OGH 9ObA142/98t

OGH9ObA142/98t21.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt Sch*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Peter Vögel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Brandstetter, Politzer & Pritz Partnerschaft KEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 147.730,56 brutto sA (Revisionsinteresse S 96.843,72 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Jänner 1998, GZ 9 Ra 289/97d-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Mai 1997, GZ 6 Cga 17/97x-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.014,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 19. 4. 1973 bis 15. 12. 1996 als Hilfsarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Dienstnehmerkündigung. Er hatte nur einfache Hilfsarbeitertätigkeiten wie Autobus waschen, Öl nachfüllen und Werkstätte zusammenräumen verrichtet. Am 6. 11. 1996 teilte der Kläger dem Betriebsratsobmann mit, daß er aufgrund von Fußbeschwerden nicht mehr arbeiten kommen wolle. Dieser riet dem Kläger von einer Dienstnehmerkündigung ab. Er solle lediglich nach einem Arztbesuch in den Krankenstand gehen und ohne das Zutun des Betriebsratsobmanns nichts aus eigenem unternehmen. Daraufhin ging der Kläger in den Krankenstand. Am 11. 11. 1996 teilte der Kläger dem gewerberechtlichen Geschäftsführer und dem handelsrechtlichen Geschäftsführer mit, daß er "austrete", ohne einen konkreten Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses durch ihn zu nennen noch auf seinen körperlichen Zustand hinzuweisen oder zu erwähnen, daß er in Pension gehen wolle. Der Kläger war der Ansicht, daß er sich hinsichtlich seiner schlechten körperlichen Verfassung mit einem Arzt und nicht mit dem Geschäftsführer der Beklagten besprechen müsse. Am 2. 12. 1996 stellte der Kläger den Antrag auf Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit sowie auf Gewährung eines Pflegegeldes. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 11. 3. 1997 wurde dem Kläger ab 1. 1. 1997 eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit gewährt.

Der Kläger begehrt die der Höhe außer Streit gestellte Abfertigung. Er habe wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes, sohin bei Vorliegen eines Austrittsgrundes unter Einhaltung von Kündigungsfrist und Termin gekündigt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe weder vor noch nach der Kündigung erwähnt, daß die Kündigung aus gesundheitlichen Gründen erfolgt sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 96.843,72 brutto statt.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht zwar den Anspruch des Klägers auf Abfertigung nach § 23 Abs 7 AngG, weil er dem Arbeitgeber keinen Austrittsgrund anläßlich der Kündigung genannt habe. Der Abfertigungsanspruch gründe sich jedoch auf § 23a Abs 1 Z 2 AngG, auf den das Arbeiterabfertigungsgesetz verweise. Das Dienstverhältnis habe wegen Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung durch Kündigung des Dienstnehmers geendet. Der Kläger habe den Nachweis für die Inanspruchnahme der Pension, die Antragstellung sowie die Aufrechterhaltung des Antrages erbracht. Die zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung fälligen sechs Teilbeträge der Abfertigung stünden dem Kläger zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. In der Inanspruchnahme der Pension liege die Geltendmachung eines im Gesetz eingeräumten Rechtes. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis wegen körperlicher Beeinträchtigungen beendet und noch während des aufrechten Dienstverhältnisses den Pensionsantrag gestellt, so daß schon aus dem Zeitpunkt der Antragstellung der Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses gegeben sei. Die Kündigung sei daher auch deshalb erfolgt, um die vorzeitige Alterspension beantragen zu können. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig ist.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision der beklagten Partei keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die maßgebliche Bestimmung des § 23a Abs 1 Z 2 AngG bestimmt, daß der Anspruch auf Abfertigung auch dann besteht, wenn das Dienstverhältnis.....wegen Inanspruchnahme einer Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder wegen geminderter Arbeitsfähigkeit aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung durch Kündigung seitens des Arbeitnehmers endet. Kündigung wegen Inanspruchnahme einer Pension deutet auf einen engen Zusammenhang zwischen Kündigung und Pensionierung hin. Nur wenn aus dem Grund der Inanspruchnahme der Pension gekündigt wurde, soll der gegenüber § 23 Abs 7 AngG eine Ausnahmeregelung bildende Abfertigungsanspruch bei Selbstkündigung gewahrt sein (ZAS 1984/26 [Mazal] = Arb 10.321 = SZ 56/150). Ob die Pension schließlich gewährt wird, ist nicht Voraussetzung des mit der rechtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Abfertigungsanspruches (Martinek/M.u.W.Schwarz AngG7, 446 mwN; Holler, Abfertigung und Frühpension DRdA 1985, 384 [385, 387]; ZAS 1984/26 [Mazal] = Arb

10.321 = SZ 56/150). Der Zeitpunkt des rechtlichen Endes des Arbeitsverhältnisses ist maßgeblich für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des Abfertigungsanspruches (Holler aaO 387; ZAS 1984/26 [Mazal, 195] = Arb 10.321 = SZ 56/150). Demgemäß hat der Arbeitnehmer das Vorliegen der "Inanspruchnahme der Pension"

jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nachzuweisen (ZAS 1984/26 [Mazal] =

Arb 10.321 = SZ 56/150). Im vorliegenden Fall hat der Kläger am 11. 11. 1996 eine Auflösungserklärung abgegeben, die nach den Außerstreitstellungen als Dienstnehmerkündigung das Arbeitsverhältnis, das noch bis 15. 12. 1996 dauerte, beendete.

Da der Kläger bereits am 2. 12. 1996 den Pensionsantrag stellte, dem durch Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit mit Bescheid der PVArb vom 11. 3. 1997 entsprochen wurde, hat der Kläger seiner Nachweispflicht, zum Zeitpunkt des Abfertigungsanspruchserwerbes einen objektivierten Inanspruchnahmeakt gesetzt zu haben, entsprochen. Daß er zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches die Absicht, in Pension zu gehen, nicht kundgetan hat, ist nicht entscheidend, weil § 23 a Abs 1 Z 2 AngG die Äußerung der Absicht, eine Pension in Anspruch zu nehmen, nicht als Voraussetzung des Anspruches anführt. Der kausale objektivierbare Willenszusammenhang zwischen Kündigung und Inanspruchnahme der Pension ist daher auch dann gewahrt, wenn zwar nach der Kündigung aber bis zum Zeitpunkt der maßgeblichen Endigung des Arbeitsverhältnisses ein Pensionsantrag gestellt wird und die Voraussetzungen des Pensionsanspruches gegeben sind (Holler aaO 387). Der bloße Wille allein wahrt hingegen den Abfertigungsanspruch nicht (Anm Mazal zu ZAS 1984/26). Ob der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt der Kündigung subjektiv annehmen konnte, daß ein Pensionsanspruch besteht oder den Zusammenhangswillen zwischen Kündigung und Inanspruchnahme der Pension zum Ausdruck brachte, ist im Hinblick auf den danach gestellten und positiv erledigten Pensionsantrag und den Umstand, daß die Voraussetzungen des Abfertigungsanspruches zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegen müssen, ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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