Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 8.112,-- (darin S 1.352,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.
Text
Begründung
Eine ehemalige Mitarbeiterin des Klägers eröffnete bei der beklagten Partei ein auf "Überbringer" lautendes Sparbuch und überwies im Jahre 1993 von den bei einer anderen Bank bestehenden Konten des Klägers bzw einer Gesellschaft mbH & Co KG, die ihre Forderungen gegenüber der Mitarbeiterin des Klägers an diesen abgetreten hat, durch Verfälschung von Sammelüberweisungsbelegen auf dieses Überbringersparbuch mehrfach Beträge in einer S 200.000 übersteigenden Gesamtsumme. Die beklagte Partei wurde mit Schreiben vom 17. 11. 1993 über die aufgetretenen "Unregelmäßigkeiten" aufgeklärt, sperrte das Sparkonto der Mitarbeiterin des Klägers und überwies lediglich einen Betrag von S 24.000 (vom 29. 4. 1993) am 20. 12. 1993 an den Kläger.
Der Kläger begehrte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von einem Drittel S 165.863 sA mit der Begründung, daß der Überweisungsempfänger nicht mit "Überbringer", sondern mehrheitlich mit dem Namen der Mitarbeiterin des Klägers bzw in einem Fall mit dem Firmenwortlaut der beklagten Partei bezeichnet worden sei und die beklagte Partei deshalb nicht auf das Überbringersparbuch hätte überweisen dürfen. Die beklagte Partei sei der ihr obliegenden Überprüfungspflicht nicht nachgekommen. Im übrigen sei bei einer Überweisung vom 7. 6. 1993 eine unrichtige Kontonummer angeführt gewesen.
Die beklagte Partei wendete ein, ihren Angestellten sei bekannt gewesen, daß die Mitarbeiterin des Klägers Eigentümerin des Überbringersparbuchs gewesen sei. Die Identität zwischen dem in der Überweisung genannten Empfänger und dem Namen des Inhabers des Sparkontos sei demnach überprüft und die Übereinstimmung festgestellt worden. Mit Ausnahme einer Überweisung vom 29. 4. 1993 sei der beklagten Partei daher kein Fehler unterlaufen; dem Fehler habe die beklagte Partei durch Rücküberweisung des Betrags an den Kläger Rechnung getragen. Bei der unrichtigen Bezeichnung der Kontonummer habe es sich lediglich um einen offensichtlichen Schreibfehler gehandelt. Den Kläger treffe das alleinige Verschulden an dem in seinem Vermögen eingetretenen Schaden, weil ihm bei sorgfältiger Überprüfung die Verfälschung der Sammelüberweisungen hätte auffallen müssen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte fest, ab Sommer 1992 sei die Mitarbeiterin des Klägers bei diesem auf Werkvertragsbasis beschäftigt und mit der Lohnverrechnung sowie der Vorbereitung von Überweisungen betraut gewesen. Für das Konto des Klägers sei sie nicht zeichnungsberechtigt gewesen. Die Lohnüberweisung an die Mitarbeiter des Klägers habe sie auf Disketten vorbereitet. Der Kläger habe zur Genehmigung der Überweisung jeweils bloß einen Ausdruck, auf dem die Nummer der Diskette sowie der Gesamtbetrag der darauf enthaltenen Überweisungen angeführt gewesen seien, unterfertigt. Die sonstigen Überweisungen seien mittels Einzel- oder Sammelüberweisung durchgeführt worden. Die diesbezüglichen Belege habe die Mitarbeiterin dem Kläger zur Unterfertigung vorgelegt. Der Kläger habe nicht darauf geachtet, ob auf der Sammelüberweisung auch die Summe der Einzelpositionen angeführt gewesen sei. In der Regel habe der Kläger wöchentlich 10 Überweisungsbelege unterfertigt. Im Rahmen ihrer Tätigkeit habe die Mitarbeiterin mehrere betrügerische Überweisungen von den eingangs erwähnten Konten auf das von ihr eröffnete Überbringersparbuch, das mit einem Losungswort gesichert gewesen sei, getätigt. Die unrichtige - lediglich eine Zahl betreffende - Bezeichnung der Kontonummer bei der Überweisung vom 7. 6. 1993 sei bereits korrigiert worden, ehe der Überweisungsbeleg der beklagten Partei zugekommen sei. Die beklagte Partei habe die den Überweisungen entsprechenden Beträge dem Sparkonto der Mitarbeiterin gutgeschrieben, ohne eine weitere Überprüfung der Überweisung, insbesondere im Hinblick auf die Kontobezeichnung, vorzunehmen. Für den Fall, daß der beklagten Partei Unregelmäßigkeiten bei den Überweisungen aufgefallen wären, wäre eine Rückbuchung erfolgt. Es könne nicht festgestellt werden, ob der Kläger selbst in einem solchen Fall mit einer telefonischen Rückfrage befaßt worden wäre. Für den Fall einer Rückbuchung hätten der Kläger selbst und eine weitere Mitarbeiterin zunächst durchaus angenommen, daß der betrügerischen Mitarbeiterin ein Fehler unterlaufen sei. Der Kläger habe keinen Grund, seiner Mitarbeiterin zu mißtrauen, gehabt. Erst im August 1993 habe eine genauere Prüfung stattgefunden und sei festgestellt worden, daß von der Mitarbeiterin des Klägers insgesamt etwa S 900.000 veruntreut worden seien.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei habe die ihr obliegenden Schutzpflichten verletzt, weil sie bei Nennung eines bestimmten Überweisungsempfängers den Betrag auf ein auf Überbringer lautendes Sparbuch gutgebracht habe. Der überwiesene Geldbetrag sei aber ohnedies jener Person zugekommen, die nach sämtlichen sich aus den Überweisungsaufträgen ergebenden Individualisierungsmerkmalen ableitbar gewesen sei. Der Umstand, daß sich die beklagte Partei darauf verlassen habe, die irrtümliche Kontobezeichnung meine den anonymen Inhaber, habe daher nicht geschadet. In dem Fall, in welchem als Überweisungsempfänger eine andere Person angeführt gewesen sei, sei bereits Rückzahlung erfolgt. Eine zum Zeitpunkt dieser Überweisung allenfalls stattgefundene Rückfrage beim Auftraggeber hätte nicht dazu geführt, daß die Malversationen der Mitarbeiterin des Klägers früher aufgedeckt worden wären.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, die in der Abweisung eines Teilbetrags von S 41.424,15 aufgrund des in der Berufung des Klägers erfolgten Zugeständnisses eines Mitverschuldens zur Hälfte nicht in Beschwerde gezogen worden war, und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es ging im wesentlichen davon aus, daß der Kläger die unkorrekte Auftragsdurchführung nicht mit Erfolg geltend machen könne, weil die durch die Überweisung Begünstigte trotz der falschen Buchungen die Verfügungsmacht über die Beträge erlangt habe. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, daß die rechtzeitige Aufklärung der Fehlüberweisung dann, wenn ein anderer Überweisungsempfänger genannt gewesen sei, den Eintritt von Folgeschäden verhindert hätte. Der beklagten Partei sei die Entkräftung des Anscheinsbeweises der Kausalität ihrer Pflichtverletzung für den Eintritt von Folgeschäden gelungen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist unzulässig.
Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (1 Ob 202/97f mwN). Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 5 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend (1 Ob 202/97f mwN). Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhobene Ansprüche - wie hier - nur dann zusammenzurechnen, wenn sie im Sinne des § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen.
Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne daß also noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (1 Ob 202/97f mwN). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt dagegen vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (1 Ob 202/97f mwN). Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne daß eine Zusammenrechnung stattfände (1 Ob 202/97f mwN).
Die Klärung, ob mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, hat immer nach dem Klagevorbringen zu erfolgen (1 Ob 202/97f mwN). Dabei ist hier gemäß § 502 Abs 2 ZPO nur jener Streitgegenstand von Bedeutung, über den das Berufungsgericht entschied.
Keiner der einzelnen Beträge, die dem Klagebegehren zugrundeliegen, übersteigt S 60.000. Der Kläger gestand letztlich das Mitverschulden zur Hälfte zu und begehrte deshalb - im Berufungsverfahren - nur mehr den Ersatz der Hälfte des behaupteten Gesamtschadens. Im Berufungsverfahren überstieg daher keiner der einzelnen Klageansprüche S 52.000, selbst wenn man die am 29. 7. 1993 und am 23. 8. 1993 jeweils zwei offensichtlich getrennt vorgenommenen Überweisungen (siehe S 5 des Berufungsurteils) als Einheit ansähe. Der Zulässigkeit der Revision stünde daher der Rechtsmittelausschluß des § 502 Abs 2 ZPO nur dann nicht entgegen, wenn die einzelnen Klageansprüche im Sinne der einleitenden Rechtsausführungen zusammenzurechnen wären.
Die Überweisungen betrafen überwiegend unterschiedliche Beträge und erfolgten unter verschiedenen Bezeichnungen auf ein Sparkonto der ehemaligen Mitarbeiterin des Klägers. In jenen Fällen, in denen die einzelnen Beträge und die sonstigen Angaben der Überweisungsaufträge übereinstimmten, erfolgten die Überweisungen - mit Ausnahme der beiden oben angeführten Daten - an verschiedenen Tagen. Alle Überweisungen auf das anonyme Sparkonto beruhen daher auf Tathandlungen der unredlichen Mitarbeiterin des Klägers, die - mit der erwähnten Ausnahme - an verschiedenen Tagen begangen wurden. Daher könnte - jedenfalls nach dem Klagevorbringen - auch nicht eine einmalige, sondern nur eine an jedem einzelnen Überweisungstag erneut unterlaufene Nachlässigkeit von Mitarbeitern der beklagten Partei für den entsprechenden Teil des geltend gemachten Gesamtschadens ausschlaggebend sein. Somit läßt sich keiner der Schadenersatzansprüche aus demselben Klagegrund ableiten. Das Sachvorbringen unterscheidet sich zumindest - wieder mit der erwähnten Ausnahme - in den Überweisungsdaten. Jeder einzelne der erhobenen und auf verschiedenen Schadensereignissen beruhenden Ansprüche kann daher ein verschiedenes rechtliches Schicksal haben (1 Ob 202/97f). Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts stehen die vom Kläger geltend gemachten, aus verschiedenen Schadensereignissen abgeleiteten Schadenersatzansprüche somit weder in einem tatsächlichen noch in einem rechtlichen Zusammenhang. Sie sind daher auch nicht zusammenzurechnen. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß bei der ehemaligen Mitarbeiterin des Klägers ein "einheitlicher Tatvorsatz" vorgelegen sei (siehe S 14 des Berufungsurteils), führt angesichts der voranstehenden Ausführungen nicht zur Zusammenrechnung der einzelnen Schadenersatzansprüche.
Damit erweist sich die Revision des Klägers als jedenfalls unzulässig, weil keiner der einzelnen Schadenersatzansprüche - selbst bei Zusammenrechnung der am 29. 7. 1993 bzw 23. 8. 1993 vorgenommenen Überweisungen - , über die das Berufungsgericht entschieden hat, S 52.000 übersteigt.
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers ausdrücklich hingewiesen.
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