OGH 2Ob137/98f

OGH2Ob137/98f15.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Rohrer und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter P***** *****, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Johannes K*****, vertreten durch Dr. Christian Hopp, Rechtsanwalt in Feldkirch, und der auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenientin ***** T***** S.p.a. **********, Italien, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtanwälte in Feldkirch, wegen Zahlung von S 91.306 sA und Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17. Februar 1998, GZ 1 R 17/98d-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 6. November 1997, GZ 5 Cg 241/97i-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 5. 7. 1988 bestellte die T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH mit dem Sitz in Österreich, deren Geschäftsführer der Beklagte war, bei der Nebenintervenientin in Italien Schischuhe, die in der Folge geliefert und mit Rechnung vom 20. 10. 1988 fakturiert wurden.

Im Jahre 1990 änderte diese GmbH ihre Firma auf "Ö***** Baugesellschaft mbH". Weiters wurde der Unternehmensgegenstand von Groß- und Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Sportwaren, auf die Ausübung des Bauträgergewerbes, die Planung und Ausführung von Hoch- und Tiefbauten, insbesondere mit ökologischen Baustoffen, und die Ausübung des Baumeistergewerbes geändert. Geschäftsführender Gesellschafter blieb der Beklagte. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt verkaufte die T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH dem Beklagten einige Paare der im Jahre 1988 angeschafften Schischuhe. Von diesen Schischuhen verkaufte der Beklagte wiederum einige Paare an Walter H*****, der ein Sportgeschäft betreibt. Ende 1996 kaufte der Kläger in diesem Sportgeschäft ein Paar dieser Schischuhe.

Am 6. 2. 1997 kam der Kläger, der die bei H***** gekauften Schischuhe der Marke "T*****" trug, zu Sturz und verletzte sich dabei.

Zunächst machten seine Vertreter gegenüber H***** Produkthaftungsansprüche geltend, doch teilte ihnen dieser mit, er habe die Schischuhe beim Beklagten bezogen.

Mit Schreiben vom 14. 5. 1997 begehrten die Klagevertreter vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes, insbesondere nach dem Produkthaftungsgesetz, die Zahlung von S 96.000 für die Schäden, die der Kläger erlitt. Der Beklagte wies den Schadenersatzanspruch zurück, weil er lediglich Zwischenhändler gewesen sei.

Die Klagevertreter ersuchten daraufhin mit Schreiben vom 28. 5. 1997, der Beklagte solle gemäß § 1 PHG den inländischen Unternehmer, der den gegenständlichen Schuh zum Vertrieb in Österreich eingeführt und hier in den Verkehr gebracht habe, sowie den Hersteller benennen. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 2. 6. 1997, den Schuh aus der Liquidierung der Firma T*****-SPORT erworben zu haben. Laut Auskunft einer Agentur habe die Firma T*****-Sport die Schuhe bei der Firma T***** erworben.

Die Klagevertreter teilten daraufhin mit, diese Erklärung sei nicht ausreichend. Sie ersuchten um Beibringung

1. des Nachweises über die Lieferung der Schuhe und

2. der Adresse, des Namens des Inhabers und allfälliger weiterer Daten bezüglich der Firma T*****-Sport.

Mit Schreiben vom 20. 6. 1997 teilte der Beklagte mit, die Firma T*****-Sport sei seit 1990 nicht mehr existent. Der Lieferant der Firma T*****-Sport sei die Firma T***** gewesen, wie sich aus der beiliegenden Rechnungskopie ergebe. Diesem Schreiben war eine Kopie einer großteils in italienischer Sprache gehaltenen Rechnung der Nebenintervenientin vom 20. 10. 1988 angeschlossen, welche an eine Firma "Sport K***** T*****-Sport" gerichtet ist. Die Rechnung enthält Firma, Anschrift, Telefon- und Fax-Nummer des Lieferanten.

Der Beklagte war der Ansicht, die Firma T*****-Sport Handels GmbH sei durch die Änderung des Firmenwortlautes und des Gegenstandes des Unternehmens untergegangen.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Produkthaftungsansprüche geltend und brachte vor, die bei Walter H***** gekauften Schischuhe seien ohne Fremdeinwirkung infolge eines Produktfehlers zerbrochen. Er sei dadurch zu Sturz gekommen und habe sich schwer verletzt. Walter H***** habe ihm mitgeteilt, die Schischuhe beim Beklagten gekauft zu haben. Der Aufforderung, eine Erklärung gemäß § 1 PHG abzugeben, sei der Beklagte nur ungenügend und unrichtig nachgekommen, weshalb er selbst für den aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Schischuhe entstandenen Schaden hafte.

Der Beklagte wendete ein, weder Hersteller noch Importeur zu sein, er habe die nach dem PHG erforderlichen Informationen erteilt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Beklagte habe dem Kläger im Schreiben vom 20. 6. 1997 sowohl den Hersteller der Schuhe als auch die genaue Anschrift seiner Vorgängerin, nämlich der Firma T*****-Sport Handels GmbH, genannt, weil diese auf der Rechnung vom 20. 10. 1988 ausdrücklich angeführt sei. Er habe damit seine Verpflichtungen als Zwischenhändler ausreichend erfüllt. Den Umstand, daß die Firma T*****-Sport Handels GmbH unter anderem Namen nach wie vor existiere, hätte der rechtskundig vertretene Kläger problemlos erheben können.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sah den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig an. Da die Schuhe im Jahre 1988 und somit vor dem Inkrafttreten der PHG-Novelle BGBl 1993/95 an den Beklagten geliefert und fakturiert worden seien, sei § 1 PHG noch in der alten Fassung anzuwenden. Werde demnach durch den Fehler eines Produktes ein Mensch getötet, am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt oder eine von dem Produkt verschiedene körperliche Sache beschädigt, so hafte nach § 1 Abs 1 PHG für den Ersatz des Schadens 1. der Unternehmer, der es hergestellt und in den Verkehr gebracht habe, 2. der inländische Unternehmer, der es zum Vertrieb in das Inland eingeführt und hier in den Verkehr gebracht habe. Importeur sei jener, der als erster Unternehmer in der Vertriebskette seinen Sitz im Inland habe. In den Verkehr sei ein Produkt gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich aufgrund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergeben habe.

Könne nach § 1 Abs 2 PHG der Hersteller oder - bei eingeführten Produkten - der Importeur nicht festgestellt werden, so hafte jener Unternehmer, der das Produkt in Verkehr gebracht habe, nach Abs 1, wenn er nicht dem Geschädigten in angemessener Frist den Hersteller bzw - bei eingeführten Produkten - den Importeur oder denjenigen nenne, der ihm das Produkt geliefert hat. Durch die sogenannte Auffanghaftung der Lieferanten solle vermieden werden, daß der Geschädigte durch die Verwendung anonymer Produkte "an der Suche nach dem Hersteller oder Importeur scheitert". Für die Offenlegung der tatsächlichen Verhältnisse hafte jeder Unternehmer, der das Produkt in den Verkehr gebracht habe. Der Händler könne sich entlasten, wenn er den inländischen Hersteller, Importeur oder seinen unmittelbaren Vorlieferanten benenne. Auf letzteren verlagere sich sodann die Haftung, wenn er nicht seinerseits die erforderliche Aufklärung geben könne.

§ 1 Abs 2 PHG setze voraus, daß der inländische Hersteller bzw Importeur "nicht festgestellt" werden könne. Die Haftung könne daher durch einen entsprechenden Aufdruck auf dem Produkt, Beipackzettel usw von vornherein vermieden werden. Jedenfalls müsse eine eindeutige Identifizierung des entsprechenden Unternehmers möglich sein, sodaß es keiner weiteren Nachforschung bedürfe. An diese Voraussetzung seien keine strengen Anforderungen zu stellen. Der Geschädigte könne nur dann den Lieferanten nicht in Anspruch nehmen, wenn er den primär haftpflichtigen Erzeuger oder Importeur aus Aufdrucken auf dem Produkt selbst oder aus der Werbung kenne. Bei der Nennung des Vorlieferanten genüge allerdings die Bekanntgabe von Namen und Anschrift nicht immer. Es müßten auch Einzelheiten des Bezuges mitgeteilt werden, soweit dies zur Rückverfolgung der Ansprüche des Geschädigten erforderlich sei. Der Lieferant habe den Namen seines Vorlieferanten oder Importeurs so vollständig anzugeben, daß eine Identifizierung eindeutig und ohne weitere Erkundigungen und somit auch eine Klageführung sofort möglich sei. Diese eindeutige Identifizierung sei im gegenständlichen Fall dem Kläger aber nicht möglich gewesen. Es sei ihm zwar der ausländische Hersteller genannt worden, nicht jedoch im ausreichenden Maße der inländische Unternehmer, der die Schuhe in den Verkehr gebracht habe. Es sei ihm mitgeteilt worden, daß der Beklagte die Schuhe aus der Liquidierung der Firma T*****-Sport erworben habe und daß diese seit 1990 nicht mehr existiere. Aus der Rechnungskopie der Firma T***** lasse sich lediglich eine Firma "Sport K***** T*****-Sport" entnehmen. Eine Firma T*****-Sport habe weder 1990 noch nachher existiert, vielmehr sei im Handelsregister die Firma "T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH" eingetragen gewesen. Die Bekanntgabe einer Firma T*****-Sport ohne jeglichen Hinweis auf ein Gesellschaftsverhältnis könne eine Einzelfirma ebenso wie eine juristische Person bedeuten, wobei in diesem Fall weitere Nachforschungen erforderlich seien, um das Gesellschaftsverhältnis zu ergründen.

Es bedürfe daher weiterer Feststellungen zur Berechtigung und zur Höhe des geltend gemachten Anspruches.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Frage, ob die Bekanntgabe eines Firmennamens ohne den erforderlichen Gesellschaftszusatz den Voraussetzungen des § 1 Abs 2 PHG gerecht werde, fehle.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Der Kläger hat Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Beklagte macht in seinem Rechtsmittel geltend, aus den dem Kläger übermittelten Urkunden habe sich eindeutig ergeben, daß es sich bei "T*****-Sport" um eine Firma handle. Gemäß § 18 Abs 1 HGB könne es sich dabei nicht um die Firma eines Einzelkaufmannes handeln. Allein aus dem Umstand, daß dem rechtskundig vertretenen Kläger keine Firma mit Vor- und Nachnamen bekanntgegeben worden sei, hätte geschlossen werden müssen, daß es sich um eine Gesellschaft handeln müsse. Es wäre ein leichtes gewesen, erforderlichenfalls auch die Gesellschaftsform zu ermitteln. Er habe seine Benennungspflicht im Sinne des § 1 Abs 1 PHG erfüllt, weil eine Klagsführung aufgrund der Angaben "Firma T*****-Sport, L*****straße*****" möglich gewesen wäre. Die Auffassung, er hätte auch den Gesellschaftszusatz bekannt geben müssen, führe zu einer Überspannung der Benennungspflicht des § 1 Abs 2 PHG.

Weiters könne nicht ausgeschlossen werden, daß er die Schischuhe zu einem Zeitpunkt in den Verkehr gebracht habe, zu welchem die PHG-Novelle 1993 bereits in Kraft getreten war. Da § 19a Abs 2 PHG auf den Zeitpunkt abstelle, zu welchem das Produkt in Verkehr gebracht worden sei, sei auch davon auszugehen, daß ihn bloß die Verpflichtung getroffen habe, den Hersteller oder den Importeur in den Europäischen Wirtschaftsraum zu benennen. Dieser Verpflichtung sei er ausreichend nachgekommen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs 1 PHG idF vor der Novelle 1993 haftet für den Ersatz des Schadens, der durch den Fehler eines Produktes entsteht,

1. der Unternehmer, der es hergestellt und in den Verkehr gebracht hat,

2. der inländische Unternehmer, der es zum Vertrieb in das Inland eingeführt und hier in den Verkehr gebracht hat.

Kann der Hersteller oder - bei eingeführten Produkten - der Importeur (Abs 1 Z 2) nicht festgestellt werden, so haftet jeder Unternehmer, der das Produkt in den Verkehr gebracht hat, wenn er nicht dem Geschädigten in angemessener Frist den Hersteller bzw - bei eingeführten Produkten - den Importeur oder denjenigen nennt, der ihm das Produkt geliefert hat (§ 1 Abs 2 PHG). Das EWR-Anpassungs-Gesetz BGBl 1993/95 hat mit Wirksamkeit vom 1.1.1994 den Importeursbegriff des § 1 Abs 1 Z 2 PHG dahin geändert, daß nunmehr der Unternehmer, der das Produkt zum Vertrieb in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und hier in den Verkehr gebracht hat, Importeur ist.

Nach der Rechtslage vor der PHG-Novelle 1993 ist somit gemäß § 1 Abs 1 Z 2 PHG Importeur im Sinne des § 1 Abs 1 PHG der inländische Unternehmer, der das Produkt in das Inland eingeführt und hier in den Verkehr gebracht hat. Der Händler konnte sich daher von seiner Haftung nur dadurch befreien, daß er den inländischen Hersteller oder den inländischen Importeur oder denjenigen nennt, der ihm das Produkt im Inland geliefert hat. Nach der Rechtslage nach der Novelle 1993 ist nunmehr Importeur jener Unternehmer, der ein Produkt zum Vertrieb in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und hier in den Verkehr gebracht hat. Import ist seither prinzipiell Einfuhr in den EWR (JBl 1997, 779 [Riedler] = RdW 1998, 195 = ZfRV 1997, 209 [Posch]; vgl auch Riedler, Rechtsschutzdefizit im PHG durch den "Wandel des Importeurbegriffs" infolge des Eintritts Österreichs in die EU, WBl 1995, 99 [100]). Der Händler kann sich daher nunmehr von seiner Haftung auch dadurch befreien, daß er einen Hersteller aus dem EWR namhaft macht, was sich hier zugunsten des Beklagten auswirken könnte, weil er zwar keinen inländischen, wohl aber einen Hersteller mit dem Sitz im EWR-Raum namhaft gemacht hat.

Zu prüfen ist nach dem Gesagten daher, ob hier § 1 PHG in der Fassung vor oder nach der Novelle 1993 anzuwenden ist. Hiezu bestimmt § 19a Abs 2 PHG idF dieser Novelle, daß die Neufassung ua des § 1 Abs 1 Z 2 auf Schäden durch Produkte, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, also vor dem 1.1.1994 (BGBl 1993/909), in Verkehr gebracht worden sind, nicht anzuwenden ist. Eine ähnliche Bestimmung findet sich im § 19 PHG, wonach das PHG auf Schäden durch Produkte, die vor seinem Inkrafttreten in den Verkehr gebracht worden sind, nicht anzuwenden ist. Nach Barchetti/Formanek (Das österreichische Produkthaftungsgesetz 177), Reindl (in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung, zu § 19) sowie Posch (Produkthaftungsgesetz, RdW 1988, 75; ders, Nochmals: Zur Übergangsgangsbestimmung des Produkthaftungsgesetzes, RdW 1988, 378; ders in Schwimann**2 Rz 4 zu § 19 PHG) und - zur vergleichbaren deutschen Rechtslage - Taschner/Frietsch (Produkthaftungsgesetz und EG-Produkthaftungsrichtlinie**2 Rz 4 zu § 16 PHG) sowie Thomas (in Palandt, BGB57 Rz 1 zu § 16 PHG) ist das PHG gleichermaßen anzuwenden, wenn das Produkt vom jeweils in Anspruch Genommenen, gleichgültig ob er sein Hersteller, sein Importeur oder sein Händler ist, nach dem genannten Zeitpunkt einem anderen übergeben wurde. Dieselbe Auffassung vertritt Posch (in Schwimann**2 Rz 2 zu § 19a PHG) nunmehr auch zu dieser Bestimmung. Welser (PHG Rz 2 zu § 19) und Siegl (Zur Übergangsbestimmung des § 19 PHG und zum Begriff des "Inverkehrsbringens", WBl 1989, 179) halten beim § 19 PHG hingegen den Zeitpunkt für maßgebend, in dem das Produkt erstmals durch den Hersteller in den Verkehr gebracht wurde, während Andreewitch (Zur Übergangsbestimmung im Produkthaftungsgesetz, RdW 1988, 283) auf die Übergabe durch den Hersteller oder, bei einem ausländischen Erzeugnis, auch auf jene durch den Importeur abstellt. Ob die Unterschiede in den beiden zuletzt angeführten Meinungen auch für § 19a PHG von Bedeutung sein könnten, muß hier schon deshalb nicht erörtert werden, weil das Produkt, das nach den Behauptungen des Klägers den Schaden verursacht hat, sowohl vom ausländischen Hersteller als auch vom Importeur noch vor dem 1. 1. 1994 in Verkehr gebracht wurde. Zu erörtern bleibt daher nur, was rechtens ist, wenn das Produkt nach dem 1. 1. 1994 weder vom Hersteller noch vom Importeur, sondern von einem anderen Unternehmer in Verkehr gebracht wurde.

Ein Produkt ist gemäß § 6 PHG in den Verkehr gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich aufgrund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergeben hat. Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Produkthaftungsgesetzes (272 BlgNR 17. GP 10) ist zu dieser Bestimmung bloß zu entnehmen, daß als "wesentlicher Kern des Begriffs" zu verstehen ist, "daß das Produkt mit dem Willen desjenigen, dessen Haftung in Frage steht, aus seinem Verfügungsbereich herausgetreten ist und er dadurch jede auch nur theoretische Möglichkeit verloren hat, die potentiell in dem Produkt steckende Gefahr zu beherrschen". In dieser Bestimmung wird also die Stellung desjenigen, durch den das Produkt dem anderen übergeben worden sein muß, nicht näher bezeichnet, weshalb nach Ansicht des erkennenden Senates bei der Auslegung jeder Bestimmung, in der auf das Inverkehrbringen abgestellt und der betroffene Personenkreis (anders als etwa im § 1 Abs 2 PHG) nicht ausdrücklich angeführt wird, nach dem Zweck der Bestimmung gesondert zu beurteilen ist, welcher Personenkreis in Betracht kommt (ähnlich Siegl, RdW 1989, 179 [180]; die gegenteiligen, vor allem von Posch [RdW 1988, 378] vertretenen Argumente überzeugen hingegen nicht).

Auch die gebotene (s JBl 1997, 779 [Riedler] = RdW 1998, 195 = ZfRV 1997, 209 [Posch]) richtlinienkonforme Auslegung führt entgegen der Meinung von Posch (in Schwimann**2 Rz 2 zu § 19a iVm Rz 4 zu § 19 PHG) zu keinem anderen Ergebnis. Art 3 Abs 2 der EU-Richtlinie vom 25. 7. 1985 über die Haftung für fehlerhafte Produkte, auf den sich Posch beruft und in dem vorgesehen ist, daß alle am Vertrieb des Produktes beteiligten Personen als "Hersteller" im Sinn der Richtlinie gelten und wie der Hersteller haften, bezieht sich nämlich erkennbar auf die im Art 1 der Richtlinie festgelegte Haftung des Herstellers eines fehlerhaften Produktes und entspricht dem § 1 Abs 2 PHG. Ebensowenig wie aus dieser Bestimmung zwingend für die Auslegung des andere Zwecke verfolgenden § 19a PHG etwas entnommen werden kann, kann deshalb Art 3 Abs 2 der Richtlinie als für dessen Auslegung maßgebend angesehen werden. Es ist daher (entgegen Posch, RdW 1988, 378 und in Schwimann**2 Rz 2 zu § 19a iVm Rz 4 zu § 19 PHG) weder aus § 6 PHG noch aus Art 3 Abs 2 der EU-Richtlinie vom 25. 7. 1985 für die hier zu lösende Frage etwas zu gewinnen.

Wie aus den ErlzRV PHG-Nov 1993 hervorgeht (648 BlgNR 18. GP 3), soll aber die Neufassung des § 1 Abs 1 Z 2 (und § 17) PHG zur Folge haben, daß der Geschädigte im Staat des Schadenseintritts klagen und dann in dem Staat, in dem der Hersteller oder Importeur seinen Sitz hat, Exekution führen kann. Dabei wird davon ausgegangen, daß das LGVÜ bereits mit Wirkung vom 1. 1. 1993 und damit noch vor dem 1. 1. 1994, dem Tag des Inkrafttretens der Novelle, ratifiziert sein wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber Posch (in Schwimann**2 Rz 2 zu § 19a PHG) zuzustimmen, daß es nicht auf das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens durch den Hersteller (oder Importeur), sondern auf den Zeitpunkt des jeweiligen Inverkehrbringens durch das in Anspruch genommene haftpflichtige Glied der Absatzkette ankommt. Wurde nämlich durch diesen ein Hersteller oder Importeur genannt, dessen Sitz sich im EWR-Raum befindet, so wäre zufolge Art 5 Nr 3 LGVÜ der Vorstellung des Gesetzgebers entsprochen, daß der in Österreich Geschädigte den Hersteller oder Importeur in Österreich klagen und in dem Land, in dem er seinen Sitz hat, Exekution führen kann, zumal für die Anwendbarkeit der LGVÜ der Zeitpunkt der Erhebung der Klage (und nicht der Verwirklichung des ihr zugrundeliegenden Sachverhalts) ausschlaggebend ist (vgl Art 54 Abs 1 LGVÜ). Da somit diese Möglichkeit nicht davon abhängt, daß der Hersteller oder Importeur es war, der das Produkt erst nach dem Inkrafttreten der PHG-Novelle 1993 in Verkehr gebracht hat, ist es nicht erforderlich, für die Frage der Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf den angeführten Zeitpunkt abzustellen, damit der Geschädigte noch in den Genuß der Vorteile der für ihn günstigeren früheren Regelung kommt. Weil in diesem Fall nach der Vorstellung des Gesetzgebers immer, wenn gemäß § 1 Abs 2 PHG ein Hersteller oder Importeur genannt wird, dessen Sitz sich im EWR-Raum befindet, dieser aufgrund des Art 5 Nr 3 LGVÜ in Österreich geklagt und am Sitz des Herstellers oder Importeurs Exekution geführt werden kann. Daß sich die bezogene Vorstellung des Gesetzgebers in der Folge wegen der Verzögerung der Ratifizierung des LGVÜ nicht sofort verwirklichte (vgl JBl 1997, 779 [Riedler] = RdW 1998, 195 = ZfRV 1997, 209 [Posch]), ist hier unerheblich, zumal die Klage ohnedies erst nach dem Inkrafttreten des LGVÜ erhoben wurde.

Der Kläger hat daher aufgrund des Art 5 Nr 3 LGVÜ die Möglichkeit, den italienischen Hersteller in Österreich zu klagen und ein zu seinen Gunsten ergehendes Urteil in Italien, wo das LGVÜ seit 1. 12. 1992 in Kraft steht (s Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht5 Einl Rz 47), zu vollstrecken. Diese Klagemöglichkeit besteht im übrigen auch noch nach dem Beitritt Österreichs zur EU, weil das LGVÜ auch zwischen Mitgliedern der EU anzuwenden ist, solange - was bisher nicht der Fall ist (s Czernich/Tiefenthaler, Europäisches Gerichtsstands- und Kollisionsrecht für internationale Bankgeschäfte, ÖBA 1998, 663) - das EuGVÜ in Österreich nicht in Kraft getreten ist (vgl Riedler, Entscheidungsbesprechung JBl 1997, 781; ders in WBl 1996, 431 mwN).

Die Frage, wann der Beklagte die Schischuhe in den Verkehr gebracht hat, läßt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Es wurde lediglich festgestellt, daß er einige Paare der von ihm bei der Firma T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH erworbenen Schischuhe an Walter H***** verkaufte, der ein Paar davon im Jahr 1996 dem Kläger verkaufte. Der angeführten Frage kommt aber entscheidungswesentliche Bedeutung zu:

Hat der Beklagte nämlich die Schischuhe vor dem Inkrafttreten der PHG-Nov 1993 in Verkehr gebracht und ist deshalb § 1 PHG noch in der Fassung vor dieser Novelle anzuwenden, so war es für die Befreiung von der Haftung - anders als nach der nunmehr geltenden Rechtslage - nicht ausreichend, daß er den italienischen Hersteller nannte, weil ihn nur die Bekanntgabe eines inländischen Herstellers von der Haftpflicht befreit hätte. Entscheidend ist dann, ob er denjenigen, der ihm das Produkt im Inland lieferte, innerhalb angemessener Frist und in ausreichender Form genannt hat, weil er auch dadurch gemäß § 1 Abs 2 PHG von seiner Haftung befreit würde. Dies ist hier aber schon deshalb zu verneinen, weil der Beklagte dem Kläger eine nicht mehr existente Firma bekanntgab. Der geschäftsführende Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann sich nicht darauf berufen, daß ihm die Änderung der Firma unbekannt geblieben wäre. Der Beklagte als geschäftsführender Gesellschafter der "Ö***** Baugesellschaft mbH" konnte sich daher von seiner Haftung als Händler durch die Bekanntgabe, die Schuhe aus der Liquidierung der Firma "T*****-Sport" erworben zu haben, nicht befreien, er hätte vielmehr die neue Firma nennen müssen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits das Fehlen des Hinweises auf die Gesellschaftsform geschadet hätte. Nicht weiter begründet werden muß auch, daß der Irrtum, der dem Beklagten bezüglich des Fortbestehens der Gesellschaft unterlief, nur zu seinen Lasten, nicht aber zu Lasten des durch ein Produkt Geschädigten gehen kann.

Da der Beklagte somit gemäß § 1 Abs 1 PHG für den Ersatz des Schadens, der durch einen Fehler des in der Klage genannten Produktes verursacht wurde, dann haftet, wenn er das Produkt vor dem 1. 1. 1994 in Verkehr brachte, hat es bei der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Erstgerichtes zu verbleiben, wobei zunächst festzustellen sein wird, wann das Produkt vom Beklagten in Verkehr gebracht wurde. Dem Rekurs des Beklagten mußte daher der Erfolg versagt werden.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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