OGH 8ObA263/98d

OGH8ObA263/98d22.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Pipin Henzl und Mag. Dagmar Armitter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dieter Q*****, Bautechniker, ***** vertreten durch Dr. Hans Lehofer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei K***** AG, ***** vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, wegen Anfechtung einer Entlassung (Streitwert für GebAG S 7.950,--; für RATG S 50.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Mai 1998, GZ 7 Ra 33/98y-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. November 1997, GZ 36 Cga 72/97d-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 676,48 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend begründet, daß das wiederholte verspätete "Einstempeln" des Klägers, das nachfolgende Verlassen des Betriebsgeländes und die erst etwas spätere Rückkehr ohne neuerliches Einstempeln (Manipulationen bei der Zeiterfassung) eine Entlassung gemäß § 27 Z 1 dritter Tatbestand AngG rechtfertigt, weshalb die Entlassungsanfechtung des Klägers gemäß § 107 ArbVG unberechtigt sei (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen zu erwidern:

Verfahrensmängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat, können im Revisionsverfahren nicht nochmals geltend gemacht werden.

Nur für Entlassungsgründe, die das Tatbestandsmerkmal der "Beharrlichkeit" beinhalten, ist allenfalls eine vorausgehende Ermahnung oder Verwarnung durch den Arbeitgeber erforderlich; bei dem Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit ist dies nicht der Fall.

Soweit sich der Revisionswerber darauf beruft, das Fehlverhalten des Klägers sei toleriert worden, ist er auf die für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen zu verweisen, wonach es schon seit 1991 immer wieder Beschwerden wegen Nichteinhaltung der Arbeitszeit durch den Kläger gab und der Kläger deshalb mehrmals verwarnt wurde. Überdies kann eine stillschweigende Vertragsergänzung durch ein Tolerieren von Fehlverhalten nur bei Sachverhalten erfolgen, in denen der Arbeitnehmer redlicherweise auf die Zustimmung des Arbeitgebers vertrauen durfte; dies ist bei einem Hintergehen des Arbeitgebers nicht der Fall (Verlassen des Betriebes nach dem "Einstempeln", um einen Parkplatz zu suchen, und sodann in einem gewissen zeitlichen Abstand neuerliches Betreten des Betriebes ohne Zeiterfassung). Das Fehlverhalten des Klägers - mit dem angesichts seiner Probleme mit der Einhaltung der Arbeitszeit eine Kurzarbeitszeit mit Fixzeit (Montag bis Donnerstag von 8 bis 14 Uhr; Freitag von 7 bis 13 Uhr) vereinbart war - erschöpfte sich nicht nur in wiederholten Verspätungen von zwei bis drei Minuten (beim erstmaligen Betreten des Betriebes), sondern in der vorsätzlichen Täuschung des Arbeitgebers bei der Zeiterfassung bzw dem Verlassen des Betriebes nach dem (erstmaligen) "Einstempeln" ohne unter Angabe von Rechtfertigungsgründen bei dem nachfolgenden Verlassen eine Eintragung bei der Zeiterfassung vorzunehmen.

Es kann nicht ernsthaft behauptet werden, daß mit der Arbeit regelmäßig erst 15 bis 20 Minuten nach "Arbeitsbeginn" (nach dem Begrüßen von Kollegen, Austausch von Neuigkeiten, Kaffeekochen und Kaffeetrinken) begonnen werde; nach den §§ 2 Abs 1 Z 1 und 11 AZG ist die Arbeitszeit ohne Ruhepausen zu verstehen bzw besteht ein Anspruch auf Ruhepause erst nach einer mehr oder weniger langen Arbeitszeit, nicht aber schon zu deren Beginn (als "Anlaufzeit" des täglichen Arbeitsvorganges); dies hätte vielmehr eine zeitliche Verschiebung des realen Arbeitsbeginnes zur Folge und würde Pausenregelungen sinnlos machen.

Soweit in der Revision auf die Geringfügigkeit der Verspätung von jeweils zwei bis drei Minuten hingewiesen wird, ist auf die für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen zu verweisen, wonach sich diese Verspätung auf das Einstempeln und nicht auf die nach diesem Einstempeln gelegene, mindestens 5 Minuten dauernde Abwesenheit (ohne Parkplatzsuche) bezieht.

Wiederholtes Manipulieren bei der Zeiterfassung bildet einen Entlassungsgrund (9 ObA 125/90; auch für ein Betriebsratsmitglied: 9 ObA 226/91 = RdW 1992, 218 = ecolex 1992, 259).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte