OGH 9ObA239/98g

OGH9ObA239/98g25.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny und Dr. Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Waltraud P*****, Dekorateurin, ***** vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ludwig S***** OHG, ***** vertreten durch Dr. Helmut A. Rainer und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 546.711,21 brutto abzüglich S 34.140 netto, infolge Revision (Revisionsinteresse S 545.612,71 brutto abzüglich S 39.140 netto) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. April 1998, GZ 15 Ra 39/98t-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Dezember 1997, GZ 47 Cga 23/97h-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

21.429 (darin enthalten S 3.571,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes zur Gänze übernommen und keine darüber hinausgehenden getroffen hat. Die Behauptung, daß dem Berufungsgericht bei der Überprüfung der Beweiswürdigung Irrtümer und Fehler unterlaufen seien, legt hingegen keine Aktenwidrigkeit dar (RIS-Justiz RS0043203).

Im übrigen hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines Entlassungsgrundes zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Der Entlassungstatbestand nach § 27 Z 3 AngG, erster Tatbestand, dient der Sicherung des Konkurrenzverbotes des § 7 Abs 1 AngG erster Fall, derjenige des § 27 Z 3 AngG, zweiter Tatbestand der Sicherung des Konkurrenzverbotes des § 7 Abs 1 zweiter Fall AngG. Die beiden Entlassungstatbestände decken sich demnach mit dem jeweiligen Verbot des § 7 AngG (Kuderna Entlassungsrecht2 95, 98). Nach § 7 Abs 1 AngG, erster Fall dürfen die im § 1 bezeichneten Angestellten (= Personen, die im Geschäftsbetrieb eines Kaufmannes vorwiegend zur Leistung kaufmännischer oder höherer, nichtkaufmännischer Dienste oder Kanzleiarbeiten angestellt sind) ohne Bewilligung des Dienstgebers kein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betreiben. Selbst, wenn man wie das Berufungsgericht davon ausgeht, daß die Klägerin vor ihrer Entlassung bereits im Rahmen des von ihr angemeldeten Gewerbes der Werbegestalterin einen Dekorationsauftrag angenommen hat, steht damit noch nicht fest, daß es sich um ein kaufmännisches Unternehmen handelt. Der Beruf des Werbegestalters (= Dekorateurs) läßt nicht ohne weiteres erkennen, daß hiemit eine kaufmännische Tätigkeit (§ 1 HGB bzw - im Hinblick auf das zur Zeit der Schaffung des § 7 Abs 1 AngG noch geltende AHGB - Art 4 iVm Art 271, 272 AHGB) verbunden ist. Hiezu hat die Beklagte, die für das Vorliegen eines Entlassungsgrundes beweispflichtig wäre, auch kein konkretes Vorbringen erstattet, sodaß es schon an der Voraussetzung des Betriebs eines "kaufmännischen" Unternehmens fehlt.

Es scheidet aber auch ein Verstoß der Klägerin gegen das Verbot des § 7 Abs 1 zweiter Fall AngG aus. Die Beklagte betreibt ein Modehandelshaus. Die von der Klägerin übernommenen Dekorationsarbeiten wurden hingegen für ein Hotel erbracht. Von einer Tätigkeit im Geschäftszweig des Dienstgebers kann somit keine Rede sein. Dazu kommt, daß nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen dem Personalleiter der beklagten Partei die entgeltliche Dekorationstätigkeit der Klägerin für das Hotel "A*****" bekannt war (AS 217) und der Klägerin gegenüber bis zu deren Entlassung ein Verbot dieser Tätigkeit nicht ausgesprochen worden war. Zutreffend hat das Berufungsgericht daher auch die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin - zumindest während der Kündigungsfrist - verneint.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann auch der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG dritter Tatbestand, nicht ins Treffen geführt werden. Der Entlassungsgrund zufolge einer solchen, dem § 7 Abs 1 AngG nicht zu unterstellenden Tätigkeit wäre nur dann erfüllt, wenn dem Angestellten konkrete Verstöße gegen seine Treuepflicht zur Last fallen oder er ein bestimmtes Verhalten einnimmt, das ihn des Vertrauens seines Dienstgebers unwürdig macht (Arb 10.950; Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz AngG6 Erl 15 zu § 27 AngG). Den Verfahrensergebnissen ist nicht zu entnehmen, daß die Klägerin einem über § 7 AngG hinausgehenden vertraglichen Konkurrenzverbot unterworfen gewesen wäre. Ohne eine solche vertragliche Verpflichtung ziehen aber Nebenbeschäftigungen, von denen der Arbeitgeber keine Kenntnis hatte, im allgemeinen für den Arbeitnehmer keine Nachteile aus dem Arbeitsverhältnis nach sich, weil die Ausübung einer solchen Nebenbeschäftigung dem Angestellten grundsätzlich erlaubt ist (Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz aaO Erl 1 zu § 7, Erl 15 zu § 27 AngG). Die Ausübung der zeitlich begrenzten und nur in der Freizeit ausgeübten Tätigkeit der Klägerin vermag demnach selbst dann keinen Vertrauensbruch darzustellen, wenn sie - ebenfalls in deren Freizeit - auch andere Dienstnehmer der beklagten Partei zu Hilfstätigkeiten herangezogen hat, zumal in keinem Fall Auswirkungen auf Dienstverrichtungen bei der beklagten Partei feststellbar waren.

Soweit die Revisionswerberin auf angebliche Unwahrheiten Bezug nimmt, die die Klägerin gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten geäußert haben soll, liegt darin ein Abweichen von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen, sodaß darauf nicht weiter einzugehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte