OGH 5Ob228/98k

OGH5Ob228/98k13.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Anton Z*****, und 2.) Elfriede Z*****, beide vertreten durch Mag. Dr. Josef Kattner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 17, wider die jeweils beklagte Parteien 1.) Peter J*****, 2.) Johannes N*****, 3.) Karl F*****, und 4.) Josef H*****, alle vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, wegen jeweils Unterlassung (Streitwert: jeweils S 80.000,--), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Teilurteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 28. April 1998, GZ 29 R 107/98x-29, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Amstetten vom 10. September 1997, GZ 2 C 275/96m, 276/96h, 277/96f, 278/96b-19, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen, erforderlichenfalls nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes Nr. 227 der EZ *****. Die Beklagten, allesamt Mitglieder der Sektion Modellflug der Sportunion in W*****, nutzen das vom Sportclub seit 1989 gepachtete, im Eigentum eines Dritten stehende Nachbargrundstück Nr. 242 ***** als Start- und Landebahn ihrer ferngesteuerten Modellflugzeuge. Diese Modellflugzeuge überfliegen ua das Grundstück der Kläger.

In vier gegen jeden einzelnen Beklagten eingebrachten Klagen haben die Kläger, soweit ihr Begehren für das Revisionsverfahren von Interesse ist (der Streit um die Benützung eines Weges ist im zweiten Rechtsgang wieder beim Erstgericht anhängig), beantragt, den Beklagten "Einwirkungen durch Modellflug" auf das in ihrem Eigentum stehende Grundstück Nr. 227 ***** sowie das Überfliegen dieses Grundstückes mit Modellflugzeugen zu verbieten. Sie brachten dazu im wesentlichen vor, daß der Modellflugbetrieb im Hinblick auf die Flächenwidmung des Gebietes als "Grünland-Agrargebiet" der geltenden Raumordnung widerspreche. Die Kläger und Mitglieder ihrer Familie seien bereits mehrmals durch tieffliegende Modellflugzeuge in ihrer körperlichen Sicherheit gefährdet worden. Abgestürzte Flugmodelle und die anschließende Suche nach ihnen hätten zu Flurschäden an ihren landwirtschaftlichen Kulturen geführt. Der Modellflug stelle darüberhinaus einen Eingriff in das (auch am Grundstück Nr. 227) ausgeübte Jagdrechte des Erstklägers dar, weil das Wild durch die erhebliche Lärmentwicklung nicht zur Ruhe komme. Der Modellflug und der durch ihn verursachte Lärm stellten unzulässige Einwirkungen auf das Grundstück Nr. 227 im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB dar. Eine Benützung dieses Grundstücks als Viehweide werde dadurch unmöglich gemacht. Auf weitere Einzelheiten des Prozeßvorbringens der Kläger wird bei der Wiedergabe der berufungsgerichtlichen Entscheidungsgründe noch zurückzukommen sein.

Die Beklagten bestritten jeweils, beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, daß der Modellflugbetrieb die Nutzung des Nachbargrundstücks der Kläger nicht beeinträchtige. Von der Verhinderung einer Nutzung des Grundstücks Nr. 227 als Viehweide könne keine Rede sein, weil die Kläger auf ihrem Hof gar kein Weidevieh halten. Gemäß § 2 Luftfahrtgesetz bestehe überdies eine gesetzliche Servitut, fremden Luftraum durch Luftfahrzeuge und Luftgeräte im Flug zu benützen, sodaß die Abwehr damit verbundener Immissionen nicht in Frage komme. Der Klagsführung stehe die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen. Die Kläger hätten im übrigen der Nutzung des Grundstücks Nr. 242 als Modellflugzeug ausdrücklich zugestimmt.

Das Erstgericht wies die beiden vorhin erwähnten Unterlassungsbegehren ab. Es ging dabei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Die Kläger nutzen das Grundstück Nr. 227 zum Anbau verschiedener Getreidesorten. Sie verwenden dazu hauptsächlich Maschinen; im Jahr 1995 hat der Erstkläger beispielsweise überhaupt nie händisch auf dem Grundstück gearbeitet. Als Viehweide wurde und wird das Grundstück nicht verwendet.

Das Grundstück Nr. 242 ist eine Wiese. Am 20. 5. 1990 unterschrieb der Erstkläger eine Urkunde, in der ihm mitgeteilt wurde, daß es als Modellflugplatz benützt werden soll, und er erklärte darin, keinerlei Einwände gegen diese Art der Grundstücksnutzung zu haben. Der Erstkläger hatte damals bereits Flugmodelle im Flug gesehen und gehört.

Beide Grundstücke befinden sich im Überschwemmungsgebiet der Donau. An sie schließt Auwald an. Im weiten Umkreis steht kein einziges Haus. Das Anwesen der Kläger ist ca 4 km weit entfernt.

Die Flugsaison auf dem Modellflugplatz dauert von April bis Oktober. Dem Modellflugclub gehören zur Zeit 12 Mitglieder an, nachdem er im Jahr 1990 mit 15 Personen den höchsten Mitgliederstand erreicht hatte. Auf dem Flugfeld werden allerdings auch Gäste geduldet, die für eine Unkostenbeitrag von S 50,-- pro Tag ihre Flugmodelle fliegen lassen dürfen. Die Anzahl solcher Gäste beträgt etwa drei pro Saison.

Seit 1993 ist der Erstkläger Pächter eines ca 50 ha großen Jagdgebietes, zu dem die beiden Grundstücke gehören. Bei Abschluß des Pachtvertrages wußte er vom Modellflugbetrieb auf dem Grundstück Nr. 242. Mit ein Grund für den Abschluß des Jagdpachtvertrages war, daß der Kläger Wildschweine jagen wollte, die umfangreiche Schäden an seinen landwirtschaftlichen Kulturen anrichteten.

Der Kläger konnte die Abschußpläne immer erfüllen. Es war nicht feststellbar, daß der Wildbestand im Jagdgebiet durch den Modellflugbetrieb der Beklagten gestört wird.

Die Lärmentwicklung der Modellflugzeuge übersteigt nicht die Geräuschentwicklung landwirtschaftlicher Maschinen. Der Erstkläger hört die Modellflugzeuge gar nicht, wenn er im fahrenden Traktor sitzt. Er hat allerdings jeden der Beklagten zumindest einmal beim Modellflugbetrieb beobachten können. In seiner körperlichen Sicherheit gefährdet fühlte er sich dabei nie.

Es konnte nicht festgestellt werden, daß jemals ein Flugzeugmodell auf das Grundstück der Kläger gestürzt wäre und dort einen Flurschaden angerichtet hätte.

Die durchschnittliche Flughöhe der Flugzeugmodelle beträgt etwa 100

m. Motorbetriebene Modelle befinden sich etwa 8 bis 10 Minuten in der Luft, Segelflieger etwa 20 bis 35 Minuten. Das Grundstück Nr. 227 wird von den Modellflugzeugen der Mitglieder des Modellflugclubs vor allem in der Start- und Landephase überflogen. Die Flughöhe beträgt dabei etwa 30 m. Einmal flog ein Modellflugzeug in etwa 30 m Höhe über die auf dem Grundstück Nr. 227 befindliche Zweitklägerin. Wer das Flugzeug damals steuerte, war nicht feststellbar. Daß jemals eine geringere Flughöhe beim Überfliegen des Grundstücks Nr. 227 durch Modellflugzeuge der Beklagten eingehalten worden wäre, als sich Personen auf diesem Grundstück aufhielten, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Unbewiesen blieb schließlich noch, daß die Beklagten jemals mit ihren Modellflugzeugen den Luftraum über dem Grundstück Nr. 227 benutzten, als dort oder in der näheren Umgebung des Grundstücks Nr. 242 landwirtschaftliche Tätigkeiten verrichtet wurden.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht den Standpunkt, daß die Kläger die Benützung des Luftraumes über ihrem Grundstück Nr. 227 im Hinblick auf die Legalservitut des § 2 Luftfahrtgesetz zu dulden hätten. Der von den Modellflugzeugen ausgehende Lärm stelle zwar eine Immission dar; diese überschreite jedoch nicht das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß und beeinträchtige auch nicht die ortsübliche Nutzung des Grundstücks Nr. 227. Eine Gefährdung der Kläger liege nicht vor. Damit bestehe der von den Klägern geltend gemacht Immissionsabwehranspruch nicht zu Recht, ohne daß auf deren Einverständniserklärung hinsichtlich des Flugbetriebes weiter einzugehen gewesen wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ließ dabei offen, ob das Wild im Jagdgebiet des Erstklägers durch den streitgegenständlichen Flugbetrieb tatsächlich nicht gestört wurde und hielt auch die von den Klägern begehrte genauere Überprüfung der Lärmentwicklung der Modellflugzeuge nicht für erforderlich, weil den Klägern schon wegen der in § 2 LuftfahrtG normierten Freiheit des Luftraums der geltend gemachte Immissionsabwehranspruch nicht zustehe:

Gemäß § 2 LFG sei die Freiheit des Luftraumes für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgeräte im Fluge gegeben, soweit sich aus dem Luftfahrtgesetz nichts anderes ergibt. Gemäß § 22 LFG seien Luftfahrtgeräte insbesondere Startgeräte, Drachen und Fesselballone. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 22 LFG könne ein Drache nur Luftfahrtgeräte und nicht Luftfahrzeug sein, weil er ebenso wie ein Flugmodell nicht der Fortbewegung von Personen und Sachen dient (Heinl/Loebenstein/Verosta, Das österreichische Recht, LuftfahrtG § 22 Anm 1). Daß es sich bei Flugmodellen um ein Luftfahrtgerät im Sinn dieses Gesetzes handelt, ergebe sich auch aus § 5 Abs 2 Z 2 der Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung 1995, worin Flugmodelle als sonstiges Luftfahrtgerät ausdrücklich genannt sind. Gemäß § 3 Abs 3 und 4 der Luftverkehrsregeln 1967 iVm § 169 LFG sei überdies der Betrieb eines Luftfahrtgerätes, das eine größere Behinderung oder Belästigung, insbesondere einen größeren Lärm verursacht, als es der ordnungsgemäße Betrieb des Luftfahrtgerätes unvermeidlich mit sich bringt, verwaltungsbehördlich strafbar und der Betrieb von selbständig im Fluge verwendbarem Zivilluftfahrtgerät, wie Flugmodellen u. dgl., in Höhe von 150 m über Grund aufwärts nur mit Zustimmung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (nunmehr Austro Control GmbH) zulässig. Schließlich bestimme § 129 Abs 1 LFG, daß für Modellflüge außerhalb von Sicherheitszonen eine Bewilligung nur dann erforderlich ist, wenn das Gewicht des Flugmodelles 20 kg übersteigt.

Die Beklagten hätten nun im erstgerichtlichen Verfahren ausdrücklich vorgebracht, daß für ihre Flugmodelle gemäß § 2 LFG die Benützung des Luftraumes frei ist. Die Kläger hätten dem lediglich entgegnet, daß die auf ihrem Grundstück arbeitenden Personen durch das Überfliegen gefährdet würden, sodaß die gesetzliche Dienstbarkeit im konkreten Fall nicht zur Anwendung komme, sowie daß für die Einräumung einer Legalservitut zugunsten des Modellflugvereines kein öffentliches Interesse bestünde und diese Vorschrift nicht die Verhältnisse zwischen den Betreibern des Modellfluges und den Eigentümern der überflogenen Grundstücke regle. Insbesondere sei von den Klägern im erstgerichtlichen Verfahren nicht behauptet worden, daß es sich bei den Grundstücken um eine Sicherheitszone im Sinn des Luftfahrtgesetzes handle oder daß das Gewicht der verwendeten Flugmodelle 20 kg übersteige. Wenn die Kläger dies erst in ihrer Berufung ins Treffen führten, verstoße dies gegen das Neuerungsverbot.

Demzufolge sei davon auszugehen, daß gemäß §§ 2, 129 LFG die Benützung des Luftraumes über dem Grundstück der Kläger durch die gegenständlichen Flugmodelle zulässig war und ist. Dieser Grundsatz der Freiheit des Luftraumes beschränke das Recht des Grundeigentümers an dem über seinem Grundstück befindlichen Luftraum im Interesse des Luftverkehrs allgemein. Der Grundeigentümer sei von Gesetzes wegen gehalten, das Überfliegen seines Grundstückes zu dulden. Gesetzliche Einschränkungen des Luftraumes kämen im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Ob der am Beginn des Fluges durchgeführte Abflug gesetzmäßig erfolgte (so z. B. ob die Benützung des gepachteten Grundstückes den Naturschutzgesetz- oder Raumordnungsbestimmungen widerspricht), habe für das Benützungsrecht gemäß § 2 LFG keine Relevanz. Aufgrund dieser Legalservitut müßten von den Grundeigentümern auch die mit dem Überfliegen notwendigerweise verknüpften optischen und akustischen Einwirkungen in Kauf genommen werden. Ebensowenig könne aus einer allfälligen Beunruhigung des Wildes ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen das Überfliegen abgeleitet werden (ZVR 1992/160 mwN). Eine Abhilfe gegen die zulässige Ausübung dieser Legalservitut böten ohnehin verwaltungsbehördliche Bestimmungen (z. B. § 169 LFG, § 3 Luftverkehrsregeln 1967 u. dgl). Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 364 Abs 2 ABGB komme jedoch im vorliegenden Fall im Hinblick auf die genannte Legalservitut nicht zum Tragen. Demzufolge konnte dahingestellt bleiben, ob der Wildbestand durch die Flugbewegungen gestört wird oder ob die Lärmentwicklung der Flugmodelle die Geräuschentwicklung von in Betrieb befindlichen landwirtschaftlichen Maschinen übersteigt. Es brauchte auch nicht weiter auf das Berufungsvorbringen eingegangen werden, daß das Erstgericht von Amts wegen einen Sachverständigen hätte beiziehen müssen, um festzustellen, wie groß die Lärmentwicklung der Flugzeugmodelle ist und welche Auswirkungen der Modellflugbetrieb auf die landwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes der Kläger bzw auf diese selbst hat.

Soweit daher das Klagebegehren, die Beklagten zur Unterlassung von Einwirkungen durch Modellflug auf das Grundstück der Kläger und des Überfliegens dieses Grundstückes zu verpflichten, abgewiesen wurde, sei das erstrichterliche Urteil zu bestätigen gewesen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 52.000,--, nicht jedoch S 260.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage, inwieweit Beeinträchtigungen eines Liegenschaftseigentümers und dessen vermögenswerten Interessen durch Modellflugzeuge im Hinblick auf die Legalservitut der Freiheit des Luftraumes uneingeschränkt geduldet werden müssen, soweit überblickbar, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

In ihrer Revision gegen das berufungsgerichtliche Teilurteil bekämpften die Kläger zunächst die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, ein Modellflugzeug sei ein Fluggerät, das fremden Luftraum ungehindert überfliegen dürfe. Selbst wenn man es als Luftgerät qualifiziere, fehle für das Hobby eines Modellfluges ein die Inanspruchnahme der Legalservitut des § 2 LFG rechtfertigendes öffentliches Interesse. Daß ein Verhalten öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht, schließe einen Immissionsabwehranspruch iSd § 364 Abs 2 ABGB nicht aus. Gegen das Überfliegen seines Grundstücks in geringer Höhe (also gegen das Eindringen fester Körper) müsse sich der Eigentümer zu Wehr setzen können, weil darin ein der generell verbotenen unmittelbaren Zuleitung vergleichbares Verhalten liege. Unabhängig davon würden die vom Modellflugbetrieb ausgehenden Einwirkungen durch Lärm und Abgase das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Nutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigen, sodaß schon aus diesem Grund der Abwehranspruch nach § 364 Abs 2 ABGB bestehe. Die diesbezüglichen Feststellungen hätten überprüft bzw ergänzt werden müssen, um ausreichende Entscheidungsgrundlagen zu schaffen. Zu Unrecht habe sich das Berufungsgericht auch über das Argument der Kläger hinweggesetzt, es könne nicht von einem erlaubten Modellflugbetrieb ausgegangen werden, solange nicht feststeht, ob die verfahrensgegenständlichen Grundstücke in einer Sicherheitszone liegen und ob die Flugzeuge mehr oder weniger als 20 kg wiegen. Entsprechende Beweisaufnahmen wären schon im Hinblick auf die Behauptung der Kläger notwendig gewesen, daß die Beklagten den Modellflugbetrieb rechtswidrig und ohne irgendeine gesetzliche Grundlage ausüben.

Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Teilurteil entweder so abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben wird, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Von den Beklagten liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag vor, die Revision mangels der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist im Sinn ihres Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes ist insoweit beizupflichten, als es in den Modellflugzeugen der Beklagten Fluggeräte iSd § 22 Abs 1 LFG erkannte. Das ergibt sich schon aus der Definition des Luftgerätes in dieser Gesetzesbestimmung, die jedes Gerät erfaßt, "das im Fluge verwendet werden kann, ohne Luftfahrzeug (mit der Eignung zur Fortbewegung von Personen oder Sachen in der Luft ohne mechanische Verbindung mit der Erde) zu sein". Bestätigt wird diese Rechtsansicht durch die in § 129 FLG festgelegte generelle Genehmigungspflicht für Modellflüge, sofern das Gewicht des Flugmodells 20 kg (in der Stammfassung des Gesetzes 5 kg bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h) übersteigt. Die Erwähnung der Flugmodelle unter den sonstigen (nicht genehmigungspflichtigen) Luftfahrtgeräten in § 5 Abs 2 Z 2 ZLLV 1995 ist daher entgegen der Rechtsansicht der Kläger keine Erfindung des Verordnunggeber, sondern ein durchaus verwertbarer Hinweis auf die Richtigkeit des Auslegungsergebnisses, daß auch Modellflugzeuge zu den Fluggeräten zu zählen sind.

Dementsprechend gilt die Freiheit des Luftraums auch für Flugzeugmodelle. Nicht nur für Luftfahrzeuge, sondern auch für jedes Luftfahrtgerät ist nämlich gemäß § 2 LFG die Benützung des Luftraums im Fluge frei, soweit sich aus dem LFG nichts anderes ergibt. Es ist dies eine Eigentumsbeschränkung, die sich jeder Grundeigentümer im öffentlichen Interesse gefallen lassen muß (Halbmayer/Wiesenwasser, Österreichisches Luftfahrtrecht II, Rz 9).

Des weiteren kann mit dem Berufungsgericht davon ausgegangen werden, daß die von den Beklagten veranstalteten Modellflüge nicht bewilligungspflichtig sind. Das Verfahren hat nämlich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, daß die Flüge in einer Sicherheitszone (§ 86 LFG) stattfinden oder die verwendeten Modellflugzeuge das für die Genehmigungspflicht maßgebliche Gewicht von 20 kg überschreiten. Auch die Kläger haben das in erster Instanz nie behauptet. Ihr Hinweis auf einen angeblich rechtswidrigen Flugbetrieb war zu wenig substantiell, als daß sie nun im Rechtsmittelverfahren damit argumentieren könnten, von Anfang an eine Mißachtung der in § 129 Abs 1 LFG normierten Bewilligungspflicht für Modellflüge in Sicherheitszonen bzw mit mehr als 20 kg schwerem Fluggerät geltend gemacht zu haben. Zu Recht hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen als unzulässige Neuerung gewertet.

Damit können sich allerdings auch die Beklagten nicht darauf berufen, die Immissionsabwehransprüche der Kläger wären hinsichtlich der streitgegenständlichen Modellflüge ebenso beschränkt, wie dies in analoger Anwendung des § 364a ABGB für behördlich genehmigte Flüge (etwa im Personen- und Frachtflugverkehr) zu gelten hätte. Es ist auch nicht zu erkennen, daß der Gesetzgeber des LFG den privatrechtlichen Immissionsschutz des Grundeigentümers generell einschränken wollte. Der Grundeigentümer hat zwar das Überfliegen "seines" Luftraums durch Luftfahrzeuge und Luftfahrtgeräte zu dulden, sollte aber deshalb nicht automatisch den Anspruch verlieren, sich nach Maßgabe der §§ 364 ff ABGB gegen die vom Flugbetrieb ausgehenden Immissionen zur Wehr zu setzen. Der Umstand, daß eine Störung - hier das Überfliegen fremden Luftraums mit jeglichem Fluggerät, also auch mit Modellflugzeugen - öffentlich-rechtlich zulässig ist, begründet für sich allein noch keine Zulässigkeit der damit verbundenen Immissionen (vgl EvBl 1968/21; Oberhammer in Schwimann2, Rz 14 zu § 364 ABGB; Spielbüchler in Rummel2, Rz 26 zu § 364 ABGB). Es bleibt vielmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, wie weit die Duldungspflicht des Grundeigentümers geht.

Im konkreten Fall wollen die Kläger den Beklagten generell die "Einwirkungen" auf ihr Grundstück "durch Modellflug" und dazu noch "das Überfliegen" ihres Grundstücks verbieten. Bei letzterem Begehren wird es nach dem bisher Gesagten schon deshalb bei einer Abweisung zu bleiben haben, weil § 2 LFG das Überfliegen fremden Grundeigentums auch mit Modellflugzeugen erlaubt. Es liegt daher insoweit keine verbotene Einwirkung auf fremden Grund vor, auch nicht in Form der ansonsten verpönten unmittelbaren Zuleitung oder Festkörperimmission (von der Fällung eines weiteren Teilurteils in diesem Punkt war lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit Abstand zu nehmen). Was die Untersagung sonstiger "Einwirkungen durch Modellflug" betrifft, wird das Begehren zwar noch durch die Angabe einer beispielhaften Eingriffshandlung zu präzisieren sein (vgl etwa SZ 67/138 hinsichtlich der Abwehr von Lärmimmissionen), doch ist nach dem Vorbringen der Kläger klar, worum es ihnen geht: sie wollen die Gefährdung ihrer körperlichen Sicherheit abstellen, sie wollen Flurschäden vermeiden, die durch abstürzende Flugzeugmodelle entstehen könnten, und sie wollen verhindern, daß sich die Nutzbarkeit ihres Grundstücks (etwa zur Viehaltung oder Jagd) durch die Abgase und den Lärm des Modellflugbetriebs vermindert.

Eine Gefährdung von Personen oder Sachen wäre durch die Legalservitut des Überfliegens fremden Luftraums sicherlich nicht gedeckt. Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich, weil schon vom festgestellten Sachverhalt her die Stattgebung eines diesbezüglichen Unterlassungsbegehrens nicht in Frage kommt. Die Beklagten konnten weder die behaupteten Flugzeugabstürze noch Ereignisse nachweisen, in denen Personen in ihrer körperlichen Sicherheit gefährdet gewesen wären. Insoweit sind auch keine Tatfragen mehr offen, weil sich das Berufungsgericht mit den diesbezüglichen Rügen der Kläger befaßt und sie verworfen hat. Auch das Argument einer möglichen Beeinträchtigung der Viehhaltung auf dem Grundstück der Kläger haben die Vorinstanzen abschließend als nicht zielführend erkannt. Es steht nämlich fest, daß die Kläger auf dem streitgegenständlichen Grundstück kein Weidevieh halten (und im maßgeblichen Zeitraum auch nie gehalten haben). Es sind nicht einmal Hinweise vorhanden, daß im fraglichen Überschwemmungsgebiet überhaupt Viehwirtschaft betrieben wird, sodaß es für eine erfolgreiche Immissionsabwehr am Tatbestandserfordernis einer wesentlichen Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung des Grundstücks der Kläger durch den eine Weidetierhaltung möglicherweise störenden Modellflugbetrieb der Beklagten fehlt. Und unbewiesen blieb schließlich auch noch eine von den Modellflugzeugen ausgehende besondere Abgasbelastung des klägerischen Grundstücks, ohne daß diesbezüglich eine Tatsachen- oder Mängelrüge der Kläger unerledigt geblieben wäre. Die meisten der von den Klägern behaupteten Störungshandlungen haben sich damit endgültig als für ihr Unterlassungsbegehren nicht tragfähig herausgestellt.

Anders zu beurteilen ist jedoch die von den Klägern geltend gemachte Verschreckung des Wildes durch den Lärm der Flugzeugmodelle. In diesem Punkt ließ das Berufungsgericht Tatfragen offen, weil es meinte, die Kläger hätten die mit dem Überfliegen ihres Grundstücks "notwendigerweise verknüpften optischen und akustischen Einwirkungen" auf Grund der von den Beklagten rechtmäßig in Anspruch genommenen Luftfreiheit in Kauf zu nehmen, mögen die Einwirkungen auch das Maß sonst unzulässiger Immissionen erreichen. Diese vom Berufungsgericht sinngemäß schon in ZVR 1992/160 vertretene Rechtsauffassung wurde zwar von Kiendl grundsätzlich gebilligt (Besitzstörungsklage gegen Paragleiter?, ZVR 1993, 353), läßt sich aber nach Meinung des erkennenden Senates zumindest für den hier zu beurteilenden Fall nicht aufrechterhalten. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, daß die dem Grundeigentümer durch § 2 LFG auferlegte Eigentumsbeschränkung ihre Rechtfertigung im öffentlichen Interesse am freien Luftverkehr findet. Derartige Interessen der Allgemeinheit lassen sich beim Hobby des Modellfluges kaum ausmachen. Entsprechend restriktiv sind daher die dem Grundeigentümer zur Gewährleistung der Luftfreiheit auferlegten Duldungspflichten zu handhaben. Dem LFG ist - wie bereits erwähnt - auch nichts zu entnehmen, was den Grundeigentümer hindern könnte, sich gemäß § 364 Abs 2 ABGB gegen Lärmimmissionen zur Wehr zu setzen, die von einem behördlich nicht genehmigten Modellflugbetrieb auf dem Nachbargrundstück ausgehen. Warum er dieselben oder sogar stärkere Lärmimmissionen dann in der Phase des Überfliegens seines Grundstückes hinnehmen müßte, ist nicht einzusehen. Die Freiheit des Überfliegens fremder Grundstücke durch nicht bewilligungspflichtige (und auch gar nicht bewilligungsfähige: ZfVB 1979/83) Modellflüge bringt es so verstanden eben nicht mit sich, daß dem Eigentümer des überflogenen Nachbargrundstücks Abwehransprüche gegen Immissionen genommen sind, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des überflogenen Grundstücks wesentlich beeinträchtigen.

In Verkennung dieser Rechtslage hat das Berufungsgericht - wie erwähnt - Fragen zum Ausmaß des Lärms der Modellflugzeuge der Beklagten und seiner Auswirkungen auf den Wildbestand des klägerischen Grundstücks (aber auch des vom Kläger gepachteten Auwaldes: SZ 62/204 ua) offengelassen. Um die Sache entscheidungsreif zu machen, war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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