Spruch:
Aus Anlaß des außerordentlichen Revisionsrekurses werden die Beschlüsse der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben und das ihnen vorangegangene Verfahren ab Einleitung der Substitutionsabhandlung für nichtig erklärt.
Text
Begründung
Franz P***** starb am 13. Juli 1973 im Alter von 85 Jahren unter Hinterlassung des Testamentes vom 17. 8. 1962, in dem er seine Ehegattin Marina P***** zur Alleinerbin einsetzte. In Punkt 3 verfügte er:
"Hinsichtlich meines Anspruches gegen die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft "Frieden" reg. Genossenschaft mbH in Wien auf Erwerb einer Eigentumswohnung im Haus R*****, I*****straße *****, setze ich als Nacherbin nach dem Ableben meiner Frau Marina P*****, geborene H*****, meine Tochter Marianna B*****, geborene P*****, und für den Fall, daß diese im Zeitpunkt des Ablebens meiner Gattin nicht mehr am Leben sein sollte, deren Sohn Reinhold B***** als Nacherben ein."
Im Zeitpunkt der Abhandlung war diese Wohnung bereits fertiggestellt und bezogen, der Erblasser war zu 586/3046 Miteigentümer der Liegenschaft. Die Tochter des Erblassers Marianna B***** verzichtete auf das ihr zustehende Pflichtteilsrecht im Hinblick auf ein zu ihren Gunsten verfügtes Barlegat und mit Rücksicht auf die Verfügung der Nacherbschaft für die Eigentumswohnung in R*****, I*****straße 42. Marina P*****, die zweite Ehefrau des Erblassers, gab die unbedingte Erbserklärung als Alleinerbin aufgrund des Testamentes zu Protokoll. Aufgrund der Einantwortungsurkunde vom 30. 1. 1974 wurde das Eigentumsrecht an den 586/3046stel Miteigentumsanteilen an der EZ ***** KG R*****, beschränkt durch die letztwillig angeordnete fideikommissarische Substitution zugunsten der Marianna B*****, geborene P*****, bzw des Reinhold B*****, für die Witwe Marina P***** einverleibt.
Reinhold B***** verstarb am 25. 2. 1992, Marianna B***** verstarb am 11. 12. 1995, Marina P***** verstarb am 2. 6. 1997.
Der Nachlaß des am 25. 2. 1992 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorbenen Reinhold B***** wurde aufgrund des Gesetzes je zu einem Drittel der erbl Witwe Juliane B***** und den erbl Kindern Brigitte und Michael B***** eingeantwortet (Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15. 7. 1992, 5 A 97/92-15).
Im Verlassenschaftsverfahren nach Marina P***** wurde die von deren Neffen Roman H***** aufgrund des Testamentes vom 2. 5. 1994 zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung mit Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom 21. 9. 1997 (5 A 155/97a-14) zu Gericht angenommen.
Im Verlassenschaftsverfahren nach Franz P***** ordnete das Erstgericht (ON 30) die Substitutionsabhandlung an. Roman H*****, der erbserklärte Erbe nach Marina P*****, vertrat in diesem Verfahren zusammengefaßt die Auffassung, daß die Liegenschaft in R***** in die Verlassenschaft nach Marina P***** falle. Juliane, Brigitte und Michael B***** gaben bei der Abhandlungstagsatzung am 29. 10. 1997 "aufgrund des erbl Testamentes zu je einem Drittel bedingte Erbserklärungen zum verfahrensgegenständlichen Substitutionsnachlaß" zu Protokoll und ersuchten um deren Annahme.
Das Erstgericht nahm die bedingten Erbserklärungen der drei zuletzt Genannten an und verwies Roman H***** in seiner Eigenschaft als erbserklärter Alleinerbe nach Marina P***** zur Klärung der Frage zum behaupteten Erlöschen der weiteren Erbrechtsnachfolge auf den Rechtsweg.
Das mit einem Rekurs des Roman H***** befaßte Gericht zweiter Instanz wies die Anträge der Revisionsrekurswerber, ihre zu je einem Drittel zum Substitutionsnachlaß abgegebenen bedingten Erbserklärungen zu Gericht anzunehmen, ab, behob die vom Erstgericht ausgesprochene Rechtswegverweisung ersatzlos und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Testament des Franz P***** enthalte eine ausdrückliche Überlebensbedingung. Er habe als Nacherbin nach dem Ableben seiner Frau seine Tochter Marianna B***** eingesetzt und für den Fall, daß diese im Zeitpunkt des Ablebens der Gattin nicht mehr am Leben sein sollte, deren Sohn Reinhold B*****. Sei aber letztwillig eine ausdrückliche Überlebensbedingung angeordnet, werde dadurch die gesetzliche Vermutung des § 615 Abs 2 widerlegt und eine Transmission ausgeschlossen (NZ 1991, 31). Die Bedingung für eine Nacherbschaft des Reinhold B***** hinsichtlich der erbl Eigentumswohnung sei somit nie eingetreten. Diese falle in die Verlassenschaft nach Marina P*****. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wären sohin die Erbserklärungen der Erben nach Reinhold B***** nicht anzunehmen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß des vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurses ist die Nichtigkeit des vom Erstgericht mit den Parteien geführten Substitutionsabhandlungsverfahrens von Amtswegen wahrzunehmen.
Gegenstand der vom Erblasser angeordneten fideikommissarischen Substitution war allein die beschriebene, ihm gehörige Eigentumswohnung, sodaß auch im Hinblick auf den Gesamtnachlaß insoweit weder eine Nacherbfolge noch auch ein Nachlegat, sondern ein sogenanntes uneigentliches Nachlegat vorliegt, welches den Erben (bzw hier dessen Erben) zur Übertragung des Vermächtnisgegenstandes auf den "Nachlegatar" verpflichtet (NZ 1988, 137 mit zahlreichen Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Dem Vermächtnisanspruch kommt aber grundsätzlich nur schuldrechtlicher Charakter zu. Die Berufung (als Nachlegatar nach dem Erben) gibt dem Vermächtnisnehmer nur ein obligatorisches Forderungsrecht gegen den Erben, der die dem Vermächtnisnehmer vermachte Sache erst durch eine Erfüllungshandlung diesem übertragen muß (NZ 1988, 137 mwN). Die Vorschrift des § 652 ABGB über die Zulässigkeit der fideikommissarischen Substitution bei einem Vermächtnis gilt sinngemäß auch für den Fall, daß der Vorerbe mit einem sogenannten uneigentlichen Nachlegat belastet ist (NZ 1983, 126; NZ 1988, 137). Der Erbe hat gegenüber dem Nachlegatar demnach eine Stellung, die sonst einem Vorlegatar zukommt (Welser in Rummel**2 Rz 4 zu § 652; SZ 24/227; NZ 1988, 137). Während der Nacherbe einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe des Substitutionsgutes hat (Weiß in Klang III**2 414 f, 523), steht dem Nachvermächtnisnehmer und damit auch dem uneigentlichen Nachlegatar bloß ein an den Hauptvermächtnisnehmer bzw an den mit dem uneigentlichen Nachlegat belasteten Erben oder dessen Verlassenschaft zu richtender obligatorischer Anspruch auf Übertragung des Vermächtnisgegenstandes zu (NZ 1988, 137 mwN). Während also der mit einer fideikommissarischen Substitution belastete Vorerbe bei Eintritt des Nacherbfalles seine Erbenstellung verliert und der Substitutionsnachlaß wieder in das Stadium eines ruhenden Nachlasses tritt, bleibt der nur mit einem Nachlegat belastete Erbe dinglich Berechtigter des Nachlaßgegenstandes, gegen den nur dem Bedachten ein obligatorisches Forderungsrecht zusteht. Bei Eintritt des Bedingungsfalles für den Erwerber eines uneigentlichen Nachlegates hat demnach eine Fortsetzung des seinerzeitigen Verlassenschaftsverfahrens nicht zu erfolgen. Ein fortgesetztes Außerstreitverfahren ist unzulässig. Der Nachlegatar hat vielmehr seine Rechte im streitigen Rechtsweg gegen den Erben (oder wie hier gegen den Erben des Erben) zu verfolgen. Mit Eintritt des Substitutionsfalles hat die Substitutionsbehörde auf "Antrag" des Nachlegatars die Löschung des Substitutionsbandes zu veranlassen; der Anspruch ist allerdings im Rechtsweg durchzusetzen. Entscheidungen des Verlassenschaftsgerichtes über die Gültigkeit des Nachlegates sind nichtig (NZ 1988, 137; Welser aaO Rz 8 zu § 652).
Da bei einem - hier vorliegenden - uneigentlichen Nachlegat eine Substitutionsabhandlung nicht stattzufinden hat, sondern die Ansprüche der beteiligten Personen im Rechtsweg durchzusetzen sind, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren wegen Verletzung des § 2 Abs 2 Z 1 AußStrG als nichtig aufzuheben.
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