OGH 4Ob339/98a

OGH4Ob339/98a9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. pharm. Dr. Miklos P***** KG, *****, vertreten durch DDr. Christian Schwaighofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei St. Stephan Apotheke, Mag. pharm. Robert B***** Kommanditgesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S; Revisionsrekursinteresse 150.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 9. November 1998, GZ 2 R 290/98h-13, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. September 1998, GZ 10 Cg 156/98a-5, teilweise abgeändert worden ist, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 24.903 S (darin 4.150,50 S USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagte führt die Firma "St. Stephan Apotheke, Mag. pharm. Robert B***** Kommanditgesellschaft". Sie ist zur Ausübung des konzessionspflichtigen (§ 223 GewO) Drogistengewerbes berechtigt und betreibt - ebenso wie die Klägerin - in W***** eine Apotheke; in einer Entfernung von etwa einem Kilometer davon betreibt die Beklagte zusätzlich eine Drogerie unter der Etablissementbezeichnung "Projekt Gesundheit". Auf einer Glasfläche im Eingangsbereich dieser Drogerie befindet sich die Aufschrift "Projekt Gesundheit St. Stephan Apotheke, Mag. pharm. Robert B***** Kommanditgesellschaft"; dieselbe Bezeichnung verwendet die Beklagte auf Briefpapier und Briefumschlägen sowie auf den in der Drogerie ausgestellten Rechnungen.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung -, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die Unternehmensbezeichnung "Projekt Gesundheit St. Stephan Apotheke, Mag. pharm. Robert B***** KG, Dr. S*****-Straße ***** W*****" zu verwenden. Die Beklagte führe durch die gewählte Unternehmensbezeichnung für die Drogerie das Publikum über geschäftliche Verhältnisse in Irrtum, indem sie den Eindruck erwecke, daß unter der angegebenen Anschrift eine Apotheke geführt werde.

Die Beklagte beantragt Abweisung des Provisorialantrages. Sie sei als im Firmenbuch eingetragene Personengesellschaft des Handelsrechtes gem § 66 GewO verpflichtet, ihre Betriebsstätte mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen, wofür sie (ebenso wie auf den Geschäftsurkunden) gem § 63 Abs 3 GewO ihre Firma verwende; für Rechnungen ergäbe sich diese Verpflichtung auch aus § 11 Abs 1 Z 1 UStG.

Das Erstgericht wies den Provisorialantrag ab. Die Beklagte sei nach den von ihr zitierten Bestimmungen der GewO und des UStG nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, sich im geschäftlichen Verkehr ihres gesamten Firmenwortlautes zu bedienen.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung im nunmehr bekämpften Umfang, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 260.000 S und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ob die Verwendung einer Unternehmensbezeichnung irreführend und damit wettbewerbswidrig iS des § 2 UWG sei, müsse unabhängig von firmen- oder markenrechtlichen Erwägungen geprüft werden. Durch den Gebrauch einer Firma dürfe nicht fälschlich der Besitz einer behördlichen Berechtigung behauptet werden, weil andernfalls das gesetzliche Verbot durch die Wahl eines entsprechenden Firmenwortlautes jederzeit umgangen werden könne. Die von der Beklagten geführte Firma vermittle den wettbewerbsrelevanten Eindruck, es handle sich bei ihrem Unternehmen um eine Apotheke; dies treffe für die Drogerie aber nicht zu. Weder § 66 Abs 2 GewO noch § 11 Abs 1 Z 1 UStG und § 18 Abs 2 HGB könne entnommen werden, daß die Verwendung einer gegen § 2 UWG verstoßenden Firma erlaubt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes im Widerspruch zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung über den Umfang von Sicherungsmaßnahmen steht; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung kann dem Beklagten nicht durch einstweilige Verfügung verboten werden, im geschäftlichen Verkehr

seine protokollierte Firma zu verwenden (SZ 22/17; SZ 27/317 = JBl

1955, 252 = ÖBl 1955, 13 = HS 1148; ÖBl 1957, 8 = HS 1149; JBl 1962, 509 = ÖBl 1962, 73 = HS 3030; EvBl 1971/141 = ÖBl 1971, 81 = HS 7079; ÖBl 1972, 68 = HS 8080; ÖBl 1973, 41; ÖBl 1974, 35 = HS 8079; zuletzt 4 Ob 196/98x). Zulässig ist nur das Verbot, einen bestimmten Firmenbestandteil isoliert zu verwenden (ÖBl 1972, 68 = HS 8080 - Metro II; ÖBl 1973, 41- Tabac-Cosmetic; ÖBl 1995, 172 - ENTEC).

Im vorliegenden Fall bezieht sich das begehrte Verbot zwar auf eine Unternehmensbezeichnung, diese enthält aber zur Gänze die Firma jener juristischen Person, die Unternehmensträgerin ist. Die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung greift deshalb der endgültigen Entscheidung unzulässigerweise vor: Die im Firmenbuch eingetragenen juristischen Personen und die Personengesellschaften des Handelsrechts sind verpflichtet, im Geschäftsverkehr ausschließlich ihre Firma zu verwenden (§ 63 Abs 3 GewO; siehe Schuhmacher in Straube, HGB § 17 Rz 6). Um dem Unterlassungsgebot entsprechen zu können, müßte daher die Firma geändert oder der Geschäftsbetrieb eingestellt werden (siehe SZ 27/317 = JBl 1955, 252 = ÖBl 1955, 13 = HS 1148). Beides ist mit dem Wesen der einstweiligen Verfügung als Sicherungsmaßnahme unvereinbar (GesRZ 1994, 306), würde doch damit eine unumkehrbare Situation geschaffen (ÖBl 1996, 127 - Feuerlöschgeräte).

Der Provisorialantrag war deshalb zur Gänze abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Die Frist des § 402 Abs 3 EO begann am 1. 2. 1999 zu laufen; die am 23. 2. 1999 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung ist somit verspätet.

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