OGH 12Os171/98-6 (12Os172/98)

OGH12Os171/98-6 (12Os172/98)21.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Richard Franz S***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB, AZ 12 E Vr 1800/94 des Landesgerichtes Klagenfurt, über die vom Generalprokurator unter anderem gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. August 1998, GZ 12 E Vr 1800/94-63, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Es verletzen das Gesetz:

1./ der Vorgang, daß das Bezirksgericht Klagen- furt von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 9. April 1998, GZ 17 U 524/97h-19, (unter Absehen vom Widerruf) gefaßten Beschluß auf Verlängerung der Probezeit der Richard Franz S***** mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15. März 1995, GZ 12 E Vr 1800/94-45, gemäß § 43a Abs 3 StGB gewährten teilbedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich diesen Gerichtshof verständigte, in der Bestimmung des § 494a Abs 7 StPO;

2./ der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. August 1998, GZ 12 E Vr 1800/94-63, mit dem der mit Urteil vom 15. März 1995 bedingt nachgesehene Strafteil endgültig nachgesehen wurde, obwohl infolge der zu 1./ erwähnten Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre noch nicht feststand, daß die teilbedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wird, in dem sich aus § 43 Abs 2 StGB iVm §§ 53 und 56 StGB ergebenden Gebot, die endgültige Strafnachsicht erst nach Ablauf der Probezeit auszusprechen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15. März 1995, GZ 12 E Vr 1800/94-45, wurde Richard Franz S***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von zwölf Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil erwuchs am 20. März 1995 in Rechtskraft.

Am 27. September 1997 (also noch in der Probezeit) beging Richard S***** die Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung sowie des Imstichlassens eines Verletzten. Er wurde deswegen mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 9. April 1998, GZ 17 U 524/97h-19, nach §§ 88 Abs 1 und Abs 3 (§ 81 Z 2) und 94 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich faßte das Gericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO den Beschluß, vom Widerruf der mit dem oben bezeichneten Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt gewährten (teil-)bedingten Strafnachsicht abzusehen, und verlängerte die Probezeit auf fünf Jahre.

Die in § 494a Abs 7 StPO vorgeschriebene unver- zügliche Verständigung des Landesgerichtes Klagenfurt von der Verlängerung der Probezeit unterblieb. Das Bezirksgericht Klagenfurt ordnete vielmehr erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung in der Endverfügung (ON 28) am 10. August 1998 die Verständigung des Landesgerichtes Klagenfurt an, welche am 17. August 1998 abgefertigt wurde, aber erst am 21. September 1998 dort einlangte (12 E Vr 1800/94-65).

Mit rechtskräftigem Beschluß vom 26. August 1998, GZ 12 E Vr 1800/94-63, stellte das Landesgericht Klagenfurt - dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend - in Unkenntnis der Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit und damit vor deren Ablauf fest, daß der Richard Franz S***** bedingt nachgesehene Strafteil endgültig nachgesehen ist.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, wurde dadurch das Gesetz in zweifacher Hinsicht verletzt.

Zum einen setzt die Bestimmung des § 43 Abs 2 StGB über die endgültige Strafnachsicht voraus, daß die Strafe nicht widerrufen wird. Dieses Erfordernis war aber im Zeitpunkt der Beschlußfassung zufolge rechtswirksamer Verlängerung der Probezeit (und der damit verbundenen Möglichkeit des späteren Eintritts eines Widerrufsgrundes) noch nicht gegeben.

Diese Gesetzesverletzung aber wurde zum andern ersichtlich durch die ihrerseits gesetzwidrige Vorgangsweise des Bezirksgerichtes Klagenfurt ausgelöst, das entgegen der Vorschrift des § 494a Abs 7 StPO dem hievon betroffenen Landesgericht Klagenfurt nicht sogleich seine Entscheidung auf Verlängerung der Probezeit bekanntgab. Die in dieser Gesetzesstelle normierte Verständigungspflicht soll nämlich sicherstellen, daß das von der neuen Entscheidung betroffene Gericht keine weitere Entscheidungskompetenz in Anspruch nimmt, was aber nur dann erreicht werden kann, wenn die Verständigung unmittelbar nach der jeweiligen Entscheidung nach § 494a StPO (ohne Rücksicht auf deren Rechtskraft) vorgenommen wird (14 Os 77,78/98 uva).

Da sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung durch das Bezirksgericht Klagenfurt und die dadurch mitausgelöste (gesetzwidrige) endgültige Strafnachsicht durch das Landesgericht Klagenfurt noch vor Ablauf der (verlängerten) Probezeit zum Vorteil der Verurteilten auswirkten, muß es insoweit - anders als bei Vorliegen von begrifflich miteinander völlig unvereinbaren Entscheidungen - mit der Feststellung der Gesetzesverletzungen sein Bewenden haben (14 Os 77,78/98 uva; gegenteilig 11 Os 104,105/97).

Somit bleibt der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. August 1998, mit dem die endgültige Nachsicht der Freiheitsstrafe festgestellt wurde, rechtswirksam. Dem Bezirksgerichtes Klagenfurt wird es obliegen, das Strafregisteramt davon in Kenntnis zu setzen, daß die Verlängerung der Probezeit zufolge der zwischenzeitig ausgesprochenen endgültigen Strafnachsicht gegenstandslos ist.

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