OGH 9ObA217/98x

OGH9ObA217/98x25.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny und Dr. Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Christine R*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Michael Ambrosch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 51.000,--) und S 22.060,-- brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. März 1998, GZ 7 Ra 318/97d-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11. Juni 1997, GZ 23 Cga 141/96i-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht verneinte zurecht die Berechtigung des Begehrens der Klägerin, bei der Berechnung des ihr grundsätzlich unstrittig aufgrund Arbeitsvertrages gebührenden Betriebspensionszuschusses auch die Dienstzeit der Klägerin bei der Beklagten aufgrund eines früheren Arbeitsverhältnisses vom 1. 4. 1960 bis 31. 8. 1965 miteinzubeziehen. Zum Parteivorbringen und zu den tatsächlichen Entscheidungsgründen kann auf die Berufungsentscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). In rechtlicher Hinsicht ist den Ausführungen der Revisionswerberin folgendes entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Ob das Regulativ der Beklagten über Zuschüsse zu der Pension aus der Pensionsversicherung (Beilage ./F) im Zusammenhalt mit der Verbandsempfehlung des Versicherungsverbandes über Pensionszulagen im Versicherungsgewerbe (Beilage ./K) dahin auszulegen ist, daß nur die mindestens 10-jährige ununterbrochene Dienstzeit eines Arbeitnehmers unmittelbar vor der Beendigung der aktiven Dienstzeit der Berechnung des Pensionszuschusses zugrundegelegt wird oder auch zurückliegende, vor einer Unterbrechung liegende Dienstzeiten zu berücksichtigen sind, sofern zumindest auch ein - quasi als Wartezeit - mindestens 10-jähriger, ununterbrochener Dienstzeitraum vorliegt, kann hier auf sich beruhen. Daß sich für den Standpunkt der Klägerin etwas aus dem Kollektivvertrag für Angestellte des Innendienstes der Versicherungsunternehmungen ergäbe, wird in der Revision ohnehin nicht mehr behauptet. Nachdem die Klägerin ihr erstes Arbeitsverhältnis bei der Beklagten in der Zeit vom 1. 4. 1960 bis 31. 8. 1965 durch Kündigung beendet hatte, begründete sie ab 1. 4. 1971 wieder ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Diesem lag nach dem von der Klägerin selbst in erster Instanz vorgelegten Dienstzettel ausdrücklich zugrunde, daß für alle sonstigen dienstvertraglichen Belange (als jene der Berechnung des Urlaubsanspruches) erst die ab 1. 4. 1971 bei der Beklagten verbrachte Dienstzeit maßgeblich ist (Beilage ./B). Daß der Inhalt des Dienstzettels nicht vom Konsens der Parteien getragen wäre bzw die Klägerin in der Frage, ob, inwieweit und für welche Zwecke eine Dienstzeit angerechnet wird, Einspruch gemäß § 5 Abs 7 des genannten Kollektivvertrages erhoben hätte, worüber sich auch eine ausdrückliche Belehrung im Dienstzettel befindet, wurde von der Klägerin nie behauptet. Damit gilt aber gemäß ausdrücklicher Regelung im Kollektivvertrag der Inhalt des Dienstzettels, der mit den Bestimmungen des Kollektivvertrages - was wie erwähnt in der Revision nicht mehr strittig ist - im Einklang steht, als vereinbart; für die Belange des Pensionszuschusses der Klägerin ist daher kraft einzelvertraglicher Vereinbarung erst die Dienstzeit ab 1. 4. 1971 zugrundezulegen.

Zum zweiten Einwand der Klägerin, die Nichtanrechnung der früheren Dienstzeit verletze den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, brachten schon die Vorinstanzen richtig zum Ausdruck, daß dieser Grundsatz sachgerechten Differenzierungen des Arbeitgebers nicht entgegensteht. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wurde von der Rechtsprechung entwickelt. Die ständige Judikatur besagt, daß ein Arbeitnehmer nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen schlechter gestellt werden darf als die übrigen Arbeitnehmer unter den nämlichen Voraussetzungen. Die praktische Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstreckt sich nicht nur auf die sachgerechte Gewährung von freiwilligen Leistungen, sondern auch auf vertraglich festgelegte Ansprüche sofern diese gemeinsam für Gruppen von Arbeitnehmern oder doch für mehrere, in vergleichbarer Position befindliche Arbeitnehmer vereinbart werden. Es ist also dem Arbeitgeber verwehrt, bei der Gewährung von Leistungen, die über das Gesetz, den Kollektivvertrag oder eine Betriebsvereinbarung hinausgehen, von den zugrunde gelegten Kriterien - deren Bestimmung in seinem Ermessen liegt - willkürlich und damit ohne sachlichen Grund abzugehen (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 386 ff mwN).

Von einer willkürlichen, nicht sachgerechten Differenzierung kann hier aber keine Rede sein. Unstrittig ist - ungeachtet der Frage der Auslegung des Regulativs der Beklagten über Zuschüsse zu der Pension aus der Pensionsversicherung - daß die Beklagte mit der Klägerin bei der Begründung des zweiten Arbeitverhältnisses hinsichtlich der Pensionszuschüsse keine Anrechnung früherer Dienstzeiten vereinbaren wollte, weil die Klägerin das erste Arbeitsverhältnis nur deshalb beendet hatte, um ein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Versicherung einzugehen. Jenen Fällen, in denen die Beklagte mit einigen Arbeitnehmern in Einzelverträgen eine Anrechnung früherer Dienstzeiten vereinbarte, lag zugrunde, daß Arbeitnehmerinnen zwecks Inanspruchnahme einer längeren (als der gesetzlichen) Karenz zur Kindererziehung ihr früheres Arbeitsverhältnis beendeten, nach dieser Karenz jedoch wieder ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingingen. Auch der Fall einer Arbeitnehmerin, die zwecks Erleichterung bei der Kindererziehung vorübergehend ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer anderen Versicherung einging, weil ein solches mit der Beklagten nicht möglich war, danach allerdings wieder ein Vollzeitarbeitsverhältnis mit der Beklagten begründete, ist nicht mit dem Fall der Klägerin vergleichbar. Der Fall einer Anrechnung von Vordienstzeiten (vor einer Unterbrechung), bei dem die Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses nicht mit der Kindererziehung zusammenhing, war nicht feststellbar. Vergleicht man sohin diese anderen Fälle mit jenem der Klägerin, kann entgegen ihrer Ansicht nicht davon die Rede sein, das von der Beklagten gebrauchte Argument der mangelnden Betriebstreue der Klägerin im Zusammenhang mit der Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses wäre nur "vorgeschoben". Es wird hier auch nicht nur nach den persönlichen Motiven der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert, sondern es werden auch die Auswirkungen auf die Beklagte berücksichtigt. Insoweit die Revisionswerberin einen Fall der Anrechnung der Vordienstzeiten trotz "dienstrechtlicher Verfehlungen" eines Arbeitnehmers zum Vergleich mit ihrem Fall bemüht, geht sie nicht von den erstgerichtlichen Feststellungen aus. Aus dem von ihr genannten Schreiben dieses Arbeitnehmers vom 10. 7. 1970 (Konvolut Beilage ./1) ist lediglich ersichtlich, daß eine von einem Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung offenbar einvernehmlich wieder zurückgenommen wurde.

Zusammenfassend vermag daher die Revisionswerberin keine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aufzuzeigen. Die Revision muß daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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