OGH 3Ob42/98t

OGH3Ob42/98t21.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Joseph Peter R*****, vertreten durch Dr. Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Florian Gehmacher, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. Erhard C. J. W***** (AZl 5 S 64/97i des Handelsgerichtes Wien), wegen Einwendungen gegen einen betriebenen Anspruch (§ 35 EO), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 1. Oktober 1996, GZ 46 R 1057/96y-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 3. Jänner 1996, GZ 24 C 28/95d-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Rahmen der Stattgebung des Klagebegehrens über einen Teilbetrag von S 74.000 als unangefochten unberührt bleiben, werden im übrigen Umfang aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Gemeinschuldner, ein ehemaliger Rechtsanwalt, hatte die geschiedene Ehefrau des Klägers ua im Aufteilungsverfahren vor dem Bezirksgericht Döbling zu AZl 3 F 6/88 (neu 3 F 7/95p) rechtsfreundlich vertreten. In diesem Verfahren wurde letztlich der Kläger mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. 12. 1993, bestätigt mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 21. 12. 1994 rechtskräftig verpflichtet, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 360.000 zu leisten.

Die Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 14. 3. 1988 (rechtskräftig mit 11. 4. 1988) aus dem überwiegenden Verschulden der Frau geschieden. Bereits im April 1997 hatte die Frau mit Zustimmung des Mannes gemeinsam mit dem Sohn R***** die Ehewohnung in Wien 19, G*****gasse, verlassen und eine dem Kläger gehörige Eigentumswohnung in Wien 20, V*****straße, bezogen. Außer Streit steht, daß der Mann die Betriebskosten dieser Wohnung in Höhe von monatlich S 1.200 bezahlte. Ein Benützungsentgelt wurde nicht vereinbart.

Die Eigentumswohnung in der V*****straße fiel nicht in die Aufteilungsmasse.

Im ersten Rechtsgang des Aufteilungsverfahrens brachte der Kläger mit Schriftsatz vom 13. 9. 1990 vor, daß seine geschiedene Gattin nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles die Eigentumswohnung in Wien 2, titellos benutze; er stellte die Anträge auszusprechen, seine geschiedene Gattin sei schuldig, die Wohnung binnen 14 Tagen zu räumen, und ihr ab Rechtskraft der Scheidung ein monatliches Benützungsentgelt von S 5.000 aufzuerlegen. Über diese Anträge wurde im Aufteilungsverfahren schon mit dem später aufgehobenen Beschluß des Erstgerichtes vom 15. 3. 1991, 3 F 6/88-53, nicht entschieden. Dies wurde vom Kläger in seinem dagegen erhobenen Rekurs nicht bekämpft.

Mit gerichtlichem Vergleich vom 14. 11. 1994 verpflichtete sich die geschiedene Gattin des Klägers dem späteren Gemeinschuldner S 325.791,20 sA zu bezahlen. Zugunsten dieser titulierten Kostenforderung erwirkte der spätere Gemeinschuldner gegen die Frau Pfändung und Überweisung ihrer Forderung auf Leistung einer Ausgleichszahlung. Im Zuge dieses Exekutionsverfahrens erstattete der Kläger als Drittschuldner bereits am 17. 6. 1994 eine Drittschuldnererklärung, in der er den Bestand einer Forderung der Frau gegen ihn wegen Gegenforderungen, insbesondere auch aus dem Titel von Benützungsentgelt für die Wohnung in der V*****straße, welches bereits im Betrag von S 216.000 (monatlich S 6.000) zugleich mit einer Räumungsklage gegen die Frau gerichtlich geltend gemacht worden sei, bestritt.

Da der Kläger (Drittschuldner) an den späteren Gemeinschuldner nicht leistete, beantragte dieser zu 24 E 4607/95t des Bezirksgerichtes Döbling (Bewilligung am 23. 5. 1995) Fahrnisexekution und zu 22 E 106/95s des Bezirksgerichtes Döbling (Bewilligung am 18. 7. 1995) die Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile des Klägers an der EZ ***** KG O***** (d. i. die Eigentumswohnung in Wien 19, G*****gasse).

Mit der vorliegenden Oppositionsklage behauptet der Kläger - soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - , die in Exekution gezogene Forderung seiner geschiedenen Frau sei durch Aufrechnung erloschen. Ihm stehe gegen seine geschiedene Frau seit 1. 6. 1988 monatliches Benützungsentgelt von S 6.000 zu, weil diese seit diesem Zeitpunkt eine ihm gehörige Eigentumswohnung in der V*****straße benütze, ohne hiefür Entgelt zu entrichten. Im Aufteilungsverfahren habe er diese Forderung nicht aufrechnen können.

Der spätere Gemeinschuldner beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte zur Aufrechnung mit der Benützungsentgeltsforderung ein, dabei handle es sich um keine nach dem gemäß § 35 Abs 1 EO relevanten Zeitraum entstandene Forderung.

Das Erstgericht erklärte den mit S 360.000 betriebenen Anspruch der beklagten Partei (des Gemeinschuldners) hinsichtlich eines Teilbetrages von S 74.000 (nämlich S 50.000 Kostengegenforderung des Klägers und Benützungsentgeltsforderungen des Klägers von S 24.000 für die vier Monate von Oktober 1993 bis Jänner 1994 a S 6.000) - unangefochten - für erloschen. Das Mehrbegehren, das Erlöschen hinsichtlich weiterer S 286.000 auszusprechen, wies es ab. Es stellte fest, daß hinsichtlich der Benützungsentgeltsforderung des Klägers dessen Rechtsvertreter mit dem, dem Rechtsvertreter der Frau zugegangenen Schreiben vom 30. 1. 1995 gegenüber der Frau unter Berufung auf die im Zeitraum Juni 1988 bis einschließlich Jänner 1994 behaupteten Benützungsentgeltsforderungen die Aufrechnung gegen die Forderung der Frau aus dem Aufteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling erklärte.

In seiner rechtlichen Beurteilung zur - allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden - Aufrechnung mit der Benützungsentgeltsforderung vertrat es zunächst die Auffassung, der Verjährungseinwand der beklagten Partei sei zutreffend. Es bestünden aber auch darüber hinaus bis einschließlich September 1993 keine weiteren Benützungsentgeltsforderungen zu Recht, weil am 20. 9. 1993 im Aufteilungsverfahren die letzte mündliche Verhandlung stattgefunden habe und der Kläger seine Benützungsentgeltsforderungen in diesem Aufteilungsverfahren geltend machen hätte müssen (§ 35 Abs 2 EO). Sein Einwand, er hätte diese auf den Zivilrechtsweg gehörigen Benützungsentgeltsforderungen im außerstreitigen Aufteilungsverfahren nicht (erfolgreich) gelten machen können, sei verfehlt. Die im Aufteilungsverfahren zu treffende Billigkeitsentscheidung habe naturgemäß Ansprüche mit bereicherungsrechtlichem Charakter im Zusammenhang mit der Entflechtung der ehelichen Eigentums- und Benützungsverquickung mitzuberücksichtigen, weil sonst die Entscheidung nicht "billig" wäre. Dies könne dadurch geschehen, daß Beträge nach Art eines Benützungsentgeltes in die "Ausgleichssumme" miteinberechnet werden oder solche Beträge aufgrund der Umstände des Einzelfalles eben verneint würden. In beiden Fällen könne nach ergangener Aufteilungsentscheidung nicht neuerlich im Zusammenhang mit dieser Entflechtung in die vom Aufteilungsbeschluß erfaßte Periode "hineinjudiziert" werden.

Das mit einem Kostenrekurs des Gemeinschuldners und einer Berufung des Klägers gegen den abweisenden Entscheidungsteil angerufene Gericht zweiter Instanz gab beiden Rechtsmitteln nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs (wohl gemeint: die ordentliche Revision) nicht zulässig sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei diesem die Geltendmachung der Gegenforderung an Benützungsentgelt gegenüber der Frau im Aufteilungsverfahren objektiv möglich gewesen. Bei diesem Benützungsentgeltsanspruch handle es sich nicht um einen "aus einem anderen Rechtstitel" geltend gemachten Anspruch, vielmehr sei die Wohnung, für welche Benützungsentgelt gefordert werde, Gegenstand des Aufteilungsverfahrens gewesen. Vom Kläger seien dort gegen den Aufteilungsanspruch die von ihm für eben diese Wohnung bezahlten Betriebskosten eingewendet und als Vorauszahlung auf den "Aufteilungsanspruch" der Frau angerechnet worden. Aufgrund dieses inneren Zusammenhanges hätte der Kläger daher auch das bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung (wohl gemeint: der letzten mündlichen Verhandlung im Aufteilungsverfahren) angefallene Benützungsentgelt im Aufteilungsverfahren geltend machen können. Im vorliegenden Oppositionsstreit sei diese Einwendung gemäß § 35 Abs 1 EO verspätet und unbeachtlich.

Gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhob der Kläger am 26. 11. 1996 außerordentliche Revision, welche vom Erstgericht dem Obersten Gerichtshof aufgrund eines mit 27. 11. 1996 datierten Vorlageberichtes am 13. 3. 1997 vorgelegt wurde. Da über das Vermögen des Oppositionsbeklagten vom Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 15. 1. 1997 der Konkurs eröffnet wurde, stellte der erkennende Senat mit Beschluß vom 26. 3. 1997 (GZ 3 Ob 96/97g-28) die Akten dem Erstgericht unerledigt zurück. Dieses nahm über Antrag des Klägers mit Beschluß vom 23. 2. 1998 (ON 37) das Verfahren wieder auf und legte die Akten erneut vor.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der Vorinstanz - wie die folgenden Ausführungen zeigen werden - zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Angesichts der einleitend dargestellten Verfahrens- und Entscheidungslage des Aufteilungsverfahrens zeigt sich, daß die Annahme des Berufungsgerichtes, die von der ehemaligen Ehefrau des Klägers ab 1987 bewohnte, dem Kläger gehörige Eigentumswohnung in Wien 20, V*****straße, für welche der Kläger die vorliegenden Benützungsentgeltsforderungen zur Aufrechnung einwandte, sei in die Aufteilungsmasse gefallen, nicht der Aktenlage entspricht. Die ehemalige Ehefrau des Klägers hat zwar diese, von ihr und dem gemeinsamen Sohn aufgrund einer zwischenzeitigen Vereinbarung mit dem Kläger ab dem Auszug aus der Ehewohnung benützte, im Eigentum des Klägers stehende Eigentumswohnung im Aufteilungsverfahren für sich beansprucht; das Erstgericht hat aber festgestellt, daß diese Eigentumswohnung des Klägers nicht Bestandteil der Aufteilungsmasse sei. Soweit in diesem eine mit S 100.000 bezifferte "Forderung" des Klägers aus dem Titel der von ihm für seine, von seiner seinerzeitigen Ehefrau benützte Wohnung bezahlten Betriebskosten mit der Widmung als Vorauszahlung auf den Ausgleichsbetrag (mit Billigung der Ehefrau) Anerkennung fand, lag dem der Umstand zugrunde, daß die Frau diese Zahlung außer Streit gestellt hatte. In diesem Zusammenhang übersah das Gericht zweiter Instanz, daß es sich somit um eine unbestrittene (Gegen-)Forderung des Mannes handelte. Solches trifft allerdings auf den im Aufteilungsverfahren vom Kläger gar nicht geltend gemachten (eingewendeten) Benützungsentgeltsanspruch von monatlich S 6.000 ab Juni 1988 (also nach Rechtskraft der Scheidung) in keiner Weise zu. Dem Kläger wäre es vielmehr im Aufteilungsverfahren verwehrt, gegen die erst zu bestimmende Ausgleichszahlung(sforderung der Frau) Gegenforderungen für ein Benützungsentgelt für seine nicht in die Aufteilungsmasse gehörige, von der Frau allerdings benützte Eigentumswohnung aufrechnungsweise einzuwenden, weil dem außerstreitigen Verfahren eine dem § 391 Abs 3 ZPO entsprechende Bestimmung fremd ist und daher eine verfahrensrechtliche (Eventual-)Aufrechnung schon aus diesem Grunde mit dem Anspruch der Frau auf Bestimmung einer Ausgleichszahlung nicht möglich war (EvBl 1991/3 mwN; Rummel in Rummel2 Rz 26 zu § 1438 mwN; Pichler in Rummel2 Rz 3 zu § 94 EheG). Eine solche unzulässige Aufrechnungserklärung gab daher der Kläger im Aufteilungsverfahren zutreffend nicht ab. Das außerstreitige Aufteilungsverfahren war aber auch für die vom Kläger gestellten Anträge auf Räumung und auf Zahlung von Benützungsentgelt nach der Scheidung unzulässig. Dem Kläger kann daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er das Übergehen dieser Anträge nicht bekämpfte.

Feststeht nur, daß die Ehegatten seinerzeit (und wohl auch danach) eine Vereinbarung über die Entrichtung und die Höhe eines solchen Benützungsentgelts nicht trafen. Stünden aber dem Kläger gegen seine ehemalige Ehefrau Benützungsentgeltsforderungen im geltend gemachten monatlichen Ausmaß von S 6.000 ab Juni 1988 zu, dann kann er auch noch im Exekutionsverfahren die Aufrechnung mittels Klage nach § 35 EO geltend machen. § 35 Abs 2 EO steht dem nicht entgegen. Da die Höhe (Angemessenheit und Dauer) dieser zulässig durch Aufrechnung geltend gemachten Forderung des Klägers nicht feststeht, sind die Urteile der Vorinstanzen - mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Teilstattgebung - aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung und neuerliche Entscheidung aufzutragen. Dabei wird zu beachten sein, daß der Verjährungseinwand der beklagten Partei - jedenfalls nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens - nicht berechtigt ist (Schubert in Rummel2 Rz 6 zu § 1478 mwN aus der Rechtsprechung; Mader in Schwimann ABGB2 VII Rz 14 zu § 1486).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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