OGH 7Ob231/98s

OGH7Ob231/98s28.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gottfried A*****, vertreten durch Dr. Manfred Opperer und Mag. Dr. Gerhard Schartner, Rechtsanwälte in Telfs, wider die beklagten Parteien 1. Horst Z***** und 2. Helene Z*****, beide vertreten durch Dr. Karl G. Aschaber und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. April 1998, GZ 1 R 37/98t-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 27. Oktober 1997, GZ 11 C 226/97w-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 4.021,25 (darin enthalten S 670,21 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 1991 Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** N***** mit dem Grundstück 1730/2. Alois H*****, ein Rechtsvorgänger des Klägers, überließ eine Teilfläche dieses Grundstückes von 88 m**2 mit "Pachtvertrag" an Walter und Fritz S***** zum Zweck der Errichtung eines Wochenendhauses als Überbau. Die Vertragsdauer wurde ursprünglich mit 1. 5. 1938 bis 1. 5 1949 festgelegt. In der Folge wurde das Bestandverhältnis mehrmals verlängert. Zuletzt war Eleonora S*****, die Ehefrau des 1981 verstorbenen Fritz S*****, Eigentümerin des Superädifikates. Am 20. 1. 1996 schlossen der Kläger und Eleonora S***** eine Vereinbarung, wonach Eleonora S***** das Wochenendhaus für ein weiteres Jahr, d.i. vom 1. 1. 1996 bis 31. 12. 1996, in Pacht nimmt und das Pachtverhältnis am 31. 12. 1996 endet.

Eleonora S***** verstarb am 15. 4. 1996. In ihrer letztwilligen Verfügung setzte sie ihren Bruder Heinz E***** zum Universalerben ein. Zugleich vermachte sie die "Hütte am N*****" (Superädifikat) samt den Einrichtungsgegenständen ihrem Neffen, dem Erstbeklagten, und dessen Ehefrau, der Zweitbeklagten, zu gleichen Teilen.

Mit Amtsbestätigung des Abhandlungsgerichtes vom 13. 8. 1996 wurde bestätigt, daß das Verfügungsrecht hinsichtlich des Superädifikates auf die Beklagten zu gleichen Teilen übergegangen sei. Die Beklagten wurden vom Abhandlungsgericht davon verständigt, daß zu ihrer vollen Rechtsübertragung die gerichtliche Hinterlegung der Amtsbestätigung nach dem Urkundenhinterlegungsgesetz notwendig sei. Über den Antrag der Beklagten auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Vorganges wurde noch nicht entschieden. Die Grundverkehrsbehörde fordert die Vorlage eines "Freizeitwohnsitzbescheides", der seitens der Gemeinde N***** bislang nicht ausgestellt wurde, weil die Gemeinde N***** der Meinung ist, daß es sich beim Superädifikat um einen Schwarzbau handle. Eine Urkundenhinterlegung hat daher noch nicht stattgefunden.

Das Superädifikat wird derzeit von den Beklagten mit Erlaubnis des Heinz E***** benützt.

Der Kläger begehrte, die Beklagten schuldig zu erkennen, das Superädifikat zu entfernen "bzw" das Grundstück hievon zu räumen und ihm geräumt zu übergeben. Der Kläger habe den Beklagten mit Schreiben vom 7. 11. 1996 mitgeteilt, daß er einer Verlängerung des Pachtverhältnisses über den 31. 12. 1996 hinaus nicht zustimme. Die Beklagten weigerten sich, die Liegenschaft zu räumen.

Die Beklagten wendeten ihre mangelnde Passivlegitimation ein, weil sie mangels Urkundenhinterlegung noch nicht Eigentümer des Gebäudes geworden seien und ihr Recht zu dessen Benützung von der Verlassenschaft bzw den Erben ableiteten. Sie brachten weiters vor, daß der Bestandvertrag den Kündigungsbeschränkungen des MRG unterliege, weil das Grundstück zur Errichtung eines Wohngebäudes vermietet worden sei. Eine ordnungsgemäße und zeitgerechte Kündigung sei nicht erfolgt. Die Kündigungsfrist betrage ein Jahr. Den Beklagten stehe gemäß § 49 Abs 1 Z 2 MRG ein Investitionsersatz für die baulichen Aufwendungen zu. Das Gebäude habe einen Wert von S 700.000. Der Kläger sei nicht bereit, diesen Betrag zu ersetzen. Den Beklagten stehe daher ein Retentionsrecht an der Liegenschaft zu. Sie seien, wenn überhaupt, nur gegen Zahlung eines Betrages von S 700.000 zur Rückgabe der Liegenschaft zu verpflichten.

Der Kläger bestritt dieses Vorbringen. Das Bestandverhältnis sei am 31. 12. 1996 beendet worden, sodaß ein Recht der Beklagten an der Benützung der Liegenschaft nicht mehr bestehe. Zwischen den früheren Vertragsparteien sei vereinbart worden, daß bei Beendigung des Bestandverhältnisses die Liegenschaft samt darauf errichtetem Überbau entschädigungslos an den Kläger in dessen Eigentum zu übertragen sei. Der Wert des Gebäudes sei daher ohne Belang. Er werde auch der Höhe nach bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Beklagten nicht passiv legitimiert seien. Die Beklagten leiteten ihr Verfügungsrecht allein von Heinz E***** ab. Der Eigentumserwerb der Beklagten am Superädifikat setze die Hinterlegung der im Verlassenschaftsverfahren ausgestellten Amtsbestätigung voraus. Da die Urkundenhinterlegung noch nicht erfolgt sei, sei allein der Erbe Heinz E***** verfügungsberechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Für ein auf die Rückzahlungsverpflichtung des Bestandnehmers gestütztes Räumungsbegehren sei ausschließlich der Mieter, hier also Heinz E***** als Rechtsnachfolger der Eleonora S*****, passiv legitimiert. Aber auch die Eigentumsfreiheitsklage könne nur gegen diesen als Eigentümer des Superädifikates gerichtet werden, weil die Entfernung eines Superädifikates notwendigerweise eine erhebliche Beeinträchtigung des Werkes, wenn nicht gar eine Substanzzerstörung mit sich bringe. Die Befugnis, über die Substanz einer Sache zu verfügen, stehe aber nur dem Eigentümer zu. Ein Eigentumsübergang auf die Beklagten sei mangels Urkundenhinterlegung noch nicht erfolgt. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage der Entfernungspflicht desjenigen, dem ein Superädifikat zur Nutzung überlassen worden sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben sich mit der Frage der Schlüssigkeit der Klage nicht befaßt.

Der Kläger begehrt nicht die Räumung des Superädifikates, sondern die Räumung der Liegenschaft vom Superädifikat. Nach dem unmißverständlichen und nicht anders zu deutenden Begehren sollen die Beklagten verpflichtet werden, das Superädifikat als solches von der Liegenschaft zu entfernen. Dieses Begehren ist mit der Behauptung des Klägers, daß das Superädifikat bei Beendigung des Bestandverhältnisses vereinbarungsgemäß entschädigungslos ins Eigentum des Klägers übergehen solle, nicht vereinbar.

Wurde das Bestandverhältnis dem Rechtsstandpunkt des Klägers entsprechend zum 31. 12. 1996 aufgelöst, so könnten die Beklagten dessen ungeachtet nicht zur Entfernung des Superädifikates verhalten werden, wenn dem Kläger, wie er behauptet hat, ein Heimfallsrecht eingeräumt wurde. Die Beklagten wären dann nämlich zur Übergabe des Superädifikates an den Kläger und zur Mitwirkung an der Urkundenhinterlegung, die den Eigentumserwerb des Klägers dokumentiert (vgl hiezu Forstner, Ausgewählte Fragen des österreichischen Superädifikatrechtes, 254 f), verpflichtet. Hienach wäre der Kläger selbst über das Superädifikat verfügungsberechtigt.

Im Fall des behaupteten Heimfallsrechtes hat der Kläger zwar einen Anspruch auf Räumung des Superädifikates von Fahrnissen der Beklagten und Übergabe des geräumten Superädifikates an ihn. In diesem Sinne läßt sich aber das Klagebegehren nicht umdeuten. Die Räumung eines Gebäudes von Fahrnissen und die Übergabe des geräumten Gebäudes ist gegenüber der Entfernung eines Gebäues von einer Liegenschaft kein minus, sondern ein aliud. Schon aus diesem Grund kann dem Klagebegehren nicht, und zwar auch nicht teilweise, stattgegeben werden.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren daher im Ergebnis jedenfalls zu Recht abgewiesen, ohne daß es auf die vom Berufungsgericht und von den Revisionsschriften aufgeworfenen Rechtsfragen ankäme.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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