OGH 4Ob20/99s

OGH4Ob20/99s4.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E***** Vertriebs GmbH & Co KG, 2. E***** Vertriebs GmbH, 3. Andreas M*****, alle vertreten durch Dr. Egon Sattler und Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Veröffentlichung und Schadenersatz (Streitwert im Provisorialverfahren 260.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 16. Dezember 1998, GZ 2 R 294/98p-11, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der von der Klägerin in ihrer Zulassungsbeschwerde aufgeworfenen Frage, ob ein Parallelimporteur von Arzneimitteln in der Lage ist, den Verpflichtungen eines Zulassungsinhabers iS des AMG nachzukommen, handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern um eine von den Tatsacheninstanzen zu lösende Tatfrage, auf die es allerdings im gegebenen Zusammenhang nicht ankommt. Der erkennende Senat hat nämlich - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - bereits ausgesprochen (4 Ob 250/98p; zuletzt ebenso 4 Ob 9/99y), daß es unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten unbedenklich ist, wenn sich der Parallelimporteur auf der Verpackung als Zulassungsinhaber (und nicht wie von der Klägerin gewünscht als "Inhaber einer Genehmigung zum Parallelimport") bezeichnet, sofern er nur selbst (wie hier) bescheidmäßig zum Inverkehrbringen des Arzneimittels im Inland berechtigt ist. Gegen § 2 UWG wird nämlich nur verstoßen, wenn die irreführende Angabe für den Kaufentschluß relevant ist (stRsp ua ÖBl 1996, 80 - Städtische Bestattung; MR 1996, 118 [Korn] = ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo, jeweils mwN); ein Gesetzesverstoß begründet erst dann sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn er subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen (stRsp ua ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; ÖBl 1996, 237 - Anstaltsapotheke II; ÖBl 1997, 123 - LAW, jeweils mwN). Die von der Klägerin behaupteten positiven Rückschlüsse auf die Qualifikation der Erstbeklagten als Zulassungsinhaberin sind nur dann geeignet, ihr einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, wenn sie nicht zutreffen und für den Kaufentschluß von Bedeutung sind. Nach Auffassung der Klägerin wäre als Zulassungsinhaber nicht der Parallelimporteur, sondern der Inhaber der Erst-(Voll-)Zulassung, im vorliegenden Fall die Klägerin, anzugeben. Worin aber der Wettbewerbsvorsprung der Beklagten liegen soll, wenn sie als Zulassungsinhaberin nicht die Klägerin als Unternehmen eines großen Pharma-Konzerns, sondern die Erstbeklagte angeben, ist nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen § 1 UWG liegt demnach selbst dann nicht vor, wenn die Beklagten mit der Angabe der Erstbeklagten als Zulassungsinhaberin gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen.

Auch die weitere von der Klägerin zur Zulassung ihres Rechtmittels aufgeworfene Frage, ob ein Parallelimporteur von Arzneimitteln berechtigt ist, sich als "Hersteller gem AMG" zu bezeichnen, muß nicht beantwortet werden, weil diese Bezeichnung nur in der beiliegenden Gebrauchsinformation, nicht aber außen auf der Verpackung verwendet wird. Ob die Erstbeklagte damit gegen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz über die Gebrauchsinformation für Arzneispezialitäten BGBl 1995/570 verstoßen hat, bedarf keiner näheren Prüfung. Einen nach § 1 UWG verpönten sittenwidrigen Wettbewerbsvorsprung können nämlich nur solche Rechtsbrüche bewirken, die den Kaufentschluß der angesprochenen Verkehrskreisen zu beeinflussen geeignet sind. Eine solche Eignung fehlt bei einem Verstoß gegen Vorschriften über die Gestaltung von Gebrauchsinformationen regelmäßig, wenn diese Beilagen dem Arzneimittel beigepackt und damit für den Erwerber erst nach Abschluß des Kaufes zugänglich sind (4 Ob 9/99y).

Aktenwidrig ist die im Revisionsrekurs aufgestellte Behauptung, die Herstellerbezeichnung auf der Verpackung der Beklagten laute "Astra Schweden" ohne Angabe eines Ortes. Die von den Beklagten zuletzt verwendete Verpackung weist als Hersteller vielmehr "Famar A.B.E., Griechenland", also jenes Unternehmen aus, das nach dem bescheinigten Sachverhalt die Arzneimittel in Lohnproduktion herstellt. Die fehlende Ortsangabe beim Hersteller begründet noch keinen Wettbewerbsverstoß: Die Richtlinie 92/27 EWG des Rates vom 31. 3. 1992 über die Etikettierung und die Packungsbeilage von Humanarzneimitteln ordnet in Art 2 Abs 1 an, daß die äußere Umhüllung jedes Arzneimittels bestimmte Angaben aufweisen muß, darunter auch Name und Anschrift der zum Inverkehrbringen berechtigten Person (lit k). Unstrittig verfügt die Erstbeklagte über eine Genehmigung der hiefür zuständigen inländischen Behörde für die Abgabe der Arzneispezialität Betaserc im Wege des Parallelimportes; sie ist damit eine "zum Inverkehrbringen berechtigte Person" iS Art 2 Abs 2 lit k der zitierten RL. Da ihr Name und ihre Anschrift (als Zulassungsinhaber) auf der äußeren Umhüllung des Arzneimittels abgedruckt sind, liegt - entgegen der Ansicht der Klägerin - kein Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Etikettierungsvorschriften vor.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei war mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte