OGH 5Ob241/98x

OGH5Ob241/98x13.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. "K*****GmbH", ***** 2. Mag. Katharina D*****, 3. Dipl. Ing. Petra S***** , alle vertreten durch Dr. Rudolf Loinger, Notar, Obere Gänsbachgasse 3/I, 6370 Kitzbühel, wegen "Änderung der Mindestanteile und Neubegründung von Wohnungseigentum" an der EZ 646 Grundbuch 82107 Kitzbühel Land, infolge Revisionsrekurses der L*****bank *****, vertreten durch Dr. Anton Keuschnigg, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 10. Juli 1998, GZ 54 R 97/98f-5, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 13. März 1998, GZ 947/98-1, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abgeändert, daß das Grundbuchsgesuch abgewiesen wird.

Text

Begründung

Aufgrund des Wohnungseigentumsänderungsvertrages vom 9. 3. 1998, des Sachbeschlusses des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 8. 1. 1998, 3 Msch 27/97b-3, sowie der Bescheinigung des Stadtamtes Kitzbühel vom 3. 2. 1997 begehrten die Antragsteller die Änderung der Mindestanteile bzw Neubildung von Wohneinheiten betreffend die EZ 646 Grundbuch 82107 Kitzbühel-Land. Die im Wohnungseigentum der Erstantragstellerin gestandene Wohnung top III sei "entsprechend der derzeitigen Nutzung" in zwei kleinere Wohneinheiten geteilt worden. Diese neu geschaffenen Anteile seien mit Kaufvertrag vom 18./20. 11. 1996 bzw 12. 12. 1996 an die Zweit- und Drittantragstellerin verkauft worden, welche sich mit Zustimmung der Erstantragstellerin wechselseitig und unentgeltlich das "dingliche Recht auf ausschließliche und alleinige Verfügung", somit das Wohnungseigentumsrecht hinsichtlich dieser Wohnungseigentumseinheiten (top III a und top III b) einräumten. Mit dem bezeichneten Sachbeschluß hatte das Bezirksgericht Kitzbühel gemäß § 26 Abs 1 Z 1 WEG die Nutzwerte des Wohnhauses ***** in Abänderung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 23. 12. 1988 (Msch 53/88-3) neu festgesetzt, wobei auf die top Nr I ein Anteil von 232/510, auf die top Nr II ein Anteil von 93/510, auf die top Nr III a ein Anteil von 71/510, auf die top Nr III b ein Anteil von 99/510 und auf die top Nr IV ein Anteil von 15/510 entfällt. Auf die top-Nummern III a und III b entfallen somit insgesamt Anteile von 170/510. Zuvor hatte sich hinsichtlich der noch ungeteilten Wohnung top Nr III ein festgesetzter Mindestanteil von 174/514 ergeben.

Mit Beschluß vom 13. 3. 1998 bewilligte das Bezirksgericht Kitzbühel als Grundbuchsgericht den Vollzug der begehrten Grundbuchseintragungen und änderte die Mindestanteile der eingetragenen Miteigentümer an der EZ 646 Grundbuch 82107 Kitzbühel-Land auf die neuen Nutzwerte.

Gegen diesen Beschluß erhob die L*****bank ***** als Hypothekargläubigerin Rekurs an das Landesgericht Innsbruck und wies darauf hin, daß zu ihren Gunsten die Einleitung des Versteigerungsverfahrens zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 5,000.000 s.A. hinsichtlich der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung top Nr III angemerkt war und beantragte, den Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel im Sinne einer Antragabweisung abzuändern.

Das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht Folge. Es bejahte zunächst die Rekurslegitimation der buchberechtigten Pfandgläubigerin nicht deshalb, weil die zu ihren Gunsten angemerkte Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens in Ansehung einer ihr gegen die Erstantragstellerin bestehenden Forderung gelöscht worden sei, sondern weil sich durch die begehrte grundbücherliche Eintragung eine Änderung der Mindestanteile der früheren Wohnung top Nr III dahin ergebe, daß es zu einer Verminderung der Sachhaftung gekommen sei. Der Einwand der buchberechtigten Pfandgläubigerin, mit dem sich diese gegen die begehrte Eintragung wendete, sei aber nicht berechtigt. Es bedürfe nämlich nicht der Zustimmungserklärungen der übrigen Miteigentümer zur Änderung der Mindestanteile, weil diese Zustimmungen bereits durch den rechtskräftigen Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 8. 1. 1998 ersetzt würden. In einem Verfahren auf Neufestsetzung der Nutzwerte sei die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer Voraussetzung, weshalb der behauptete Abweisungsgrund nicht vorliege. Auch aus dem Wortlaut des § 12 Abs 2 WEG lasse sich die Notwendigkeit der Vorlage der Zustimmungserklärungen der übrigen Wohnungseigentümer zur begehrten Grundbuchseintragung nicht ableiten. Die dort geforderte "schriftliche Vereinbarung der Miteigentümer" sei nur bei der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum vorzulegen, während im Fall der nachträglichen Fetsetzung der Nutzwerte gemäß § 3 Abs 2 WEG die rechtskräftige, nur auf Basis der Zustimmung aller Miteigentümer überhaupt mögliche Entscheidung des Gerichtes (§ 12 Abs 2 Z 3 WEG) zur Erwirkung der grundbücherlichen Eintragung der geänderten Nutzwerte genügen müsse.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der L*****bank *****, der zulässig und berechtigt ist.

Das Rekursgericht ist nämlich in der Frage, ob bei grundbücherlicher Durchführung der Teilung von Wohnungseigentum die Vorlage der Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 26 Abs 1 Z 1 WEG iVm Abs 3 leg cit ausreicht oder aber entsprechende Zustimmungserklärungen der übrign Miteigentümer erforderlich sind, von bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen.

Daß ein Wohnungseigentumsobjekt in mehrere selbständige Einheiten zerlegt werden kann und aus diesem Anlaß eine Neufestsetzung der Nutzwerte durchgeführt werden kann, weil § 3 Abs 2 WEG die Möglichkeiten einer Um- oder Neuparifizierung nicht taxativ aufzählt, wird von Lehre und ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung bejaht (vgl EvBl 1980/84; 5 Ob 1106/92; JBl 1994/51; Würth in Rummel2 Rz 5 zu § 3 WEG; Feil, Wohnungseigentum 134). Eine solche Teilung eines Wohnungseigentumsobjekts stellt jedoch immer eine Änderung dar, deren Zulässigkeit nach § 13 Abs 2 WEG zu beurteilen ist (MietSlg 39.616; JBl 1994/51). Eine Angleichung der im Grundbuch eingetragenen Mindestanteile an beabsichtigte oder bereits durchgeführte Bestandsänderungen hat daher auch diesen Umstand zu berücksichtigen. Wesentliche Beeinträchtigungen schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer können einer von einem Wohnungseigentümer beabsichtigten Änderung, etwa einer Wohnungsteilung entgegenstehen.

Eine nach § 26 Abs 1 Z 1 WEG iVm Abs 3 leg cit beschlossene Neufestsetzung der Nutzwerte berücksichtigt entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes solche Umstände nicht. Dagegen sei nur ins Treffen geführt, daß § 26 WEG in Abs 1 Z 1 und Z 2 unterschiedlicher Verfahren vorsieht. In WoBl 1990/44 (mit Anmerkung Call) hat der Oberste Gerichtshof auch klargestellt, daß im Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 1 WEG über die Festsetzung der Nutzwerte wohl die der materiellen Rechtslage entsprechende Widmung als Vorfrage zu prüfen ist, jedoch die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien an sich in diesem Verfahren nicht zu prüfen sind. In JBl 1994/51 hat der erkennende Senat ausgesprochen, daß das Begehren eines Wohnungseigentümers, die gemäß § 26 Abs 1 Z 1 WEG beschlossene Neufestsetzung der Nutzwerte ins Grundbuch einzutragen, die Änderung des dem Wohnungseigentümer gehörigen Wohnungseigentumsobjekts mit allen dem Grundbuch eigenen Publizitätswirkungen vorwegnähme, obwohl der Schlichtungsstelle insoweit gar keine Entscheidungskompetenz zukomme.

Für das Grundbuchsverfahren wird daher der urkundliche Nachweis gefordert, daß alle Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage mit der beabsichtigten oder bereits durchgeführten Bestandsänderung einverstanden sind oder die fehlende Zustimmung durch einen Beschluß des Außerstreitrichters gemäß § 26 Abs 1 Z 2 WEG ersetzt wurde. Solange solche Urkunden nicht vorlagen, bestand ein Eintragungshindernis im Sinne des § 94 Abs 1 Z 1 GBG, weil Zweifel an der Erfüllung der in § 13 Abs 2 WEG normierten Änderungsvoraussetzungen bestehen.

Dies hatte zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen.

Die nach § 9 AußStrG zu beurteilende Frage der Rekurslegitimation hat das Rekursgericht mit zutreffenden Argumenten bejaht. Den eingangs wiedergegebenen Feststellungen ist zu entnehmen, daß die Neuparifizierung eine, wenn auch nur geringfügige Änderung des Mindestanteils zur Folge hat.

Im Fall eines neuen Eintragungsgesuches wird zu beachten sein, daß auch der Hypothekargläubiger der Anteilsänderung zustimmen müßte. Eine Schmälerung der Pfandsicherheit durch die verminderten Nutzwerte kann nämlich nicht ausgeschlossen werden. Im Grundbuchsverfahren läßt sich eine Grenze zwischen die Sicherheit nicht berührenden geringfügigen Anteilsänderungen und solchen, die den Wert der Pfandsache schmälern, nicht ziehen (vgl MietSlg 34.531/22). Eingriffe in Rechte von Pfandgläubigern dürfen nicht über den in § 12 Abs 3 WEG geregelten Fall hinausgehen. Dort ist aber nur die Festsetzung der Nutzwerte nach § 3 Abs 2 Z 1 oder 1 a WEG genannt. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Fall des § 3 Abs 2 Z 2 WEG. Selbst wenn den Hypothekargläubigern nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit des Pfandrechts ohnehin beide neu entstandenen Miteigentumsawerte der geteilten Eigentumswohnung verhaftet bleiben, bedarf doch jede Beschränkung eines bücherlichen Rechts einer Erklärung im Sinn des § 32 GBG (vgl Hofmeister in NZ 1994, 94 zu Nr 292).

Aus den oben angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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