Niederösterreich wohnbaugeförderte Eigentumswohnung (Reihenhaus) gekauft; eine derartige Wohnbauförderung werde nur gewährt, wenn die Absicht bestehe, einen dauernden ordentlichen Wohnsitz im Förderungsobjekt zu begründen. Die Beklagten schienen auch nicht mehr in der Grazer Wählerevidenz auf. Daß ihnen an der Grazer Mietwohnung ein dringendes Wohnbedürfnis mangle, komme dadurch zum Ausdruck, daß sie nur kurzfristig, manchmal an Wochenenden die Mietwohnung zum Besuch der Mutter des Erstbeklagten und von Verwandten aufsuchten. Auch die im Zusammenhang mit einem Lehrauftrag des Beklagten an der Technischen Universität in Graz an einem Nachmittag in den Sommersemestern stattfindenden Anwesenheiten des Erstbeklagten seien nicht zur Begründung eines regelmäßigen dringenden Wohnbedürfnisses ausreichend. Schließlich könne auch im Verhalten der Klägerin oder auch ihrer Rechtsvorgängerinnen bzw seinerzeit Fruchtgenußberechtigten kein Verzicht auf den geltend gemachten Kündigungsgrund erblickt werden.

Die Beklagten erhoben Einwendungen, beantragten die Aufhebung der Aufkündigung und die Abweisung des Räumungsbegehrens und brachten vor, sie benützten die aufgekündigte Mietwohnung regelmäßig als familiären Mittelpunkt und Lebensschwerpunkt und seien in Graz auch gesellschaftlich verankert. Der Erstbeklagte sei zwar wegen seiner Professur in Wien teilweise beruflich von Graz abwesend, halte jedoch wöchentliche Lehrveranstaltungen an der Technischen Universität in Graz ab, seine diesbezügliche Tätigkeit umfasse neben der Abhaltung von Vorlesungen und Übungen auch die Durchführung von schriftlichen und mündlichen Prüfungen sowie die Bearbeitung und Betreuung von Studentenarbeiten. Auch die Zweitbeklagte verbringe nahezu sämtliche Wochenenden und die Ferien mit den drei Kindern ausschließlich in Graz. Der angezogene Kündigungsgrund liege daher nicht vor. Überdies habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin (Herta S*****) insbesondere für den Fall beruflicher Abwesenheit der Beklagten auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG verzichtet. Auch Luise S***** habe die berufsbedingte (Teil-)Abwesenheit der Beklagten von der Mietwohnung gekannt und genehmigend zur Kenntnis genommen, also auch schlüssig auf diesen Kündigungsgrund verzichtet. Auch die Klägerin habe lange Zeit vor der gerichtlichen Aufkündigung von diesen Umständen Kenntnis gehabt, weshalb ihr langes Zuwarten mit der Kündigung als Verzicht auf diesen Kündigungsgrund zu beurteilen sei.

Mit Urteil vom 11. 8. 1997 (ON 13) hob das Erstgericht die Aufkündigung im wesentlichen mit der Begründung auf, daß der geltend gemachte Kündigungsgrund nicht verwirklicht sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob infolge Berufung der Klägerin dieses Urteil mit Beschluß vom 13. 11. 1997 (ON 20) auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, und erachtete im Gegensatz zum Erstgericht den Kündigungsgrund nach den dazu vorliegenden, von ihm übernommenen Feststellungen für gegeben, trug allerdings dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens zur Prüfung der weiteren, unbehandelt gebliebenen Einwendung eines Verzichts der Vermieterseite auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes auf. Eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs unterblieb.

Das Erstgericht hob mit seinem Urteil vom 20. 4. 1998 (ON 29) die Aufkündigung neuerlich auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es ging dabei von folgenden weiteren, von der Klägerin teilweise mit Berufung bekämpften Feststellungen aus:

Die Beklagten wohnten mit ihren drei (in den Jahren 1980, 1982, 1984 geborenen) Kindern in der Mietwohnung, ehe sie wegen einer beruflichen Auslandstätigkeit des Erstbeklagten, eines Hochenergiephysikers, für drei Jahre (also etwa 1986) nach Genf zogen. Herta S***** hatte dem Erstbeklagten zugesagt, daß er nach seiner Rückkehr aus Genf die aufgekündigte Wohnung wieder "haben" könne. Sie gestattete ihm auch für jene berufsbedingte Abwesenheit die Untervermietung der Wohnung. Da der Erstbeklagte nach der Rückkehr aus Genf im Jahr 1989 keinen adäquaten Arbeitsplatz im Raum Graz fand, nahm er eine Lehr- und Forschungstätigkeit an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien an. Nach wie vor ist er jedoch bemüht, einen geeigneten Arbeitsplatz in Graz zu finden. Im Jahr 1989 kehrte die Familie der Beklagten nach Österreich zurück. Nachdem die Zweitbeklagte mit den Kindern den Sommer in Graz verbracht und in der Zwischenzeit der Erstbeklagte für die gesamte Familie eine Wohnung in Wien gefunden hatte, teilte er Herta S***** mit, daß er nunmehr mit seiner Familie in Wien wohne. Bei dieser Gelegenheit - im Herbst 1989 - teilte ihm Herta S***** mit, es sei ihr recht, daß nicht nur er, sondern seine gesamte Familie in Wien wohnt und die Beklagten gleichzeitig die Wohnung in Graz behalten. Seit damals wußte nicht nur Herta S*****, daß die Beklagten in Wien wohnen und die aufgekündigte Wohnung nur im eingeschränkten Umfang benützen, auch Luise S*****, die die Wohnung neben der aufgekündigten Wohnung bewohnte und zu der die Beklagten ständigen Kontakt hielten, wußte - im Gegensatz zu Ilse S*****, zu der die Beklagten keinen Kontakt hatten - seit dem Jahr 1989 von diesem Umstand. Seit 1990 bewohnen die Beklagten eine ihnen gehörende Eigentumswohnung (Reihenhaus) in Preßbaum. Seit damals kommt der Erstbeklagte in den Sommersemestern wöchentlich am Donnerstag von Wien nach Graz in die aufgekündigte Wohnung, wo er sich meist bis Samstag Mittag aufhält. Etwa alle drei Wochen kommen der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte (meist am Samstag zu Mittag nach Schulschluß) in die aufgekündigte Wohnung; in diesen Fällen hält sich der Erstbeklagte bis Sonntag in dieser Wohnung auf. Mit Ausnahme von Auslandsaufenthalten verbringen die Beklagten und ihre Kinder ständig die gesamten Sommerferien, die Osterferien und die Weihnachtsferien in der aufgekündigten Wohnung, in der sie auch ihre Familienfeste feiern. Sie betrachten diese Wohnung als ihr "Zuhause", besuchen von hier aus ihre Eltern bzw Schwiegereltern und Freunde; insbesondere der Erstbeklagte kommt aus diesem Grund wöchentlich, manchmal auch spontan mitten in der Woche, nach Graz. In den Wintersemestern hat der Erstbeklagte keine beruflichen Verpflichtungen in Graz, in den Sommersemestern hält er an Freitagen eine einstündige Vorlesung mit anschließender Übung an der Technischen Universität in Graz in der Gesamtdauer von 14.00 bis 18.00 Uhr ab. Abgesehen davon, daß er an der Universität Graz Prüfungen abnimmt und dort wissenschaftlich arbeitet, hält er sich in den Wintersemestern etwa fünfmal, - und dann etwa vier bis fünf Tage lang - in der aufgekündigten Wohnung auf. Im Jahr 1996 verbrachte der Erstbeklagte insgesamt 80 Nächte in dieser Wohnung. Die Mitglieder seiner Familie nächtigten im Jahr 1996 insgesamt 120-mal in der aufgekündigten Wohnung, wobei die Zweitbeklagte, als sie ihre in Graz in einem Krankenhaus stationär behandelte Tochter betreute, den gesamten November und Dezember 1996 in dieser Wohnung verbrachte.

Nachdem die Klägerin anlässlich des Aushangs der Wählerevidenzlisten für die Wahlen zum EU-Parlament und zum österreichischen Nationalrat die Namen der Beklagten nicht mehr im Haus gesehen hatte, begann sie im Herbst 1996 Nachforschungen anzustellen. Bis dahin war sie aufgrund eines mit dem Erstbeklagten geführten Telefonats, der ihr eine Wiener Telefonnummer bekanntgegeben hatte, der Ansicht gewesen, nur der Erstbeklagte, nicht aber seine Familie wohne in Wien.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht zunächst auf seine Bindung gemäß § 499 Abs 2 ZPO an die im berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß ihm überbundene Rechtsansicht über das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 6 ZPO. Es kam jedoch zu dem Ergebnis, daß die an zwei ideellen Drittelanteilen der Liegenschaft Fruchtgenußberechtigten (Herta und Luise S*****), die gemeinsam zur Aufkündigung legitimiert gewesen seien, seit 1989 gewußt hätten, daß die in (im Raum) Wien wohnenden Beklagten die aufgekündigte Wohnung nicht regelmäßig benützten, und dadurch, daß sie den ihnen bekannten Kündigungsgrund nicht ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht hätten, schlüssig auf dessen Geltendmachung verzichtet hätten. Die Beklagten hätten aus dem Verhalten dieser beiden Fruchtgenußberechtigten ableiten können, daß sie den ihnen bekannten, eine Kündigung rechtfertigenden Sachverhalt nicht als Kündigungsgrund geltend machen wollten. Dabei komme es nicht auf die Absicht der beiden Fruchtgenußberechtigten, sondern nur auf den Eindruck an, den die Beklagten aus deren Gesamtverhalten hätten haben müssen. Die Klägerin müsse aber als (deren) Rechtsnachfolgerin diesen Kündigungsverzicht gelten lassen.

Das Berufungsgericht erklärte die Aufkündigung für wirksam, verpflichtete die Beklagten zur Räumung der aufgekündigten Wohnung samt Garage und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es ging auf die (umfangreiche) Beweisrüge der Klägerin nicht ein und erachtete deren Berufung schon aufgrund der bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen aus folgenden rechtlichen Erwägungen für berechtigt: Ein stillschweigender Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung des angezogenen Kündigungsgrundes liege nicht vor. Ein Eigentümer trete zwar unter sinngemäßer Anwendung des § 1120 ABGB bzw § 2 Abs 1 MRG in die von einem Fruchtnießer abgeschlossenen Mietverträge ein. Bei einem Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 6 MRG handle es sich auch nicht um eine Nebenabrede ungewöhnlichen Inhalts im Sinne des § 2 Abs 1 MRG. Im vorliegenden Fall sei jedoch zu beachten, daß der Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nicht einstimmig erfolgt, sondern lediglich von der Mehrheit (2/3) der Fruchtgenußberechtigten eingeräumt worden sei. Der Abschluß von Bestandverträgen mit einem Dritten zu gewöhnlichen Bedingungen gehöre zur ordentlichen Verwaltung. Schließe aber der Mehrheitseigentümer oder die Mehrheit der Fruchtgenußberechtigten ohne Zustimmung des Minderheitseigentümers (oder des Außerstreitrichters) einen Mietvertrag zu unüblichen Bedingungen ab, dann sei der Vertrag dem Minderheitseigentümer gegenüber unwirksam. Ein Mietvertrag, bei dem auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG verzichtet worden sei, sei als ein Vertrag zu unüblichen Bedingungen zu qualifizieren. Auch die nachträgliche unentgeltliche Einräumung eines Verzichts auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes sei ungewöhnlich und zähle daher nicht zur ordentlichen Verwaltung, zumal ein solcher Verzicht nicht im Interesse aller Miteigentümer gelegen sei und daher den Minderheitseigentümer nicht binde. Da die Klägerin auch Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter Ilse S***** sei, die nach den unbekämpften Feststellungen von der Wohnungssituation der Beklagten keine Kenntnis gehabt und somit auch nicht stillschweigend auf diesen Kündigungsgrund verzichtet habe, sei sie an diesen Kündigungsverzicht (der beiden anderen Fruchtgenußberechtigten) nicht gebunden. Die Garage sei nach den Feststellungen dazugemietet worden und teile somit als Bestandteil der Wohnung das Schicksal der Hauptsache.

Da zur Frage der Beachtlichkeit eines nur durch den (die) Mehrheitseigentümer abgegebenen Verzichts auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle, sei die ordentliche Revision zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision der Beklagten ist im Sinne ihres Aufhebungsantrags berechtigt:

Zunächst ist klarzustellen, daß die Vorinstanzen im vorliegenden Verfahren - entgegen dem nicht weiter konkretisierten Einwand der Klägerin, es liege der Anwendungsausschlußtatbestand des § 1 Abs 2 Z 4 MRG (Ferienwohnung) vor, - zutreffend das MRG und seine Kündigungsbestimmungen angewendet und auch die mitgemietete Garage ungeachtet des Umstandes, daß sie erst später dazugemietet wurde, gemäß § 1 Abs 1 MRG gemeinsam mit der Mietwohnung als einheitliches Mietobjekt behandelt haben.

Der Vorinstanz ist auch insofern beizupflichten, als hier der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG (..."wenn die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen [§ 14 Abs 3] regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist") selbst auf der Grundlage der - auch insoweit zum Teil bekämpften - erstinstanzlichen Feststellungen als verwirklicht anzusehen ist. Es kann nicht übersehen werden, daß die Beklagten schon wegen ihrer beruflichen Tätigkeiten und der Schulbesuche ihrer drei Kinder - beides fernab von der Grazer Mietwohnung - ihren familiären und wirtschaftlichen Schwerpunkt selbstredend in der Eigentumswohnung (dem Reihenhaus) in Preßbaum haben und die aufgekündigte Wohnung teilweise wegen der eingeschränkten beruflichen Tätigkeit des Erstbeklagten an der Technischen Universität in Graz, vor allem aber wegen ihrer verwandtschaftlichen und sozialen Bindungen an Graz als "Freizeitwohnung" (an zahlreichen Wochenenden sowie in den "Schulferien" [Weihnachten, Ostern, Sommer] und für sogenannte Familienfeste) nutzen, was dieser Wohnung - trotz der für das Jahr 1996 durchaus in einem beachtlichen Ausmaß festgestellten Nutzung den Charakter einer Zweitwohnung/Ersatzwohnung gibt. Ein dauerndes, dringendes Wohnbedürfnis der Beklagten oder auch eines Eintrittsberechtigten (Kindes), das sich zumindest in absehbarer Zeit ergeben könnte, ist hier nicht zu erkennen (siehe dazu die Rechtsprechungshinweise bei Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 30 Rz 41).

Damit kommt jedoch der Frage des Verzichts auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes durch die beiden jeweils an einem Drittelanteil der Liegenschaft Fruchtgenußberechtigten und dessen Wirksamkeit auch für die Klägerin als Rechtsnachfolgerin einer dieser beiden Fruchtgenußberechtigten entscheidende Bedeutung zu. Dabei ist der Auffassung der Vorinstanzen zuzustimmen, daß ein Verzicht auf diesen Kündigungsgrund für sich allein noch keine "ungewöhnliche Nebenabrede" im Sinn des § 2 Abs 1 vierter Satz MRG ist, an die ein Rechtsnachfolger des Verzichtenden nicht gebunden wäre, zählt doch wie der Abschluß eines Wohnungsmietvertrags zu üblichen Bedingungen auch der dabei oder auch nachträglich (eben bei Eintreten der einem Kündigungsgrund entsprechenden Umstände) erklärte Verzicht auf die Geltendmachung eines bestimmten Kündigungsgrundes in der Regel zur ordentlichen Verwaltung einer gemeinschaftlichen Sache (Liegenschaft), in der die bloße Mehrheit der Anteile entscheidet (MietSlg 40.047; MietSlg 40.236; vgl WoBl 1991/48; Gamerith in Rummel2 Rz 5 zu § 833 mit dem Hinweis auf die instanzgerichtliche Entscheidung MietSlg 30.083; Würth/Zingher aaO § 2 Rz 11 mwN). Haben somit aber - nach den bisher dafür maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichts - die beiden fruchtgenußberechtigten (und damit auch zur Wahrnehmung des Kündigungsgrundes durch Aufkündigung berechtigten) Frauen in Kenntnis der beruflichen und familiären Verhältnisse der Beklagten nach der Rückkehr des Erstbeklagten und seiner Familie aus der Schweiz im Jahre 1989 nach Österreich und nach der Übersiedlung der Beklagten nach (in den Raum) Wien sich mit einer - wie festgestellt - eingeschränkten Benützung der aufgekündigten Mietwohnung ausdrücklich (Herta S*****) oder auch nur schlüssig (Luise S*****) einverstanden erklärt, sodaß die Beklagten dieses Verhalten nur als Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes der Z 6 des § 30 Abs 2 verstehen konnten, dann haben sie damit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die weitere Dritteleigentümerin (Fruchtgenußberechtigte) in diesem Sinne mitverpflichtet. Dem Berufungsgericht ist nämlich nicht darin zu folgen, daß der Verzicht auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes nur dann wirksam gewesen wäre, wenn er einstimmig erfolgt wäre, was im vorliegenden Fall mangels Befassung der davon nicht verständigten Ilse S*****, der Mutter der Klägerin, nicht geschehen sei. Gerade bei den - nur unter Beachtung der unbekämpft gebliebenen Feststellungen bzw nach der Aktenlage - hervorgekommenen Umständen dieses Einzelfalls muß hervorgehoben werden, daß Herta S***** als ehemalige Verwalterin der gemeinschaftlichen Liegenschaft selbst gegenüber den später bestellten Verwalterinnen stets wort- und meinungsführend auftrat und ohne ihre Stimme Verwaltungsmaßnahmen nicht vorgenommen wurden. Solange sie daher im persönlichen Kontakt mit dem Erstbeklagten stand und diesem (sowie seiner Gattin) Zusagen machte, an die sich auch die mit den Beklagten in ständigem Kontakt befindliche, ebenfalls über deren Verhaltensweise informierte Luise S***** hielt, ist an die Zusagen oder auch das Verhalten dieser beiden Personen gegenüber den Beklagten ein besonderer Maßstab anzulegen, der auch schon vorher in der Tatsache seinen Ausdruck gefunden hatte, daß der Mietvertrag selbst nur mündlich abgeschlossen worden war. Waren daher diese beiden Fruchtgenußberechtigten über die wahre Situation der Beklagten voll unterrichtet (und nicht etwa im Sinne der Behauptungen in der Beweisrüge der Klägerin durch "Verschleierungsmaßnahmen usw" des Erstbeklagten im Unklaren), dann ist in ihren Zusagen und ihrem Verhalten ein gültiger Verzicht auf den Kündigungsgrund der Z 6 des § 30 Abs 2 zu erblicken.

Um dies allerdings auf einer einwandfreien Sachverhaltsgrundlage abschließend beurteilen zu können, bedarf es der Behandlung der Beweisrüge der Berufung der Klägerin, weshalb mit der Aufhebung und Rückverweisung der Sache in die zweite Instanz vorzugehen ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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