OGH 9ObA279/98i

OGH9ObA279/98i17.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Krajcsir und Anton Degen als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerksschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, Deutschmeisterplatz 2, 1013 Wien, vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Hauptverband der Ö***** S*****, ***** vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird festgestellt, daß die sich in Pension befindlichen ehemaligen Angestellten der Ö*****bank, die in ihren Dienst-Pensionsverträgen hinsichtlich der zugesagten Firmenpension eine Valorisierungsbestimmung des Inhaltes aufweisen, die lautet:

"(Aktivbezug:).... Für Ihre gesamte in Pkt 2 umschriebene Tätigkeit

erhalten sie .... Aus Anlaß genereller Gehaltsregulierungen an die

Angestellten der L*****bank nach Wirksamkeit dieses Vertrages

gewährte Bezugserhöhungen wirken sich auf den vorstehend geregelten

Gehaltsbezug mit dem für den kollektivvertraglichen Höchstbezug

gültigen Veränderungssatz aus; und (Pension:)... Jede

kollektivvertragliche Veränderung in den pensionsfähigen Bezügen der aktiven Angestellten wirkt sich mit dem gleichen Verhältnissatz, der für die höchste kollektivvertragliche Schemastufe in Betracht kommt, auf die in diesem Dienstvertrag geregelten Bankpensionen aus", in dem Fall, daß sie zum Zeitpunkt ihres Pensionsantrittes einen Bezug aufwiesen, der über jenem der höchsten Verwendungsgruppe VI/Schemastufe 28 nach dem Kollektivvertrag für Angestellte bei Banken und Bankiers lag, einen Anspruch auf Anhebung der Pensionsbezüge ab 1. 2. 1994 im Ausmaß von 2,15 % des bisherigen Pensionsbezuges gegenüber der Bank A***** besitzen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer, der Antragsgegner eine solche der Arbeitgeber im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG. Antragsteller und Antragsgegner sind daher im Sinne des § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.

Der Antragsteller begehrt die aus dem Spruch hervorgehende Feststellung. Aufgrund des Vorbringens des Antragstellers ist davon auszugehen, daß die den Gegenstand dieses Feststellungsantrages bildende Valorisierungsklausel in Sonderverträgen mehr als drei ehemalige Arbeitnehmer der L*****bank und nunmehrige Pensionisten, die vor der Verschmelzung der L*****bank mit der Z (Verschmelzungsvertrag vom 4. 9. 1991) in Pension traten und Inhaber von Einzeldienst(Sonder)verträgen waren, die eine sinngemäße Geltung des Kollektivvertrages für Angestellten für Banken und Bankiers vom 21. 10. 1941 und des Kollektivvertrags über die Neuregelung des Pensionsrechtes vom 16. 11. 1961 (Pensionsreform 1961) in der jeweils gültigen Fassung vorsahen und denen infolge der oben zitierten Fusion nunmehr eine Firmenpension gegenüber der Bank A***** zusteht, sowie weiters mehr als drei ehemalige Arbeitsnehmer der L*****bank und nunmehrige Pensionisten betrifft, die nach der obgenannten Fusion bei der Bank A***** in Pension gingen und mit denen aufgrund von vormals mit der L*****bank abgeschlossenen Einzel(Sonder)verträgen eine Valorisierung mit dem gleichen Verhältnissatz, der für die höchste kollektivvertragliche Schemastufe in Betracht kommt, vereinbart war.

Zur Begründung des Feststellungsantrages brachte der Antragsteller folgenden Sachverhalt vor:

Mit Verschmelzungsvertrag vom 4. 9. 1991 wurde die Ö***** L*****bank AG mit der Z*****, die als aufnehmende Gesellschaft fungierte, fusioniert. Durch die Fusion verlor die L*****bank ihre Rechtspersönlichkeit, in der Folge wurde der Firmenwortlaut der fusionierten Gesellschaft in (zuletzt) Bank A***** AG geändert. Dieses Kreditinstitut ist Mitglied des Hauptverbandes der Ö*****.

Gegenstand des vorliegenden Feststellungsantrages ist die Frage, was unter der nachfolgenden Valorisierungsbestimmung, die im wesentlichen gleichlautend in den jeweiligen Sonderverträgen enthalten ist, gemeint ist. Strittig ist, was mit dem im Text der genannten Dienstverträge vorkommenden Wort "Verhältnissatz" gemeint ist. Die Bank A***** steht auf dem Standpunkt, daß Erhöhungen des kollektivvertraglichen Schemabezuges, die nicht durch Veränderung eines Prozentsatzes, sondern mit einem absoluten Betrag erfolgen, mit diesem Fixbetrag und nicht mit dem aus dem Verhältnis dieser Steigerung (Verhältnissatz) gewonnenen Betrag in die Valorisierung der pensionsfähigen Bezüge Eingang zu finden haben. Bei den Pensionisten, die als ehemaliger Angestellte der L*****bank einzel(sonder)vertragliche Pensionzusagen haben, handelt es sich durchwegs um leitende Angestellte (zB Prokuristen, Oberprokuristen, Direktoren und Abteilungsdirektoren), deren Gehaltsbezüge über den kollektivvertraglichen Schemabezug des Kollektivvertrages für Angestellte bei Banken und Bankiers lagen. Aus diesem Grunde wurde mit diesen Angestellten ungeachtet des bestehenden Kollektivvertrages "Pensionreform 1961" eine einzelvertragliche Pensionsregelung abgeschlossen. Die relevanten Bestimmungen dieser Dienst- und Pensionsverträge lauten:

"Aktivbezug:

... Für Ihre gesamte in Punkt II umschriebene Tätigkeit erhalten sie

... Aus Anlaß genereller Gehaltsregulierungen an die Angestellten der

L*****bank nach Wirksamkeit dieses Vertrages gewährte

Bezugserhöhungen wirken sich auf den vorstehend geregelten

Gehaltsbezug mit dem für den kollektivvertraglichen Höchstbezug

gültigen Veränderungssatz aus; ... und Pension:

.....Jede kollektivvertragliche Veränderung in den pensionsfähigen Bezügen der aktiven Angestellten wirkt sich mit dem gleichen Verhältnissatz, der für die höchste kollektivvertragliche Schemastufe in Betracht kommt, auf die in diesem Dienstvertrag geregelten Bankpension aus."

Die für eine Valorisierung in Betracht kommenden Bestimmungen des Kollektivvertrages Pensionsreform 1961 lautet in § 19 wie folgt:

"....Abs 1

Jede kollektivvertragliche Veränderung in den pensionfähigen Bezügen der aktiven Angestellten wirkt sich mit dem gleichen Verhältnissatz auf die in diesem Kollektivvertrag geregelten Pensionen (Ausgangsbasis gemäß § 15 Abs 1 abzüglich einer gesetzlichen Pension gemäß § 20) aus.

Abs 2

Wenn die Veränderung der Aktivbezüge eine einheitliche ist, gilt der einheitliche Veränderungssatz. Verändern sich jedoch die Aktivitätsbezüge in verschiedenem Ausmaß, so gilt der Veränderungssatz jener Gehaltsstufe, in die der Pensionist unmittelbar vor seinem Pensionsfall eingestuft war."

Die Entwicklung der Kollektivvertragsgehälter für Bankangestellte zeigte bis 1981 das Bild, daß die Schemabezüge jeweils um einen bestimmten Prozentsatz angehoben wurden. Ab 1982 wurde dieser Erhöhungsmodus zwar beibehalten, doch trat zu dem Prozentsatz noch ein geringfügiger Fixbetrag in der Größenordnung zwischen S 20,-- bis S 190,-- hinzu, der diesem Betrag entweder vor oder nach Anwendung des Veränderungssatzes auf den Schemabezug aufgeschlagen wurde. Diese Fixbeträge wurden von der L*****bank und in weiterer Folge von der B***** nicht in die Ermittlung des Verhältnissatzes einbezogen, um welchen die Pensionsbezüge zu erhöhen sind, sondern fanden in ihrem absoluten Betrag Eingang in die Valorisierung. Da diese Berechnungsart zu einer sehr geringfügigen Minderung des Verhältnissatzes führte und sie den Pensionisten entweder nicht auffiel oder sie es nicht für wert erachteten, diesfalls bei der L*****bank oder B***** vorstellig zu werden, unternahmen sie gegen diese Berechnungsart nichts. 1994 erfolgte erstmals keine Anhebung der Schemabezüge um einen Prozentsatz, sondern ausschließlich mit einem vergleichsweise relativ hohen Fixbetrag von S 800,--. Die B***** berücksichtigte diese Valorisierung nicht in ihrem prozentuellen Ausmaß und kürzte ab 1995 die auf Sondervertrag beruhenden Pension dadurch, daß sie einerseits aktiven Angestellten generelle Gehaltserhöhungen außerhalb der Schemabezüge gewährte und andererseits durch eine ihr von den Kollektivvertragsparteien zugestandene Ordnungsnorm mit Betriebsvereinbarung eine Kürzung der Valorisierung vornahm. Diese, den Gegenstand eigener Feststellungsanträge bildende Vorgangsweise erwies sich als unzulässig, sodaß Nachberechnungen und Nachzahlungen erforderlich waren. Die B***** teilte den betroffenen Pensionisten tatsachenwidrig mit, daß der Oberste Gerichtshof ihrem Feststellungsantrag stattgegeben habe und kündigte eine Nachberechnung an. Diese wäre ab 1994 vorzunehmen gewesen. Diese Nachberechnung nahm die B***** aber so vor, daß sie aus der Erhöhung der kollektivvertraglichen Schemabezüge um S 800,-- nicht einen Verhältnissatz herausrechnete, sondern der Valorisierung ziffernmäßig den Fixbetrag von S 800,-- zugrundelegte, indem sie die Bemessungsgrundlage linear um diesen Betrag erhöhte. Dies wirkte sich für die Sondervertragspensionisten insofern ungünstig aus, als die ihnen in den Einzeldienstverträgen getätigten Pensionszusagen grundsätzlich auf eine Bemessungsgrundlage zurückzuführen sind, die wesentlich über den Schemabezügen liegen. Insbesondere ging die Bank Austria dabei nicht von der Berechnungsart aus, welche sie in den vorerwähnten Verfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG außer Streit gestellt hatte. Tatsächlich betrug laut Aufstellung der Veränderungssatz 1995 nur 2,9 %, sodaß der Verhältnissatz für die Pension von 3,04 % nur auf die Einbeziehung der Erhöhung um den Fixbetrag von S 55,-- zurückgeführt werden kann. Dies ergibt sich aus der Berechnung einer Klage vom 5. 5. 1995, in welcher die Kollektivvertragsbezüge der Verwendungsgruppe VI/28 für 1994 und 1995 gegenübergestellt werden. Diese Beträge wurden letztlich auch zugesprochen. Es trifft nicht zu, daß die von der B***** angewandte Berechnungsart in der gesamten Bankenbranche im Sinne des Antraggegners gehandhabt wird; nicht einmal bei der B***** ist dies durchgehend der Fall.

Aus diesem Sachverhalt leitet der Antragsteller zunächst ab, daß der Antragsgegner sich zur Unterstützung seiner Rechtsansicht nicht auf den Kollektivvertrag- Pensionsreform 1961 berufen könne, zumal einerseits Kollektivverträge nicht nach dem Parteiwillen, sondern wie ein Gesetz nach dem objektiv zu ermittelnden Normeninhalt auszulegen seien und "Verständnis" und "Umsetzungspraxis" der Kollektivvertragsparteien somit keine Rückschlüsse auf die Handhabung der Sonderverträge zuließen, andererseits aber selbst eine richtige Auslegung nicht zu dem vom Antragsgegner gewünschten Ergebnis führen könne. Die Veränderung der Aktivitätsbezüge müsse nicht in Form eines Prozentsatzes erfolgen, sondern vielmehr könne - hiefür spreche offenbar der Ausdruck "Veränderungssatz" im Kollektivvertrag - auch der Weg einer Erhöhung um einen absoluten Betrag gewählt werden. Die Möglichkeit der Erhöhung um einen Fixbetrag entspreche gewerkschaftlicher Kollektivvertragspolitik und sei jedermann bekannt. "Verhältnissatz" und "Veränderungssatz" im Kollektivvertrag-Pensionsreform 1961 (§ 19 Abs 1 und 2) seien daher nicht synonym aufzufassen, sondern es enthalte der Begriff "Veränderungssatz" auch eine Erhöhung um Fixbeträge. Sei schon für den Bereich des Kollektivvertrages nicht von einer synonymen Verwendung auszugehen, gelte es umsomehr für die Inhaber von Einzeldienstverträgen (Sonderverträgen). Diese unterschieden sich dadurch von Arbeitsverträgen, denen das kollektivvertragliche Gehaltsschema zugrundeliege, daß sie unter anderem ein darüberliegendes, frei vereinbartes Gehalt aufwiesen. Ebenso besäßen diese Angestellten eine mit Einzelvertrag geregelte Pensionszusage. Die im Antragsvorbringen angeführte Bestimmung über die Anpassung des Aktivbezuges gehe über die Kollektivvertragserhöhungen hinaus, weil sie von generellen Gehaltsregulierungen an die Angestellten der Länderbank spreche. Davon seien auch unternehmensspezifische, nicht auf Kollektivvertrag beruhende Gehaltserhöhungen umfaßt. Der jeweilige Gehaltsbezug sei mit dem kollektivvertraglichen Veränderungssatz zu erhöhen, der für den Höchstbezug gelte. Hier stehe aber nicht die etwas unklare Wertanpassung des Aktivbezuges zur Beurteilung an, sondern die Valorisierungsbestimmung für Pensionen.

Diese lasse in ihrer Klarheit nichts zu wünschen übrig: Es werde im Gegensatz zu den Aktivbezügen nicht die generelle Gehaltsregulierung an die Angestellten der Länderbank, sondern die kollektivvertragliche Veränderung in den pensionsfähigen Bezügen der Angestellten als Proportion für die Wertsicherung normiert. Damit sollte sichergestellt werden, daß die betraglich über dem Kollektivvertragsschema liegende Pension im gleichen Verhältnis gegen Wertverfall geschützt werde, wie dies bei dem kollektivvertraglichen Schemabezug der Fall sei. Für diese Regelung spreche schon die aus dem Wortsinn des Vertrages ableitbare Parteienabsicht. Der Zweck einer Valorisierungsbestimmung in einem Pensionsvertrag bestehe darin, den inneren Wert des Ruhegenusses zu erhalten. Im Zweifel sei einer solchen Auslegung der Vorzug zu geben (vgl § 10 BPG; 9 ObA 2068/96, RdW 1997, 225). Bei einer Erhöhung um einen Fixbetrag würde dieser Grundsatz verlassen, wenn eine Proportion zwischen der Veränderung des kollektivvertraglichen Bezuges herzustellen sei und sich der Ruhebezug um diesen Verhältnissatz erhöhe. Hingegen käme es bei einer Umstellung der Kollektivvertragserhöhungen von Prozentsätzen auf Fixbeträge zu einer Auszehrung der Firmenpension. Ziehe man die Erhöhung 1994 um monatlich S 800,-- unter Berücksichtigung von 40 Dienstjahren heran, ergebe sich eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage (80 %) von S 640,--. Ein Pensionsempfänger mit einer Pensionsleistung der Bank von beispielsweise S 12.800,-- würde unter Anwendung des Kollektivvertrages "Pensionreform 1961" eine Valorisierung von 5 % erhalten. Ein Einzelvertragsinhaber mit einer Pensionsleistung der Bank von zuletzt S 64.000,-- erhielte unter Zugrundelegung der von der Bank Austria gewählten Auslegung lediglich eine Valorisierung von 1 %. Ein solcher Vertragswille könne einer Valorisierungsklausel, die ausdrücklich auf den sich aus der Veränderung der Kollektivvertragsbezüge zu bildenden Verhältnissatz abgestellt sei, nicht unterstellt werden. Ein Ausgleich zwischen besser und schlechter verdienenden aktiven Angestellten könne lediglich insofern hergestellt werden, daß auch Angestellte der höchsten Verwendungsstufe nur einen Fixbetrag von S 800,-- erhielten, sodaß sie proportional eine geringere Anhebung erführen, als etwa Angestellte in der niedrigeren Verwendungsgruppe. Damit sei die Grenze der Nivellierung gezogen. Zur Bildung des Verhältnissatzes 1994 sei daher wie folgt vorzugehen:

Ab 1. 2. 1993 betrug das Gehalt nach dem Kollektivvertrag für Banken und Bankiers in der höchsten Verwendungsgruppe VI, Schemastufe 28, S 37.181,-- brutto. Für 1994 erfolgte die kollektivvertragliche Erhöhung in jeder Stufe mit einem Fixbetrag von S 800,--, dies ergab einen neuen Kollektivvertragsgehalt von S 37.981,-- brutto. Bei Gegenüberstellung der Kollektivvertragsgehälter vor und nach der Anhebung errechnet sich daraus ein Prozentsatz von 2,15 %, um welchen die Kollektivvertragsgehälter in VI/28 gegenüber dem Vorjahr erhöht wurden.

Dieser Verhältnissatz sei für die Anhebung der Pensionsbezüge der im Antrag bezeichneten Pensionisten maßgebend.

Der Antragsgegner beantragt, den Feststellungsantrag als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, den Feststellungsantrag vollinhaltlich abzuweisen.

Der Antrag sei unzulässig, weil der Antragsteller mit diesem nicht nur einem vom Antragsgegner zu 9 ObA 197/98 f eingebrachten Feststellungsantrag durch eine Stellungnahme entgegentrete, sondern unter Behauptung eines weiteren (unvollständigen) Sachverhalts gleichsam als Gegenantrag ein abweichendes Feststellungsbegehren stelle. Ein solches sei nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (9 ObA 604/92; 9 ObA 607/93) zurückzuweisen.

Kern der Auseinandersetzungen zwischen den Sondervertragspensionisten der ehemaligen L*****bank und der B***** sei nicht die Auslegung eines Kollektivvertrages, sondern der in den Sonderverträgen enthaltenen Valorisierungsklausel. Richtig sei, daß bis 1982 die alljährlichen Erhöhungen der kollektivvertraglichen Schemabezüge in Prozentsätzen erfolgt seien und erst ab 1992, verstärkt ab 1994, zur bisherigen Praxis dieser Erhöhung bloß um einen Verhältnissatz die Übung hinzugetreten sei, dem Verhältnissatz auch eine Erhöhung um einen Absolutbetrag, sei es als Sockel, sei es als Deckel hinzuzufügen. Der Wille der Parteien der Sonderverträge sei darauf gerichtet gewesen, bei Zusammentreffen vom Verhältnissatz und Absolutbetrag keine Umrechnung des Absolutbetrages vorzunehmen, sondern in diesem Fall in Entsprechung der wörtlichen und sinngemäßen Auslegung der Valorisierungsregel nur um den Verhältnissatz zu erhöhen und den Fixbetrag in Form der absoluten Hinzurechnung zu berücksichtigen. Die Valorisierungsregelung in den Sonderverträgen besage ja, daß nur der in Betracht kommende "Verhältnissatz" für die Valorisierung heranzuziehen sei. Dies sei auch immer so geschehen. Eine Umrechnung von Fixerhöhungen in einen Prozentsatz führe demgegenüber zu einer unterschiedlichen, nicht gewollten Erhöhung von Aktivbezügen einerseits und Pensionsbezügen andererseits. Dies erkläre sich anhand folgenden Beispiels:

Ausgangspunkt sei die Verwendungsgruppe VI Schemastufe 28 im Jahr 1993.

Kollektivvertragsbezug:

ATS 37.181,-- brutto. Valorisierung: Fixbetrag von ATS 800,--, Erhöhung des Schemabezuges daher ATS 37.981,--. Der Prozentsatz betrage im Falle einer Umrechnung 2,15 %. Ein aktiver Arbeitnehmer, der einen Bruttobezug von monatlich ATS 80.000,-- ins Verdienen bringe, erhalte ebenfalls nur diese Fixerhöhung von ATS 800,--, im Ergebnis somit ATS 80.800,--. Eine Umrechnung ergebe für diesen Aktiven daher eine Valorisierung von nur 1 %. Bei einem Sondervertragsinhaber, der sich bereits in Pension befinde und eine Pension ebenfalls in Höhe von ATS 80.000,-- brutto monatlich beziehe, würde nicht nur - wie aktive Kollegen, die einen gleich hohen Bruttobezug hätten - nur ein Prozent, sondern 2,15 % mehr erhalten. Eine solche unterschiedliche Valorisierung sei aber weder die Absicht der Parteien des Sondervertrages gewesen noch entspreche dies der Übung des redlichen Verkehrs. Auch sei es mit Sicherheit nicht Absicht der Kollektivvertragsparteien gewesen, durch ihre Tarifabschlüsse ein derartiges Auseinanderdriften von Aktiv- und Pensionsbezügen zu bewirken. Hintergrund der gegenständlichen Valorisierungsklausel sei ausschließlich der Parteiwille gewesen, einen Gleichklang der Erhöhung der Pensionsbezüge mit denen der pensionsfähigen Schemabezüge der aktiven Angestellten herzustellen. Pensionserhöhungen sollten daher mit anderen Worten nicht stärker oder weniger stark als die faktische Erhöhung der pensionsfähigen Bezüge der aktiven Angestellten desselben Institutes erfolgen. Die Praxis der Erhöhung, wie sie der Antragsgegner vertrete, sei in den Jahren seit 1982 unbeanstandet, insbesondere ohne Einwände der wenigen Betreiber des gegenständlichen Feststellungsantrages, erfolgt. Bei Überlegung aller Umstände sei daher das Verhalten der Sondervertragsinhaber aber auch als konkludentes Einverständnis mit der Auslegungspraxis hinsichtlich dieser Valorisierungsbestimmung zu sehen (§ 863 ABGB).

Mangelhaft sei der Antrag auch, weil die im Feststellungsbegehren geforderte Anhebung um 2,15 % auf keinen bestimmten Zeitraum limitiert sei, sondern offenbar zeitlich unbeschränkt ab 1. 2. 1994 (also auch für die Folgejahre) in eben dieser Höhe gefordert werde. Dafür fehle es an jeglicher rechtlicher und sachlicher Grundlage. Der vorliegende Feststellungsantrag könne sich daher nur auf die Valorisierung für das Jahr 1994, nicht aber auf die Folgejahre erstrecken und sei daher jedenfalls dementsprechend einzuschränken.

Rechtliche Beurteilung

Der Feststellungsantrag ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Die vom Antragsgegner zur angeblichen Unzulässigkeit des vorliegenden

Antrags zitierte Rechtsprechung (9 ObA 604/92 = Arb 11.071 = DRdA

1993, 482 [Eypeltauer] = EvBl 1993/171; 9 ObA 607/93 = DRdA 1995/4,

34 [Wachter]) vermag seine Auffassung nicht nur nicht zu stützen, sondern besagt sogar ausdrücklich das Gegenteil: Danach hat der Oberste Gerichtshof gemäß § 54 Abs 4 Satz 1 ASGG über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhaltes zu entscheiden; dem Antragsgegner ist es daher in einem Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG wohl verwehrt, dem Antrag nicht nur durch den Antrag auf Abweisung des Feststellungsbegehrens entgegenzutreten, sondern unter Behauptung eines weiteren Sachverhalts als Gegenantrag ein abweichendes Feststellungsbegehren zu stellen; doch bleibt es dem Gegner unbenommen, einen eigenen Feststellungsantrag zu stellen (ecolex 1991, 269). Genau diesen Weg beschreitet der Antragsteller mit seinem vorliegenden Feststellungsantrag.

Die Auffassung des Antragsgegners, der vorliegende Antrag sei dahin aufzufassen, daß nicht nur für das Jahr 1994, sondern auch für die Folgejahre die Feststellung einer Pensionserhöhung um 2,15 % begehrt werde, ist nicht zu teilen. Das Begehren ist ausreichend deutlich und gibt zu den vom Antragsgegner gehegten Befürchtungen keinen Anlaß.

Nicht zielführend ist der Versuch des Antragsgegners, aus dem Kollektivvertrag (§ 19 Pensionsreform KV 1961) auf den Willen der Parteien der Sonderverträge Rückschlüsse zu ziehen. Abgesehen davon, daß der normative Teil eines Kollektivvertrages nicht nach §§ 914, 915 ABGB, sondern nach §§ 6, 7 ABGB auszulegen ist (RIS-Justiz RS0008807), enthält die genannte Kollektivvertragsbestimmung eine Regelung, wie hinsichtlich der Neuberechnung der Betriebspensionen vorzugehen ist, wenn keine einheitliche Anhebung von Aktivbezügen erfolgt. Diese Frage stellt sich bei den hier zu prüfenden Sonderverträgen aber insofern nicht, als schon nach dem klaren Wortlaut - unabhängig von der Höhe des letzten Aktivbezuges der Pensionisten - eine Verknüpfung nur mit der höchsten kollektivvertraglichen Schemastufe hergestellt werden soll.

Eigentliches Ziel der einfachen Vertragsauslegung ist die Feststellung der Absicht der Parteien (Rummel in Rummel I2 Rz 4 zu § 914 ABGB). Maßgeblich ist hiebei der objektive Erklärungswert einer Willenserklärung. Es kommt also weder auf den Willen des Erklärenden allein noch auf die subjektive Auslegung des Erklärungsempfängers an. Ist der objektive Aussagewert zweifelhaft, muß der Gehalt der Erklärung durch Auslegung ermittelt werden, wobei ausgehend vom Wortsinn und dem Willen der Parteien letztlich die Übung des redlichen Verkehrs maßgebend ist. Hiezu sind auch die Umstände der Erklärung heranzuziehen (RIS-Justiz RS0014160). Ausgehend vom Vorbringen des Antragstellers wurden bis 1981 die Kollektivvertragsgehälter jeweils um einen bestimmten Prozentsatz angehoben, sodaß auch die Umsetzung auf Pensionen, die aufgrund von Sonderverträgen ausbezahlt wurden, keine Schwierigkeiten bereitete.

Erfolgten nämlich in Prozentwerten ausgedrückte Anhebungen der

pensionsfähigen Bezüge der höchsten kollektivvertraglichen

Gehaltsstufe, ließ sich dieser Prozentsatz unschwer mit demselben

Verhältnissatz auf die Pensionsbezüge übertragen. Der Fall einer

Fixbetragserhöhung der höchsten Aktivbezüge wurde von den Parteien

der Sonderverträge nicht erwähnt. Unabhängig davon, ob dieser Fall

nun bloß unerwähnt blieb oder aber gar nicht bedacht wurde, gelangt

man zum selben Ergebnis, weil auch im Rahmen ergänzender

Vertragsauslegung zu fragen ist, welche Lösung redliche und

vernünftige Parteien unter Berücksichtigung des von den Parteien

verfolgten Zwecks vereinbart hätten (RIS-Justiz RS0014160). Die

Parteienabsicht war zweifelsohne auf die Herstellung einer Relation

zwischen der Entwicklung der kollektivvertraglichen Höchstbezüge

einerseits und den Pensionen andererseits gerichtet. Schon die Wahl

des Wortes "Verhältnissatz" zeigt, daß die Parteien keine lineare

Anhebung, sondern eine verhältnismäßige Anhebung der Pensionen beabsichtigten, dh, daß die Bezüge vor der Erhöhung zu den Bezügen nach der Erhöhung im gleichen Verhältnis stehen sollten, wie die Pensionsbezüge vor der Anhebung zu den Pensionsbezügen nach der Anhebung. Da sich die Sondervertragspensionen schon in ihrer Bemessungsgrundlage über den pensionsfähigen kollektivvertraglichen Höchstbezügen bewegten, mußte dies von Anfang dazu führen, daß zwar Bezüge und Pensionen relativ gleich angehoben werden sollten, höhere Pensionen aber bei einer Anhebung auch absolut höher ansteigen mußten. Wenn nun die - von den Vertragsparteien verschiedenen - Parteien des Kollektivvertrages neben prozentuellen Anhebungen auch den Weg gleichförmiger Fixbetragserhöhungen wählten, ergibt sich daraus keine differente Betrachtung. Fixbetragserhöhungen bezwecken zwar allgemeine Lohnerhöhungen, aus sozialen Erwägungen sollen aber einkommensschwächere Arbeitnehmergruppen, deren Gehälter bzw Löhne dadurch relativ höher steigen, gegenüber besser verdienenden Arbeitnehmergruppen bevorzugt werden. Da die vorliegenden Klauseln in den Sonderpensionsverträgen aber einzig und allein auf die Bezugsentwicklung der bestverdienenden Kollektivvertragsgruppe abzielen, sind die für den Ausgleich unter aktiven Arbeitnehmern geltenden Erwägungen ohne jeden Belang. Es hat daher beim schon erwähnten Verhältnissatz zu bleiben, wobei im Falle von gemischten oder nur Fixbetragserhöhungen der höchsten Aktivbezüge zwecks Ermittlung des "Verhältnissatzes" eine Umrechnung der Fixbeträge in Prozentwerte vorzunehmen ist, was ebenfalls unschwer möglich ist. Die restriktive, mit dem Wortsinn nicht in Übereinstimmung zu bringende Interpretation des Antragsgegners vermag demgegenüber nicht zu überzeugen.

Zu prüfen bleibt noch die Frage, ob und inwieweit Pensionisten mit Sonderbezügen ein schlüssiges, als Zustimmung zu wertendes Verhalten gesetzt haben, indem sie unwidersprochen Pensionszahlungen in Empfang genommen haben, welche nach der von der B***** gewünschten Methode ermittelt worden waren. Durch konkludente Handlungen wird ein Vertrag gemäß § 863 ABGB nur dann abgeschlossen, wenn mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrigbleibt (RIS-Justiz RS0014424 ua). Im vorliegenden Fall gibt es keine konkreten Hinweise auf Umstände, daß bzw weshalb den Pensionisten hätte bekannt sein müssen, daß Fixbetragserhöhungen der höchsten Aktivbezüge nur linear auf die Pensionsbezüge übertragen worden waren. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, daß den Pensionisten entsprechende Informationen zugekommen wären, die den Berechnungsmodus für alle verständlich dargelegt hätten. Auch für Dienstnehmer gilt, daß deren Ansprüche nicht wegen eines schlüssigen Verzichtes erlöschen, wenn der Dienstgeber auch nur einen Zweifel daran haben mußte (RIS-Justiz RS0014468). Solche Zweifel des Arbeitgebers B***** sind hier aber naheliegend. Eine schlüssige Änderung der Sonderverträge, welche überdies nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall hätte erfolgen können, ist daher nicht anzunehmen.

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