Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. April 1981 geborene Stefan B***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (erster Fall) StGB (A) und der Vergehen pornographischer Darstellungen mit Unmündigen nach § 207a Abs 1 Z 2 StGB (B) und § 207a Abs 3 StGB (C) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
A/ eine unmündige Person, nämlich den am 5. Oktober 1990 geborenen Maximilian B***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er
I. im Sommer 1997 in mindestens zwei Angriffen mehrmals dessen entblößtes Glied betastete,
II. am 28. Februar 1998 dessen Hoden betastete;
B/ zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Herbst 1997 bildliche Darstellungen geschlecht- licher Handlungen an unmündigen Personen, unmündiger Personen an sich selbst und an anderen Personen und Tieren, deren Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelt, daß es bei ihrer Herstellung zu solchen geschlechtlichen Handlungen gekommen ist, anderen ange- boten und verschafft, indem er einige der zu Punkt C genannten gespeicherten Abbildungen über Internet an unbekannte Computerbenutzer weitergab;
C/ sich ab Sommer 1997 in mehreren Angriffen pornographische Darstellungen mit Unmündigen verschafft und solche besessen, indem er eine Vielzahl derartiger Dateien über Internet bezog und auf der Festplatte seines Computers bzw auf CD-rom oder Disketten abspeicherte.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO (iVm § 32 Abs 1 JGG) gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, weil das Erstgericht das Verfahren nicht gemäß § 9 JGG vorläufig eingestellt hat. Ihr kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 9 Abs 1 JGG hat das Gericht das Strafverfahren wegen einer Jugendstraftat vorläufig einzu- stellen, wenn der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, die Schuld nicht als schwer anzusehen und eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von strafbaren Handlungen abzuhalten. Sämtliche Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Im vorliegenden Fall fehlt es aber - entgegen der Beschwerde - jedenfalls an der nicht als schwer anzusehenden Schuld:
Der Angeklagte hat das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB mehrfach verwirk- licht, indem er den zunächst sechs-, später siebenjährigen Sohn seiner Cousine (US 4 f) in drei Angriffen mißbraucht und dabei die Vertrauensstellung als Verwandter ausgenützt hat. Dazu kommt, daß er über einen längeren Zeitraum kinderpornographische Darstellungen nicht nur aus Daten- banken abgerufen, sondern diese in eigenen Dateien gespeichert, weiterverbreitet oder anderen angeboten hat. Die Zusammenschau dieser Komponenten ergibt eine beträchtliche negative Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten im Sexualbereich und damit einen hohen, in der Tat verwirklichten Handlungs- und Gesinnungsunwert, der in die Beurteilung einbezogen werden muß. Im Zusammenhalt mit dem intensiven Täterwillen ist die persönliche Tatschuld insgesamt als schwer anzusehen.
Die Hinweise des Beschwerdeführers auf sein Geständnis und seine Bereitschaft, der fehlgegangenen Persönlichkeitsentwicklung mit therapeutischer Hilfe ent- gegenzuwirken, betreffen die Schuldeinsicht und Spezial- prävention. Im Hinblick auf die Schwere der Schuld erlauben sie ebensowenig ein Vorgehen nach § 9 JGG wie das Vor- bringen zur Generalprävention (§ 14 JGG).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu ver- werfen.
Das Schöffengericht in Jugendstrafsachen ver- hängte über den Angeklagten unter Anwendung von § 5 Z 4 JGG und § 28 Abs 1 StGB nach § 207 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, welche es gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Mit gleichzeitig verkündetem Beschluß erteilte es dem Angeklagten gemäß § 51 StGB mit seiner Zustimmung die Weisung, die bereits begonnene psychotherapeutische Betreuung fortzusetzen und dem Gericht darüber in regelmäßigen Abständen entsprechende Berichte vorzulegen.
Bei der Strafzumessung wertete es als erschwe- rend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und den längeren Deliktszeitraum, als mildernd den bisher "tadellosen" Lebenwandel und das reumütige Geständnis.
Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung der Stefan B*****, in welcher er die Anwendung der §§ 12 oder 13 JGG sowie allenfalls eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt.
Die Berufung ist in keine Richtung berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe richtig angeführt und auch ihrem Gehalt entsprechend gewichtet. In seinem Rechtsmittel vermag der Angeklagte keine weiteren ins Gewicht fallenden Milderungsgründe vorzubringen. Die Behauptung, durch die Tat sei kein Schaden entstanden, steht insbesondere in gravierendem Widerspruch zum Umstand, daß Auswirkungen eines sexuellen Mißbrauches im Kindesalter oft zu einer gestörten Entwicklung des Opfers führen und daher die Folgen der Tat derzeit überhaupt noch nicht abzusehen sind.
Die vom Erstgericht ausgesprochene Freiheits- strafe entspricht daher durchaus dem Schuld- und Unrechts- gehalt der Tat.
Den Bemühungen des Angeklagten, der aufge- tretenen Fehlentwicklung entgegenzutreten, hat das Erst- gericht durch die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe Rechnung getragen.
Damit kann aber auch § 12 Abs 1 JGG nicht zur Anwendung gelangen, weil wegen der Jugendstraftaten nicht nur eine geringe Strafe zu verhängen ist. Auch ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe (§ 13 Abs 1 JGG) kommt nicht zum Tragen. Auf Grund des intensiven Täterwillens ist nämlich nicht anzunehmen, daß der Schuldspruch und die Androhung des Strafausspruches allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werden, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Es bedurfte vielmehr des Ausspruches einer spürbaren Strafe, um dem Angeklagten sein gravierendes Verschulden vor Augen zu führen und von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.
Damit war auch der Berufung insgesamt ein Erfolg zu versagen.
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