Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß der Antrag des Zweitantragstellers auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung abgewiesen wird.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde vom Erstgericht am 5. 12. 1997 gemäß § 55a EheG für geschieden erklärt; der Scheidungsausspruch ist seit 31. 12. 1997 rechtskräftig.
Der Anordnung des § 55a Abs 2 EheG entsprechend hatten die Parteien dem Erstgericht vor Ausspruch der Scheidung eine schriftliche, zum damaligen Zeitpunkt nicht unterfertige Vereinbarung unterbreitet, welche in der Folge in verschiedenen Punkten diskutiert und ergänzt wurde. Im Protokoll über die der Scheidung vorangegangene Verhandlung sind die von der vorgelegten Vereinbarung abweichenden bzw über diese hinausgehenden Ergänzungen festgehalten worden, die großteils - bis auf den neuaufgenommenen Punkt XI - auch im vorgelegten Entwurf handschriftlich ergänzt bzw ausgebessert wurden; dieser wurde sodann auf jeder der drei Seiten von beiden Antragstellern unterschrieben und mit Datum versehen. Weiters wurde protokolliert, daß die Antragsteller die schriftliche Vereinbarung "zum Akt legen". Sodann wurde die zwischen den Antragstellern geschlossene Ehe geschieden; die Antragsteller verzichteten jeweils auf Rechtsmittel und beantragten die Zustellung einer Beschluß- und Vergleichsausfertigung. In der Folge wurde der Scheidungsvergleich ausgefertigt und am 31. 12. 1997 mit der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung versehen.
Mit seinem am 30. 1. 1998 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrt der Zweitantragsteller die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung hinsichtlich des Vergleiches vom 5. 12. 1997 sowie die Aufschiebung eines zu 2 E 23/98p des Erstgerichtes wider ihn eingeleiteten Exekutionsverfahrens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag. Dazu führte er zusammengefaßt aus, die dem Erstgericht unterbreitete Vereinbarung könne keinen Exekutionstitel bilden, da es sich bei dieser nicht um einen gerichtlichen Vergleich, sondern lediglich um eine mit privatrechtlichen Wirkungen ausgestattete Parteienvereinbarung handle, zu deren Vollstreckbarkeit zuerst Klage auf Zuhaltung der darin enthaltenen Verpflichtungen geführt werden müsse.
Das Erstgericht schloß sich dieser Argumentation an und hob die erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit hinsichtlich des Vergleiches vom 5. 12. 1997 auf. Es begründete diese Entscheidung damit, daß es versehentlich unterblieben sei, im Protokoll schriftlich festzuhalten, daß die Parteien die von ihnen gelegte Vereinbarung auch zum Gegenstand eines gerichtlichen Vergleiches erheben hätten wollen. Dies führe zwangsläufig dazu, daß im gegenständlichen Fall nur eine mit privatrechtlichen Wirkungen ausgestattete Vereinbarung der Antragsteller zustande gekommen sei, weshalb dem Antrag des Zweitantragstellers Berechtigung zukomme.
Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Erstantragstellerin, in dem diese geltend macht, daß es nach der aktuellen Judikaturlinie des Höchstgerichtes ausreichend sei, daß auf ein im Akt erliegendes Übereinkommen Bezug genommen und dieses zum Gegenstand des gerichtlichen Vergleiches erhoben werde, gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil zur vorliegenden Frage einschlägige Judikatur existiere und der Entscheidung über den Einzelfall hinaus keine Bedeutung zukomme.
Eine Scheidung dürfe nur ausgesprochen werden, wenn die Ehegatten eine (bereits getroffene) schriftliche Vereinbarung dem Gericht unterbreiteten oder eine solche Vereinbarung bei Gericht schlössen. Dadurch, daß der Gesetzgeber neben vor dem Gericht selbst geschlossenen vermögensrechtlichen Vereinbarungen, die als Vergleich iSd § 1 Z 5 EO vollstreckbare Exekutionstitel bildeten (§ 228 AußStrG), auch bloß mit privatrechtlichen Wirkungen ausgestattete Vereinbarungen zulasse, habe der Gesetzgeber offenbar bewußt in Kauf genommen, daß in den Fällen, in denen die Vereinbarung nicht freiwillig erfüllt werde, Klage auf Zuhaltung der darin festgelegten Verpflichtungen geführt werden müsse, wie das auch sonst bei der Nichterfüllung privatrechtlicher Vereinbarungen notwendig sei. Einer dem Gericht unterbreiteten schriftlichen Vereinbarung gemäß § 55a Abs 2 EheG komme daher der Charakter eines Exekutionstitels im Sinne der EO nur dann zu, wenn die Vereinbarung in die Form eines protokollierten gerichtlichen Vergleiches gebracht worden sei (RZ 1989/53), die Vereinbarung also in einen gerichtlichen Vergleich transformiert worden sei (SZ 56/22), was hier nicht der Fall gewesen sei. Die genannte Entscheidung könne nicht einmal sinngemäß Anwendung finden, zumal auch darin ausdrücklich darauf Bezug genommen werde, daß ein im Akt erliegendes außergerichtliches Übereinkommen zum Inhalt des gerichtlichen Vergleiches erhoben werde, also ein auf die Erzielung eines solchen Rechtsfolge gerichtetes Erklären der Parteien vorliegen müsse. Nur diesfalls könne auf den Inhalt eines solchen (außergerichtlichen) Übereinkommens Bezug genommen werden, wobei es dann (also im Falle des Abschluß eines gerichtlichen Vergleiches) ausreiche, wenn dieser die schon anderwärts getroffene Vereinbarung in der Weise festhalte, daß eine Ausfertigung dieser Vereinbarung zum Akt genommen werde. Da im vorliegenden Fall dem Inhalt des Protokolls das von der Rechtsprechung (auch in RZ 1989/53) geforderte Erklären der Parteien aber nicht entnommen werden könne - daß diese vor Gericht ihre Vereinbarung ergänzt und ihre Unterschriftsleistungen erst dort erbracht hätten, könne nicht ausreichen -, sei das Erstgericht zurecht vom Vorliegen einer lediglich mit privatrechtlichen Wirkungen ausgestatteten Vereinbarung ausgegangen, was in weiterer Folge dazu führe, daß die gesetzwidrig erteilte Vollstreckbarkeitsbestätigung zutreffend aufgehoben worden sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Erstantragstellerin (ON 10), der - ungeachtet des an das Rekursgericht gerichteten Antrags auf Zulässigerklärung des ordentlichen Revisionsrekurses - vom Obersten Gerichtshof als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln ist (näheres siehe ON 12), wegen Nichtigkeit (die nicht näher ausgeführt ist) und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung abzuweisen, in eventu zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Es ist zwar richtig, daß es sich bei der Frage, ob eine Vollstreckbarkeitsbestätigung im konkreten Fall aufzuheben ist, im Regelfall um einen Einzelfall handelt. Der vorliegende rekursgerichtliche Beschluß ist aber durch die vorliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung (SZ 56/22 betreffend die Zulässigkeit privatrechtlicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Scheidung, die im Fall der nicht freiwilligen Erfüllung erst eingeklagt werden muß, und RZ 1989/53 andererseits) nicht hinreichend gedeckt, kann auch für vergleichbare Fälle Bedeutung haben und ist im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit zu beheben (MGA ZPO14 § 502/E 18 bis 20 ua).
Das Erstgericht hat in seinem Beschluß, mit dem es dem Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit Folge gab, selbst festgehalten, daß es nur aus seinem Versehen unterblieben sei, schriftlich festzuhalten, daß die Parteien die schriftliche Vereinbarung zum Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichs erheben wollten. Die Frage, ob diese Ungenauigkeit in der Protokollierung von Amts wegen berichtigt werden könnte, kann dahinstehen, weil im vorliegenden Fall zweifelsfrei ist, daß die Antragsteller einen gerichtlichen Vergleich schließen wollten, ihn auch schlossen und das Erstgericht die Antragsteller auch in diesem Sinn verstand: Diese legten vorerst eine von ihnen verfaßte, aber noch nicht unterschriebene Vereinbarung dem Richter vor und erörterten sie mit ihm. Danach ergänzten und änderten sie die Vereinbarung in einigen Punkten. Diese Änderungen wurden sowohl im Entwurf der vorgelegten Vereinbarung handschriftlich ergänzt als auch im Protokoll wortwörtlich angeführt. Hierauf unterschrieben die Antragsteller jede Seite der geänderten und ergänzten Vereinbarung und - so protokollierte es der Richter - "legten sie zum Akt". Im Protokoll wurde ausdrücklich festgehalten, daß die Antragsteller Vergleichsausfertigungen beantragten; hierauf unterzeichneten sie das Protokoll. Der Richter ließ antragsgemäß Reinschriften der von ihm ausdrücklich als "Vergleich" bezeichneten Vereinbarung anfertigen, stellte den Scheidungsbeschluß und die Vergleichsausfertigungen zu und bestätigte in der Folge die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit. Alle beteiligten Personen, auch der Richter gingen also davon aus, daß die Antragsteller die Vereinbarung als gerichtlichen Vergleich gewertet wissen wollten. Hätte der Erstrichter Zweifel gehabt, daß die Parteien diese Vereinbarung nicht zum Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichs erheben wollten, hätte er die Parteien darüber aufklären müssen, daß sie keine Vergleichsausfertigungen begehren könnten, weil sie ja nur eine privatrechtliche Vereinbarung dem Gericht vorgelegt hätten, und schon gar nicht hätte er in der Folge dem Vergleich die Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilen dürfen.
Bei dieser klaren Sachlage liegt im Vorgehen der Vorinstanzen ein unhaltbarer Formalismus: Es kommt nicht darauf an, ob der Richter "aus Versehen", wie er selbst sagt, nicht ausdrücklich die Worte "zum gerichtlichen Vergleich erhoben" gebraucht hat, sondern wie verständige Parteien und das Gericht die protokollierten Vorgänge verstanden und gewertet wissen wollten; diese können nur dahingehend verstanden werden, daß die Vereinbarung die Qualität eines gerichtlichen Vergleichs und somit eines Exekutionstitels haben sollte, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern waren, daß der Antrag des Zweitantragstellers auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung - der im übrigen unter den gegebenen Umständen und der hiefür im Antrag genannten Begründung rechtsmißbräuchlich anmutet - abgewiesen wird.
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