OGH 5Ob278/98p

OGH5Ob278/98p15.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Michael Leuprecht, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Michael Vitus K*****, wider die beklagte Partei Richard K*****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Anfechtung (Streitwert S 1,391.400), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Juli 1998, GZ 1 R 99/98p-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. Jänner 1998, GZ 14 Cg 183/97z-11, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. 12. 1996 wurde über das Vermögen des Michael Vitus K***** das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Der Beklagte ist der Bruder des Gemeinschuldners.

Der Masseverwalter begehrte vom Beklagten den Betrag von S 1.391.400 sA und brachte dazu vor, da das (nunmehr ebenfalls insolvente) in der Rechtsform einer GmbH & Co KG betriebene Unternehmen des Gemeinschuldners nicht den erwarteten Erfolg gebracht habe, habe dieser immer wieder Geld benötigt, er habe bei diversen Banken Kredite entweder im eigenen oder im Namen seines Unternehmens aufgenommen, wobei er in letzteren Fällen persönlich gebürgt habe. Diese Kredite habe er mit der Begründung erhalten, daß er über millionenschwere und unbelastete Liegenschaften verfüge, was aber nicht der Wahrheit entsprochen habe. Seit Anfang 1995 seien sämtliche Konten erheblich belastet gewesen und ergebe sich per 29. 2. 1996 ein Gesamtsaldo von S 15,596.600. Die Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung des Gemeinschuldners sei spätestens mit Herbst 1995 festzulegen. Im Falle eines Obsiegens im gegenständlichen Verfahren erhöhe sich die Quote für die Konkursgläubiger entsprechend und sei Befriedigungstauglichkeit gegeben. Mit Kaufvertrag vom 23. 2. 1996 habe der Gemeinschuldner mehrere Liegenschaftsanteile veräußert. Das Eigentumsrecht an diesen Anteilen fuße auf dem Übergabsvertrag vom 11. 9. 1991, mit dem auch der Beklagte Liegenschaftsanteile, allerdings deutlich weniger als der Gemeinschuldner erhalten habe. Unter Berufung auf den Übergabsvertrag habe der Gemeinschuldner dem Beklagten einen 24,7 %igen Anteil am Kaufschilling laut Kaufvertrag vom 23. 2. 1996 zuerkannt und unter Berücksichtigung eines übernommenen Darlehens dem Beklagten den Klagsbetrag von S 1,391.400 übergeben. Der Gemeinschuldner habe nicht nur mit Wissen des Beklagten in Benachteiligungs-, sondern auch in Begünstigungsabsicht gehandelt und stünden dem Beklagten die Ansprüche zum Zeitpunkt des Erhalts mangels Kongruenz nicht zu. Dem Beklagten sei dieser Umstand bekannt gewesen bzw hätte er ihm bekannt sein müssen. Für eine kongruente Deckung müsse ein materiellrechtlich klagbarer Anspruch bestehen, aufgrund des bloß obligatorischen Anspruchs laut Übergabsvertrag vom 11. 9. 1991 könne von einem solchen nicht gesprochen werden.

Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages habe er keine Kenntnis von der drohenden Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners oder von dessen katastrophalen finanziellen Verhältnissen gehabt. Er sei bis zu dem Zeitpunkt, als die Banken ihre Verbindlichkeiten eingefordert hätten, nicht im mindesten von den finanziellen Schwierigkeiten seines Bruders informiert gewesen. Er sei zum Kaufgeschäft lediglich beigezogen worden, weil ihm an den gegenständlichen 901/2736-Anteilen ein außerbücherliches Eigentumsrecht bzw ein Ausgleichsanspruch aus dem Übergabsvertrag vom 11. 9. 1991 zugestanden sei. Übergabs- bzw Übernahmswille der Vertragteile sei es gewesen, daß die Brüder jeweils gleich viel und gleiche Werte erhalten sollten, weshalb hinsichtlich der Anteile aus dieser Liegenschaft eine Erwerbsgesellschaft gegründet worden sei, an der die beiden Brüder jeweils zur Hälfte beteiligt gewesen seien. Auch sei vereinbart worden, daß der Gemeinschuldner seinem Bruder bei Teilung die Ausgleichsanteile unentgeltlich zu überlassen haben, damit der Anteilsgleichstand bezogen auf den Tag des Abschlusses des Vertrages wiederhergestellt sei. Für den Fall des Verkaufs der mit diesem Vertrag übernommenen Liegenschaften oder von Teilen derselben sollte den beiden Brüdern der Kaufpreis zur Hälfte zustehen. Diese Vorgangsweise sei deshalb gewählt worden, weil die Übernehmer zur ungeteilten Hand für eine Rentenverpflichtung gegenüber dem Übergeber in Höhe von S 34.000 monatlich sowie für alle anderen im Vertrag persönlich übernommenen Verpflichtungen zur ungeteilten Hand zu haften hätten. Der Beklagte sei mit der Veräußerung und Aufgabe seiner Vertragsrechte und damit auch mit der Beendigung der Erwerbsgemeinschaft unter der Bedingung einverstanden gewesen, daß er den vertragsmäßigen Ausgleich von 222,5 Anteilen abgegolten erhalte. Dem Beklagten habe es an jeglicher Benachteiligungsabsicht gefehlt. Die Verkaufsabsicht habe der Gemeinschuldner dem Beklagten gegenüber damit begründet, er benötige für eine neue geschäftliche Idee Bargeld. Die Veräußerung der 901/2736 Anteile sei keine Benachteiligung für die Gläubiger des Gemeinschuldners, weil die Käuferin der Liegenschaften einen marktgerechten Preis gezahlt habe und der Kaufpreis ohnedies der Masse zugeflossen sei. Ginge man von der grundsätzlichen Anfechtungsberechtigung und einem entsprechenden Ergebnis hinsichtlich des angefochtenen Kaufvertrages aus, würden die Vertragsrechte des Beklagten wieder aufleben und hätte er gegenüber der Masse einen Anspruch auf Zahlung des halben Verkaufspreises bei entsprechender Liegenschaftsverwertung. Der Anspruch des Beklagten gegenüber dem Gemeinschuldner resultiere auf dem Übergabsvertrag vom 11. 9. 1991, die Vertragsverpflichtungen stellten sich als gemeinsame gegenüber dem Übergeber dar und seien daher anfechtungsbeständig. Die Vertragsrechte des Beklagten stammten aus einer Zeit, die weit vor jeder Anfechtungstatbildlichkeit läge, und sei auch nicht ansatzweise erkennbar, warum in bezug auf die Erfüllung des Kaufvertrags vom 23. 2. 1996 Inkongruenz der Kaufpreiszahlung gegenüber dem Beklagten vorliegen sollte. Der Masseverwalter gehe davon aus, daß er für den Gemeinschuldner nur die Vertragsrechte einfordern könne, nicht jedoch die Vertragspflichten erfüllen müsse.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf hiezu unter anderem folgende Feststellungen:

Am 11. 9. 1991 wurde zwischen dem Vater des Gemeinschuldners und des Beklagten und beiden letzteren ein Übergabsvertrag abgeschlossen. Damit übergab der Vater aus seiner Liegenschaft EZ ***** KG ***** jene 901/2877 Anteile, mit denen das Wohnungseigentum an top 1 verbunden ist, an den Gemeinschuldner und seine sämtlichen übrigen Anteile an dieser Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum an top 2 bis 12, 34 bis 53 und 24 bis 33 verbunden ist, an den Beklagten. Weiters übergab er seinen beiden Söhnen seine ideelle Hälfte an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** je zur Hälfte, sohin zu je einem ideellen Viertelanteil an der gesamten Liegenschaft, und schließlich seine Liegenschaft EZ ***** KG ***** je zur ideellen Hälfte. Die beiden Söhnen verpflichteten sich, an den Übergeber eine Unterhaltsrente zu bezahlen. Wie im Vertrag festgehalten wurde, war den Übernehmern bekannt, daß der Gemeinschuldner mit Übernahme jener 901/2877-Anteile, mit denen das Wohnungseigentum an top 1 verbunden ist, einen größeren Anteil aus dieser Liegenschaft übernommen hat, als sein Bruder, der Beklagte. Er verpflichtete sich, bei einer Teilung dieser top 1 dem Beklagten 152/2877-Anteile zu überlassen, ohne hiefür ein Entgelt zu begehren, um damit den Gleichstand, bezogen auf den Abschluß dieses Vertrages, wiederherzustellen. Die Übernehmer vereinbarten, die ihnen mit diesem Vertrag übergebenen Liegenschaften und Liegenschaftsanteile gemeinsam zu verwalten. Einnahmen aus allen Liegenschaften sollten ihnen je zur Hälfte zustehen, Ausgaben von ihnen je zur Hälfte getragen werden. Aus den erzielten Einnahmen sollten zunächst die laufenden Ausgaben bestritten und sodann jene Verpflichtungen erfüllt werden, die von Übernehmern mit diesem Vertrag eingegangen wurden. Ergäbe sich nach Abzug dieser Zahlungen noch ein Gewinn, sollte er den beiden Übernehmern je zur Hälfte zustehen. Die beiden Übernehmer räumten einander hinsichtlich der von ihnen übernommenen Liegenschaften und Liegenschaftsanteile ein nicht verbücherungsfähiges Veräußerungs- und Belastungsverbot gemäß § 364c ABGB ein. Weiters räumten sie einander das Vorkaufsrecht ein und willigten in dessen Verbücherung ein. Für den Fall des Verkaufs der mit diesem Vertrag übernommenen Liegenschaften oder Liegenschaftsanteile vereinbarten die Übernehmer, daß der Kaufpreis jedem von ihnen zur Hälfte zustehen solle, gleichgültig, auf wessen Namen die verkaufte Liegenschaft verbüchert sei. In der Folge wurden im Grundbuch entsprechende Eigentums- und Vorkaufsrechtseinverleibungen vorgenommen. Zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt wurden aus den 901/2877-Anteilen durch eine Parifizierungsänderung 901/2736-Anteile.

Mit Kaufvertrag vom 23. 2. 1996 verkaufte der Gemeinschuldner unter anderem die 901/2736-Anteile an eine Gesellschaft, die im Einflußbereich eines Halbbruders steht. Im Kaufvertrag wurde unter anderem festgehalten, der Gemeinschuldner sei bücherlicher Eigentümer dieser Anteile, mit welchen das Wohnungseigentum an der Geschäftseinheit top 1 untrennbar verbunden ist. Der Beklagte sei zu 24,7 % wirtschaftlicher Eigentümer dieser Miteigentumsanteile bzw der Geschäftseinheit und daher Mitveräußerer. Der Beklagte gab das ihm im Übergabsvertrag eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot auf und verzichtete auf sein Vorkaufsrecht. An den Beklagten war nach Ermittlung seines wirtschaftlichen Anteils ein Betrag von S 1,391.400 auszuzahlen.

Im Herbst 1995 hatte die Gesellschaft des Gemeinschuldners Kredite in der Höhe von ca S 17,000.000 aushaften, wobei der Gemeinschuldner für diese jeweils im Wege von Bürgschaften persönlich haftete. Da lediglich eine Besicherung durch Privatliegenschaften im Umfang von ca S 15,000.000 gegeben war, war die Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eingetreten. Dem Gemeinschuldner mußte seine Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt auch bewußt gewesen sein, zumal er erst im April 1995 einen weiteren Kredit über S 5,000.000 aufgenommen hatte und der Bank eine Sicherheit in Form einer grundbücherlichen Pfandbestellung versprach, dies in der Folge aber nicht durchführte, sondern vielmehr durch Hin- und Herbuchungen auf den diversen Konten seine finanzielle Situation zu verschleiern trachtete.

Rechtlich unterzog das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt folgender Beurteilung: Jede erfolgreiche Anfechtung setze sowohl Befriedigungstauglichkeit als auch Gläubigerbenachteiligung voraus, die keineswegs gleichgesetzt werden dürften, auch wenn die beiden Voraussetzungen einander weitgehend überlagern könnten. Sowohl die Befriedigungstauglichkeit als auch die Gläubigerbenachteiligung gehörten zum objektiven Tatbestand, den der Anfechtende auch dann zu beweisen habe, wenn der Anfechtungsgegner ein naher Angehöriger des Gemeinschuldners sei. Die Befriedigungstauglichkeit sei im gegenständlichen Fall gegeben, weil im Falle eines Obsiegens des Masseverwalters in diesem Rechtsstreit sich die Quote für die Konkursgläubiger erhöhen würde. Grundlage der Zahlung aus dem Verkauf der gegenständlichen 901/2736-Anteile sei aber nicht der Kaufvertrag vom 23. 2. 1996, sondern der am 11. 9. 1991 abgeschlossene Übergabsvertrag. In diesem Übergabsvertrag habe der Vater des nunmehrigen Gemeinschuldners und des Beklagten eine Reihe von Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen an seine Söhne übergeben und es sei damals offenbar Wille aller Parteien gewesen, daß zwischen den Söhnen ein Wertausgleich stattfinden solle, was vom Masseverwalter auch gar nicht bestritten worden sei. Aufgrund dieses Übergabsvertrages bestehe daher auch kein Anspruch der Konkursmasse auf 24,7 % des Verkaufserlöses, sodaß die Konkursmasse auch nicht beteiligt sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte folgendes aus:

Jede Anfechtung müsse befriedigungstauglich sein; die Beseitigung des Erfolgs der Rechtshandlung müsse demnach geeignet sein, die Befriedigungsaussichten der Konkurs- oder zumindest der Massegläubiger zu fördern, zumindest also die teilweise Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen oder doch zu erleichtern oder zu beschleunigen. Jede Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf Vermögensstücke des Schuldners lasse die Anfechtung daher vorerst als befriedigungstauglich erscheinen. Da die Befriedigungstauglichkeit zum objektiven Tatbestand gehöre, sei sie stets vom Anfechtungskläger zu behaupten und zu beweisen. Diese Beweislast sei allerdings dahin einzuschränken, daß schon der Beweis einer bloßen Wahrscheinlichkeit der Befriedigungsaussichten genüge. Nach den Feststellungen könnten die Konkursgläubiger nur eine geringe Quote erwarten. Im Falle des Durchdringens des Masseverwalters im Anfechtungssreit würde sich diese Quote erhöhen: Damit könne die Befriedigungstauglichkeit in Übereinstimmung mit dem Erstgericht nicht fraglich sein.

Jeder anfechtungsrechtliche Rückgewährungsanspruch setze aber notwendigerweise auch voraus, daß durch die angefochtene Rechtshandlung andere Gläubiger benachteiligt wurden und daß die Anfechtung geeignet sei, diese Benachteiligung aufzuheben. Eine Benachteiligung der Gläubiger liege nur vor, wenn die Konkursmasse gegenüber der Lage, in der sie sich ohne die anfechtbare Rechtshandlung befände, beeinträchtigt sei, etwa wenn durch die Rechtshandlung die Aktivmasse verringert worden sei. Befriedigung sei jede Tilgung der Forderung, sei es durch Erfüllung oder deren Surrogate, sofern die Leistung auf Kosten der Masse erfolgt sei. Das angefochtene Rechtsgeschäft müsse sich also für die Gläubiger tatsächlich nachteilig ausgewirkt haben. Ein Geschäft, von dem sich bei einer Betrachtung ex post herausstelle, daß dadurch ein Nachteil für die Gläubiger nicht eingetreten sei, sei anfechtungsfest. Dies entspreche dem allgemeinen Grundsatz, daß allen Anfechtungstatbeständen nach der Konkursordnung, zum Teil unausgesprochen, das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung zugrunde liege.

Nach den dargestellten Grundsätzen sei die Zahlung an den Beklagten aus dem Kaufvertrag vom 23. 2. 1996 anfechtungsfest, weil sie ihre Grundlage in dem am 11. 9. 1991 abgeschlossenen Übergabsvertrag habe. Der Übergeber habe zwar aus seiner Liegenschaft jene 901/2877-Anteile, mit denen das Wohnungseigentum an top 1 verbunden sei, und somit mehr als die Hälfte seiner Miteigentumsanteile an dieser Liegenschaft dem Gemeinschuldner übergeben, was allerdings in der Besonderheit des Wohnungseigentumsgesetzes begründet sei, wonach Wohnungseigentum - abgesehen vom Ehegattenwohnungseigentum - nur für eine Person begründet werden könne. Allerdings sei es der Wille sämtlicher Vertragsteile des Übergabsvertrages gewesen, bereits bezogen auf den Tag des Abschlusses dieses Vertrages einen Gleichstand zwischen den Brüdern herzustellen. Dies ergebe sich zum einen aus dem Vertragspunkt, in dem sich der Gemeinschuldner verpflichtet habe, bei einer Teilung der top 1 seinem Bruder 152/2877-Anteile zu überlassen, ohne hiefür ein Entgelt zu begehren. Es ergebe sich dies weiters aus dem Vertragspunkt, in dem beide Übernehmer vereinbart hätten, die ihnen mit diesem Vertrag übergebenen Liegenschaften und Liegenschaftsanteile gemeinsam zu verwalten, wobei ihnen Einnahmen aus allen Liegenschaften je zur Hälfte zustehen und die Ausgaben von ihnen je zur Hälfte getragen werden sollten. Außerdem hätte im Falle des Verkaufes von Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen der Kaufpreis jedem von ihnen zur Hälfte zustehen sollen. Auch die Verpflichtung nach dem Übergabsvertrag hätten die beiden Übernehmer zur ungeteilten Hand übernommen. Der Beklagte sei sohin bereits aufgrund des Übergabsvertrages (nach einer erfolgten, aber unstrittigen Korrektur) wirtschaftlicher Eigentümer im Ausmaß von 24,7 % an den 901/2736-Anteilen, hinsichtlich deren der Gemeinschuldner als Eigentümer im Grundbuch aufgeschienen sei, gewesen. Der soeben beschriebene Ausgleichsanspruch ergebe sich somit bereits aus dem mehrfach zitierten Übergabsvertrag und sei nicht erst mit Veräußerung der Miteigentumsanteile des Gemeinschuldners existent geworden. Dies ergebe sich im übrigen auch aus dem Kaufvertrag vom 23. 2. 1996, in welchem beide Brüder als gemeinsame Verkäufer aufschienen und in dem der Beklagte als Mitveräußerer der in Rede stehenden Liegenschaftsanteile und als wirtschaftlicher Eigentümer zu 24,7 % bezeichnet werde. Demgemäß hätten beide Brüder unter anderem die 901/2736-Anteile an der betreffenden Liegenschaft samt verbundenem Wohnungseigentum verkauft und übergeben. Lediglich unter den genannten Voraussetzungen sei der Beklagte bereit gewesen, das zu seinen Gunsten bereits im Übergabsvertrag eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot aufzugeben und auf ein Vorkaufsrecht zu verzichten. Bei dem anteiligen Verkaufserlös in Höhe des eingeklagten Betrages handle es sich sohin um einen dem Beklagten selbst aufgrund der Bestimmungen des Übergabsvertrages vom 11. 9. 1991 gehörenden Geldbetrag, der deshalb auch nicht in die Konkursmasse einfließen konnte, weshalb die Zahlung des Betrags von S 1,391.400 die Konkursmasse auch nicht beeinträchtigt habe. Damit scheide aber auch eine Benachteiligung der Gläubiger aus, die nur vorliege, wenn die Konkursmasse gegenüber der Lage, in der sie sich ohne die anfechtbare Rechtshandlung befand, beeinträchtigt sei. Dies stehe im übrigen auch im Einklang mit dem Wortlaut des § 27 KO, wonach Rechtshandlungen, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden seien und das Vermögen des Gemeinschuldners beträfen, nach den Bestimmungen des 2. Abschnitts der Konkursordnung angefochten und den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden könnten.

Dem Berufungswerber werde darin beigepflichtet, daß auch kongruente Befriedigungen oder Sicherstellungen der Absichtsanfechtung gemäß § 28 KO unterlägen, doch mangle es für eine Absichtsanfechtung oder auch für eine Begünstigungsanfechtung im gegenständlichen Fall an einer Benachteiligung der Masse. Aus den angestellten Überlegungen sei es nicht von Bedeutung, ob dem Beklagten zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung, nämlich der Bezahlung des eingeklagten Betrages, die Zahlungsunfähigkeit seines Bruders bekannt gewesen sei oder bekannt sein hätte müssen. Zutreffend seien auch die Ausführungen des Berufungswerbers zur Beweislastumkehr im Zusammenhang mit Mitgliedern der "familia suspecta", allerdings seien im gegenständlichen Fall diesbezügliche Ausführungen entbehrlich, weil es bereits an einer Benachteiligung der Masse mangle, zumal es sich um einen nicht dem Vermögen des Gemeinschuldners zurechenbaren Geldbetrag handle.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht bei der Lösung der aufgeworfenen Rechtsfragen an der herrschenden oberstgerichtlichen Rechtsprechung und an der aktuellen Lehre orientiert habe.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision abzuweisen oder zurückzuweisen.

Die Revision ist zulässig, weil unmittelbar einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Was die geltend gemachte Aktenwidrigkeit anlangt, so wurde vom Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung ohnehin zugestanden, daß der Masseverwalter den Kaufvertrag vom 26. 2. 1996 gegenüber der Käuferin klagsweise angefochten hat.

In seiner Rechtsrüge macht der Kläger im wesentlichen geltend, nicht nur das Verpflichtungsgeschäft, sondern auch das Verfügungsgeschäft könne angefochten werden. Das Berufungsgericht habe zwar mit seinem Hinweis auf die Besonderheiten des WEG erkannt, daß es am Erwerb eines dinglichen Rechtsanspruches mangle, es habe aber daraus nicht die zwingende Konsequenz gezogen, daß dem Beklagten auch im Falle einer Konkurseröffnung vor Abschluß des Kaufvertrages vom 23. 2. 1996 nur eine Konkursforderung zugestanden wäre. Es sei daher unhaltbar, die gegenständliche Zahlung wegen des Vertrages aus dem Jahr 1991 als unanfechtbar anzusehen. Durch diese Zahlung sei die Masse benachteiligt worden. Das vom Berufungsgericht erwähnte Belastungs- und Veräußerungsverbot zwischen Geschwistern entfalte keine dingliche Wirkung gegenüber den Gläubigern. Der Anspruch des Beklagten auf Erhalt eines Kaufpreisanteiles sei somit rein obligatorisch gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist die kurz vor Konkurseröffnung erfolgte Zahlung an den Beklagten aus dem Kaufvertrag vom 23. 2. 1996 nicht deshalb anfechtungsfest, weil sie ihre Grundlage in dem am 11. 9. 1991 abgeschlossenen Übergabsvertrag hat. Aus dem Übergabsvertrag folgt zwar, daß dem Beklagten für den Fall des Verkaufs des Wohnungseigentumsobjekts ein Teil des Kaufpreises zustand; diese Bedingung ist 1996 auch eingetreten. Aus dem Umstand, daß der Übergabsvertrag der Anfechtung nicht unterliegt, ist für den Beklagten aber nichts zu gewinnen: Auch Erfüllungshandlungen sind Rechtshandlungen und als solche gesondert anfechtbar (RIS-Justiz RS0050635; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 23). Die Ausgleichszahlung selbst wurde aber innerhalb der Fristen gemäß § 28 Z 3, § 30 Abs 2 KO vorgenommen.

Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung wurde schon von den Vorinstanzen zutreffend bejaht. Was die objektive Anfechtungsvoraussetzung der Gläubigerbenachteiligung anlangt, hat das Berufungsgericht die Ansicht vertreten, eine solche scheide aus, weil der Beklagte aufgrund des Übergabsvertrags bereits wirtschaftlicher Eigentümer der sodann verkauften Anteile im Ausmaß von 24,7 % gewesen sei und ihm der anteilige Verkaufserlös in Höhe des Klagsbetrages selbst gehört habe, weshalb der Betrag nicht in die Konkursmasse einfließen könnte.

Dem vermag der erkennende Senat nicht zuzustimmen: Gemäß § 8 Abs 1 WEG ist der Mindestanteil unteilbar; ein Wohnungseigentumsobjekt kann daher sachenrechtlich nicht mehreren Personen zugeordnet werden (vgl Würth in Rummel2 § 8 WEG Rz 1). Eine Ausnahme besteht nur für Ehegatten; diese müssen, wenn sie das Wohnungseigentum gemeinsam erwerben, Eigentümer je eines halben Mindestanteiles sein. Hingegen ist gemeinsames Wohnungseigentum von Brüdern ebenso rechtlich unmöglich wie Eigentum an 24,7 % des Mindestanteils. Hieran scheitert auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Konstruktion eines "wirtschaftlichen Miteigentums"; auch auf diesem Weg kann rechtlich Unmögliches nicht möglich werden. Sollte dem Berufungsgericht hiebei eine Treuhandabrede vorgeschwebt sein (vgl zum die Grenzen bloß wirtschaftlicher Zuordnung überschreitenden Aussonderungsrecht des Treugebers Strasser in Rummel2 § 1002 ABGB Rz 42 Seite 1548; Apathy in Schwimann2 § 1002 ABGB Rz 12 mwN), wäre ihm entgegenzuhalten, daß 24,7 % des Mindestanteils mangels Eignung, Sondervermögen zu bilden, nicht Treugut sein könnten. Nur der ganze mit dem Wohnungseigentum verbundene Mindestanteil könnte einem Bruder treuhändig - unter Verbleib des "wirtschaftlichen Eigentums" beim Treugeber - überlassen werden. Die Position des Beklagten wurde im hier gegebenen Zusammenhang auch durch das ursprünglich vereinbarte Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht verstärkt, weil dieses keine dingliche Wirkung hatte und - zwischen Geschwistern - haben konnte (Oberhammer in Schwimann2 § 364c ABGB Rz 5 mwN).

Der Beklagte war somit am verkauften Wohnungseigentumsobjekt weder als "rechtlicher" noch als "wirtschaftlicher" Eigentümer beteiligt. Verkäufer des Objekts an eine "familiennahe" Gesellschaft war in Wahrheit allein der Gemeinschuldner; die den Beklagten betreffenden Passagen des Kaufvertrages waren nur für das Innenverhältnis zwischen den Brüdern von wesentlicher Bedeutung. Der mit dem Verkauf bedingte Anspruch des Beklagten auf Erhalt einer Ausgleichszahlung aus dem Veräußerungserlös war also rein obligatorisch und ungesichert; seine diesbezügliche Stellung entsprach der anderer Gläubiger seines Bruders. Die erfolgte volle Ausgleichszahlung war demnach grundsätzlich geeignet, den Befriedigungsfonds, auf den die Gläubiger verwiesen sind, zu verkleinern.

Eine abschließende Beurteilung der Klagsforderung ist noch nicht möglich, weil Feststellungen zur strittigen Frage fehlen, ob der Beklagte eine Benachteiligungs- oder Begünstigungsabsicht seines Bruders kannte oder kennen mußte. Die Rechtssache war daher unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte