OGH 3Ob215/98h

OGH3Ob215/98h25.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei T***** AG *****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Reimbert S*****, vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 3,090.888 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 21. April 1998, GZ 1 R 48/98k-6, womit der Exekutionsbeschluß des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 19. Dezember 1997, GZ 2 E 6424/97b-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstinstanzliche Exekutionsbewilligungsbeschluß wiederhergestellt wird.

Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs in Höhe von S 28.369,80 (darin enthalten S 4.728,30 Umsatzsteuer) werden als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung

Über das Vermögen des Verpflichteten wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. 3. 1997, 19 S 61/97m, der Konkurs eröffnet. Mit rechtskräftigem Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Konkursgerichtes vom 7. 10. 1997 wurde gemäß § 119 Abs 5 KO iVm § 90 Abs 1 KO die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, Bezirksgericht Hall in Tirol, aus der Konkursmasse unbeschadet Rechte Dritter ausgeschieden und dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen.

Die betreibende Partei beantragte unter Vorlage des mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Konkursgerichtes vom 9. 10. 1997 erteilten, nur in das konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners vollstreckbaren Auszugs aus dem Anmeldeverzeichnis, die Zwangsversteigerung dieser Liegenschaft zur Hereinbringung einer Forderung von S 3,090.888 sA.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Zwangsversteigerung.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge Rekurses des Verpflichteten dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde; es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung nicht zu, es habe sich auf eine klare Gesetzeslage stützen können. Zur Begründung führte es aus, die Rechtskraft der Ausscheidung stelle sich als eine Teilaufhebung des Konkurses hinsichtlich der gegenständlichen Liegenschaft dar, sodaß sie als konkursfrei gewordenes Vermögen jedenfalls grundsätzlich einer Zwangsversteigerung zugänglich sei. Nach § 1 Z 7 EO könnten die amtlichen Eintragungen in das im Konkursverfahren angelegte Anmeldungsverzeichnis als Exekutionstitel nur herangezogen werden, soweit sich nach § 61 KO vollstreckbar sind. Insoweit die Ausübung des Exekutionsrechtes nach § 61 KO als Recht der Konkursgläubiger nach Konkursaufhebung jedoch einer zeitlichen Beschränkung unterliege, ergebe sich nach der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ZIK 1997, 226) auch für den Auszug aus dem Anmeldeverzeichnis, das auf seiner Grundlage - zumindest grundsätzlich - erst nach Aufhebung des Konkurses eine Exekutionsbewilligung erfolgen könne; dies müsse auch für Exekutionen in nach § 119 Abs 5 KO aus der Konkursmasse ausgeschiedene Vermögen gelten, weil dieses unter den in § 61 KO angesprochenen Begriff des dem Gemeinschuldner "zur freien Verfügung bleibenden Vermögens" falle. Wenngleich hier der mit dem Exekutionsantrag der betreibenden Partei vorgelegte Auszug aus dem Anmeldeverzeichnis bereits mit der Vollstreckbarkeitsklausel versehen sei, deren Gültigkeit zu überprüfen dem Erstgericht verwehrt gewesen sei, so bleibe aber dennoch zu beachten, daß das dem Gemeinschuldner überlassene Vermögen nicht dem allgemeinen Zugriff der Gläubiger durch Einzelexekutionen offensteht; Einzelexekutionen kämen nur so weit in Frage, als sich dies mit dem Zweck der Überlassung vereinbaren lasse. Dies wäre etwa der Fall bei gemäß § 1 Abs 3 KO von der Konkursteilnahme ausgeschlossenen Unterhaltsberechtigten oder Gläubigern aus Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners, die dieser erst während des Konkurses eingegangen ist, sodaß auf gemäß § 5 Abs 1 KO überlassene Einkünfte Exekution geführt werden könnte. Es würde der durch das Konkursverfahren zu gewährleistenden Gleichmäßigkeit der Befriedigung der Konkursgläubiger widersprechen, wenn ohne Dartuung besonderer rechtfertigender Umstände einzelne Gläubiger vor Aufhebung des Konkurses auf Grundlage des Auszuges aus dem Anmeldungsverzeichnis Exekution in gemäß § 119 Abs 5 KO aus der Konkursmasse ausgeschiedenen Vermögensbestandteile führen könnten. Im konkreten Fall fehle es an jeglicher Bescheinigung oder auch nur Behauptung im Exekutionsantrag der betreibenden Partei, auf welche sie die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Einzelexekution stütze. Da die Zulässigkeit einer Exekution trotz Konkurs im Zusammenhalt mit einem entsprechenden Vorbringen zu bescheinigen sei, lägen hier die Voraussetzungen für die Erteilung einer Exekutionsbewilligung nicht vor. Auch die Tatsache, daß zugunsten der betreibenden Partei Pfandrechte auf der ausgeschiedenen Liegenschaft eingetragen sind, sei hier ohne Einfluß, weil die betreibende Partei insofern materiellrechtlich eine Doppelstellung als persönlicher Gläubiger im Konkursverfahren und dinglich Berechtigter habe, was sich exekutionsrechtlich auch darin zeige, daß Absonderungsgläubiger aufgrund des Auszugs aus dem Anmeldungsverzeichnis die Verwertung ihrer Absonderungsrechte nicht betreiben können, sondern zur Realisierung ihrer Pfandrechte gegen den Masseverwalter Hypothekarklage erheben müssen. Da hier infolge rechtskräftiger Ausscheidung der belasteten Liegenschaft aus der Konkursmasse die Geltendmachung eines Absonderungsrechts nicht notwendig sei, bleibe dem dahingehend Beachtung zu schenken, als die Anerkennung einer Forderung im Konkursverfahren durch den Masseverwalter wohl nur Einfluß auf die Stellung des betreibenden Gläubigers als persönlicher Gläubiger hinsichtlich des konkursverfangenen Vermögens des Verpflichteten haben, mangels Bestreitungsmöglichkeit des Verpflichteten nicht aber auch Anerkennung von durch den Konkurs nicht betroffenen dinglichen Ansprüchen bedeuten könne. Die betreibende Partei werde somit darauf verwiesen sein, allenfalls im Weg der Hypothekarklage ihre auf der Liegenschaft lastenden Pfandrechte geltend zu machen, wobei einer solchen Klage gegen den Verpflichteten selbst die Konkursanhängigkeit nicht entgegenstehe, weil dieser hinsichtlich seines nicht zur Masse gehörigen Vermögens und damit der gegenständlichen Liegenschaft verfügungsbefugt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Gläubigerin ist zulässig und berechtigt.

Die Liegenschaft, deren Zwangsvollstreckung beantragt wird, wurde gemäß § 119 Abs 5 KO dem Gemeinschuldner rechtskräftig zur freien Verfügung überlassen. Damit scheidet sie aus der Konkursmasse endgültig aus; die rechtskräftige Ausscheidung bedeutet damit eine Teilaufhebung des Konkurses, das konkursfrei gewordene Vermögen fällt in die unbeschränkte Verfügungsmacht des Gemeinschuldners zurück (SZ 61/172; Nunner, Freigabe von Konkursvermögen 112 mwN). Auf die nach § 119 Abs 5 KO ausgeschiedene Liegenschaft kann hier schon deshalb aufgrund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis gemäß § 61 KO Exekution geführt werden, auch wenn der Konkurs noch nicht aufgehoben wurde, weil dies im als Exekutionstitel (§ 1 Z 7 EO) vorgelegten vollstreckbaren Auszug aus dem Anmeldungsverzeichnis ausdrücklich vorgesehen ist. Eine Überprüfung, ob dieser Auszug als Exekutionstitel überhaupt vom Konkursgericht zu erteilen war, obliegt dem an die vollstreckbare Ausfertigung des Exekutionstitels gebundenen Exekutionsgericht nicht (zur Frage, ob Konkursgläubiger noch während des Konkursverfahrens durch Einzelvollstreckung auf freigegebenes Vermögen greifen dürfen, vgl jüngst Nunner aaO 138 ff mwN).

Auch der Umstand, daß die Konkurseröffnung nach wie vor im Grundbuch angemerkt ist, hindert nicht die Exekutionsführung. Diese Anmerkung ist im Zuge der Freigabe zu löschen; gegebenenfalls kann auch der Gemeinschuldner selbst nach der Freigabe die Berichtigung des Grundbuchs (§ 136 GBG) beantragen. Diesem Vorgang kommt jedoch bloß deklarative Wirkung zu; der Entfall der rechtlichen Beschränkungen des Gemeinschuldners tritt unabhängig davon ein (Nunner aaO 119).

Schon aus diesen vom Exekutionsgericht allein vorzunehmenden Überlegungen war die erstinstanzliche Exekutionsbewilligung wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte