Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin die mit S 25.650,-- bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 4.275,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen; sie verwendeten ab März 1995, ab dem Eintritt des Viertbeklagten in die Kanzleigemeinschaft, folgendes Kanzleilogo:
Das Kanzleilogo schien in zwei Kanzleierweiterungsanzeigen in den "Oberösterreichischen Nachrichten" im März 1995 auf; die Beklagten verwendeten es auf ihrem Briefpapier, auf Visitenkarten und auf insgesamt drei Kanzleischildern am und im Haus L*****. Das Logo ist im Markenregister des Österreichischen Patentamtes unter der Registrierungsnummer 161933 eingetragen.
Die "Oberösterreichischen Nachrichten" und die Tageszeitung "Täglich alles" haben in Berichten das Kanzleilogo der Beklagten nicht vollständig wiedergegeben, sondern die Rechtsanwaltskanzlei der Beklagten mit "L'aw Linzer Anwälte" oder mit "L'aw" bezeichnet.
Die Klägerin hat das Imas-Institut für Markt- und Sozialanalysen beauftragt zu erforschen, womit die Bevölkerung die Bezeichnung "Linzer Anwälte" bzw. "Law" spontan in Beziehung bringt. Am 27. und 28. 11. 1995 wurden 400 Personen, die das 19. Lebensjahr überschritten hatten, telefonisch befragt.
Nach einer vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag herausgegebenen Informationsbroschüre der österreichischen Rechtsanwälte wird zum Thema "Kanzleiformen in Österreich" die Auffassung vertreten, daß "nicht die Größe entscheidend ist". 78 % aller österreichischen Rechtsanwälte sind allein tätig; 18 % zu zweit und nur 4 % sind in einer Kanzleigemeinschaft mit mehr als zwei Anwälten tätig. In Linz gibt es eine Kanzleigemeinschaft mit sechs Anwälten, drei Kanzleigemeinschaften mit fünf Anwälten und fünf Kanzleigemeinschaften mit vier Anwälten. Mit 1. 3. 1996 hatten insgesamt 167 Rechtsanwälte ihren Kanzleisitz in Linz.
Mit Schreiben vom 26. 6. 1995 bot die Klägerin den Beklagten an, die Streitfrage, ob das Logo der Beklagten mit den Standesrichtlinien im Einklang steht und wettbewerbsrechtlich unbedenklich ist, in einem Schiedsverfahren zu klären. Die Beklagten schlugen mit Schreiben vom 24. 7. 1995 vor, die Zulässigkeit ihres Kanzleilogos durch ein Rechtsgutachten zu klären. Ein formelles Schiedsverfahren sei daher entbehrlich. Die Beklagte machte drei Gutachter namhaft. Mit Schreiben vom 7. 9. 1995 teilten die Beklagten der Klägerin mit, mittlerweile erfahren zu haben, daß die Klägerin kein Schiedsverfahren wolle, sondern selbständig ein Gutachten in Auftrag gebe. Eine Kopie dieses Gutachtens übermittelte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 18. 10. 1995. Sie verwies darauf, daß der Gutachter die Kanzleibezeichnung als wettbewerbswidrig beurteilt habe, und forderte die Beklagten auf, die beigelegte Unterlassungserklärung zu unterfertigen. In seinem Antwortschreiben vom 7. 11. 1995 gab der Beklagtenvertreter seiner Enttäuschung darüber Ausdruck, daß die Klägerin durch Einholung eines Gutachtens einseitig vom Schiedsverfahren abgegangen sei. Er teilte der Klägerin mit, daß auch die Beklagten ein Gutachten einholen würden, und ersuchte, bis zum Vorliegen dieses Gutachtens mit der Klage zuzuwarten.
In einem unmittelbar vor der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung eingebrachten Schriftsatz boten die Beklagten der Klägerin an, folgenden Unterlassungsvergleich abzuschließen:
"1.) Die beklagten Parteien verpflichten sich, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die Bezeichnungen 'L'AW' und 'Linzer Anwälte' auf Schriftstücken des Betriebes ihrer Rechtsanwaltskanzlei zu verwenden, unabhängig davon, ob diese Bezeichnungen einzeln oder in Verbindung verwendet werden, sowie unabhängig davon, in welcher Schreibweise diese Bezeichnungen verwendet werden.
2.) Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, diesen Vergleich binnen 9 Monaten nach Rechtswirksamkeit auf Kosten der beklagten Parteien jeweils in einer Samstag-Ausgabe der Zeitungen 'OÖ Nachrichten' und 'Täglich alles' und im 'Österreichischen Anwaltsblatt", jeweils im redaktionellen Teil, in Normallettern mit Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen."
Die Klägerin lehnte das Vergleichsangebot als ungenügend ab.
Die Klägerin begehrt, den Beklagten zu untersagen, die Bezeichnung "LAW", "L'AW" oder "Linzer Anwälte" auf Schriftstücken des Betriebes ihrer Rechtsanwaltskanzlei zu verwenden, unabhängig davon, ob diese Bezeichnungen einzeln oder in Verbindung verwendet werden, sowie unabhängig davon, in welcher Schreibweise diese Bezeichnungen verwendet werden. Die Beklagten verwendeten "LAW" bzw. "L'AW" sowie "Linzer Anwälte" als Kurzbezeichnung. Sie verstießen damit gegen § 9 Abs 3 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA); der Verstoß sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Die Bezeichnungen seien auch zur Irreführung geeignet. Nach der von der Klägerin eingeholten repräsentativen Meinungsumfrage erweckten die Bezeichnungen den Eindruck, die Kanzlei der Beklagten sei die größte und/oder beste Linzer Rechtsanwaltskanzlei mit besonderen Kenntnissen im englischsprachigen Rechtsbereich. Die von den Beklagten damit in Anspruch genommene Alleinstellung entspreche nicht den Tatsachen. Ihr Vergleichsanbot sei nicht ausreichend, weil es weder die Bezeichnung "LAW" noch den Kostenersatzanspruch umfasse.
Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Das angerufene Gericht sei sachlich zuständig, weil ein Schiedsvertrag bestehe. Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Die Meinungsumfrage sei kein geeignetes Bescheinigungsmittel. Den Befragten sei nicht gesagt worden, daß die Beklagten immer auch ihre Namen anführten; es könne auch nicht zugleich nach der größten und nach der besten Kanzlei gefragt werden. Die Kanzlei der Beklagten liege bei allen wirtschaftlichen Kennzahlen im Spitzenfeld der oberösterreichischen Anwaltskanzleien. Alleinstellungswerbung sei zulässig, wenn das damit angepriesene Erzeugnis - wie die Kanzlei der Beklagten - qualitativ hochwertig sei. "LAW" lasse nicht auf besondere Kenntnisse des angloamerikanischen Rechtssystems/der englischen Sprache schließen. Derartige Kenntnisse hätten die Beklagten aber ohnedies. Die Größe der Kanzlei sei für die Entscheidung, einen Anwalt zu beauftragen, ohne wesentliche Bedeutung; nur 9,3 % der Klienten ließen sich davon leiten. Durch das Vergleichsangebot sei die Wiederholungsgefahr weggefallen. Bei Kurzbezeichnungen gebe es keine einheitliche Standesübung. Die Beklagten regten an, § 9 Abs 3 RL-BA 1977 beim Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig anzufechten.
Das Erstgericht wies die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit zurück und gab dem Klagebegehren statt. Ein Schiedsvertrag sei nicht zustandegekommen. Die Beklagten hätten zumindest dadurch, daß sie selbst ein Gutachten einholten, schlüssig auf ein Schiedsverfahren verzichtet. Die Klägerin sei nach § 14 UWG aktiv legitimiert. Die Beklagten hätten gegen § 9 Abs 3 RL-BA 1977 und auch gegen die einheitliche Standesauffassung verstoßen und damit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten seien bereits im Provisorialverfahren als nicht stichhaltig erachtet worden. Die Wiederholungsgefahr sei durch das Vergleichsangebot der Beklagten nicht beseitigt worden. Die Beklagten hätten auch anbieten müssen, die Bezeichnung "LAW" nicht mehr zu verwenden. Die Urteilsveröffentlichung sei nur in angemessenem Umfang zuzuerkennen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es die Beklagten schuldig erkannte, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die Bezeichnungen "L'AW", "LAW" sowie "Linzer Anwälte" auf Schriftstücken des Betriebes ihrer Rechtsanwaltskanzlei als Bezeichnung dieser Rechtsanwaltskanzlei zu verwenden, unabhängig davon, ob diese Bezeichnungen einzeln oder in Verbindung verwendet werden, sowie unabhängig davon, in welcher Schreibweise diese Bezeichnungen verwendet werden, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe im Provisorialverfahren bereits ausgesprochen, daß die Beklagten sowohl gegen § 9 Abs 3 RL-BA 1977 als auch gegen die einheitliche Standesauffassung und damit gegen § 1 UWG verstoßen haben. Ihr Vergleichsangebot sei nicht ausreichend gewesen, weil es das Wort "LAW" nicht umfaßt habe. Sittenwidrig sei nicht die Verwendung des Wortes "LAW" an sich, sondern dessen blickfangartiges Hervorheben im Kanzleilogo der Beklagten, das deren Namen völlig in den Hintergrund treten lasse. Damit werde "LAW" zu einer unzulässigen Kanzleibezeichnung, die allein den Beklagten untersagt sei. Dies sei im Spruch klarzustellen gewesen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten habe der OGH bereits im Provisorialverfahren für unbegründet erachtet; ebenso unbegründet sei die Anregung der Beklagten, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten. Es seien ausschließlich nationale Rechtsvorschriften anzuwenden. Die Behauptung der Beklagten, sie seien gehindert, "mit den Unionsbürgern des gemeinsamen Marktes zeitgemäß in Verbindung zu treten", sei nicht nachvollziehbar.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig, weil eine über die Ausführungen im Provisorialverfahren hinausgehende Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten geboten erscheint; die Revision ist aber nicht berechtigt.
Die Beklagten sind der Auffassung, daß aufgrund ihres Vergleichsangebotes nur mehr "die Frage der Zulässigkeit des Wortes 'LAW' auf ihrem Kanzleipapier" zu prüfen sei. "LAW" sei weder eine Phantasiebezeichnung noch habe das Wort beschreibenden Charakter. Aus der Verwendung von "LAW" auf dem Kanzleipapier könne keinesfalls geschlossen werden, daß die Beklagten ausschließlich im englischsprachigen Rechtskreis oder nur international als Anwälte tätig seien oder nur in englischer Sprache korrespondierten. Daraus folge grundsätzlich nur, daß sich die Beklagten mit "Recht" beschäftigen. "LAW" sei keine Kanzleibezeichnung, sondern nur ein Hinweis auf die Anwaltstätigkeit der Beklagten. Das Urteilsbegehren gehe zu weit; es hätte nicht enger gefaßt, sondern abgewiesen werden müssen. Das Verbot, im Rahmen der Berufsausübung das aus einer anerkannten Gemeinschaftssprache stammende Wort "LAW" auf den Geschäftspapieren zu verwenden, verstoße gegen Gemeinschaftsrecht. Art 59 EGV enthalte ein absolutes Beschränkungsverbot der Dienstleistungsfreiheit. Einer Anwendung des § 9 Abs 3 RL-BA stehe das Gemeinschaftsrecht entgegen. Ein Verbot, das gewünschte Logo zu führen, bzw. unter der Bezeichnung "LAW" gemeinsam aufzutreten, sei eine unsachliche Beschränkung, die Art 59ff EGV widerspreche. Die Beklagten seien gehindert, mit den Unionsbürgern des gemeinsamen Marktes zeitgemäß mit einem Logo unter Verwendung der Bezeichnung "LAW" in Verbindung zu treten. § 9 Abs 3 RL-BA sei auch gesetzwidrig; § 10 Abs 2 RAO sei verfassungswidrig.
Soweit die Beklagten rügen, daß das Berufungsgericht den Urteilsspruch eingeschränkt und das Unterlassungsbegehren nicht zur Gänze abgewiesen hat, ist ihnen zu entgegnen, daß das Berufungsgericht dem Spruch nur jene Fassung gegeben hat, die dem Vorbringen der Klägerin entspricht. Eine solche Präzisierung des Begehrens verstößt nicht gegen § 405 ZPO. Die Beklagten können ihre Auffassung auch nur vertreten, weil sie meinen, die Klägerin hätte zu erkennen gegeben, nur das von ihr begehrte Unterlassungsgebot und nicht auch ein ihrem Vorbringen entsprechendes Unterlassungsgebot zugesprochen erhalten zu wollen. Sie verweisen darauf, daß die Klägerin ihr Begehren im Hauptverfahren nicht der Entscheidung im Provisorialverfahren angepaßt hat, an der sich das Berufungsgericht nunmehr orientiert hat. Aus dieser Unterlassung kann aber nicht abgeleitet werden, daß die Klägerin an ihrem ursprünglichen Begehren selbst um den Preis der Klageabweisung festhalten hätte wollen. Es liegt vielmehr nahe, daß die Klägerin annahm, der Spruch werde, ebenso wie im Provisorialverfahren, ohnedies von Amts wegen präzisiert werden.
In der Sache selbst ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu prüfen, ob sie das Wort "LAW" auf ihrem Kanzleipapier verwenden dürfen, sondern ob "LAW" als Bezeichnung ihrer Rechtsanwaltskanzlei zulässig ist. Nur insoweit haben ihnen die Vorinstanzen die Verwendung von "LAW" verboten; insoweit fühlen sie sich durch das Verbot auch beschwert, wenn sie ausführen, es sei ihnen verwehrt, "unter der Bezeichnung 'LAW' gemeinsam aufzutreten". Das gegen sie ergangene Verbot hindert sie nicht, die englischsprachige Berufsbezeichnung "lawyer" und "attorney at law" zu verwenden oder ihr Tätigkeitsgebiet durch die Verwendung des englischen Begriffes für "Recht, Gesetz" zu beschreiben.
Als Kanzleibezeichnung hat "LAW" beschreibenden Charakter. Das folgt gerade aus der weit verbreiteten Kenntnis des Grundwortschatzes der englischen Sprache, die die Beklagten als Begründung dafür anführen, daß die Verwendung des Wortes "LAW" nicht auf eine ausschließlich internationale oder englischsprachige Tätigkeit der Beklagten schließen lasse. Sie verkennen damit, daß der beschreibende Charakter schon allein in dem - den angesprochenen Verkehrskreisen verständlichen - Hinweis auf "Recht, Gesetz" liegt. Dazu kommt noch die Verbindung zu internationaler Tätigkeit, die die Verwendung des englischsprachigen Begriffes schafft.
Ob die Beklagten tatsächlich (nicht ausschließlich, aber doch auch) international tätig sind, ist für die Frage von Bedeutung, ob die Bezeichnung ihrer Rechtsanwaltskanzlei als "LAW" zur Irreführung geeignet ist. Diese Frage haben die Vorinstanzen nicht geprüft, weil sie - ebenso wie der erkennende Senat im Provisorialverfahren (ÖBl 1997, 123 - LAW) - einen Verstoß gegen § 9 Abs 3 RL-BA bejaht haben. Daran ist auch bei Berücksichtigung des - insoweit keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte enthaltenden - Vorbringens der Beklagten im Hauptverfahren festzuhalten.
Das Schwergewicht des Vorbringens der Beklagten im Hauptverfahren liegt in verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Mit den verfassungsrechtlichen Bedenken hat sich der erkennende Senat in der im Provisorialverfahren ergangenen Entscheidung bereits befaßt und sie als nicht stichhaltig erachtet. Im Hauptverfahren haben die Beklagten weitere Argumente gebracht und ihr Vorbringen durch ein Rechtsgutachten untermauert. Auch diese Ausführungen führen jedoch zu keiner anderen Beurteilung:
Der von den Beklagten beigezogene Gutachter vertritt die Auffassung, daß eine zwingende Festlegung des Namens von Rechtsanwaltsgemeinschaften als Kurzbezeichnung auf die Zunamen der Gesellschafter im Hinblick auf dieses Werbemittel nicht nur ein "absolutes" Werbeverbot bedeute, sondern auch ein absolutes Verbot auf einen eigenen Namen der GesbR. Es sei nicht ersichtlich, warum die Firmenbezeichnung als Name, als Kurzbezeichnung und als Logo allgemein geeignet sein könnte, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Rechtsanwaltsberuf zu schmälern. Eine derartige Einschränkung wäre im Sinn des Gleichheitssatzes unsachlich und ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Informationsfreiheit und in die Freiheit der Erwerbsbetätigung. § 9 Abs 3 RL-BA sei auch dann verfassungswidrig, wenn damit nicht der ausschließliche, sondern nur der Mindestinhalt einer Kurzbezeichnung festgelegt wird, weil dem persönlichen Element als Kennzeichen des Berufes eines Rechtsanwalts durch die Angabe des Vor- und Zunamens aller Gesellschafter an geeigneter Stelle Rechnung getragen werde.
Diese Argumentation läßt außer acht, daß § 9 Abs 3 RL-BA zwar vorschreibt, wie die Kurzbezeichnung und damit der Name einer Rechtsanwaltsgemeinschaft zu bilden ist, aber nicht ausschließt, daß die Rechtsanwaltsgemeinschaft einen eigenen Namen führt. Die - naturgemäß nicht mit den Namen aller Gesellschafter übereinstimmende - Kurzbezeichnung ist der Name der GesbR. Der GesbR wird daher nicht verwehrt, einen eigenen Namen zu führen; ihr wird nur vorgeschrieben, was dieser Name jedenfalls zu enthalten hat.
Richtig ist, daß damit in die Freiheit der Namenswahl der GesbR eingegriffen wird. Eine GesbR darf einen Phantasienamen führen; die Führung eines Phantasienamens kann aber Verkehrsanschauungen widersprechen und damit Ehre und Würde des Standes widersprechen (s Mayer, Die Bezeichnung von Anwaltssozietäten, das Werbeverbot für Rechtsanwälte und die Grundrechte, ÖJZ 1988, 292 [297]).
Dem trägt § 9 Abs 3 RL-BA Rechnung; die Bestimmung enthält aber kein absolutes Werbeverbot. Sie schränkt die gerade bei Rechtsanwälten besonders wirksame Werbung mit dem Namen jener Gesellschafter, die sich einen Namen gemacht haben, in keiner Weise ein und verhindert bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht, daß Zusätze aufgenommen werden. Diese Zusätze müssen aber den Anforderungen entsprechen, denen die Werbung von Anwälten gerecht werden muß. Zulässig ist eine sachliche Information über die Tätigkeit eines Anwalts, sein spezielles Wissensgebiet und seine Kenntnisse, seine speziellen Erfahrungen oder dergleichen (VfSlg 12467).
Der mit der Pflicht, die Kurzbezeichnung dem Zunamen der Gesellschafter zu entnehmen, verbundene Eingriff in die Freiheit der Namenswahl, in die Erwerbsfreiheit und in die Informationsfreiheit wiegt nicht so schwer, daß er nicht durch das öffentliche Interesse an der Wahrung des Ansehens des Anwaltsstandes und damit auch der Rechtsprechung gerechtfertigt wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß es für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes ganz entscheidend auf die Person des Rechtsanwaltes ankommt und § 9 Abs 3 RL-BA diesem persönlichen Element Rechnung trägt. Die auch vom Gutachter der Beklagten verlangte berufsbezogene Sachlichkeit erfordert, daß die Kurzbezeichnung dem Namen der Gesellschafter entnommen und nicht etwa eine Phantasiebezeichnung oder, wie im vorliegenden Fall, eine beschreibende Bezeichnung ist. Damit steht im Einklang, daß auch der Gutachter als Beispiel für eine zulässige Kurzbezeichnung keine Bezeichnung bringt, die der von der Beklagten gewählten Kurzbezeichnung "LAW" vergleichbar wäre. Er geht auch nicht darauf ein, ob "LAW" als Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei zulässig wäre; die seiner Ansicht nach zulässige Bezeichnung "P. & P. Rechtsanwälte" ist immerhin aus dem Namen der Rechtsanwälte abgeleitet.
Das Gebot der Aufnahme des Zunamens von Gesellschaftern in die Kurzbezeichnung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Gesellschafter bei Führung einer Kurzbezeichnung ohnehin den akademischen Grad sowie den Vor- und Zunamen jedes Gesellschafters an geeigneter Stelle anzugeben haben. Eine Kurzbezeichnung hat Namensfunktion; sie wird, wie auch sonst ein Name, nicht nur vom Namensträger selbst verwendet, sondern ganz allgemein als Bezeichnung der Rechtsanwaltsgemeinschaft gebraucht. Es ist daher sachgerecht, daß auch die Kurzbezeichnung dem Zunamen der Gesellschafter entnommen sein muß.
Eine unsachliche Verschiedenbehandlung von Rechtsanwaltsgemeinschaften gegenüber Rechtsanwaltspartnerschaften ist nicht zu erkennen. Die Firma von Rechtsanwaltspartnerschaften hat nach § 9 Abs 2 RL-BA den Bestimmungen des Erwerbsgesellschaftengesetzes (EGG) zu entsprechen, wobei es genügt, den Zunamen eines die Rechtsanwaltschaft ausübenden Gesellschafters in die Firma aufzunehmen. Nach § 6 Abs 2 EGG hat die Firma, soweit die berufsrechtlichen Vorschriften nichts anderes vorsehen, einen Hinweis auf den ausgeübten freien Beruf zu enthalten. An die Stelle der Bezeichnung "offene Erwerbsgesellschaft" kann die Bezeichnung "Partnerschaft" oder - sofern die Firma nicht die Namen aller Gesellschafter enthält - der Zusatz "und (&) Partner" an die Stelle der Bezeichnung "Kommandit-Erwerbsgesellschaft" kann die Bezeichnung "Kommandit-Partnerschaft" treten. Auch Rechtsanwaltspartnerschaften müssen daher eine Personenfirma haben, für die es allerdings genügt, wenn sie den Zunamen eines die Rechtsanwaltschaft ausübenden Gesellschafters enthält.
Diese Verschiedenbehandlung gegenüber den Rechtsanwaltsgemeinschaften ist dadurch gerechtfertigt, daß die Partnerschaft als eingetragene Erwerbsgesellschaft Träger von Rechten und Pflichten ist (§ 4 EGG iVm § 124 HGB). Bei Rechtsanwaltsgemeinschaften in der Rechtsform einer GesbR ist hingegen der einzelne Rechtsanwalt Träger der Rechte und Pflichten. Es ist daher sachgerecht, daß nach § 9 Abs 3 RL-BA bei Führung einer Kurzbezeichnung auch der akademische Grad, der Vor- und Zuname jedes Gesellschafters an geeigneter Stelle anzugeben ist.
Richtig ist, daß besondere Regelungen darüber fehlen, wie die Kurzbezeichnung einer Rechtsanwaltspartnerschaft zu bilden ist. Daraus folgt aber nicht, daß die Kurzbezeichnung einer Rechtsanwaltspartnerschaft eine beschreibende oder Phantsasiebezeichnung sein könnte. Firmenabkürzungen sind Abkürzungen des vollen Firmenwortlauts (s Schuhmacher in Straube, HGB**2 vor § 17 Rz 9); sie können daher nicht aus Bezeichnungen bestehen, die im Firmenwortlaut nicht enthalten sind. Nach § 9 Abs 2 RL-BA hat die Firma einer Rechtsanwaltspartnerschaft den Zunamen eines Gesellschafters zu enthalten; daraus und aus § 9 Abs 1 RL-BA ist zu schließen, daß auch die Kurzbezeichnung den Namen eines Gesellschafters enthalten muß.
Die Ausführungen des von den Beklagten beigezogenen Gutachters sind daher nicht geeignet, Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit (Verfassungsmäßigkeit) von § 9 Abs 3 RL-BA zu wecken, die es notwendig machten, einen Antrag auf Verordnungsprüfung beim VfGH zu stellen. Dazu kommt, daß die Beklagten mit der Bezeichnung ihrer Rechtsanwaltskanzlei als "LAW" nicht nur gegen ihr Berufsrecht, sondern auch gegen die einheitliche Standesauffassung verstoßen.
Seit der Entscheidung im Provisorialverfahren sind zwar schon mehr als zwei Jahre vergangen; die im vorliegenden Zusammenhang maßgebende Standesauffassung hat sich aber in dieser Zeit nicht geändert. Ob dies auch für die Verwendung eines Logos gilt, das keine Namensfunktion hat, kann hier offen bleiben, weil es im vorliegenden Fall um die Verwendung von "LAW" als Bezeichnung der Rechtsanwaltskanzlei der Beklagten geht. Ein Wandel der Standesauffassung über die Bezeichnung von Rechtsanwaltskanzleien kann nicht schon daraus abgeleitet werden, daß Rechtsanwälte in ihrer Telexanschrift "lawco", "oelaw" oder "colex" führen oder daß ein Rechtsanwalt Visitenkarten verwendet, die den Aufdruck "LAW" tragen. Dem erkennenden Senat ist jedenfalls kein Fall bekannt, in dem ein Rechtsanwalt oder in dem Rechtsanwälte zur Bezeichnung ihrer Kanzlei eine beschreibende oder eine Phantasiebezeichnung verwendeten. Auch die Beklagten behaupten nicht, daß jener Rechtsanwalt, auf dessen Visitenkarte "LAW" steht, oder ein anderer Rechtsanwalt oder andere Rechtsanwälte unter einer derartigen Bezeichnung und nicht unter ihrem Namen aufträten.
Aus der von den Beklagten zitierten Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Entscheidung betrifft die "dezente graphische und farbliche Gestaltung des Briefbogens einer Notarsozietät" und nicht eine Kurz- oder blickfangartig hervorgehobene Zusatzbezeichnung, unter der diese Notarsozietät aufgetreten wäre (GRUR 1998, 71).
Ihre gemeinschaftsrechtlichen Bedenken begründen die Beklagten damit, daß ihnen verboten werde, im Rahmen der Berufsausübung das aus einer anerkannten Gemeinschaftssprache stammende Wort "LAW" auf den Geschäftspapieren zu verwenden. Sie verkennen damit, daß ihnen die Verwendung des Wortes "LAW" nicht generell, sondern als Bezeichnung ihrer Rechtsanwaltskanzlei untersagt ist. Insoweit ist keine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu erkennen, der Art 59 EGV entgegenstehen könnte. Es trifft auch nicht zu, daß ein absolutes Beschränkungsverbot bestünde. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Dienstleistungsverkehr durch Regelungen beschränkt werden, die sachlich geboten sind, um die Einhaltung der Berufsregelungen und den Schutz der Empfänger von Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei dürfen die Anforderungen nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen dieser Ziele erforderlich ist (Slg 1991 I-4221 - Säger/Dennemeyer & Co Ltd).
Die Beklagten berufen sich auf die Entscheidung EuGH Slg 1995 I-1141 - Alpine Investments BV und behaupten, daß die Unvereinbarkeit des § 9 Abs 3 RL-BA mit dem Gemeinschaftsrecht durch diese Entscheidung besonders deutlich werde. In der zitierten Entscheidung hat der EuGH zwar ausgesprochen, daß Art 59 EGV auch vom Staat des Leistungserbringers auferlegte Beschränkungen betrifft, die allgemein anwendbar und nicht diskriminierend sind und die weder bezwecken noch bewirken, dem nationalen Markt einen Vorteil gegenüber den Dienstleistungserbringern aus anderen Mitgliedstaaten zu verschaffen; es muß sich aber immer um eine Maßnahme handeln, die geeignet ist, den freien Dienstleistungsverkehr zu beschränken. In dem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Fall ging es um das Verbot, mit potentiellen Kunden in einem anderen Mitgliedstaat ohne deren vorherige Zustimmung telefonisch Kontakt aufzunehmen. Daß das Verbot, für eine Anwaltskanzlei eine beschreibende Bezeichnung oder eine Phantasiebezeichnung zu verwenden, keine auch nur irgendwie vergleichbare Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs ist, liegt auf der Hand. Den Beklagten ist es unbenommen, ihre ausländischen Klienten durch die Verwendung fremdsprachiger Sachbezeichnungen (zB lawyers, law firm etc) darüber aufzuklären, daß es sich bei ihnen um Rechtsanwälte (eine Rechtsanwaltskanzlei) handelt. Durch das Verbot einer beschreibenden Bezeichnung oder einer Phantasiebezeichnung sind sie jedenfalls auch nicht gehindert, ihr Kanzleipapier "zeitgemäß" mit einem Logo zu gestalten. Wettbewerbsnachteile gegenüber Anwälten anderer Mitgliedstaaten sind nicht zu erkennen, weil es auch international unüblich ist, für Rechtsanwaltskanzleien beschreibende Bezeichnungen oder Phantasiebezeichnungen zu verwenden.
Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlaßt, das von den Beklagten angeregte Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten. Ebensowenig besteht ein Anlaß, beim VfGH einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 10 Abs 2 RAO zu stellen. Nach dieser Bestimmung ist der Rechtsanwalt verpflichtet, durch Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu wahren. Inwiefern diese Verpflichtung gegen den Gleichheitsgrundsatz, gegen das Recht auf Namensfreiheit, gegen das Grundrecht auf Informationsfreiheit und gegen das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit verstoßen sollte, ist nicht zu erkennen.
Die Revision mußte erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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