OGH 7Ob243/98f

OGH7Ob243/98f20.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Tittel, Dr. Huber und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Leopold St*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wider die beklagte Partei I***** AG, ***** vertreten durch Dr. Helmut Schmidt und andere Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen S 30.668,40 sA und Feststellung einer Deckungspflicht (Gesamtstreitwert S 70.668,40), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 18. März 1998, GZ 17 R 196/97p-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 12. Mai 1997, GZ 14 C 998/96y-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.566,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 761,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Streitteilen besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die ARB 1965/82 und die Sonderbedingungen für die Rechtsschutzversicherung zugrunde gelegt wurden. Zu den versicherten Risken zählen ua der Arbeitsgerichts-Rechtsschutz und der Sozialversicherungs-Rechtsschutz.

Der Kläger wurde von der A***** HandelsgmbH & Co KG beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien auf Ersatz sämtlicher, während seiner Tätigkeit für diese als Angestellter angefallener Kosten, insbesondere für Telefon und Telefax, Inserate, Werbung und die Betriebskosten für ein Musterhaus in Klagenfurt in Anspruch genommen. Er hat in der Klagebeantwortung die Unzuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eingewandt und die Überweisung der Rechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien beantragt. In der Verhandlung vom 16. 9. 1993 hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die Rechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien überwiesen. In diesem Rechtsstreit liefen dem Kläger in dem vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien geführten Verfahren S 30.668,40 an Kosten für die Klagebeantwortung und eine Verhandlungstagsatzung auf.

Das Handelsgericht Wien eröffnete am 20. 6. 1995 über das Vermögen der A***** Handelsgesellschaft mbH & Co KG das Konkursverfahren. Der Konkurs wurde mit Beschluß vom 25. 10. 1996 mangels Kostendeckung gemäß § 166 Abs 2 KO wieder aufgehoben.

Der Kläger meldete seine Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis gegen die Gemeinschuldnerin am 12. 7. 1995 im Konkursverfahren an. Über seinen gleichzeitig erhobenen Antrag auf Insolvenzausfallentgelt hat das zuständige Bundessozialamt noch nicht entschieden, so daß der Kläger Säumnisklage erheben kann. Der Beklagten wurde ein Entwurf der Klage gegen den Masseverwalter übermittelt, mit dem Ersuchen, eine Deckungszusage abzugeben. Die Beklagte verweigerte die Deckung mit der Begründung, daß nur die Anmeldung einer rechtskräftig festgestellten Forderung vom Versicherungsschutz umfaßt sei.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von S 30.668,40 sA sowie die urteilsmäßige Feststellung, daß die Beklagte für die Klage und das anschließende Verfahren wegen Insolvenzausfallgeld gegen das Bundessozialamt Wien, Niederösterreich und Burgenland Rechtsschutzdeckung zu gewähren habe. Die Kosten für die Erstattung der Klagebeantwortung und eine Verhandlungstagsatzung in dem zunächst unzuständigerweise vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien geführten Verfahren seien in einem Rechtsstreit aufgelaufen, in dem Ansprüche gegen den Kläger als Arbeitnehmer geltend gemacht worden seien. Sie hätten demnach der Abwehr von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gedient und seien von der Rechtsschutz-Versicherung gedeckt. Für die Klage auf Gewährung von Leistungen aus dem Insolvenzentgeltsicherungsfonds habe die Beklagte Deckung zu gewähren, weil insoweit Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht würden. Es seien dabei die ARB 1988 anzuwenden, nach deren Art 20 sich der Versicherungsschutz bei Insolvenz des Arbeitgebers jedenfalls auf die Geltendmachung bestrittener Forderungen erstrecke. Aber auch gemäß Art 3 Abs 1 lit a ARB 1965/82 hätte die Beklagte die Kosten dieses Prozesses zu decken.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Nach Art 1 der Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung werde Rechtsschutz für Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen vor dem Arbeits- und Sozialgericht gewährt. Ansprüche aus der Prozeßführung vor einem unzuständigen Gericht fielen nicht in diese Deckungspflicht der Versicherung. Im Insolvenzverfahren werde gemäß Art 3 Abs 1 ARB 1965/82 Rechtsschutz nur für die Anmeldung rechtskräftig festgestellter Forderungen im Konkursverfahren gewährt, nicht jedoch für ein Feststellungsverfahren oder die klageweise Geltendmachung des Insolvenzausfallgeldes. Auch das Verfahren vor dem Bundessozialamt sei kein Verfahren, das im Rechtsschutzversicherungsvertrag Deckung finde.

Das Erstgericht hat sowohl dem Leistungs- als auch dem Deckungsbegehren stattgegeben. Auf das vorliegende Versicherungsverhältnis seien die ARB 1965 in der Fassung 1982 anzuwenden. Allgemeine Geschäftsbedingungen gälten nur kraft Vereinbarung. Die vorliegende Parteieneinigung beziehe sich auf die ARB 1965/82. Für die Rechtsschutzdeckung sei es bedeutungslos, vor welchem Gericht eine Klage eingebracht worden sei. Der Versicherungsschutz umfasse daher auch die Deckung jener Kosten, die vor dem für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unzuständigen Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien aufgelaufen seien.

Zweck des IESG sei die Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenen Ansprüchen von Arbeitnehmern im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers. Gesichert seien dadurch Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Art 3 Abs 1 der ARB 1965/82 umfasse den Versicherungsschutz für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen und darüber hinaus auch für die Anmeldung rechtskräftig festgestellter Forderung im Insolvenzverfahren. Die Ansprüche des Klägers gegen das Bundessozialamt seien noch nicht rechtskräftig festgestellte Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, die vor österreichischen Arbeitsgerichten geltend gemacht werden müßten. Sie fielen demnach unter die Definition des Art I Abs 1 der Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung. Daß die ARB nicht direkt auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus den IESG Bezug nähmen, erkläre sich daraus, daß dieses Gesetz erst seit dem Jahr 1977 in Kraft sei. Diesbezüglich werde auf die ARB 1988 verwiesen, die nach dem Inkrafttreten des IESG aufgestellt worden seien, und in Art 20 Abs 2.1 ausdrücklich festlegten, daß sich die Rechtsschutz-Versicherung auch auf die Geltendmachung bestrittener Forderungen vor dem Konkurs- bzw Ausgleichsgericht erstrecke.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und - nach einem Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO - daß die ordentliche Revision zulässig sei. Art I Abs 1 der Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung gewähre dem Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Dienstgeber oder Dienstnehmer im Rahmen der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung Versicherungsschutz in Fällen, in denen vor österreichischen Arbeitsgerichten Ansprüche des Versicherungsnehmers verfolgt oder abgewehrt würden. Bei streng wörtlicher Interpretation seien nur solche Kosten einer derartigen Rechtsdurchsetzung erfaßt, wenn vor einem österreichischen Arbeitsgericht prozessiert werde. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sei aber in einer Arbeitsrechtssache bis zur Überweisung der Rechtssache an das zuständige Arbeits- und Sozialgericht Wien gleichsam als Arbeitsgericht tätig geworden. Nach der Überweisung werde das Verfahren beim Adressatgericht dort fortgesetzt, wo es beim Überweisungsgericht aufgehört habe. Das Verfahren bilde eine Einheit, die Überweisung bezwecke die Kontinuität des einmal eingeleiteten Rechtsstreits. Jeder durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer werde die ARB nach der anzuwendenden Unklarheitenregel dahin verstehen, daß Versicherungsschutz auch dann zu gewähren sei, wenn der Versicherungsnehmer - von ihm zunächst völlig unbeeinflußbar - in einer Arbeitsrechtssache vor dem unzuständigen Gericht belangt werde.

Dieselben Auslegungskriterien seien auch auf den Deckungsschutz für die vom Kläger beabsichtigte Klage gegen das Bundessozialamt anzuwenden. Die Auffassung der Beklagten, daß ein Begehren auf Rechtsschutzdeckung für ein Verfahren, das die rechtskräftige Feststellung dieses Anspruchs erst bewirken solle, nicht vom Versicherungsschutz umfaßt sei, sei durch Art 3 Abs 1 ARB 1965/82 nicht gedeckt. Darin würden die Rechtsschutzanträge aufgezählt, für die Deckung gewährt werde. Der Passus "Geltendmachung rechtskräftig festgestellter Forderungen im Konkurs- und Ausgleichsverfahren" beziehe sich schon dem Wortlaut nach nur auf die exekutive Durchsetzung bereits rechtskräftig festgestellter Forderungen. Der Kläger beabsichtigte aber eine Klage vor einem österreichischen Arbeitsgericht auf Leistung einzubringen, womit er seine Ansprüche als Dienstnehmer verfolge. Das sei ein in Art 3 Abs 1 lit a genannter Rechtsschutzantrag, nämlich eine Klage auf Leistung.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist - entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung - nicht jedenfalls unzulässig. Zufolge des insoweit bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts übersteigt der nicht bloß in einem Geldbetrag bestehende Entscheidungsgegenstand (die in einem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehenden Ansprüche auf Zahlung und Feststellung) S 52.000, nicht aber S 260.000. Die Revision ist auch nicht unzulässig aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Deckungspflicht des Rechtsschutzversicherers in Arbeitsrechtssachen, die (zunächst) vor dem unzuständigen ordentlichen Gericht anhängig gemacht wurden und zur Frage der Deckung der Kosten des Verfahrens über eine Säumnisklage nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz, nicht vorliegt. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt in ihrer Revision zum Leistungsbegehren die Auffassung, daß der Arbeitsgerichtsrechtsschutz auf Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht beschränkt sei. Kosten, die vor einem ordentlichen Gericht aufgelaufen seien, seien, wenngleich davon arbeitsrechtliche Ansprüche betroffen seien, nicht zu decken. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden:

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung sind allgemeine Versicherungsbedingungen nicht wie Gesetze, sondern wie Verträge auszulegen: Die nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassenden allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen so ausgelegt werden, wie diese der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen mußte, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen; zu berücksichtigen ist in allen Fällen der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der AGB (SZ 62/29; SZ 62/168; VR 1990/224; VR 1991/231; VR 1992/284; VR 1992/269; VR 1994/334; zuletzt 7 Ob 199/98k). In 7 Ob 65/97b hat der Oberste Gerichtshof aus dem äußersten Wortsinn des Ausdrucks "Arbeitsgerichts-Rechtsschutz" abgeleitet, daß im Hinblick darauf, daß in Österreich keine universelle Gefahrenübernahme in der Rechtsschutz-Versicherung gebräuchlich ist, sondern nur Teilgebiete abgedeckt werden (Kronsteiner in VR 1994, 172 ff [176 f]; Schauer,

Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3 443), Kosten, die außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, etwa eines vorgelagerten Verwaltungsverfahrens, nicht vom versicherten Risiko erfaßt sind. Daraus ist für den vorliegenden Fall für die Beklagte aber nichts zu gewinnen. Die Kosten der Klagebeantwortung und einer Verhandlungstagsatzung wären, wäre die Klage des ehemaligen Dienstgebers des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis von vornherein beim zuständigen Arbeitsgericht eingebracht worden, ohne Zweifel von der Beklagten als vom Versicherungsrisiko erfaßt zu decken gewesen. Nur der Umstand, daß die Klage - ohne Einflußnahme durch den Kläger - zunächst beim unzuständigen ordentlichen Gericht eingebracht wurde, hat dazu geführt, daß Kosten im Verfahren über einen arbeitsrechtlichen Anspruch auch vor einem ordentlichen Gericht aufgelaufen sind. Das Arbeitsgericht, an das die Rechtssache zuständigkeitshalber überwiesen worden ist, hatte - worauf das Berufungsgericht bereits verwiesen hat - das Verfahren aber dort fortzusetzen, wo es beim Überweisungsgericht aufgehört hat; die Überweisung bezweckt die Kontinuität des einmal eingeleiteten Rechtsstreites (RZ 1967, 15), das Verfahren bildet eine Einheit (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 12 zu § 261). Die vorliegenden Versicherungsbedingungen regeln zwar nicht den Fall, daß die Klage, die zu einem arbeitsgerichtlichen Verfahren führt, zunächst beim unzuständigen ordentlichen Gericht eingebracht wurde. Nach dem maßgebenden Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers kann es aber für die Beurteilung, ob Kosten in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren aufgelaufen sind, nicht darauf ankommen, daß die vor das Arbeitsgericht gehörende Klage vom Gegner des Versicherungsnehmers beim unzuständigen ordentlichen Gericht eingebracht wurde. Demnach sind die vor der Prozeßüberweisung vor dem ordentlichen Gericht aufgelaufenen Kosten als Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens aufzufassen.

Die mit dem Feststellungsbegehren angestrebte Deckung für die Geltendmachung des Insolvenz-Ausfallgeldes sei nach den weiteren Ausführungen in der Revision nicht gegeben. Ansprüche auf das Insolvenz-Ausfallgeld seien gemäß § 65 Abs 1 Z 7 ASGG Sozialrechtssachen. Leistungssachen im Sinne des Arbeitsechtsschutzes seien jedoch keinesfalls als Sozialrechtssachen zu bezeichnen. Erst für die Durchsetzung derartiger rechtskräftig zuerkannter Ansprüche im Konkurs sei der Versicherungsschutz vorgesehen. Der mit dem Deckungsbegehren verfolgte Anspruch falle aber auch nicht unter den Sozialversicherungs-Rechtsschutz, weil das Bundessozialamt nicht als Sozialversicherungsträger anzusehen sei. Der Anspruch auf das Insolvenz-Ausfallgeld sei vor der Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit vor den Arbeitsämtern im Verwaltungsverfahren geltend zu machen gewesen, für welches der Arbeitsgerichtsrechtsschutz ebenfalls nicht bestehe. Auch diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden.

Gemäß Art I Abs 1 der Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung gewährt der Versicherer im Rahmen des Arbeitsgerichts-Rechtsschutzes dem Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Dienstgeber oder Dienstnehmer im Rahmen der allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung Versicherungsschutz in Fällen, in denen vor österreichischen Arbeitsgerichten Ansprüche des Versicherungsnehmers verfolgt oder abgewehrt werden. Gemäß Art II Abs 1 lit a dieser Sonderbedingungen gewährt der Versicherer im Rahmen der ARB Versicherungsschutz in allen Fällen, in denen Ansprüche in Leistungssachen vor den (seinerzeitigen) Schiedsgerichten der Sozialversicherung verfolgt werden. Gemäß Abs 5 dieser Bestimmung wird Sozialversicherungsrechtsschutz insoweit gewährt, als für die rechtliche Auseinandersetzung ein Sozialversicherungsträger oder ein Schiedsgericht im Sinne der (ehemaligen) §§ 409 ff ASVG bzw eine österreichische Behörde oder ein österreichisches Gericht zuständig ist. Gemäß Art 3 Abs 1 ARB 1965/82 deckt die Rechtsschutz-Versicherung die zur Gewährung der rechtlichen Interessen notwendigen außergerichtlichen und gerichtlichen Maßnahmen, unter die gemäß lit a dieser Bestimmung bei der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen ua die Klage auf Leistung oder Feststellung gehört. Entgeltsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis fallen demnach unter diesen Versicherungsschutz. Entgeltsansprüche oder sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern wurden durch das Insolvenzentgelt-SicherungsG BGBl 324/1977 (IESG) gesichert. Versichertes Risiko dieses Sozialversicherungsgesetzes ist im Kernbereich die von den Arbeitnehmern typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlusts ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind (SZ 64/54; Liebeg, Insolvenz-EntgeltssicherungsG2, 37). Bei einem Streit über den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld oder einen Vorschuß auf dieses sind die Bestimmungen des ASVG sinngemäß anzuwenden; dabei tritt anstelle des Versicherungsträgers das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, das den Besheid erlassen hat oder zu erlassen hätte (§ 10 IESG). Eine "Säumnisklage", für die der Rechtsschutz im Rahmen des vorliegenden Feststellungsbegehrens in Anspruch genommen wird, kann gemäß § 67 Abs 1 Z 2 ASGG erhoben werden, wenn das erwähnte Bundesamt über den Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hat; damit geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Arbeits- und Sozialgericht über (Liebeg aaO 259).

Mit einer Säumnisklage werden die Ansprüche des Dienstgebers auf die durch das IESG gesicherten Ansprüche des Dienstnehmers (Versicherungsnehmers der Rechtsschutz-Versicherung) aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Soweit die rein arbeitsrechtlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs verfolgt werden, fällt die Rechtsdurchsetzung in den Arbeitsgerichts-Rechtsschutz, soweit aber die Voraussetzungen des Anspruchs nach dem IESG zu prüfen sind, in den Sozialversicherungs-Rechtsschutz. Eine Einschränkung des Rechtsschutzes bei der Verfolgung arbeitsrechtlicher Ansprüche auf Klagen gegen den Arbeitgeber sehen weder die ARB 1965/82 noch die Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung für den Arbeitsgerichts-Rechtsschutz vor. Art II Abs 5 der Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung erweitert den - nicht mehr aktuellen - Rechtsschutz für Ansprüche in Leistungssachen vor Schiedsgerichten der Sozialversicherung auf derartige Verfahren vor österreichischen Behörden oder österreichischen Gerichten. Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld sind in verfahrensrechtlicher Hinsicht gemäß § 10 IESG den Ansprüchen gegen Sozialversicherungsträger gleichgestellt. Daraus ergibt sich aber nach dem Maßstab eines verständigen Versicherungsnehmers die Auslegung der Art I und II der Sonderbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung, daß auch die Verfolgung arbeits- und sozialrechtlicher Ansprüche nach dem IESG unter den Arbeits- und Sozialrechtsschutz fallen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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