OGH 15Os191/98

OGH15Os191/9828.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 1999 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz H***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 7. Mai 1998, GZ 14 Vr 438/95-132, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten Franz H***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch den rechtskräftigen Freispruch einer Mitangeklagten enthaltenden) Urteil wurde Franz H***** des (erg.: Finanz-)Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in den Jahren 1984 und 1985 im Bereich des Finanzamtes Krems an der Donau vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe von unrichtigen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1984 und 1985 bewirkt, daß Abgaben, und zwar Umsatzsteuer in der Höhe von 1,225.000 S, Einkommensteuer in der Höhe von 3,460.138 S und Gewerbesteuer in der Höhe von 945.562 S verkürzt wurden.

Die Tatrichter hatten der Verantwortung des Angeklagten, wonach er von (dem vermögenlos verstorbenen) Max M*****, der bis zu seinem Tode im Jahr 1980 von ihm und seiner Frau betreut worden sei, Bargeld und Golddukaten geschenkt bekommen, und die Selbstanzeige im März 1988 (über ursprünglich im Keller verwahrte, später abhanden gekommene Ersparnisse aus geschäftlicher Betätigung von 8 Mio S nebst Golddukaten) hätte er nur deshalb erstattet, um seine geschiedene Frau zu belasten und ihr den Diebstahl dieser Verwahrnisse zu Unrecht anzulasten, keinen Glauben geschenkt.

Gegen den Schuldspruch richtet sich die vom Angeklagten erhobene, auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, welche jedoch nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst scheint es geboten, einer Erörterung der umfänglichen Anfechtungspunkte im Nichtigkeitsverfahren zu beachtende Grundsätze voranzustellen, wodurch sich eine gesonderte und detaillierte Behandlung sämtlicher Beschwerdeargumente weitgehend erübrigt.

Das erfolgreiche Geltendmachen formeller Nichtigkeitsgründe (hier: Z 5 und 5a) setzt unabdingbar voraus, daß sich die Beschwerdeausführungen auf entscheidende - also entweder für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes maßgebende - Umstände beziehen. Zudem müssen alle Beweismittel auch in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden (§ 258 Abs 2 StPO), weshalb Einwendungen, die nur auf einzelne, isoliert betrachtete Gesichtspunkte abstellen, von vornherein kein Erfolg beschieden sein kann.

Ein Urteil ist unvollständig begründet, wenn das Gericht bei Feststellung entscheidender Tatsachen relevante und in der Hauptverhandlung vorgeführte Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergeht, Widersprüche zwischen den Aussagen vernommener Personen nicht würdigt, seinen Feststellungen widerstreitenden Beweisergebnisse nicht erörtert oder die Darstellung jener Gründe unterläßt, aus denen es diese Beweise nicht für stichhältig erachtet. Kein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 liegt vor, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse in extenso erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, oder/und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde allenfalls später konkret erhobenen Einwand im voraus auseinandersetzt (EvBl 1972/17). Den Gerichtshof trifft vielmehr die Pflicht, die entscheidenen Tatsachen in den Entscheidungsgründen in gedrängter Form zu bezeichnen und mit Bestimmtheit anzugeben, warum er von der Richtigkeit seiner Annahme überzeugt ist, ohne dagegensprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO). Dabei berechtigt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) das Gericht zu jenen Schlüssen über Tatsachenfeststellungen, die sich ohne Verletzung der Denkgesetze aus den Beweisergebnissen ziehen lassen. Wenn daher aus den formell einwandfrei ermittelten Prämissen auch für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich wären, sich die Erkenntnisrichter aber dennoch für den Angeklagten nachteilige entschieden haben, liegt ein mit Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbarer Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung vor.

Eine Aktenwidrigkeit wiederum ist nur dann gegeben, wenn der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben, nicht aber, wenn bloß behauptet wird, daß zwischen den vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und dem diesen Feststellungen zugrunde gelegten Beweismaterial ein Widerspruch bestehe. Die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüsse kann nämlich auch unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden.

Wenn daher die Beschwerde einer unvollständigen, unzureichenden und aktenwidrigen Begründung die tatrichterlichen Überlegungen insbesondere zur Höhe des Lagerbestandes des Angeklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages vom 30. Juni 1985, zu seinen Inseratskosten sowie zum Vermögen des Max M***** und dessen Dispositionen darüber, schließlich zu den Geschäftserfolgen des Angeklagten bemängelt, indem sie selbst beweiswerterwägend andere als die dem Schuldspruch zugrunde gelegten Feststellungen trifft, zeigt sie keine Begründungsmängel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO auf, sondern bekämpft bloß unzulässig die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Aus den Argumenten des Tatgerichtes über das Verhältnis des Lagerbestandes und von Inseratskosten zu behaupteten Umsatzzahlen sowie zur abgelehnten Verantwortung des Angeklagten über Geldgeschenke eines Verstorbenen an ihn ergeben sich mit hinreichender Bestimmtheit seine die Denkgesetze nicht verletzenden Schlüsse zu den entscheidungswesentlichen Umständen. Im übrigen wurden entgegen der behaupteten Unvollständigkeit sowohl die Ergebnisse der Betriebsprüfung des Finanzamtes Krems (AS 137/II, US 3) als auch die Aussage des Zeugen Oskar K***** (AS 201 f, US 3) in die Erwägungen des erkennenden Gerichtes einbezogen.

Einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung entbehrt auch die Tatsachenrüge (Z 5a), welche teils unter Hinweis auf das Vorbringen zur Mängelrüge, teils unter Behauptung von Feststellungsmängeln zur Vermögens- und Einkommenslage des Angeklagten und des Max M***** sowie zu angeblich gegen den Angeklagten beim Finanzamt Krems vorgebrachten, "sich im großen und ganzen im Zug der Erhebung als gegenstandslos herausstellenden Vorwürfen" aufs Neue die Beweiswürdigung bekämpft, ohne hiebei, wie dies die gesetzmäßige Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes verlangen würde, erhebliche, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten wesentlichen Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon - entgegen dem in der nach § 35 Abs 2 StPO erfolgten Äußerung gestellten Antrag auf Durchführung eines Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung über die Nichtigkeitsbeschwerde - bereits bei deren nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodaß über die außerdem erhobene Berufung das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Stichworte