OGH 9ObA22/99x

OGH9ObA22/99x17.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Krajcsir und Anton Degen als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der Antragstellerin Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, gegen die Antragsgegner 1) Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1010 Wien, Hohenstaufengasse 10-12, 2) Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte für Österreich, 1040 Wien, Prinz Eugenstraße 20-22, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird festgestellt, daß Arbeitgeber, die Personen im Rahmen einer Vorlehre iSd § 8b Berufsausbildungsgesetz (BAG), BGBl 1969/142 idF der Nov BGBl I 1998/100, beschäftigen, nicht verpflichtet sind, diese Personen nach der Beendigung des Vorlehrverhältnisses gemäß § 18 Abs 1 Berufsausbildungsgesetz weiterzuverwenden.

Text

Begründung

Die Antragstellerin und die Zweitantragsgegnerin sind zur gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber bzw. der Arbeitnehmer berufene Körperschaften im Sinne des § 4 Abs 1 ArbVG; die Kollektivvertragsfähigkeit der Erstantragsgegnerin ergibt sich aus § 4 Abs 2 ArbVG. Antragstellerin und beide Antragsgegner sind daher im Sinne des § 54 Abs 2 letzter Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.

Der Antragsteller beantragt wie im Spruch ersichtlich und bringt dazu vor wie folgt:

Im Rahmen der durch die Berufsausbildungsgesetz-Nov 1998 befristet bis 31. 12. 2002 eingeführten "Vorlehre" (§ 8b BAG) solle im Interesse der "Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Jugendlichen in das Berufsleben" (§ 8b Abs 1 Satz 1 BAG) in höchstens zwei Jahren der Bildungsinhalt des ersten Lehrjahres eines Lehrberufs vermittelt werden, um den betroffenen Personen den Antritt eines Lehrberufs oder den Übertritt in einen solchen zu erleichtern. Dahinter stehe die Überlegung, daß die gegenwärtigen Arbeitsmarktprobleme mancher eine Lehrstelle suchender Jugendlicher ua durch fehlende Qualifikation - zum einen in der Beherrschung der grundlegenden Kulturtechniken, zum anderen auch im sozialen Verhalten - bedingt seien. Die Vorlehre solle ermöglichen, Bildungsmängel abzubauen und das Sozialverhalten der Betroffenen an die Rahmenbedingungen des Berufslebens heranzuführen. § 8b Abs 7 BAG stelle die im Rahmen einer Vorlehre ausgebildeten Personen "hinsichtlich der Berufsschulpflicht und der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen" Lehrlingen gleich. Das Vorlehrverhältnis sei dementsprechend ein Arbeitsverhältnis, sofern es in einem Lehrbetrieb iSd BAG absolviert werde. Vorlehren in einer "besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung" gemäß § 30 BAG seien vom vorliegenden Antrag nicht erfaßt.

Zwischen den kollektivvertragsfähigen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sei die für mindestens drei Mitglieder der Antragstellerin bedeutsame Frage strittig, ob hinsichtlich von Personen, die in einem Betrieb eine Vorlehre absolvieren, die Bestimmung des § 18 BAG betreffend die "Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen" zur Anwendung komme. Diese Frage sei zu verneinen. § 18 Abs 1 BAG statuiere eine Kontrahierungspflicht des Lehrberechtigten für ein viermonatiges, auf das Lehrverhältnis folgendes Arbeitsverhältnis gegenüber dem Lehrling, dessen Lehrverhältnis gemäß § 14 Abs 1 oder § 14 Abs 2 lit e BAG ende. Zweck dieser Weiterverwendung sei die Festigung der im Lehrverhältnis erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Möglichkeit des allfälligen Aufsuchens eines anderen Arbeitsplatzes bzw. die Vermeidung unmittelbar an das Lehrverhältnis anschließender Arbeitslosigkeit. § 18 Abs 2 BAG treffe Vorsorge für den Fall, daß der Lehrling beim letzten Lehrberechtigten nur einen Teil der Gesamtlehrzeit absolviert hat. Voraussetzung der Kontrahierungspflicht des Lehrberechtigten sei gemäß § 18 Abs 1 BAG die Beendigung des Lehrverhältnisses mit Ablauf der vereinbarten Lehrzeit bzw. die ex lege bewirkte Beendigung des Lehrverhältnisses wegen erfolgreicher Ablegung der Lehrabschlußprüfung. Alle anderen möglichen Fälle der Beendigung von Lehrverhältnissen lösten den in Frage stehenden Kontrahierungszwang des § 18 Abs 1 BAG nicht aus. Im Falle der Auflösung eines Lehrverhältnisses vor Beendigung der vertraglich festgesetzten Lehrzeit bzw. vor erfolgreicher Ablegung der Lehrabschlußprüfung - beispielsweise bei einer Auflösung nach dem ersten Lehrjahr - könne es zu keiner Verpflichtung des Lehrberechtigten zur Weiterverwendung iSd § 18 Abs 1 BAG kommen.

Gegenstand der Vorlehre seien die Ausbildungsinhalte des ersten Lehrjahres. Das Schweigen des Gesetzgebers zur Frage einer Weiterverwendung nach Beendigung der vereinbarten Vorlehrzeit sei daher nahezu selbstverständlich. Es könne nur im Sinne der vom Gesetz normierten Gleichstellung von Vorlehrlingen mit Lehrlingen - nämlich solchen im ersten Lehrjahr - bewertet werden. Für eine gegenüber der "normalen" Lehre erheblich günstigere rechtliche Behandlung von Absolventen der Vorlehre hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedurft. Für eine Analogie zur Rechtsstellung des "ausgelernten" Lehrlings fehle jede Grundlage.

Die Antragsgegner beantragen die Abweisung des Feststellungsantrages. Der Gesetzgeber habe die Vorlehre rechtssystematisch in die im BAG geregelte Lehrlingsausbildung eingebunden. Damit und durch § 8b Abs 7 BAG sei klargestellt, daß auch für die Ausbildungsverhältnisse im Rahmen der Vorlehre grundsätzlich die Bestimmungen des BAG anzuwenden seien, sofern § 8b BAG nicht ausdrücklich anderes bestimme oder auf Grund des Regelungszweckes einzelne Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes ausschließlich auf das Lehrverhältnis anwendbar seien (z. B. §§ 21 ff BAG betreffend die Lehrabschlußprüfung). Es seien daher grundsätzlich alle für Lehrlinge geltenden Vorschriften anzuwenden, also auch jene des Arbeitsrechtes. Diese Gleichstellung beziehe sich nicht auf Lehrlinge im ersten Lehrjahr, sondern gelte unabhängig von einer lehrjahrgangsmäßigen Zuordnung, sodaß § 18 BAG betreffend die Weiterverwendungspflicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auch auf die Vorlehre anwendbar sei. Dies entspreche auch dem von der Antragstellerin richtig dargestellten Zweck der Weiterverwendungspflicht (Erleichterung des Einstieges in das Berufsleben, Verfestigung des Erlernten, Aufsuchen eines Arbeitsplatzes), der auch bei Absolventen einer Vorlehre zum Tragen komme.

Die Vorlehre sei ein in sich geschlossenes Arbeits- und Ausbildungsverhältnis auf bestimmte Zeit ohne Rechtsanspruch auf Abschluß eines Anschlußlehrverhältnisses; sie ende entsprechend der Bestimmung des § 14 Abs 1 BAG mit Ablauf der im Vorlehrvertrag vereinbarten Ausbildungsdauer. Ein Rechtsanspruch auf einen "Fortsetzungslehrvertrag" bestehe nicht. Der Arbeitgeber sei daher zu verpflichten, eine Person, die er im Rahmen der Vorlehre ausgebildet und beschäftigt habe, entsprechend der Bestimmung des § 18 Abs 1 BAG während der Weiterverwendungszeit im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses weiterzuverwenden, sofern nicht unmittelbar an die Vorlehre mit einem Anschlußlehrverhältnis begonnen werden. Daß im Rahmen der Vorlehre keine Lehrabschlußprüfung vorgesehen sei, ändere daran nichts, weil für Lehrabsolventen nach § 18 Abs 1 BAG bei Zeitablauf (§ 14 Abs 1 BAG) die Weiterverwendungszeit unabhängig davon bestehe, ob die Lehrabschlußprüfung abgelegt worden sei bzw. werde. Auch die unterschiedliche Dauer der Ausbildungszeit von Lehre und Vorlehre spreche nicht gegen dieses Ergebnis, da entsprechend der Lehrberufsliste (§ 7 BAG) auch Lehrberufe mit einer Lehrzeitdauer von zwei Jahren bestünden. Schließlich sei das Bestehen der Weiterverwendungspflicht dem Grunde nach von der Dauer der zurückgelegten Lehrzeit unabhängig; auch im Fall der Restlehrzeit nach § 18 Abs 2 BAG sei lediglich eine Verkürzung der Weiterverwendungszeit vorgesehen. Im übrigen enthielten die §§ 8b und 18 BAG keine weiteren Ausnahmen von der Weiterverwendungspflicht. § 18 Abs 1 BAG regle zwar die Weiterverwendung im erlernten Beruf. Nicht nur die Absolvierung einer Lehre stelle aber das Erlernen eines Berufes dar; auch mit der Absolvierung einer Vorlehre - zu verstehen als ein in sich geschlossenes Arbeits- und Ausbildungsverhältnis - werde gleichsam ein "Beruf" erlernt, dessen Ausbildung im Rahmen der Vorschriften des BAG geregelt sei.

Da ein Rechtsanspruch auf einen "Fortsetzungslehrvertrag" im Anschluß an das Vorlehrverhältnis nicht bestehe, wäre es gleichheitswidrig, Vorlehrverhältnisse im Falle des Zeitablaufes (§ 14 Abs 1 BAG) anders zu behandeln, als Lehrverhältnisse. Der Normzweck des § 18 BAG treffe auch auf Personen zu, deren Vorlehrverhältnis geendet habe, ohne daß das Ziel der Vorlehre - nämlich die weitere Eingliederung in das Berufsleben durch den Übertritt in ein Lehrverhältnis - habe erreicht werden können. Für die Absolventen einer Vorlehre sei es noch ungleich schwerer als für vollausgebildete Lehrlinge, den Einstieg in das Berufsleben zu schaffen. Die von der Antragstellerin für den Fall der Anwendung des § 18 BAG behauptete günstigere Behandlung von Absolventen der Vorlehre sei nicht zu erkennen.

Der Antrag ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Durch die Berufsausbildungsgesetz-Nov 1998, BGBl I Nr. 100/1998, wurde mit § 8b Berufsausbildungsgesetz (BAG) die Möglichkeit einer "Vorlehre" geschaffen.

§ 8b BAG hat folgenden Wortlaut:

"(1) Für den Zeitraum vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2002 kann zur Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben der Bildungsinhalt des ersten Lehrjahres eines Lehrberufes im Rahmen einer Vorlehre vermittelt werden, um für diese Personen den Antritt eines in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberufs oder den Übertritt in einen in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberuf zu erleichtern. In eine Vorlehre kann bis einschließlich 31. Dezember 2000 eingetreten werden. Die Definition des Personenkreises von Jugendlichen für die Vorlehre und allfälliger Förderungen erfolgt durch Richtlinien des AMS unter Beiziehung von Berufsausbildungsexperten der Sozialpartner.

(2) Die Bildungsinhalte des ersten Lehrjahres eines Lehrberufs sind in höchstens zwei Jahren zu vermitteln.

(3) Wenn nach absolvierter Ausbildung in einer Vorlehre in den entsprechenden Lehrberuf oder in einen mit diesem Lehrberuf verwandten Lehrberuf eingetreten wird, ist die im Rahmen der Vorlehre zurückgelegte Ausbildungszeit - unbeschadet § 13 Abs 2 lit i - jedenfalls im Ausmaß von sechs Monaten auf die Lehrzeit anzurechnen.

(4) Wenn nach Absolvierung von zumindest sechs Monaten der Vorlehrzeit in eine Ausbildung in den entsprechenden Lehrberuf oder in einen mit diesem Lehrberuf verwandten Lehrberuf eingetreten wird, ist die im Rahmen der Vorlehre zurückgelegte Ausbildungszeit - unbeschadet § 13 Abs 2 lit i - jedenfalls im Ausmaß von einem Viertel der im Betrieb zurückgelegten Ausbildungszeit auf die Lehrzeit anzurechnen.

(5) Die im Rahmen der Vorlehre erfolgreich zurückgelegte oder erfolgreich abgeschlossene Berufsschulzeit ist jedenfalls auf die Ausbildungszeit in der Berufsschule und auf die betriebliche Lehrzeit anzurechnen. Nach Absolvierung der Vorlehre ist ein Zeugnis auszustellen.

(6) Zur Ausbildung im Rahmen der Vorlehre sind Lehrbetriebe im Sinne dieses Bundesgesetzes, besondere selbständige Ausbildungseinrichtungen gemäß § 30 und sonstige vom Arbeitsmarktservice im Rahmen des Zuweisungsverfahrens der Vorlehrlinge ausgewählte Betriebe oder Einrichtungen berechtigt.

(7) Personen, die im Rahmen einer Vorlehre ausgebildet werden, sind hinsichtlich der Berufsschulpflicht und der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich § 4 Abs 1 Z 2 ASVG und im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl Nr. 376/1967, Lehrlingen gleichgestellt."

Zur hier strittigen Frage der Anwendung des § 18 Abs 1 BAG auf die Absolventen einer Vorlehre findet sich weder im Gesetzestext ein ausdrücklicher Hinweis, noch wird darauf in der Regierungsvorlage (1153 BlgNR 20. GP) oder im Ausschußbericht (1262 BlgNR 20. GP) Bezug genommen.

Auch die Antragsgegner gehen aber davon aus, daß die vom Gesetzgeber im zuletzt wiedergegebenen Abs 7 der zitierten Norm angeordnete Gleichstellung mit Lehrlingen solche Regelungen nicht umfaßt, die nach Inhalt und Zweck ausschließlich auf das Lehrverhältnis, nicht aber auf die Vorlehre, angewendet werden können. Dementsprechend vertreten auch sie den Standpunkt, daß etwa die Bestimmungen der §§ 21 ff BAG betreffend die Lehrabschlußprüfung auf die Vorlehre nicht anwendbar sind, was selbstverständlich zutrifft, weil ja die Vorlehre nur den Bildungsinhalt des ersten Lehrjahres vermitteln soll und ihr Absolvent die Voraussetzungen für die Zulassung der Lehrabschlußprüfung nicht erfüllt.

Nichts anderes kann für die durch § 18 BAG normierte Verpflichtung zur "Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen" (so ausdrücklich die Überschrift der zitierten Norm) gelten. Das Entstehen dieser Weiterverwendungspflicht - also der Verpflichtung des Lehrberechtigten, mit dem Lehrling einen Dienstvertrag von mindestens viermonatiger Dauer abzuschließen - setzt voraus, daß das Lehrverhältnis durch den Ablauf der Lehrzeitdauer (§ 14 Abs 1 BAG) oder infolge erfolgreicher Ablegung der Lehrabschlußprüfung (§ 14 Abs 2 lit e BAG) während des Lehrverhältnisses geendet hat (SZ 64/116; Berger/Fida/Gruber, BAG 422 Anm 5 mwN). Diese Voraussetzungen werden aber mit der Absolvierung der Vorlehre nicht erfüllt; der Absolvent der Vorlehre ist kein "ausgelernter Lehrling". Die von ihm zurückgelegte "Vorlehrzeit" ist - ebenso wie die Berufsschulzeit - gemäß § 8 Abs 3 bis 5 BAG unter den dort genannten Voraussetzungen und im dort angeführten Umfang auf die Lehrzeit anzurechnen und trägt daher zur Erlangung des von § 18 Abs 1 BAG vorausgesetzten Status des "ausgelernten Lehrlings" bei, ersetzt ihn aber naturgemäß nicht. Daran kann auch die Existenz von Lehrberufen mit einer Lehrzeit von weniger als drei Jahren nichts ändern. § 18 Abs 1 BAG ist daher auf Absolventen der Vorlehre nicht anwendbar.

Die von den Antragsgegnern gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Argumente überzeugen nicht.

Nach § 18 Abs 1 BAG hat die Weiterverwendung des Lehrlings "im erlernten Beruf" zu erfolgen. Der Absolvent der Vorlehre hat aber noch keinen Beruf erlernt. Daß - wie die Antragsgegner meinen - die Absolvierung der Vorlehre "gleichsam" als Erlernen eines Berufs anzusehen sei, ist unzutreffend. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist ihm Rahmen der Vorlehre der Bildungsinhalt des ersten Lehrjahres eines Lehrberufes zu vermitteln, was dem Erlernen eines (Lehr-)berufs nicht gleichgehalten werden kann. Dementsprechend kann auch nicht gesagt werden, daß der völlig idente Normzweck die Anwendung des § 18 Abs 1 BAG auf Absolventen der Vorlehre erfordert bzw. ermöglicht. Zweck der durch die zitierte Norm angeordneten Weiterverwendung ist es, dem "ausgelernten" Lehrling den Einstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern, erste praktische Erfahrungen als Arbeitnehmer im erlernten Lehrberuf sammeln zu lassen und ihm eine Vervollkommnung seiner in der Lehrzeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie erforderlichenfalls das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes zu ermöglichen (Berger/Fida/Gruber, BAG 423 Anm 7). Den somit in § 18 Abs 1 BAG vorausgesetzten Abschluß des Lehrverhältnisses hat aber der Absolvent der Vorlehre nicht erreicht; vielmehr soll ihm durch die Vorlehre die Erreichung dieses Zieles erleichtert bzw. erst ermöglicht werden. Demgemäß käme eine Weiterverwendungspflicht des Vorlehrlings - wovon auch die Antragsgegner ausgehen - von vornherein nur im Sinne der Verpflichtung des Lehrberechtigten in Betracht, den Absolventen der Vorlehre "im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses" weiterzuverwenden. Für eine solche Verpflichtung bedürfte es aber einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers, die unterblieben ist. Demgemäß gehen auch die Antragsgegner davon aus, daß kein Rechtsanspruch des Absolventen der Vorlehre auf einen "Fortsetzungslehrvertrag" besteht. Ein solcher Anspruch kann daher auch nicht im Auslegungsweg im Sinne einer - vom Gesetzgeber nicht angeordneten - "Weiterverwendungspflicht" begründet werden.

Daß der Gesetzgeber die Weiterverwendungspflicht an das Erlernen eines Lehrberufs anknüpft, nicht aber an die Absolvierung einer Vorlehre, die das Erlernen eines Berufes erleichtern bzw. ermöglichen soll, stellt keine unsachliche Differenzierung dar und ist daher auch verfassungsrechtlich unbedenklich.

Stichworte