OGH 9ObA203/98p

OGH9ObA203/98p7.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes und Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter SR Dr. Elisabeth Kahler und Heinrich Dürr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Friedrich P*****, Rechtsanwalt, *****, wider die beklagte Partei Alexander A*****, Künstler, *****, vertreten durch Dr. Peter C. Sziberth, Rechtsanwalt in Graz, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. April 1998, GZ 8 Ra 290/97x-56, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Juli 1997, GZ 36 Cga 14/96y-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte bewohnt im Haus G*****, S*****gasse 2, eine Wohnung (ein Zimmer mit WC-Benützung), an der ihm 1988 im Zusammenhang mit von ihm erbrachten Leistungen (Grabpflege, Botengänge, Teppichklopfen) von der damaligen Hauseigentümerin Christina O***** ein "für immer" geltendes unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt wurde. Der Beklagte war einige Zeit auch als Hausbesorger im genannten Haus tätig; er kündigte das Hausbesorgerdienstverhältnis am 19. 2. 1993 auf. Mit Leibrentenvertrag vom 31. 12. 1993 erwarb der Kläger das Haus. Anläßlich des Erwerbes nahm er Einsicht in das Grundbuch und stellte fest, daß die Liegenschaft mit keinem dinglichen Recht belastet war. Auch Christina O*****setzte den Kläger nicht vom Wohnrecht des Beklagten in Kenntnis. Im Februar 1994 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er ausziehen werde und bereits bei der Gemeinde um die Zuteilung einer Wohnung angesucht habe; er bat den Kläger, eine Räumungsklage gegen ihn einzubringen. In weiterer Folge lehnte der Beklagte jedoch die ihm angebotenen Gemeindewohnungen ab.

Der Kläger begehrt die Räumung der vom Beklagten bewohnten Wohnung, die der Beklagte seit der Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses titellos benütze. Der Beklagte habe sich gegenüber dem Kläger zur Räumung verpflichtet.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und verwies auf das ihm von der Voreigentümerin eingeräumte Wohnrecht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß zwischen dem Beklagten und Christina O*****ein obligatorisches Wohnrecht vereinbart worden sei. Da der Kläger beim Erwerb des Hauses von diesem Recht keine Kenntnis gehabt habe, seien die Wirkungen der vom Beklagten mit O***** getroffenen Vereinbarung nicht auf den Kläger übergegangen. Der Beklage benütze die Wohnung daher titellos.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es erachtete als nicht mehr strittig, daß zwischen dem Beklagten und Christina O***** ein obligatorisches Wohnrecht begründet worden sei. Ein ohne dingliches Recht begründetes, bloß obligatorisches Wohnungsrecht gehe - da § 1120 ABGB nur auf Mietverträge anzuwenden ist - auf den Einzelrechtsnachfolger des Verpflichteten nur dann über, wenn dieser es übernommen habe. Dafür genüge das Kennenmüssen, aber auch die bloße Kenntnis vom Bestehen des Rechtes nicht. Ein für eine solche Übernahme erforderlicher Übernahmsakt liege erst dann vor, wenn der Einzelrechtsnachfolger die Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten, mit denen diese sein Rechtsvorgänger benützt hatte, übertragen erhalten habe. Ein Übertragungsakt hinsichtlich des vom Wohnrechtes des Beklagten wurde aber von letzterem in erster Instanz nicht behauptete. Die erst im Berufungsverfahren in dieser Richtung aufgestellten Behauptungen seien im Hinblick auf das Neuerungsverbot unbeachtlich. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der hier zu entscheidenden Rechtsfrage erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iS der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 46 Abs 1 ASGG ist die Revision - da keine der Ausnahmen des Abs 3 leg cit in Betracht kommt - nur zulässig, wenn die Entscheidung von einer in der dort bezeichneten Weise qualifizierten Rechtsfrage abhängt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, eine derart qualifizierte Rechtsfrage liege hier vor, ist unzutreffend.

Daß zwischen dem Beklagten und Christina O***** ein bloß obligatorisches Recht begründet wurde, ist im Revisionsverfahren - wie schon im Berufungsverfahren - nicht strittig; der Beklagte gesteht dies in der Revision ausdrücklich als richtig zu (S 263 des Aktes).

Die Rechtsauffassung des Berufungsgericht, wonach der Einzelrechtsnachfolger an ein derartiges obligatorisches Recht nur dann gebunden ist, wenn er es ausdrücklich oder schlüssig übernommen hat, entspricht der völlig einhelligen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl die schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen; ferner Ris-Justiz RS0011871; zuletzt SZ 69/71). Da der Beklagte in erster Instanz eine derartige Übernahme des von ihm geltend gemachten Rechtes nicht einmal behauptet hat, kann daher von einer iS § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage nicht die Rede sein. Ob - wie das Berufungsgericht offenbar meint - das zweitinstanzliche Vorbringen des Beklagten eine solche Übernahme dartun könnte, braucht nicht näher erörtert zu werden, weil dieses Vorbringen - wie schon im Berufungsurteil ausgeführt - im Hinblick auf das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot unbeachtlich ist.

Die vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel (Unterbleiben der zeugenschaftlichen Einvernahme der Christina O***** sowie der Beischaffung eines Voraktes) wurden bereits vom Berufungsgericht verneint und können daher im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (Arb 11.265 uva).

Die vom Revisionswerber behauptete Unsicherheit, "ob es sich um die Wohnung rechts oder links vom Eingang handelt", betrifft nur die für die Entscheidung unerhebliche Frage, welche der Wohnungen die Hausmeisterwohnung war. Über die vom Beklagten bewohnte Wohnung besteht hingegen kein Zweifel.

Da somit die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision nicht vorliegen, war das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzuerkennen, weil die Revisionsgegnerin auf die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht hingewiesen hat (Ris-Justiz RS0035962).

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