OGH 15Os186/98 (15Os187/98)

OGH15Os186/98 (15Os187/98)17.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Rouschal, Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Cihlar als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Weah J***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Robert P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Juli 1998, GZ 6 c Vr 3229/98-45, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefaßten Beschluß gemäß § 494a Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines Mittäters enthält, wurde Robert P***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

(B 1) am 6. Februar 1998 zur Inverkehrsetzung von ca 70 Gramm Kokain (mit einem Reinheitsgehalt von rund 40 %) beigetragen, indem er Ibrahim M***** (als Käufer) dem Weah J***** (als Verkäufer) vermittelte, wobei letzterer dem Erstgenannten 70 Gramm Kokain in Anwesenheit des Beschwerdeführers übergab;

(B 2) ca nach dem 6. Februar 1998 30 Gramm gestrecktes Kokain (Reinheitsgehalt ca 40 %) an Unbekannte weitergegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die von ihm erhobene, auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als nicht zutreffend.

In der Mängelrüge (Z 5) moniert der Beschwerdeführer unzureichende Begründung bezüglich der Feststellung der Veräußerung von 30 Gramm Kokain durch den Angeklagten an unbekannte Personen laut Faktum B 2 des Urteilssatzes. Dabei verkennt er zum einen, daß keine oder eine nur offenbar unzureichende Begründung dann vorliegt, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen läßt, oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist, zum anderen, daß das Erstgericht die Täterschaft des Angeklagten nicht nur daraus erschlossen hat, daß er nicht einmal Suchtgiftkonsum behauptete und Suchtgift bei ihm nicht sichergestellt wurde, sondern auch aus der Auffindung eines Sparbuches mit einem Einlagenstand von 78.000 S (wiewohl der Angeklagte keiner Beschäftigung nachgeht und lediglich von Verwandten unterstützt wird), von Milchzucker (einem typischen Streckmittel der Suchtgiftszene), einer zum Abwiegen von Suchtgift geeigneten Waage und eines zum Suchtgifttransport präparierten Buches in dessen Wohnung (US 14 und 15). Damit haben die Tatrichter ihre Erkenntnisquelle für die zum Ausdruck gebrachte Überzeugung angegeben und diesen Ausspruch denkrichtig begründet, sodaß ein formaler Begründungsmangel nicht vorliegt. Wenn aus diesen Vordersätzen auch andere als die vom Gericht abgeleiteten, für den Angeklagten günstigeren Schlußfolgerungen möglich wären und sich das Gericht demnach für die dem Angeklagten ungünstigeren entschied, hat es einen Akt der freien Beweiswürdigung gesetzt, gegen welchen eine Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig ist.

Die Subsumtionsrüge (Z 10), die Feststellungsmängel dahin erblickt, "ob und wie der Angeklagte für die Seite der Verkäufer oder eben ausschließlich für die Seite des Käufers" einen vermittelnden Tatbeitrag leistete und davon ausgeht, daß (allein) der Anruf des Angeklagten bei Ibrahim M***** nicht den Tatbeitrag zu § 28 Abs 2 SMG darstellen könne, entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrundes. Diese verlangt nämlich unabdingbar ein Festhalten am gesamten festgestellten subjektiven und objektiven Tatsachensubstrat sowie den darauf gegründeten Nachweis, daß dem Schöffengericht ein beweismäßig indizierter Feststellungsmangel und/oder ein Rechtsirrtum bei Anwendung des Gesetzes unterlaufen ist; dabei darf eine festgestellte Tatsache weder bestritten noch verschwiegen werden, noch darf sie sich auf einen nicht konstatierten Umstand stützen.

Diesen prozessualen Geboten zuwider verläßt der Beschwerdeführer - lediglich von einem vermittelnden Telefonat ausgehend - den Boden der Urteilsfestellungen, wonach Robert P***** den Ibrahim M*****, nachdem er ihn angerufen hatte, mit Weah J***** und Ena F***** zusammenbrachte, seine Wohnung zur Abwaage und zum Aufteilen des Suchtgiftes zur Verfügung stellte und somit einen entscheidenden Beitrag dazu leistete, daß 70 Gramm gestreckten Kokains durchschnittlicher Qualität an M***** weitergegeben werden konnten (US 10 und US 17). Mit der Behauptung, der Telefonanruf durch den Angeklagten hätte keine Verkaufsvermittlung angebahnt, der Erstangeklagte Weah J***** sei Übernehmer des Suchtgiftes gewesen und hätte als derjenige agiert, der das Sagen hatte, versucht die Beschwerde - abweichend von den Urteilskonstatierungen zum Hergang des Verkaufs der insgesamt 100 Gramm Kokain - anstelle derjenigen im angefochtenen Urteil konträre, dem Angeklagten genehmere zu setzen. Damit werden aber unter dem Prätext sekundärer Feststellungsmängel lediglich andere, für den Beschwerdeführer günstigere Urteilsfeststellungen angestrebt und dem Gebot prozeßordnungsgemäßer Ausführung der Rechtsrüge nicht Rechnung getragen.

Der weiters unter diesem Nichtigkeitsgrund vorgebrachte Einwand, das Erstgericht habe nicht festgestellt, "ob und wie der Angeklagte für die Seite der Verkäufer oder für die Seite des Käufers einen vermittelnden Tatbeitrag leistete", erweist sich mangels näherer Substantiierung als einer Erwiderung nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die in der Äußerung des Angeklagten vertretene Rechtsansicht, die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 10 StPO schließe bereits die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 285d Abs 1 StPO aus, ist verfehlt, denn nur prozeßordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrügen führen zur Anordnung eines Gerichtstages (Mayerhofer StPO4 § 285a E 61, EvBl 1997/154 uam).

Über die Berufung und die Beschwerde wird demzufolge der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Stichworte