OGH 8Ob272/98b

OGH8Ob272/98b12.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter Karl S*****, ehemaliger Rechtsanwalt, ***** vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in Linz-Urfahr, wider die beklagte Partei V***** regGenmbH, ***** vertreten durch Dr. Erwin Bajc und Dr. Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wegen Feststellung des Erlöschens einer Forderung gemäß § 110 Abs 2 KO (Streitwert S 34,195.827,41 sA), 1.) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 23. Juni 1998, GZ 2 R 70/98a-17, womit infolge Rekurses des Klägers der Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 5. Feber 1998, GZ 26 Cg 12/96z-13, bestätigt wurde, und 2.) infolge (außerordentlichen) Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 8. September 1998, GZ 2 R 70/98a-22, womit der Antrag des Klägers auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches des zuvor genannten Beschlusses des Rekursgerichtes vom 23. Juni 1998, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Dem Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Bestätigung von Punkt 1. des Beschlusses des Erstgerichtes richtet, nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 72.936,60 bestimmten Kosten des Verfahrens dritter Instanz (darin S 12.156,60 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Im übrigen wird der Revisionsrekurs, soweit er sich gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichtes in den Punkten 2. und 5. richtet, zurückgewiesen.

3. Der (außerordentliche) Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zu 1.:

Der Kläger ist Gemeinschuldner im Konkursverfahren 17 S 150/95t des Landesgerichtes Leoben. In diesem Konkursverfahren meldete die beklagte Partei eine Forderung in Höhe von S 34,195.827,41 an, die auf einer Judikatschuld aus dem Verfahren 4 Cg 248/93i des Landesgerichtes Leoben (das von der nun beklagten Partei gegen den nunmehrigen Kläger geführt worden war) beruhte. Die angemeldete Forderung wurde bei der Prüfungstagsatzung vom Masseverwalter und vom Gemeinschuldner anerkannt. Erst danach, insbesondere in der Gläubigerausschußsitzung vom 17. 7. 1996, behauptete der Gemeinschuldner das Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen. Da dem Masseverwalter diese Gründe nicht konkret genug erschienen, beantragte er die Ausscheidung einer daraus allenfalls ableitbaren Forderung des Gemeinschuldners gegen die beklagte Partei (sowie im übrigen auch die Ausscheidung von mehreren dem Kläger gehörigen Liegenschaften) aus dem Konkursverfahren. Nach Abstimmung über diese Anträge faßte das Konkursgericht den Beschluß, daß von einer Geltendmachung der vom Kläger behaupteten Forderung gegen die beklagte Partei (sowie von einer Veräußerung der dem Kläger gehörigen Liegenschaften) gemäß § 119 Abs 5 KO abgesehen werde und diese Forderung (sowie die Liegenschaften) dem Kläger zu seiner freien Verfügung überlassen werde(n). Hinsichtlich der Überlassung der Forderung an den Gemeinschuldner blieb der Beschluß unangefochten und wurde rechtskräftig. Hinsichtlich der Ausscheidung der Liegenschaften wurde der Antrag des Masseverwalters letztlich rechtskräftig abgewiesen.

Mit Klage vom 25. 9. 1996 begehrte der Kläger die Feststellung, die im Konkursverfahren 17 S 150/95t des Landesgerichtes Leoben angemeldete Forderung der beklagen Partei im Betrage von S 34,195.827,41 "sA" sei erloschen. Er begündete dies damit, daß er über eine Gegenforderung gegen die beklagte Partei verfüge, welche die im Verfahren 4 Cg 248/93i des Landesgerichtes Leoben zugesprochene und im Konkursverfahren angemeldete Forderung der beklagten Partei übersteige. Dem Kläger seien während des Konkursverfahrens neue Tatsachen und Beweismittel bekannt geworden, die ihm im früheren Verfahren die Geltendmachung seiner Gegenforderung und damit die Kompensation der Forderung der beklagten Partei ermöglicht hätten.

Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung der Klage und brachte unter anderem vor, der Kläger sei nicht prozeßfähig; eine Bestreitung einer anerkannten Forderung sei unzulässig. Sollte die Klage als Wiederaufnahmsklage gedeutet werden, so wäre diese verfristet.

Das Erstgericht wies - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist - nach abgesonderter Verhandlung über die Prozeßeinrede die Klage auf Feststellung des Erlöschens der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung der beklagten Partei zurück. Durch die Ausscheidung der dem Kläger allenfalls zustehenden Forderung sei der Kläger zwar zu einem Aktivprozeß, nicht aber zu einer Bestreitung der angemeldeten, vollstreckbaren Judikatschuld ermächtigt. Die Eintragung einer - auch vom Gemeinschuldner unbestrittenen - Forderung ins Anmeldeverzeichnis habe gegenüber späteren Feststellungsklagen nicht nur die Wirkung der materiellen Rechtskraft, sondern auch die Einmaligkeitswirkung. Die Forderungsfeststellung bilde daher ein Prozeßhindernis für spätere Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer angemeldeten und unbestrittenen Forderung. Dem Kläger stehe allenfalls eine Leistungsklage gegen die beklagte Partei zu, nicht aber eine "Feststellungsklage gemäß § 110 Abs 2 KO".

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge, es bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstandes mit einem S 260.000 übersteigenden Betrag und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs (insoweit) für zulässig. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, schon nach der Bezeichnung des Streitgegenstandes als Bestreitungsklage nach § 110 Abs 2 KO könne eine Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen werden. Aber auch eine solche sei dem Gemeinschuldner während der Anhängigkeit des Konkursverfahrens verwehrt.

Weiters habe sich der Kläger durch die Anerkennung der Forderung in der Prüfungstagsatzung der Möglichkeit zur Bestreitung dieser Forderung begeben. Eine Klage nach § 110 Abs 2 KO setzte aber die Bestreitung der Forderung voraus, so daß auch insoweit eine notwendige Voraussetzung für eine solche Klage fehle.

Sollte die dem Kläger überlassene Forderung zu Recht bestehen, stünde sie infolge der Ausscheidung gemäß § 119 Abs 5 KO dem Gemeinschuldner (dem Kläger) persönlich und nicht der Konkursmasse zu, während die angemeldete Forderung der beklagten Partei aus der Konkursmasse zu befriedigen sei. Eine Aufrechnung mit der angeblich dem Kläger zustehenden Forderung gegen die Forderung der beklagten Partei sei daher während des Konkursverfahrens nicht möglich.

In Ermangelung einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung - der Gemeinschuldner stütze seine Klage "nach § 110 Abs 2 KO" gegen eine angemeldete und unbestrittene Konkursforderung auf eine ihm zur freien Verfügung überlassene Gegenforderung - sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem erkennbaren Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen abzuändern und den Zurückweisungsbeschluß ersatzlos zu beheben.

Die beklagte Partei beantragt, dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge zu geben.

Der Beschluß des Erstgerichtes, das "Beweisthema vorerst auf die Frage der Prozeßfähigkeit des Klägers einzuschränken" ist im Sinne des Vorbringens in der Klagebeantwortung - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat - als abgesonderte Verhandlung über die in der Klagebeantwortung enthaltenen Prozeßeinreden im Sinne des § 260 Abs 1 ZPO zu verstehen. Der Gebrauch des Ausdruckes "Prozeßfähigkeit des Klägers" ist dabei eine erkennbare und damit unschädliche Falschbezeichnung; aus der Klagebeantwortung und der Begründung ist ersichtlich, daß neben der Prozeßfähigkeit des Klägers als Gemeinschuldner auch die Unzulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die anerkannte Konkursforderung behandelt wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Zweck der Ausscheidung einer Forderung gemäß § 119 Abs 5 KO ist es nicht nur, die Konkursmasse nicht mit den Kosten der Verfolgung und Einbringlichmachung einer zweifelhaften Forderung des Gemeinschuldners zu belasten, sondern auch die Beschleunigung des Konkursverfahrens, dessen Beendigung nicht durch die Verfolgung einer solchen Forderung verzögert werden soll. Dieser Zweck wird nur dann erreicht, wenn der Gemeinschuldner die ihm überlassene Forderung nur außerhalb des Konkurses geltend machen kann, nicht aber dann, wenn ihm damit die Möglichkeit eröffnet würde, die Befriedigung einer im Konkurs wirksam festgestellten Forderung zu verhindern.

Darüber hinaus ist der Gemeinschuldner nicht legitimiert, die Forderungsfeststellung im Konkurs aufgrund des gemäß § 109 Abs 1 und 2 KO allein maßgeblichen Anerkenntnisses des Masseverwalters im Wege einer Wiederaufnahmsklage (siehe Jelinek, Forderungsfeststellung und Wiederaufnahme im Konkursverfahren in Fasching-FS [1988], 245, 251 f; EvBl 1987/205) anzufechten. Wie sich schon aus der Bezugnahme auf § 110 Abs 2 KO sowie aus dem Begehren auf Feststellung des Erlöschens der von der beklagten Partei im Konkursverfahren angemeldeten Forderung ergibt, strebt der Kläger nicht etwa die Beseitigung der aus seinem Erklärungsverhalten in der Prüfungstagsatzung resultierenden Feststellungswirkung gemäß § 60 Abs 2 KO an, sondern bekämpft unzulässigerweise die gemäß § 109 Abs 1 und 2 KO jedenfalls seiner Ingerenz entzogene Forderungsfeststellung im Konkurs.

Aber selbst wenn der Kläger die Beseitigung der Feststellungswirkung gemäß § 60 Abs 2 KO anstrebte, wäre er erst nach Konkursaufhebung zur Wiederaufnahmsklage legitimiert, da § 7 KO dem Gemeinschuldner ein Recht zur Aufnahme des Prozesses wegen einer Konkursforderung nicht zubilligt (siehe Jelinek aaO, 254 sowie Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht, 600).

Zu Punkt 2.:

Mit den weiteren Ausführungen in dem als "Antrag auf Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses; Ausführungen der Revisionsrekurse; Anträge" bezeichneten Rechtsmittel wendet sich der Kläger auch gegen die Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (Punkt 2 des Beschlusses des Erstgerichtes ON 13) sowie gegen die Bestätigung der Kostenentscheidung (Punkt 5 dieses Beschlusses) durch das Rekursgericht.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 und 4 ZPO iVm § 171 KO ist ein Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Verfahrenshilfe und den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Zu 3.:

Mit Beschluß vom 22. September 1998, ON 22, hat das Rekursgericht den Antrag des Klägers, den Zulässigkeitsausspruch in der Rekursentscheidung ON 17 abzuändern und den ordentlichen Revisionsrekurs hinsichtlich der Punkte 2 bis 5 - tatsächlich bekämpfte der Rechtsmittelwerber, wie bereits zu Punkt 2. ausgeführt - nur die Entscheidung des Rekursgerichtes bezüglich der Punkte 2 und 5 des erstgerichtlichen Beschlusses ON 13 - für zulässig zu erklären, samt den diesbezüglichen außerordentlichen Revisionsrekurs zurückgewiesen und weiters ausgesprochen, gegen diesen Beschluß sei kein Rechtsmittel zulässig.

Da einerseits gemäß § 508 Abs 4 ZPO iVm § 528 Abs 2a ZPO ein Rekurs gegen die Entscheidung über den Antrag auf Abänderung eines Ausspruches über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses unzulässig ist, andererseits, wie zu Punkt 2 ausgeführt, gegen eine Entscheidung über die Verfahrenshilfe und den Kostenpunkt ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, war der (außerordentliche) Revisionsrekurs des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (zu Punkt 1.) gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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