Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten Paul M***** und Martin P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurden Paul M***** und Martin P***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 und Abs 4 Z 3 SMG, P***** zudem der Vergehen der Sachbeschädigung (G/1) und des versuchten Diebstahls (G/2/a) schuldig erkannt.
Darnach haben
A/1 Paul M***** und Martin P***** vom 20. Oktober 1997 bis 20. Jänner 1998 in Wien, Niederösterreich und Innsbruck als Mittäter in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte von Apotheken unter Verwendung falscher Rezepte zur Ausfolgung suchtgifthaltiger Medikamente im Gesamtwert von rund 150.000 S zum Schaden verschiedener Sozialversicherungsanstalten verleitet;
B) im Anschluß daran den bestehenden Vorschriften zuwider
gewerbsmäßig ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachte, gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, und zwar
1/a) und b) Paul M***** durch Verkauf von ca 1990 Vendal Retard 200 mg (200 mg Morphin pro Tablette), 60 Ritalin (10 mg Methylphenditat pro Tablette) und 300 Mundidol (200 mg Morphin pro Tablette);
2) Martin P*****, indem er ca 1780 Vendal Retard 200 mg, 50 Ritalin, 240 Mundidol und 270 Hydal Retard (24 mg Hydromorphon HCL) Paul M***** überließ;
G) Martin P*****
1) am 18. Jänner 1998 in Wien zwei Scheiben eines Thomas P***** gehörenden PKWs eingeschlagen und
2/a) am 30. März 1998 in Innsbruck Karl L***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz ein Mobiltelefon, eine Sonnenbrille, einen Feldstecher, einen Fotoapparat und ein Ausweistäschchen im Gesamtwert von 9.100 S wegzunehmen versucht.
Die aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Paul M*****:
Rechtliche Beurteilung
Die Ansicht des Schöffengerichtes, wonach der Angeklagte "noch während der Strafhaft im Frühjahr 1997" den Entschluß zu den unter A/1 und B/1 beschriebenen Taten faßte, kann als nicht entscheidend (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 26) mit Mängelrüge (Z 5) nicht bekämpft werden.
Die Feststellungen zu B/1 einschließlich des Überschreitens "der Grenzmenge" (gemeint: des Erreichens der sog Übermenge nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG) aber wurden gar wohl, insbesondere auch durch eingehende Erörterung der Verantwortung des Beschwerdeführers, begründet (US 19 bis 22 sowie US 4; vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 46), was das Rechtsmittel durch (unzulässige) Erörterung der dazu angestellten Beweiswürdigung selbst zugesteht. Logisch zwingende Begründung der Täterschaft ist dazu nicht möglich und daher nicht gefordert (13 Os 165/97 nv).
Die Bemerkung, es sei "nicht festgehalten, ob es sich um Versuch oder Vollendung handle", ist schon angesichts des klaren Urteilswortlautes als unverständlich keiner Erwiderung zugänglich.
Die (nominell auch aus Z 9 lit a erhobene) Subsumtionsrüge, welche sich im übrigen auf eine - nicht zielführende - Wiederholung der Mängelrüge beschränkt, bleibt nicht auf dem Boden der erstgerichtlichen Urteilsannnahmen und verfehlt damit eine Ausrichtung am Gesetz. Daß Betrug "nur zur Befriedigung der eigenen Sucht" von "§ 28 Abs 4 Z 3 SMG" verdrängt werde, wird bloß substratlos behauptet.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Martin P*****:
Die gegen einen Verkauf von Suchtgift gerichtete Mängelrüge (Z 5) bekämpft ein nicht ergangenes Urteil, weil dem (auch in der Hauptverhandlung im wesentlichen geständigen; Bd V, 95 bis 99) Angeklagten - unangefochten - nur angelastet wurde, das Suchtgift M***** "überlassen" und solcherart in Verkehr gesetzt zu haben (B/2). Die Annahme gewerbsmäßiger Begehung wurde formell einwandfrei auf die Verantwortung des Angeklagten (auch in der Hauptverhandlung; vgl Bd V S 95 und 99) und jene des Walter H***** gestützt (vgl US 20).
Daß die Tatrichter die Behauptung (mit starkem Medikamenteneinfluß begründeter) fehlender Erinnerung (vgl Bd V S 83 f) als Geständnis (zu G/1 [vgl auch S 30 f in ON 118] und 2/a [vgl auch S 19 f in ON 110]) bezeichnet haben, begründet keinen erheblichen Widerspruch iS des § 281 Abs 1 Z 5 StPO. Weshalb diese Verantwortung neben den Angaben der Strafanzeige als Begründung für Sachbeschädigung und versuchten Diebstahl offenbar nicht hinreiche, wird nicht deutlich gemacht.
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht auf die Gesamtheit der Urteilsgründe - welchen die vermißten Feststellungen zum Schädigungsvorsatz (zu A/1) sowie zum Handlungsunrecht von Sachbeschädigung (US 25; G/1) und versuchtem Diebstahl (US 25:
"stahl"; G/2/a) gar wohl zu entnehmen sind (vgl US 2, 13 bis 15) - Rücksicht nimmt, ist sie nicht an der Prozeßordnung orientiert.
Schließlich legt die die (wenig geordneten; US 14 f iVm 17, 23) tatsächlichen Urteilsannahmen teils negierende, teils ergänzende Subsumtionsrüge (Z 10) nicht dar, weshalb die "Weitergabe" von Suchtgift kein "Inverkehrsetzen" sein soll (vgl EvBl 1998/130).
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden zur Folge.
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet auf § 390a StPO.
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