OGH 12Os131/98

OGH12Os131/9829.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Oktober 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Cihlar als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinrich K***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 1. Juli 1998, GZ 15 Vr 1270/97-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Koller zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Qualifikationsausspruch nach § 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB laut Punkt B des Urteilssatzes und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Heinrich K***** wird für die ihm laut den unberührt gebliebenen Teilen des Schuldspruchs zur Last liegenden Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB und des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB gemäß §§ 28 Abs 1, 169 Abs 1 StGB zu 24 (vierundzwanzig) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird ein Teil von sechzehn Monaten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld wird zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Heinrich K***** wurde der Verbrechen (A) der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB und (B) des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 "erster" Fall, Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er in Yspertal (A) am 2. September 1997 an einer eigenen Sache eine Feuersbrunst verursachte und dadurch eine Gefahr für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß herbeiführte, indem er eine brennende Zigarre auf einem im Körnerboden seines landwirtschaftlichen Anwesens in Wimberg Nr 11 gelagerten Stapel von trockenem Papier, Kartonagen und Holz ablegte (US 6) sowie (B) am 5. September 1997 versuchte, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Angestellte der N***** Versicherung durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch "Verschleierung der Brandentstehungsursache und Unterfertigung des Schadensmeldungsformulares und einer Feuerschadenserhebung, sohin unter Verwendung einer falschen Urkunde", zur Auszahlung der Versicherungsleistung zu verleiten, die das betreffende Versicherungsunternehmen in einer 500.000 S übersteigenden Höhe am Vermögen schädigen sollte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider zählt die Höhe des Feuerschadens nicht zu jenen Tatsachenkomponenten, die für die rechtliche Beurteilung eines Brandgeschehens als Feuersbrunst im Sinne des § 169 StGB von entscheidender Bedeutung sind. Insoweit ist nämlich in erster Linie maßgeblich, ob der Brand unter den konkreten Umständen, vor allem wegen seiner Ausdehnung und der Gefahr der Weiterverbreitung, ein mit gewöhnlichen Mitteln nicht zu beherrschendes elementares Schadensfeuer darstellt. Daß diese Voraussetzung im konkreten Fall erfüllt ist - der Brand erforderte einen mehr als vierstündigen umfangreichen Feuerwehreinsatz zur Bannung der Gefahr des Übergreifens des Feuers auf benachbarte Bauobjekte und die in unmittelbarer Nähe befindliche Ortskirche -, kann nicht ernsthaft in Frage gestellt werden.

Davon abgesehen bieten die Verfahrensergebnisse angesichts des durch den Brand schwer beschädigten Wohnhauses und der gänzlich zerstörten Wirtschaftsgebäude, deren Wert der Beschwerdeführer selbst mit 3 Mio S bezifferte (37), ohnehin hinreichende Anhaltspunkte für einen Feuerschaden in Millionenhöhe, mag dieser auch unter der dem Gebäudeneuwert entsprechenden Versicherungsleistung von 5,4 Mio S liegen.

Auch die Beschwerdeeinwände (Z 5) gegen die in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Brandsachverständigen Hofrat Ing. Ernst B***** (ON 7) getroffene Feststellung einer konkreten Gefahr für fremdes Eigentum im großen Ausmaß (US 7, 18) versagen, erweist sich doch auch ohne sachverständige Bewertung schon die durch die Aktenlage (vgl die Lichtbilder S 233 bis 239) dokumentierte Beschaffenheit der beiden gefährdeten Nachbarobjekte als für die Annahme eines insoweit zu befürchtenden Brandschadens von mehr als 500.000 S (US 18) mängelfrei tragfähig.

Den auf die Herbeiführung dieser Gefahrenlage gerichteten bedingten Vorsatz des Angeklagten hat das Erstgericht vollständig festgestellt (US 6, 20) und mit dem Hinweis auf den spezifischen Kenntnisstand des Beschwerdeführers, vor allem über die Art und die Baubeschaffenheit seines Bauernhofes und jene der Nachbarhäuser (US 19), auch formell einwandfrei begründet. Mit der Behauptung insoweit gegebener Feststellungsmängel (Z 9 lit a), welche auf der Basis der leugnenden Verantwortung des Angeklagten im gegebenen Anfechtungsrahmen prozeßordnungswidrig eine bloß fahrlässige Gefährdung fremden Eigentums unterstellt, wird daher keine die rechtliche Beurteilung hindernde Lücke der Tatsachenfeststellungen aufgezeigt, sondern unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft.

Das von der Beschwerde unter dem Prätext weiterer Feststellungsmängel (Z 9 lit a) aufgeworfene Problem der Zumutbarkeit sorgfaltsgemäßen Verhaltens hat sich auf der Basis der gleichfalls ignorierten Konstatierung, daß der Angeklagte eine brennende Zigarette bewußt auf einen Holzbehälter der mit weiteren leicht brennbaren Materialien gefüllten Scheune seines Bauernhofes "mit der Erwartung und dem Wollen" einer dadurch entstehenden Feuersbrunst ablegte (US 6 und 7), mangels irgendeines Freiraums für ein fahrlässiges Verhalten nicht gestellt.

Es kann auch keine Rede davon sein, daß der zumindest bedingte Betrugsvorsatz des Angeklagten nicht festgestellt wurde (Z 9 lit a), war der Brand nach dem Urteilssachverhalt doch von vornherein allein damit motiviert, unter Vortäuschung einer "anderweitigen" Brandentstehung den alten Bauernhof auf Kosten der Versicherung neu aufzubauen (US 5 und 6), und zielten auch die bewußt "irreführend falschen" Erklärungen des Beschwerdeführers in den verschiedenen Versicherungsprotokollen, von welchen er wußte, solcherart zunächst alle Schritte zur konkreten Schadensliquidierung gesetzt zu haben, allein darauf ab (US 8 und 9). Damit ist nicht nur sogar absichtliches sondern auch ausführungsnahes Handeln in bezug auf die betrügerische Herauslockung einer Versicherungsleistung von 5,4 Mio S eindeutig klargestellt (US 20).

Berechtigung kommt hingegen im Ergebnis der Subsumtionsrüge (Z 10) zu, die sich gegen die Beurteilung des Urteilssachverhaltes auch als einen nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierten schweren Betrug wendet.

Zwar ist die Beschwerdeauffassung verfehlt, daß echte Urkunden unwahren Inhalts vom Anwendungsbereich des § 147 Abs 1 Z 1 StGB ausscheiden, weil nach nunmehr gesicherter Rechtsprechung (vgl die Entscheidung des verstärkten Senates 13 Os 81/93 = EvBl 1995/21) auch die Benützung einer sogenannten "Lugurkunde" als qualifikationsbegründendes Täuschungsmittel nach § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB strafbar ist.

Diese Voraussetzungen sind nach dem Urteilssachverhalt aber nicht erfüllt:

In der vom Angeklagten unterfertigten Schadensmeldung (107) wurde - insoweit richtig - als Schadensursache "Feuer" angeführt, die Frage nach der Brandentstehung im Protokoll zur "Feuerschadenserhebung" vom 10. September 1997 jedoch "bewußt irreführend falsch" (US 8) mit "Ursache derzeit unbekannt" beantwortet (357) und damit unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß das Feuer jedenfalls nicht vom Angeklagten selbst vorsätzlich herbeigeführt wurde, sondern auf eine Weise entstanden ist, die einen Anspruch auf Schadensliquidierung durch den Versicherer begründet. Damit hat der Beschwerdeführer zur Täuschung aber kein falsches Beweismittel benützt, das heißt so verwendet, daß sie seine gegenüber dem Versicherungsvertreter gemachten unwahren Behauptungen zu beweisen scheinen, sondern diese ohne jeden zusätzlichen Beweiswert bloß schriftlich wiederholt.

Da in diesem Fall der Qualifikationstatbestand des § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB nicht erfüllt ist (Bertel/Schwaighofer Österr.Strafrecht BT I5 § 147 Rz 6), war er spruchgemäß unter Mitaufhebung des Strafausspruches aus dem Urteil zu eliminieren.

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Die weiters erhobene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ist im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehen. Sie war daher zurückzuweisen.

Bei der durch Teilkassation des Urteils notwendig gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen von zwei Verbrechen verschiedener Art als erschwerend, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und den Umstand, daß der Betrug (B) beim Versuch geblieben ist, hingegen als mildernd.

Angesichts der sorgfältigen Planung und rücksichtslosen Ausführung der Tat, der ohne die geringste wirtschaftliche Notlage mit dem Betrugsversuch intendierten Erlangung einer Versicherungsleistung in der die Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB um ein Vielfaches übersteigenden Höhe von 5,4 Mio S und der darin hinreichend dokumentierten gleichgültigen Einstellung des Angeklagten gegenüber rechtlich geschützten Werten entspricht angesichts der - dem Gewicht nach - bloß geringfügigen Urteilskorrektur eine Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten weiterhin der tat- und täterbezogenen Schuld.

Nach Lage des Falles ist aus spezialpräventiver Sicht die Verbüßung eines Strafteils von acht Monaten geboten. Eine gänzlich bedingte Freiheitsstrafe scheidet schon aus den im hier angesprochenen Kriminalitätsbereich akzentuiert bedeutsamen generalpräventiven Gründen aus.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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