Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 16. 8. 1995 war dem am 27. 4. 1939 geborenen Kläger gemäß §§ 4, 5 des Wiener Pflegegeldgesetzes (WPGG) iVm §§ 1 ff der Einstufungsverordnung (EinstV) zum WPGG ab 1. 11. 1994 "auf die Dauer des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen" das Pflegegeld der Stufe 1 gewährt worden, da laut amtsärztlichem Gutachten vom 12. 5. 1995 bei ihm ein Pflegebedarf von mehr als 50 Stunden pro Monat vorlag.
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 24. 5. 1996 wurde dem Kläger ab 1. 7. 1995 eine Invaliditätspension zuerkannt. Mit weiterem Bescheid vom 25. 7. 1996 wurde sein Antrag vom 16. 1. 1996 auf Gewährung des Pflegegeldes abgelehnt.
Gegen diesen letztgenannten Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm das Pflegegeld der Stufe 1, allenfalls der Stufe 2 zu bezahlen.
Das Erstgericht wies (im zweiten Rechtsgang) das Klagebegehren ab. Es traf hiezu die wesentliche Feststellung, daß sich beim Kläger "keine Einschränkungen bei der Vornahme der ständig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens ergeben", so daß - in rechtlicher Hinsicht - das Mindestausmaß von 50 Stunden Pflegeaufwand pro Monat nicht erreicht werde.
Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß eine Bindungswirkung an die bescheidmäßige Erledigung des vormaligen Pflegegeldträgers Land Wien nicht vorliege, weil durch Gewährung der Invaliditätspension seitens der beklagten Partei die Zuständigkeit vom Land nach dem WPGG auf den Sozialversicherungsträger nach dem BPGG übergegangen sei und eine autonome Neubeurteilung vorzunehmen sei, die im Wege der sukzessiven Kompetenz zu überprüfen sei. Im gegenständlichen Fall liege sohin ein Zuständigkeitswechsel Land - Bund vor, sodaß nicht eine Entziehung einer Leistung (vgl § 99 ASVG) bescheidmäßig zu erfolgen hatte, sondern für den Sozialversicherungsträger eine Neubemessung des Pflegegeldes vorzunehmen gewesen sei. Da nämlich für die Leistung des Pflegegeldes aufgrund des WPGG die Voraussetzungen nach § 3 Abs 1 Z 3 lit a leg cit weggefallen seien, sei das Pflegegeld nach dem WPGG erloschen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben (gemeint wohl: abzuändern) und ihm das Pflegegeld im gesetzlichen Ausmaß Pflegestufe 1 zu gewähren; hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit im Rahmen der ausgeführten Rechtsrüge auch der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nach § 503 Z 2 ZPO darin erblickt wird, daß das Berufungsgericht den schon in erster Instanz gestellten Antrag auf Vernehmung der (seinerzeit) beurteilenden Ärzte der MA 12 übergangen und diese nicht mit den nunmehr begutachtenden Ärzten konfrontiert habe, liegt dieser Rechtsmittelgrund nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor, was gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner weiteren Begründung bedarf.
Im Rahmen der (eigentlichen) Rechtsrüge werden die bereits in der Berufung niedergelegten Argumente wiederholt, wonach dem Revisionswerber das Pflegegeld der Stufe 1 schon deshalb zustehen müsse, weil der seinerzeitige Bescheid des Landes Wien vom 16. 8. 1995 weiterhin Rechtswirksamkeit und Rechtsbestand habe, sodaß auch die Vorinstanzen an die damalige Beurteilung seiner Pflegebedürftigkeit nach wie vor gebunden seien.
Hiezu hat bereits das Berufungsgericht zutreffend Stellung genommen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist hiezu noch folgendes auszuführen:
Da der Kläger bis zum 30. 6. 1995 keine der im § 3 BPGG angeführten Leistungen bezog, zählte er zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 3 Abs 1 Z 3 lit a WPGG; da er ab 1. 7. 1995 eine Invaliditätspension nach dem ASVG bezieht, ist er seither dem anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 3 Abs 1 lit a BPGG zugehörig, sodaß sich die näheren Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr nach dem zitierten Landes-, sondern ausschließlich nach dem letztgenannten Bundesgesetz richten. Auch wenn der Bescheid des ursprünglichen Pflegegeldträgers Land Wien durch die Klage gegen den Bescheid des Bundespflegegeldträgers nicht gemäß § 71 Abs 1 ASGG außer Kraft gesetzt wurde, so hat doch der Kläger den Anspruch auf diese Landesleistung - mangels Zugehörigkeit zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem bisher maßgeblichen Landesgesetz und Übertritt zu jenem nach dem Bundesgesetz - verloren. Einen Anspruch auf Leistung zwar nach dem Bundesgesetz, orientiert und bemessen nach einem Bescheid aufgrund eines Landesgesetzes kann der Kläger daher schon aufgrund dieser kompetenzrechtlichen Gegebenheit in keinem Fall ableiten (zum Fehlen der Voraussetzungen für einen solchen wechselseitigen Anspruchsaustausch zwischen Land und Bund vgl auch 10 ObS 338/97x). Vielmehr handelt es sich um einen durch die Gewährung einer bundesgesetzlichen Grundleistung nach dem ASVG neu entstandenen, selbständigen Anspruch, der von der beklagten Partei als Sozialversicherungsträger und damit neuer Entscheidungsträger nach § 22 Abs 1 Z 1 BPGG auch neu zu prüfen und damit auch zu beurteilen war. Insoweit geht die Gewährung des Pflegegeldes nach dem Bundespflegegeldgesetz der Gewährung nach landesgesetzlichen Vorschriften vor (Art 2 Abs 3 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl 1993/866). Aufgrund dieses Zuständigkeitswechsels handelt es sich auch nicht - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte - um einen Fall der Herabsetzung der Pflegegeldeinstufung durch den (bisherigen) Pflegegeldträger, wie er in § 7 Abs 2 WPGG bzw § 9 Abs 2 BPGG geregelt ist und grundsätzlich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gegenüber dem bescheidmäßigen Zuerkennungszeitpunkt voraussetzt (10 ObS 447/97a), sondern um eine gänzlich neue Beurteilung und damit Neubemessung durch einen anderen Entscheidungsträger aufgrund des von diesem erhobenen Sachverhaltes und der für diesen maßgeblichen Rechtslage. In diesem Rahmen hat auch die Prüfung des Anspruches durch die Gerichte zu erfolgen.
Da der Kläger nach den maßgeblichen Feststellungen keinen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 50 Stunden monatlich aufweisen kann (§ 4 Abs 2 erster Fall BPGG), wurde sein Klagebegehren von den Vorinstanzen zutreffend abgewiesen, weshalb seiner hiegegen ankämpfenden Revision ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)