OGH 13Os170/98

OGH13Os170/9816.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmidt als Schriftführer, in der Strafsache gegen Günther M***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 19. Mai 1998, GZ 10 U 467/97-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Schroll, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 10 U 467/97i des Bezirksgerichtes Innsbruck wurde das Gesetz in der Bestimmung des § 41 Abs 2 MedienG iVm §§ 261 (447), 450 StPO verletzt, weil

1. nach Einlangen der Privatanklage den Privatanklägern nicht gemäß § 450 StPO die Unzuständigkeit bekanntgegeben und

2. nach Durchführung der Hauptverhandlungen vom 26. März, 6. und 28. April sowie 19. Mai 1998 kein Unzuständigkeitsurteil, sondern ein (teils schuldig-, teils freisprechendes) Sachurteil gefällt wurde.

Das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 19. Mai 1998, GZ 10 U 467/97i-12, wird aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Das Bezirksgericht Innsbruck ist zur Führung des Verfahrens aufgrund der vorliegenden Privatanklage unzuständig.

Gemäß § 390 StPO haben die Privatankläger Leo K***** und Thomas C***** die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Mit ihren Rechtsmitteln werden die beiden Privatankläger sowie der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Am 11. Dezember 1997 langte beim Bezirksgericht Innsbruck eine Privatanklage des Leo K***** und des Thomas C***** gegen Günther M***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach dem § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB ein, das nach Darstellung der Privatankläger durch vom Angeklagten aufgestellte und im Bezirksblatt S*****, Ausgabe 48 vom 26. November 1997, auf S 3 als wörtliche Zitate veröffentlichte Behauptungen verwirklicht worden sei (ON 1).

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 19. Mai 1998, GZ 10 U 467/97i-12, wurde Günther M***** des Vergehens der üblen Nachrede nach dem § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat er die Privatankläger Leo K***** und Thomas C***** durch die Behauptung, "durch den Umbau verringerte sich die Zahl der Kegelbahnen von vier auf zwei, was den Umsatz ebenso beeinträchtige wie die Bauarbeiten, trotzdem mußten wir immer den vollen Pachtzins bezahlen" eines unehrenhaften Verhaltens geziehen, das geeignet war, die Privatankläger in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, wobei die üble Nachrede im Bezirksblatt S***** vom 26. November 1997 abgedruckt wurde und er damit die Tat in einem Druckwerk und auf eine Weise beging, wodurch sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurde.

Von weiteren Anklagevorwürfen wegen des Vergehens der üblen Nachrede erfolgte ein Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO.

Über die von den beiden Privatanklägern erhobene Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld sowie eine von ihnen erhobene Kostenbeschwerde und über die vom Angeklagten erhobene Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld behängt beim Landesgericht Innsbruck zu II Bl 307/98 ein noch offenes Berufungsverfahren.

Das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck verletzt - wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - das Gesetz in der Bestimmung des § 41 Abs 2 MedienG iVm §§ 261 (447), 450 StPO:

Rechtliche Beurteilung

Das Gesetz definiert das Medieninhaltsdelikt als eine durch den Inhalt eines Mediums begangene, mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung, die in einer an einen größeren Personenkreis gerichteten Mitteilung oder Darbietung besteht (§ 1 Abs 1 Z 12 MedienG). Wird das Vergehen der üblen Nachrede nach dem § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB in einer wiederkehrend erscheinenden Zeitung wie dem Bezirksblatt S***** - also in einem periodischen Druckwerk iS § 1 Abs 1 Z 5 MedienG (vgl die Teilfotokopie eines Belegexemplars) - begangen, liegt ein für die Durchführung des Privatanklageverfahrens und die Urteilsfällung die Zuständigkeit des Landesgerichtes begründendes Medieninhaltsdelikt vor (§ 41 Abs 2 MedienG).

Bei einem Privatanklagedelikt (wie jenem nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB) ist jedoch weiters zu beachten, daß nach herrschender Judikatur (vgl EvBl 1994/20; EvBl 1995/41; Medien und Recht 1992/7; zuletzt 13 Os 196, 197/97) der Privatankläger sein Anklagerecht verliert, wenn er nicht innerhalb der sechswöchigen Frist des § 46 Abs 1 StPO seinen Verfolgungsantrag beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht gestellt hat. Maßgebend für die Beurteilung der Zuständigkeit sind dabei die in der Privatanklage aufgestellten Tatsachenbehauptungen, aus denen der Privatankläger mit zumindest vertretbarer Rechtsansicht die Zuständigkeit des von ihm angerufenen Gerichtes ableitet.

Da die Privatankläger vorbrachten, daß die inkriminierten Äußerungen im Bezirksblatt S***** verbreitet worden waren (ON 1), wobei sie eine Bestrafung nach § 111 Abs 2 StGB begehrten, ergab sich bereits aus dem Tatsachenvorbringen in der Privatanklage das Vorliegen eines Medieninhaltsdeliktes. Hinweise in der (gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten) Äußerung der Privatankläger, wonach in bestimmten in der Literatur besprochenen Fällen, ein Medieninhaltsdelikt nicht vorliege, gehen am konkreten Fall vorbei.

Im vorliegenden Fall wäre das Bezirksgericht verpflichtet gewesen, sogleich nach dem Einlangen der Privatanklage aufgrund ihres Inhaltes gemäß § 450 StPO (in der Hauptverhandlung durch Urteil iSd § 261 StPO) seine sachliche Unzuständigkeit auszusprechen. Da dies nicht geschah, verletzt das Sachurteil des Bezirksgerichts die im Spruch bezeichneten Gesetzesstellen.

Es war daher im Sinne der erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde nicht nur die aufgezeigte, sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende Gesetzesverletzung festzustellen, sondern unabhängig vom theoretischen Ausgang des Berufungsverfahrens gemäß § 292 letzter Satz StPO das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 19. Mai 1998, GZ 10 U 467/97i-12, aufzuheben und die sachliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Innsbruck auszusprechen.

Die Berufungswerber waren mit ihren Rechtsmitteln auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle (vgl 13 Os 196, 197/97).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte