OGH 10ObS413/98b

OGH10ObS413/98b12.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert und Dr. Peter Krüger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Roman W*****, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Dr. Eva-Maria Bachmann und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. September 1998, GZ 8 Rs 192/98m-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 25. März 1998, GZ 31 Cgs 279/96b-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens werden nur Feststellungsmängel geltend gemacht, welche richtigerweise der Rechtsrüge zuzuordnen sind. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist indes zutreffend, wobei es gemäß § 510 Abs 3

2. Satz ZPO genügt, auf diese hinzuweisen. Die ausführliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes folgt dabei insbesondere jenen Grundsätzen zum Tätigkeitsschutz und zur Pflicht eines (selbständigen) Versicherten zur Durchführung allfälliger Organisationsmaßnahmen in seinem Betrieb, wie sie der Senat zuletzt in der Entscheidung 10 ObS 332/98s vom 20. 10. 1998 mit ausführlicher Begründung niedergelegt hat. Auch dort ging es um einen Versicherten, der eine vorzeitige Alterspension wegen (dauernder) Erwerbsunfähigkeit nach der am 1. 7. 1993 in Kraft getretenen und durch die 19. GSVG-Novelle BGBl 1993/336 eingeführten Bestimmung des § 131c GSVG in der zum Zeitpunkt des Stichtages - so wie hier (1. 4. 1996) - maßgeblichen Fassung vor dem StrukturanpassungsG 1996 BGBl 201 begehrte. Der Oberste Gerichtshof sprach hierin unter Hinweis auf frühere Entscheidungen aus, daß nicht entscheidend sei, ob der Kläger in der Lage ist, seine Tätigkeit in der früher tatsächlich ausgeübten Form weiterhin zu verrichten, sondern ob er unter Berücksichtigung der Einschränkungen seines Leistungskalküls in der Lage ist, seine selbständige Erwerbstätigkeit weiter auszuüben, wobei auch eine mögliche Umorganisation des Betriebes in Betracht zu ziehen ist. Kann ein Versicherter daher auf diese Weise Arbeiten, die er bisher verrichtete und die ihm nicht mehr möglich sind, vermeiden, so wäre er weiterhin in der Lage, jener selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG wie in den letzten 60 Kalendermonaten nachzugehen. Während es in der Sozialrechtssache dieser Vorentscheidung (10 ObS 332/98s) um einen Versicherten ging, der als selbständiger Handelsvertreter insbesondere für metallische Werkstoffe nicht mehr in der Lage war, wie bisher mehrmals wöchentlich Musterpaletten mit Gewichten zwischen 20 bis 40 kg, gelegentlich auch 50 kg zu heben und auf Strecken bis zu mehreren 100 m zu transportieren (tragen), geht es im konkreten Fall darum, daß dem Kläger als Betriebsführer einer mittelgroßen Kleiderfabrik mit rund 25 Mitarbeitern das "finish"-Bügeln und Tragen von Stoffballen von mehr als 5 kg nicht mehr möglich ist; schon in der bereits mehrfach zitierten Vorentscheidung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in einem solchen Fall ein Versicherter unter Umständen sogar gehalten ist, etwa stunden(tage-)weise eine (zusätzliche) Hilfskraft für derartige Tragetätigkeiten einzustellen, wobei die dafür auflaufenden Kosten, aber auch die Höhe des (bisherigen) Einkommens des Klägers zu beachten sind. Der Senat hat in diesem Zusammenhang auch schon mehrfach darauf hingewiesen, daß allfällige Einkommenseinbußen in nicht besonders schwerwiegendem Ausmaß im Zusammenhang mit Maßnahmen derartiger Umorganisationen durchaus von einem Versicherten in Kauf genommen werden müssen (SSV-NF 10/122, 10 ObS 107/98b, 10 ObS 332/98s).

Eine derartige "Umorganisation" (Beschäftigung einer zusätzlichen Arbeitskraft) ist im vorliegenden Fall indes gar nicht notwendig, weil der Kläger in seinem Betrieb ohnedies bereits 25 Mitarbeiter beschäftigte. Bei den Arbeiten, die er leistungskalkülmäßig nicht mehr verrichten kann, handelt es sich bloß um normale Arbeiten im Rahmen seines Schneiderbetriebes, die keine über die üblichen Kenntnisse von Schneidern oder Nähern hinausgehenden Kenntnisse verlangen und daher an bereits vorhandenes Personal unschwer delegiert werden können. Im Unterschied zur zitierten Vorentscheidung stehen damit hier (ausreichend) Personen zur Verfügung, welche die in Frage stehenden Arbeiten übernehmen könnten, sodaß es der Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte gar nicht bedarf. Gegen eine solche Verwendung vorhandener Arbeitskräfte vermag auch der Kläger selbst nichts Konkretes ins Treffen zu führen. Der (bloße) Umstand - wie ihn der Kläger in seiner Revision, insoweit bereits die Argumente der Berufung wiederholend, ins Treffen führt -, die Delegierung des leistungskalkülüberschreitenden "finish"-Bügelns bzw Hebens und Tragens schwerer Stoffballen würde "den Betriebsablauf empfindlich stören" und wäre damit "praxisfremd", kann kein Argument gegen die Umorganisation des Betriebes im aufgezeigten Sinne sein und vermag damit keine Grundlage für eine Stattgebung des Klagebegehrens zu bilden.

Das Berufungsgericht hat daher - in Wiedergabe und Beachtung dieser ständigen oberstgerichtlichen Judikatur - die Voraussetzungen für die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen (dauernder) Erwerbsunfähigkeit nach § 131c GSVG (so wie bereits das Erstgericht) zutreffend verneint. Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.

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