OGH 5Ob78/99b

OGH5Ob78/99b13.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Christian Girardi, Dr. Markus Seyrling, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Grundbuchseintragungen in den EZ 73, 39 und 20 GB*****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 22. Jänner 1999, GZ 54 R 6/99z, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 2. Dezember 1998, TZ 13074/98, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 11. 11. 1998 einigten sich der Verkäufer Thomas B***** als Eigentümer der Liegenschaft EZ 39 GB***** und die Antragstellerin als Käuferin und Eigentümerin der Liegenschaft EZ 20 GB***** über die Veräußerung der bisher Thomas B***** als Eigentümer der Liegenschaft EZ 39 an den Grundstücken Nr 74 und 323 der EZ 73, die im Alleineigentum der Gemeinde R***** steht, zustehenden Holz- und Streunutzungsrechte. Es wurde vereinbart, daß die Antragstellerin als Eigentümerin der EZ 20 diese Holz- und Streunutzungsrechte unter realrechtlicher Verbindung mit ihrer EZ kauft und in ihr Eigentum übernimmt.

Am 11. 11. 1998 erteilte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz diesem Kaufvertrag die Genehmigung nach § 38 Abs 3 TFLG. Daß ein Bescheid über die Bewilligung der Absonderungsrechte in Rechtskraft erwachsen wäre, wurde nicht dargetan.

Eine Zustimmung der Gemeinde R***** zur Übertragung der Holz- und Streunutzungsrechte von Thomas B***** an die Antragstellerin liegt nicht vor.

Am 1. 12. 1998 beantragte die S***** Gesellschaft mbH die Bewilligung nachstehender Grundbuchseintragungen:

1. In EZ 73:

a) Die Einverleibung der Löschung der Dienstbarkeit des Holz- und Streubezuges auf Grundstück Nr 537/1, 537/39, 537/40 und 537/41, jedoch lediglich hinsichtlich Teil 74 und Teil 323 (C-LNr 1 a f) zu Gunsten EZ 39;

b) hinsichtlich Grundstück Nr 537/1, 537/39, 537/40 und 537/41, Teil 74 und Teil 323, die Einverleibung der Dienstbarkeit des Holz- und Streuzuges zu Gunsten EZ 20, bei gleichzeitiger Ersichtlichmachung des bezüglichen Rechtes im A-2-Blatt der berechtigten Einlagezahl.

2. In EZ 39:

Die Löschung der Ersichtlichmachung des Holz- und Streunutzungsrechtes A2 LNr 1, jedoch nur hinsichtlich Waldteil 74 und 323;

3. In EZ 20:

Die Ersichtlichmachung des Holz- und Streunutzungsrechtes auf Grundstück Nr 537/1, 537/39, 537/40 und 537/41, hinsichtlich Teil 74 und Teil 323.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Bewilligung der begehrten Grundbuchshandlungen wegen entschiedener Sache ab. Ein gleichlautendes Begehren sei bereits unter TZ 1985/98, wenn auch aufgrund eines anderen Vertrages, abgewiesen worden.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es liege zwar nicht entschiedene Rechtssache vor, weil die Antragstellerin im Verfahren TZ 1985/98 des Bezirksgerichtes Innsbruck eine Grundbuchshandlung aufgrund des Kaufvertrages vom 19. 4. 1994 und der genehmigten Ergänzung hiezu vom 17. 12. 1998 sowie der Genehmigung des Kaufvertrages durch das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 20. 2. 1998 angestrebt hatte. Nunmehr werde die Grundbuchshandlung aufgrund des Kaufvertrages vom 11. 11. 1998 und der Genehmigung durch die Agrarbehörde vom 24. 11. 1998, somit aufgrund anderer Urkunden, angestrebt. Dies stehe der neuerlichen Behandlung des Begehrens nicht als Prozeßhindernis der entschiedenen Sache entgegen.

Dennoch seien die begehrten Grundbuchseintragungen nicht zu bewilligen.

Es treffe zwar zu, daß agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 33 TFLG insbesondere Waldgrundstücke seien, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten stünden und auf denen Teilwaldrechte bestünden. Diese hätten ihren Titel, ihren Bestand und ihre Modalitäten im öffentlichen Recht gesichert. Diese öffentliche Rechtsnatur der Teilwaldrechte bedinge auch bestimmte Folgen für privatrechtliche Dispositionen. Alle Verfügungen, die Teilwaldrechte unmittelbar oder die Teilung einer Stammsitzliegenschaft, mit der Teilwaldrechte verbunden seien, beträfen, seien agrarbehördlich zu genehmigen (§§ 38 f TFLG). Die Zuschreibung von Teilwäldern zu anderen, als der bisher berechtigten Liegenschaft erfordere jedoch bei einer Gemeinde als Verwalterin der Teilwälder die Zustimmung des Gemeinderats gemäß § 38 Abs 4 lit c TFLG. Diese Zustimmung könne durch die Agrarbehörde dann nicht ersetzt werden, wenn die Teilwaldrechte an ein Nichtmitglied übertragen werden sollen. Ansonsten habe die Gemeinde als Grundeigentümerin Parteistellung im Absonderungsverfahren, in dem ihre Zustimmung ersetzt werden könne (vgl Lang, Tiroler Agrarrecht II, S 183). Da im vorliegenden Fall nur die Genehmigung des zwischen Thomas B***** und der Antragstellerin geschlossenen Kaufvertrags durch die Agrarbehörde erster Instanz, nicht jedoch die Zustimmung der Gemeinde R***** oder ein diese Zustimmung ersetzender Bescheid der Agrarbehörde nach durchgeführtem Absonderungsverfahren vorliege, sei das Grundbuchsgesuch im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Steitgegenstandes S 260.000 übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zuzulassen sei. Daß für die Übertragung einer Dienstbarkeit auf ein anderes herrschendes Grundstück die Zustimmung des Eigentümers des belasteten Grundstücks (oder deren Ersetzung durch die Agrarbehörde) notwendig sei, entspreche ständiger Judikatur des Höchstgerichtes zu § 485 ABGB.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, der zulässig, aber nicht berechtigt ist.

Zunächst trifft es zu, daß keine Grunddienstbarkeit ohne Zustimmung des Verpflichteten auf eine andere Person oder auf ein anderes herrschendes Grundstück übertragen werden kann (JBl 1985, 32 = SZ 56/11; 1 Ob 5/85, 1 Ob 2099/96z, 1 Ob 2003/96g).

Das TFLG normiert gebundene Anteilsrechte, also solche, die mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft verbunden sind. Die hier in Frage stehenden Teilwaldrechte (Holz- und Streunutzungsrechte) gelten nach § 33 Abs 3 letzter Satz TFLG als Anteilsrechte (an agrargemeinschaftlichen Grundstücken). Sie sind öffentliche Rechte, weil sie ihren Titel, ihren Bestand und die Modalitäten der Ausübung im öffentlichen Recht gesichert haben (vgl Lang, Tiroler Agrarrecht II, 182). Privatrechtlich verfügt kann über die Anteilsrechte grundsätzlich nur in dem Rahmen werden, den das öffentliche Recht gibt. Die dafür notwendigen Regelungen trifft § 38 TFLG. Gemäß § 38 Abs 3 TFLG darf die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden. Im Grundbuch darf die Absonderung eines Anteilsrechts nur durchgeführt werden, wenn die nach Abs 3 erforderliche Bewilligung rechtskräftig erteilt wurde (§ 38 Abs 7 TFLG).

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes weichen diese Sondervorschriften über die Begründung und Übertragung solcher Rechte derart grundlegend von den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Dienstbarkeiten (Servituten) ab, daß diese Regeln auch nicht dem Sinn nach angewendet werden können. Dies hat der Oberste Gerichtshof zunächst im Zusammenhang mit Verfügungsrechten einzelner Teilhaber einer Agrargemeinschaft über ihre Anteile am Gemeinschaftsgut, der Absonderung ihrer Mitgliedsrechte von den Stammsitzliegenschaften, der Teilung der Stammsitzliegenschaften sowie der Veräußerung und Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke im Verhältnis zur Regelung der schlichten Miteigentumsgemeinschaft nach bürgerlichem Recht ausgesprochen (SZ 48/62). Im Fall der auch hier angestrebten Lösung der Bindung der Teilwaldrechte von einer Liegenschaft und die Übertragung auf eine andere Liegenschaft mit Auflassung der bisherigen Bindung wurde bereits ausgesprochen, daß die gemäß §§ 37, 38 TFLG (1969) durch das Amt der Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz erteilte Genehmigung eines Vertrags zur Übertragung von Teilwaldrechten eine hinlängliche urkundliche Grundlage für die Bewilligung des Ansuchens gemäß § 94 Z 3 und 4 GBG ist, ohne daß es einer ausdrücklichen Zustimmung der aus dem Teilwaldrecht verpflichteten Gemeinde bedürfe (5 Ob 9/79). In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof auch erkannt, daß sich an der Rechtslage durch die Wiederverlautbarung des TFLG 1978 keine wesentliche Veränderung ergeben hat. Dasselbe gilt für die neuerliche Wiederveröffentlichung des TFLG 1996, das im vorliegenden Fall anzuwenden ist.

Damit ist die Rechtsansicht der Rekurswerberin durch höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt, von der das Rekursgericht abgewichen ist (§ 14 Abs 1 AußStrG).

Der Rekurswerberin ist auch beizupflichten, daß das Rekursgericht nicht von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Fassung des § 38 TFLG 1996 ausgegangen ist, der durch die Novellierung infolge LGBl Nr 77/1998 in seinem Absatz 4 eine Änderung erfahren hat. Daß die Antragstellerin allerdings selbst Mitglied der Agrargemeinschaft ist, wurde erstmals im Revisionsrekurs ausgeführt.

Die Frage, ob die Agrarbehörde erster Instanz die ausschließlich ihr übertragene Bewilligung der Absonderung (§ 38 Abs 3 TFLG) zu Recht erteilt hat oder aber ob Verweigerungsgründe im Sinn des § 38 Abs 4 TFLG vorlagen, ist allerdings der Prüfung durch das Grundbuchsgericht entzogen.

Die in § 38 Abs 7 TFLG geforderte Bewilligung der Absonderung durch die Agrarbehörde liegt entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes vor, enthält doch der Bewilligungsvermerk ausdrücklich einen Bezug auf § 38 Abs 3 TFLG.

Dennoch steht der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs ein Verstoß gegen das Formalerfordernis des § 94 Abs 4 GBG entgegen.

Grundbuchseintragungen, für welche die Zustimmung der Agrarbehörde notwendig ist, dürfen nämlich erst bewilligt werden, wenn die Zustimmungserklärung rechtskräftig erteilt wurde (§ 38 Abs 7 TFLG). Der begehrten Eintragung steht also der fehlende Nachweis der Rechtskraft der Zustimmungserklärung der Agrarbehörde entgegen (vgl NZ 1987, 48). Anders als im besonderen Verfahren zur Herstellung der Grundbuchsordnung nach agrarischen Operationen, das auf Anregung der Agrarbehörde von Amts wegen durchzuführen ist, wobei den Gerichten durch die §§ 47 und 84 TFLG bestimmte Amtspflichten auferlegt sind (vgl 5 Ob 1076/94, 5 Ob 53/95), gilt hier ganz allgemein, daß das Grundbuchsgericht bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung von verwaltungsbehördlichen Genehmigungen die Bewilligung zu versagen hat (vgl zuletzt 5 Ob 2107/96f).

Im Ergebnis zu Recht wurde daher von den Vorinstanzen das Grundbuchsgesuch abgewiesen.

Dem Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.

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