OGH 14Os133/98

OGH14Os133/983.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmidt als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerald A***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Fall und 15 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juni 1998, GZ 7 a Vr 15.197/92-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Gullner, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juni 1998, GZ 7 a Vr 15.197/92-42, mit dem die bedingte Nachsicht der in dieser Strafsache verhängten Freiheitsstrafe für endgültig erklärt wurde, verletzt das Gesetz in dem sich aus § 494a Abs 4 StPO iVm § 43 Abs 2 StGB bzw aus §§ 17 Abs 4, 180 Abs 1 StVG iVm § 48 Abs 3 StGB ergebenden Verbot, nach aufrechter Beschlußfassung über den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder einer bedingten Entlassung nochmals in der selben Sache zu entscheiden.

Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5. März 1993, GZ 7 a Vr 15.197/92-19, wurde Gerald A***** zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Gemäß Entschließung des Bundespräsidenten wurde Gerald A***** mit Wirkung vom 16. Dezember 1993 der Rest der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbüßten Freiheitsstrafe von zwei Monaten, 27 Tagen und drei Stunden mit den Wirkungen einer bedingten Strafnachsicht unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen (ON 27).

Mit Beschluß vom 28. April 1994, GZ 3 c Vr 2.844/94-33, widerrief das genannte Gericht diese bedingte Nachsicht (ON 31 des zuerst bezeichneten Aktes).

Mit Beschluß desselben Gerichtes als Vollzugsgericht vom 22. Juni 1995, GZ 18 a BE 525/95-2, wurde Gerald A***** aus der daraufhin vollzogenen Freiheitsstrafe nach § 3 Amnestie 1995 per 2. März 1997 unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bedingt entlassen.

Mit Beschluß vom 26. August 1997, GZ 36 Vr 554/97-79, widerrief sodann das Landesgericht Wiener Neustadt diese bedingte Entlassung. Der Vollzug der Reststrafe wird nach Mitteilung der Justizanstalt Wiener Neustadt am 29. April 2000 beginnen (GZ 18 a BE 525/95-7).

Ungeachtet dieses aktenkundigen (ON 41) Widerrufsbeschlusses und eines darauf bezogenen Hinweises der Staatsanwaltschaft (ON 40) faßte das Landesgericht für Strafsachen Wien am 24. Juni 1998 den von der Staatsanwaltschaft nicht bekämpften (S 324) Beschluß auf endgültige Nachsicht der (gesamten, im Entscheidungszeitpunkt aber schon größtenteils vollzogenen) Freiheitsstrafe (GZ 7 a Vr 15.197/92-42).

Dieser Beschluß steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Ausgangspunkt der Beschlußfassung war die bedingte Nachsicht eines Strafrestes, sodaß eine endgültige Nachsicht (§ 43 Abs 2 StGB) der gesamten ursprünglich ausgesprochenen Freiheitsstrafe nicht wirksam gewährt werden konnte.

Der angefochtene Beschluß verletzt das Gesetz weiters in dem sich aus § 494a Abs 4 StPO iVm § 43 Abs 2 StGB sowie aus §§ 17 Abs 4, 180 Abs 1 StVG iVm § 48 Abs 3 StGB ergebenden Verbot, nach aufrechter (hier sogar rechtskräftiger) Beschlußfassung über den Widerruf der bedingten Entlassung aus der Freiheitsstrafe nochmals in dieser Sache zu entscheiden.

Ein - nach § 48 Abs 3 StGB der endgültigen Nachsicht des Strafrestes entgegenstehender - Widerrufsbeschluß unterliegt nämlich schon vor Eintritt seiner Rechtskraft nur noch der Behebung oder Abänderung im Wege der in den Prozeßgesetzen vorgesehenen Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe. Er ist also schon ab seiner Verkündung (§ 494a Abs 4 StPO) insoweit mit einer Bindungswirkung ausgestattet, als weder das erkennende Gericht, noch ein anderes Gericht ohne vorangegangene Kassation dieses Beschlusses über den Entscheidungsgegenstand neuerlich absprechen darf (EvBl 1989/64). Der angefochtene Feststellungsbeschluß konnte somit den schon vorher durch das zuständige Gericht - sogar rechtskräftig - beschlossenen Widerruf der bedingten Entlassung nicht beseitigen.

Obwohl dieser Beschluß für Gerald A***** keinerlei Rechtswirkung entfalten konnte, war er aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben (Mayerhofer StPO4 § 494a E 20 b).

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