OGH 10ObS58/99y

OGH10ObS58/99y16.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Holper (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Andreas E*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Jänner 1999, GZ 12 Rs 303/98k-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 7. Oktober 1998, GZ 14 Cgs 156/97v-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß es genügt, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Revisionsausführungen ist noch folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 273 Abs 1 ASVG gilt der Versicherte als berufsunfähig, dessen Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. In diesem Rahmen muß sich ein Versicherter grundsätzlich auch auf andere, geringere Anforderungen stellende und geringer entlohnte Berufe verweisen lassen, sofern damit nicht ein unzumutbarer sozialer Abstieg verbunden ist. Der soziale Abstieg ist unzumutbar, wenn die Verweisungstätigkeit in den Augen der Umwelt ein wesentlich geringeres Ansehen genießt. Die Einstufung einer Tätigkeit in einem Kollektivvertrag bildet dabei einen Anhaltspunkt für die Einschätzung des sozialen Wertes und wird daher nach ständiger Rechtsprechung zur Beurteilung des sozialen Abstieges herangezogen. Die Verweisung eines Angestellten auf Tätigkeiten, die einer Beschäftigungsgruppe entsprechen, die der bisherigen Beschäftigungsgruppe unmittelbar nachgeordnet ist, wird in ständiger Rechtsprechung für zulässig erachtet; durch eine solche Verweisung werden die Unzumutbarkeitsgrenzen nicht überschritten (vgl SSV-NF 10/85 mwN uva). In diesem Sinne hat aber der erkennende Senat bereits wiederholt ausgesprochen, daß ein Versicherter, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte, die ihm ermöglichten, an seinem konkreten Arbeitsplatz eine Tätigkeit in dem in der Beschäftigungsgruppe 4 eines Kollektivvertrages umschriebenen Umfang zu entfalten, der aber sonst über keinerlei Kenntnisse und Fähigkeiten dieser Beschäftigungsgruppe verfügt, sogar auf Tätigkeiten in der Beschäftigungsgruppe 2 dieses Kollektivvertrages verwiesen werden kann (vgl SSV-NF 8/38 mwN; 5/34 ua). Dies ist hier deshalb von Relevanz, weil nach den insoweit unbestritten gebliebenen Ausführungen des Berufungsgerichtes der Kläger mangels verwertbarer Kenntnisse und Fähigkeiten außerhalb seines spezifischen Fachgebietes weder für Tätigkeiten in der Beschäftigungsgruppe A 4 (Bauleiter, erster Baumaschineningenieur, Konstrukteur, Statiker) noch für Tätigkeiten in der Beschäftigungsgruppe A 3 (Bauingenieur, Bautechniker für Abrechnungen, Bauführung, Entwurf, Kalkulation, Konstruktion, Vermessung, Baumaschineningenieur, Baumaschinentechniker) des Kollektivvertrages der Angestellten des Baugewerbes und der Bauindustrie geeignet ist. Ebenso ist der Kläger mangels Ausbildung nicht in der Lage, qualifizierte kaufmännische Tätigkeiten wie Bilanzbuchhalter oder Baukaufmann zu verrichten.

Soweit der Kläger in der Revision geltend macht, es habe sich bei seiner in den Jahren 1978 bis 1995 ausgeübten Tätigkeit des Betriebsleiters einer österreichischen Niederlassung eines auf Betonschneide- und Betonbohrarbeiten für den Hoch- und Tiefbau spezialisierten deutschen Unternehmens um eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit gehandelt, welche die Einstufung in die Beschäftigungsgruppe A 4 des erwähnten Kollektivvertrages gerechtfertigt habe, ist ihm zu entgegnen, daß aus diesem Umstand allein im Hinblick auf die bei ihm für eine solche Einstufung grundsätzlich und generell fehlenden Kenntnisse nicht abgeleitet werden kann, daß er auch den Berufsschutz dieser Berufsgruppe genießt. Wenn der Kläger weiters geltend macht, daß er aufgrund der von ihm im Jahr 1962 mit Gesellenprüfung abgeschlossenen Maschinenschlosserlehre und seiner anschließend bis zum Jahr 1968 ausgeübten Tätigkeit als Kfz-Mechaniker mechanisch-technische Kenntnisse der Funktion bzw Einsatzmöglichkeiten der Elektrohydraulik bei den Betonbearbeitungsmaschinen einbringen konnte und er auch die Fähigkeit besaß, eine "Seilsäge" zu konstruieren bzw zu bauen, ist ihm mit den Ausführungen des Berufungsgerichtes entgegenzuhalten, daß es sich dabei um einzelne spezialisierte Fachkenntnisse handelt, der Kläger jedoch außerhalb dieses eingeschränkten Bereiches nicht über diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die für jede andere qualifizierte Tätigkeit im Baugewerbe erforderlich wären (vgl dazu auch die Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen in der mündlichen Gutachtenserörterung). Der Kläger ist daher nicht aus Gründen, die im Herabsinken seiner Arbeitsfähigkeit (§ 273 Abs 1 ASVG) liegen, nicht imstande, andere Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe A 4 oder A 3 auszuüben, sondern die Verweisung auf solche Tätigkeiten scheidet schon deshalb aus, weil dem Kläger die hiefür erforderlichen Kenntnisse mangeln, die er im notwendigen Umfang auch nie besessen hat. Daraus folgt jedoch, daß die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Kläger könne aufgrund des unstrittigen medizinischen Leistungskalküls auf Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrages der Angestellten des Baugewerbes und der Bauindustrie verwiesen werden, berechtigt und zutreffend ist. Dagegen, daß der Kläger in der Lage ist, beispielsweise als Telefonist tätig zu sein, wird auch in der Revision (außer dem damit verbundenen sozialen Abstieg) nichts vorgebracht. Der Kläger ist daher nicht berufsunfähig im Sinne des § 273 Abs 1 ASVG.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch aus der Aktenlage nicht.

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