OGH 8ObA282/98y

OGH8ObA282/98y15.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Univ. Prof. Dr. Theodor Tomandl und Mag. Kurt Retzer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****gesellschaft m. b. H. & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Harold Schmid und Mag. Helmut Schmid, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Günther P*****, vertreten durch Dr. Gerhard Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 21 Cga 217/93a des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Juli 1998, GZ 8 Ra 293/96m-47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. April 1996, GZ 21 Cga 109/95x-18 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, das angefochtene Urteil durch Anfügen des Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision (§ 45 Abs 1 ASGG) zu berichtigen. Für den Fall der Nichtzulassung der Revision ist dem Revisionswerber Gelegenheit zur Ausführung der Zulassungsbeschwerde zu geben. Die Akten sind sodann unter Anschluß des Voraktes 21 Cga 217/93 des Landesgerichtes Leoben wieder vorzulegen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit dem Vorbringen, sie sei nunmehr in den Besitz entscheidungswesentlicher Beweismittel gelangt, die Wiederaufnahme eines Arbeitsrechtsstreites, in welchem dem hier Beklagten als Kläger mit rechtskräftigem Urteil nach Auflösung des Dienstverhältnisses unberichtigt gebliebene Provisionen im Gesamtbetrag von S 835.000,- s. A. zugesprochen wurden, während eine von der dort Beklagten aus dem Titel des Verstoßes gegen ein Konkurrenzverbot eingewendete Gegenforderung von S 500.000,- als nicht zu Recht bestehend erkannt wurde.

Der Beklagte beantragte die Zurück- bzw. Abweisung des Wiederaufnahmsbegehrens mit der wesentlichen Begründung, die nunmehr vorgelegten Urkunden seien nicht tauglich, das Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen gemäß § 530 ZPO darzutun.

Das Erstgericht wies das Wiederaufnahmeklagebegehren ab. Die vorgelegten Urkunden seien weder geeignet, die Wiederaufnahme hinsichtlich des Hauptbegehrens, noch hinsichtlich der dagegen eingewendeten Gegenforderung zu begründen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte dieses Urteil dahin ab, daß es die Wiederaufnahme des Hauptverfahrens bewilligte und das in dieser Rechtssache ergangene Urteil aufhob. Im Wiederaufnahmsverfahren sei nach mündlicher Verhandlung nur zu prüfen, ob die behaupteten neuen Tatsachen vorliegen und ob sie konkret geeignet seien, zu einer Änderung der Tatsachenfeststellungen im Vorprozeß zu führen. Nach der somit vorerst nur eingeschränkt vorzunehmenden Beweiswürdigung könne dem von der Klägerin geltend gemachten Wiederaufnahmsgrund nicht von vornherein die Eignung abgesprochen werden, eine günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen. Ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision habe gemäß § 46 Abs 3 Ziff 1 ASGG zu entfallen, weil - abgesehen von Unklarheiten bezüglich des eingegangenen Vertragsverhältnisses - auch die Lösungsart (Entlassung gerechtfertigt oder nicht) strittig sei, wobei es nicht schade, daß diese Frage nicht die Hauptfrage bilde.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 45 Abs 1 ASGG hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, ob die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist; der Ausspruch ist kurz zu begründen. Gemäß § 45 Abs 3 ASGG hat in Verfahren nach § 46 Abs 3 ASGG ein Ausspruch nach Abs 1 zu unterbleiben. § 46 Abs 3 ASGG erklärt unter anderem in seiner Ziff 1 die Revision ungeachtet des Vorliegens einer Rechtsfrage von der in § 46 Abs 1 ASGG genannten Qualität in Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Streitgegenstand über den das Berufungsgericht entschieden hat S 52.000,- übersteigt, oder wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses strittig ist, als zulässig. Für das Vorliegen dieser erweiterten Rechtsmittelzulässigkeit ist es nicht notwendig, daß die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Verfahren die zu entscheidende Hauptfrage ist (9 ObA 84/95; 9 ObA 104/95; u. a.). Es genügt, daß die Frage der Beendigung eine Voraussetzung der Entscheidung über das Klagebegehren ist (Kuderna, ASGG2, 280 f), somit für den Bestand des daran geknüpften Leistungsbegehrens eine Rolle spielt (9 ObA 45/95; 9 ObA 2250/96i; 9 ObA 302/98x; u. a.). Das Vorliegen des dargestellten Zusammenhangs ist auch im Wiederaufnahmeverfahren zu bejahen, wenn im wiederaufzunehmenden Hauptverfahren über die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden ist (9 ObA 351/98b). Sind die geltend gemachten Ansprüche aber von der Tatsache der Beendigung oder der Art wie diese zustande gekommen ist unabhängig, wie etwa bei Geltendmachung nicht konsumierter Zeitausgleichsansprüche, nicht abgegoltener Überstunden, Provisionen oder Spesen, liegt ein Fall des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG nicht vor (8 ObA 249/97v; 9 ObA 99/98v).

Wie der Beklagte in seiner Revision - wenngleich in anderem Zusammenhang - zutreffend darstellt, ist im Hauptverfahren nicht die Art der Beendigung, sondern der unabhängig davon bestehende Anspruch auf Provision strittig. Dies gilt auch für die eingewendete Gegenforderung, ist doch ein allfälliger Anspruch nach § 7 AngG beendigungsunabhängig. Soweit sich der Anspruch auf die angebliche Übertretung der für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbarten Konkurrenzklausel gründet, ist auch dafür nach dem Inhalt des Vorbringens die Art der Beendigung - die Tatsache der Beendigung ist nicht strittig - nicht maßgeblich.

Es ist daher spruchgemäß zu beschließen.

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